DORIS FITSCHEN IM INTERVIEW

Seit dem vergangenen Mai ist Doris Fitschen Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball. Zu ihren Aufgaben zählen die Entwicklung und Steuerung der DFB-Strategie Frauen im Fußball FF27 in Zusammenarbeit mit den internen Fachexpert*innen insbesondere von Spielbetrieb, Nationalmannschaften und Akademie, Marketing und Vertrieb, Amateurfußball sowie Kommunikation und Gesellschaftliche Verantwortung. Sie ist zudem Schnittstelle zu Präsidium und Geschäftsleitung, zu externen Expert*innen sowie Stakeholdern aus Politik und von internationalen und nationalen Verbänden. Fitschen hat als Nationalspielerin 144 Länderspiele absolviert, wurde viermal Europameisterin, holte zahlreiche nationale Titel und stieg nach ihrer aktiven Laufbahn 2001 beim DFB im Marketing ein.

Frau Fitschen, lassen Sie uns zu Beginn des Interviews noch einmal zurückblicken auf die Situation in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga, als Sie die Stelle der Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball übernommen haben. Wir schreiben das Jahr 2022, es ist Mitte Mai ...
… und die Saison 2021/2022 ist gerade zu Ende gegangen. Wolfsburg ist Deutscher Meister, der Zuschauer*innenschnitt liegt bei um die 800 Besucher*innen, wir sind voller Vorfreude auf die EM in England und darauf, unsere Zukunftsstrategie auszuarbeiten – mit konkreten Zielen und einem entsprechenden Maßnahmenplan.

Die Strategie FF27 liegt mittlerweile vor – über welche Ziele sprechen wir?
Unsere Nationalmannschaften und die Vereine der Frauen-Bundesliga haben internationale Titel gewonnen, die Anzahl von aktiven Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen hat sich um 25 Prozent erhöht, die mediale Reichweite des Frauenfußballs über alle Plattformen hinweg hat sich verdoppelt und der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB beträgt mindestens 30 Prozent. Durch die definierten Kennzahlen können wir überprüfen, inwiefern unsere Maßnahmen greifen. Dabei gehen wir auch mit einer gewissen Flexibilität heran, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Grundsätzlich ist wichtig, dass wir als gesamter DFB an einem Strang ziehen und all unsere Aktivitäten auf die vier formulierten Ziele einzahlen. Wenn wir auf Mitte Mai 2022 zurückblicken und die Situation jetzt betrachten, sind wir wirklich auf einem sehr guten Weg.

Das unterstreichen die Zahlen im aktuellen Saisonreport 2021/2022?
So ist es. Um einzuordnen, wo wir aktuell stehen, ist es wichtig, zu sehen, wo wir herkommen. Wir haben hier den Saisonreport 2021/2022 vorliegen. Schon diese Zahlen zeigen einen positiven Trend auf, vor allem bezüglich der Sichtbarkeit. Das, was dann nach der EM in England passiert ist, hat zudem eine enorme Dynamik bekommen. Vor allem in der Liga.

Können Sie das präzisieren?
Eine Maßnahme in der Strategie ist, die Zuschauer*innenzahlen durch Highlightspiele in großen Stadien zu steigern. Das ist uns gelungen – nicht zuletzt, weil einige Vereine diesen Schritt gewagt haben, sind schon nach dem 7. Spieltag der aktuellen Saison mehr Zuschauer*innen als in der kompletten vergangenen Spielzeit in die Stadien geströmt. Das zahlt wiederum auf höhere Sichtbarkeit und größere Reichweite ein. Das Highlightspiel-Konzept ist ein zentraler Baustein unserer Strategie und der – auch finanzielle – Mut der Vereine hat sich ausgezahlt. Ein weiterer Faktor ist, dass wir den Zugang zum Erwerb von Tickets durch das zentrale Ticketportal auf DFB.de erleichtert haben. Zudem haben wir als DFB neue Stellen geschaffen, die im Rahmen des Antrages Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen beim letzten Bundestag verabschiedet worden sind. Somit gibt es einige Kolleg*innen mehr, die konkret an Themen der Liga arbeiten. Das wirkt sich natürlich positiv auf die Dynamik aus.

Die Sichtbarkeit und die Erlöse zu steigern, sind zentrale Anliegen der Strategie.
Höhere Sichtbarkeit bietet die Chance auf höhere Vermarktungserlöse. Das ist uns beispielsweise schon mit dem neuen TV-Vertrag gelungen. Die Erlöse werden ab 2023/2024 um das 16-Fache gesteigert. Wir erwarten, dass sich durch die erhöhten Einnahmen auch die Professionalisierung der Strukturen weiterentwickelt. Nicht zuletzt, damit die Spielerinnen optimale Bedingungen in allen relevanten Bereichen vorfinden. Wir haben eine gute Balance von Pay- und Free-TV: Vor allem auch durch das Alleinstellungsmerkmal am Montag werden wir die Sichtbarkeit deutlich erhöhen und damit neue Chancen der Vermarktung schaffen – auch für die Vereine selbst.

Die Gegenwart ist also verheißungsvoll, wie schätzen Sie die Zukunft der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ein?
Die Ergebnisse der Studie zu den wirtschaftlichen Perspektiven der Frauen-Bundesliga, die der DFB in Zusammenarbeit mit der DFL und der Sportmarketing-Agentur Two Circles mittels Marktforschung und Umfragen unter Vereinsvertreter*innen herausgebracht hat, zeigt Erfolg versprechende Wachstumspotenziale auf. Und damit auch interessante Investitionsmöglichkeiten für die Wirtschaft. Ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt, in den Frauenfußball zu investieren.

Also hat Doris Fitschen keine Wünsche mehr offen, bezüglich der Bundesliga?
Doch, doch, denn es gibt noch einiges zu tun. Aber wir sind auf einem guten Weg. Dieser Weg ist noch nicht zu Ende. Ihn gemeinsam mit den vielen Menschen, die etwas verändern wollen, innerhalb und außerhalb des DFB zu gehen, macht riesigen Spaß.