WM 2014: Hummels' goldener Kopfball

Es ist das Spiel des alten Weltmeisters gegen den neuen: Vor dem Duell mit Frankreich heute (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in München wirft DFB.de noch mal einen Blick auf die vier WM-Begegnungen der deutschen Nationalmannschaft mit der Équipe Tricolore. Heute: das Viertelfinale bei der WM 2014.

4. Juli 2014 in Rio de Janeiro - Viertelfinale: Deutschland - Frankreich 1:0

Vor dem Spiel:

Zum vierten Mal bei einer WM trafen sich Deutschland und Frankreich, es stand 2:1 für die DFB-Equipe. Den Halbfinalerfolgen in den Achtzigern stand ein 3:6 im Spiel um Platz 3 von 1958 gegenüber. Die wichtigen Spiele also hatten die Deutschen gewonnen, aber in der Zwischenzeit war Frankreich mal an ihnen vorbei gezogen. An den letzten Triumph der Equipe tricolore bei der EM 2000 erinnerte aber nur noch der Trainer, Didier Deschamps, damals noch Spieler. Deutschland wartete noch länger (EM 1996) auf einen Titel. Dennoch waren die Erwartungen an das Duell der alten Meister hoch und beide wollten nach Maracana zurückkommen, wo neun Tage später das Finale stattfand. Allerdings erhielt Frankreichs Bacary Sagna einen Rüffel vom Trainer, als der Verteidiger das Weltmeister-Ziel klar beim Namen nannte. Nach den Vorkommnissen bei der WM 2010, als es einen Spielerputsch gegen Deschamps' Vorgänger Raymond Domenech gab und das Team torlos in der Vorrunde scheiterte, übten sich die Franzosen offiziell in Demut. Ihre Brasilien-Bilanz machte freilich Eindruck: 10:2 Tore, drei Siege und ein 0:0 im bedeutungslosen Kick gegen Ecuador.

Damit nicht auch die Deutschen im französischen Torhagel untergehen würden, musste sich in der Abwehrarbeit etwas ändern. Bundestrainer Joachim Löw hatte sich bisher gegen die zahlreichen Ratschläge der „Experten“ gewehrt, Kapitän Philipp Lahm in die Viererkette zurückzunehmen. Generell waren seine Alternativen und damit seine Lust auf Änderungen beschränkt, wie er nach dem Algerien-Sieg zugab: "Wir haben bei dieser WM 14, 15 Spieler, die wir bringen können." 23 aber standen im Kader. Nach dem Ausfall von Shkodran Mustafi (Oberschenkelverletzung) nahm er sich nun aber Lahm im Campo Bahia zur Seite und besprach mit ihm die Lage der Nation und deren wichtigster Mannschaft. Das Ergebnis überraschte, obwohl es Millionen erhofft hatten.

Löw beendete das Experiment mit Lahm im Mittelfeld, während Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger endlich gemeinsam im Mittelfeld spielen sollten. So kam auch Khedira wieder ins Team, auf Lahms Posten. Der von einer Infektion genesene Mats Hummels kehrte ins Abwehrzentrum zurück und Per Mertesacker musste erstmals auf die Bank. Löw: "Es geht darum, dass ich frische Spieler brauche. Wahnsinn, wie klasse Per reagiert hat." Nun stand die Viererkette, die den Titel holen sollte. Im Sturm erhielt erstmals Miro Klose seine Chance von Anfang an, Mario Götze musste weichen. Die Bild sammelte zum Spieltag Argumente für einen 3:1-Sieg. "Weil es unsere Nationalelf nach der harten Kritik für das Rumpel-2:1 gegen Algerien allen zeigen und die Franzosen mit Herz und Leidenschaft überrennen wird." Mit ihrer Aufstellung lag sie allerdings voll daneben: weder Kevin Großkreutz, noch Per Mertesacker oder Mario Götze standen in der Startformation.



Es ist das Spiel des alten Weltmeisters gegen den neuen: Vor dem Duell mit Frankreich heute (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in München wirft DFB.de noch mal einen Blick auf die vier WM-Begegnungen der deutschen Nationalmannschaft mit der Équipe Tricolore. Heute: das Viertelfinale bei der WM 2014.

4. Juli 2014 in Rio de Janeiro - Viertelfinale: Deutschland - Frankreich 1:0

Vor dem Spiel:

Zum vierten Mal bei einer WM trafen sich Deutschland und Frankreich, es stand 2:1 für die DFB-Equipe. Den Halbfinalerfolgen in den Achtzigern stand ein 3:6 im Spiel um Platz 3 von 1958 gegenüber. Die wichtigen Spiele also hatten die Deutschen gewonnen, aber in der Zwischenzeit war Frankreich mal an ihnen vorbei gezogen. An den letzten Triumph der Equipe tricolore bei der EM 2000 erinnerte aber nur noch der Trainer, Didier Deschamps, damals noch Spieler. Deutschland wartete noch länger (EM 1996) auf einen Titel. Dennoch waren die Erwartungen an das Duell der alten Meister hoch und beide wollten nach Maracana zurückkommen, wo neun Tage später das Finale stattfand. Allerdings erhielt Frankreichs Bacary Sagna einen Rüffel vom Trainer, als der Verteidiger das Weltmeister-Ziel klar beim Namen nannte. Nach den Vorkommnissen bei der WM 2010, als es einen Spielerputsch gegen Deschamps' Vorgänger Raymond Domenech gab und das Team torlos in der Vorrunde scheiterte, übten sich die Franzosen offiziell in Demut. Ihre Brasilien-Bilanz machte freilich Eindruck: 10:2 Tore, drei Siege und ein 0:0 im bedeutungslosen Kick gegen Ecuador.

