MANUEL HARTMANN IM INTERVIEW

Im Januar 2022 begrüßte der DFB mit Manuel Hartmann ein neues Mitglied in der Geschäftsführung. Zuvor fungierte er bereits als Abteilungsleiter Spielbetrieb Ligen und Wettbewerbe. Im Interview spricht Hartmann über die sportliche Entwicklung der FLYERALARM Frauen-Bundesliga, den Umgang mit der Coronapandemie und der steigenden Sichtbarkeit.

Herr Hartmann, die Saison 2020/2021 war für die FLYERALARM Frauen-Bundes­liga sowohl spannend als auch turbulent. Wie lautet Ihr persönliches Fazit?
Wir hatten einen spannenden Kampf um Meisterschaft und Klassenerhalt, was der Liga gutgetan hat. Darüber hinaus ist es uns gelungen, den Spielbetrieb trotz der COVID-19-Pandemie nahezu reibungslos aufrecht­zuerhalten. Das sind zwei sehr positive Aspekte gewesen. Leider gab es jedoch erneut die Einschränkungen im Bereich der Stadion­besucher*innen, sodass wir unsere Ziel­setzungen für eine steigende Begeisterung noch nicht vollumfäng­lich umsetzen konnten.

Was hat die FLYERALARM Frauen-Bun­des­liga in der Saison 2020/2021 sport­lich ausgezeichnet und welche Ent­wicklung ist zu sehen?
Die Spannung im Meisterschaftsrennen war eine Entwicklung, welche sich fort­zusetzen scheint. Mit dem dritten Qualifi­kationsplatz für die UEFA Women‘s Champions League seit der letzten Saison ist die At­trak­tivität noch­mals ge­stei­gert worden. Die Spitze ist breiter geworden, sodass nicht mehr nur Wolfsburg und Bayern München die Meisterschaft unter sich ausmachen, sondern mit Hoffenheim und Frankfurt mindestens zwei weitere Teams dazu­gestoßen sind. Diese Entwicklung scheint sich weiter zu verfestigen und ist absolut begrüßenswert.

Zum ersten Mal haben die Auswirkungen der Coronapandemie eine komplette Saison der FLYERALARM Frauen-Bundes­liga begleitet. Mehr als zwei Drittel der Spiele fanden vor leeren Tribünen statt. Wie ist die Liga damit umgegangen?
Zunächst muss man die Vereine und alle Spielerinnen und Betreuer*innen lobend erwähnen. Hier wurde eine sehr große Disziplin an den Tag gelegt, sodass kaum Spiel­aus­fälle zu ver­zeich­­nen waren. Die Einschränkungen im Bereich der Stadionbesucher*innen waren schmerzhaft; mehr vor dem Hintergrund zur Schaffung von noch mehr Interesse und Begeisterung für die Liga als im Hinblick auf die finanziellen Aspekte, welche die Klubs offenbar auffangen konnten.

Neun der zwölf Mannschaften in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga sind Teil eines Vereins, der zudem eine Männer-Mannschaft in der Bundesliga, 2. Bundesliga oder 3. Liga hat. Noch nie waren es so viele wie in dieser Saison. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die Liga?
Zunächst zeigt es, dass immer mehr Klubs das Potenzial des Frauenfußballs erkannt haben und darüber hinaus der gesell­schaftlichen Verantwortung Rechnung tragen. Durch die Infrastruktur in diesen Klubs ergeben sich in der Regel auch professionellere Bedingungen, welche sich positiv auf die Entwicklung des Frauenfußballs auswirken. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen, sodass sich nach und nach die Vereine durchsetzen werden, die es hier wirklich ernst meinen. Bis dahin haben Vereine wie Essen oder Potsdam eine gute Chance, die Liga durch ihre sehr gute Arbeit weiter zu beleben.

Wie bewerten Sie die Entwicklung der Sichtbarkeit? Insbesondere wenn man die Reichweiten in TV/Print und Online betrachtet, die diesem Report zugrunde liegen?
Positiv war die Entwicklung in 2020/2021 insbesondere im Bereich Online und Print, wo eine Steigerung von 15-20 Prozent im Hinblick auf die Anzahl der Artikel und deren Reichweite erzielt werden konnte. Der Mix aus Free-TV-Übertragungen und der Übertragungen über MagentaSport hat sich etabliert. Hier müssen wir aber weiterhin an Sichtbarkeit zulegen. An den letzten Spieltagen der Saison wurden erstmalig alle Spiele live übertragen, was ein großer Schritt war und richtungsweisend ist für die Präsenz der Liga und deren zukünftige Vermarktungsmöglichkeiten.

Die Entwicklung der Erträge im Bereich Werbung geht deutlich nach oben. Die FLYERALARM Frauen-Bundesliga gewinnt an Interesse der Sponsoren und Partner. Woran liegt das?
Zum einen ist es gelungen, die Zentral­vermarktungserlöse kontinuierlich auszu­bauen, bspw. mit dem Ligapartner FLYER­ALARM oder auch bwin. Darüber hinaus besteht insgesamt ein gesteigertes Interesse bei den Sponsoren für den Frauenfußball. Dieses Interesse, gepaart mit höheren Reichweiten, ermöglicht es den Klubs, eine bessere Vermarktung zu erzielen. Wir sind optimistisch, dass diese Entwicklung weiter ausgebaut werden kann.

Im gleichen Zug sind auch die Aufwendungen gestiegen, besonders im Bereich des Personalaufwands und der sonstigen Kosten. Wie wichtig sind diese Investitionen der Liga, auch vor dem Hintergrund, dass weiterhin ein negatives Saisonergebnis erwirtschaftet wurde?
Die Entwicklung der Personal­auf­wen­dungen Spielbetrieb zeigt, dass die Professionalisierung auf Ebene der Spie­lerinnen weiter voranschreitet. Um das stetig wachsende Potenzial des Frauen­fußballs auszuschöpfen, benötigt es zunächst Investitionen, um sportlich und infrastrukturell die Basis zu legen. Hierbei gilt es zu betonen, dass unsere Klubs wirt­schaftlich stabil sind, da es gelingt, diese Investitionen über den Gesamtklub einzubringen. „Investitionen" ist daher hier der richtige Begriff; mittel- bis langfristig muss dann die eigene Tragfähigkeit stehen.

Mit Blick auf die Zukunft: Worin sehen Sie die größte Herausforderung für die FLYERALARM Frauen-Bundesliga?
Wir sehen insgesamt eine sich immer schneller verändernde Welt mit stetig neuen (Freizeit-)Angeboten, welche ins­besondere die Ansprache der jungen Zielgruppen erschwert. In Zusammenhang mit den Spätfolgen der COVID-19-Pan­de­mie, welche wir alle noch nicht ab­schließend absehen können, gibt es die Herausforderung, die Zielgruppe adäquat anzusprechen und zu erreichen. Es muss uns gelingen, die nächste Generation ins Stadion und an die Bildschirme zu holen, um sie von einer tollen Liga zu überzeugen. Eine Herausforderung, welcher wir uns gerne gemeinsam mit den Vereinen stellen.