Damit nicht auch die Deutschen im französischen Torhagel untergehen würden, musste sich in der Abwehrarbeit etwas ändern. Bundestrainer Joachim Löw hatte sich bisher gegen die zahlreichen Ratschläge der „Experten“ gewehrt, Kapitän Philipp Lahm in die Viererkette zurückzunehmen. Generell waren seine Alternativen und damit seine Lust auf Änderungen beschränkt, wie er nach dem Algerien-Sieg zugab: "Wir haben bei dieser WM 14, 15 Spieler, die wir bringen können." 23 aber standen im Kader. Nach dem Ausfall von Shkodran Mustafi (Oberschenkelverletzung) nahm er sich nun aber Lahm im Campo Bahia zur Seite und besprach mit ihm die Lage der Nation und deren wichtigster Mannschaft. Das Ergebnis überraschte, obwohl es Millionen erhofft hatten.

Löw beendete das Experiment mit Lahm im Mittelfeld, während Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger endlich gemeinsam im Mittelfeld spielen sollten. So kam auch Khedira wieder ins Team, auf Lahms Posten. Der von einer Infektion genesene Mats Hummels kehrte ins Abwehrzentrum zurück und Per Mertesacker musste erstmals auf die Bank. Löw: "Es geht darum, dass ich frische Spieler brauche. Wahnsinn, wie klasse Per reagiert hat." Nun stand die Viererkette, die den Titel holen sollte. Im Sturm erhielt erstmals Miro Klose seine Chance von Anfang an, Mario Götze musste weichen. Die Bild sammelte zum Spieltag Argumente für einen 3:1-Sieg. "Weil es unsere Nationalelf nach der harten Kritik für das Rumpel-2:1 gegen Algerien allen zeigen und die Franzosen mit Herz und Leidenschaft überrennen wird." Mit ihrer Aufstellung lag sie allerdings voll daneben: weder Kevin Großkreutz, noch Per Mertesacker oder Mario Götze standen in der Startformation.

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Eine Einheit wächst zusammen

Spielbericht:

Das Maracana-Stadion, in dem noch keine deutsche Mannschaft gewonnen hatte (zwei Remis, drei Niederlagen inklusive DDR), füllt sich an diesem Freitag bis auf den letzten Platz. In Rio ist es 13 Uhr, in Deutschland schon Feierabend (18 Uhr). 26,25 Millionen Zuschauer hat die ARD, ein Marktanteil von 87,1 %.

Ein brasilianischer Wintertag kann sich wie der deutsche Sommer anfühlen, plötzlich sind es 26 Grad, bei 88% Luftfeuchtigkeit schwitzt man schon im Sitzen. Erst recht, wer arbeiten muss wie ARD-Kommentator Steffen Simon. Thomas Müller bringt es hinterher auf seine typische Art auf den Punkt: "Es war schon wie in einer Grillbude. Da merkt man erstmal, was für ein faszinierendes Gebilde ein Kaktus ist – da nicht einzugehen…"

Damit sie selbst nicht eingehen, gibt Löw die Order aus, eng bei den Leuten zu bleiben und das französische Konterspiel strikt zu unterbinden. Ein bisschen "old school" kann auch modern sein, denn modern ist wenn man gewinnt, sagte schon Otto Rehhagel.

Karim Benzema, Stürmer bei Real Madrid, setzt den ersten Akzent. Sein Volleyschuss geht knapp am linken Pfosten vorbei. Die Deutschen machen das erste Tor, das ist viel wichtiger. Toni Kroos schlenzt einen Freistoß von halblinks aus dem vom Dach beschatteten Teil des Rasens in den Strafraum, wo sich vier Mitspieler tummeln. Einen findet Kroos: Abwehrchef Mats Hummels, nach seiner Genesung wieder ganz der Alte. Wie gegen Portugal erreicht er die Hereingabe von Kroos mit dem Kopf, sein Ball touchiert noch die Latte und schlägt im Netz ein – 1:0. Dass es schon das Tor des Tages ist, kann niemand ahnen. "Sie haben ihre Stärke bei Standards wieder gefunden", lobt Steffen Simon. Nach 35 Minuten hält Jubilar Manuel Neuer (50. Länderspiel) spektakulär, als Mathieu Valbuena mit links abzieht und Hummels blockt Benzemas Nachschuss. Es ist der Auftakt des Privatduells zwischen Benzema und Neuer, das immer denselben Sieger haben wird: Manuel Neuer, so auch Sekunden vor der Pause. In die gehen die Deutschen mit dem knappen und doch so wertvollen Vorsprung.

Frankreich macht in der zweiten Hälfte Druck, Varane kommt aus sieben Metern zum Kopfball, Neuer hält. Löw ist mit dem Konterspiel unzufrieden, bringt den schnellen André Schürrle für Oldtimer Miroslav Klose, der ohne Torschuss geblieben ist. Thomas Müller hat Pech, sein Schuss rauscht knapp vorbei. Bei Schürrle ist es schon etwas Unvermögen, als er frei vor Hugo Lloris mit links den schon in die andere Ecke hechtenden Torhüter anschießt (87.). Löw rauft sich die Haare. Ein aufregendes Spiel mit wenigen Chancen (6:4 für Frankreich), das gibt es auch. Die Umstellungen in der deutschen Abwehr machen sich bezahlt, auch wenn Rückkehrer Lahm zunächst auf hinten rechts fremdelt und ungewöhnlich viele Fehlpässe spielt. Sie bleiben folgenlos ebenso wie die Tatsache, dass Benzema in letzter Minute auf Lahms Seite in den Strafraum eindringt und nach einem Doppelpass aus spitzem Winkel abzieht. Neuer verharrt wie sein eigenes Denkmal seelenruhig auf der Linie und hebt nur kurz die linke Hand – abgewehrt. "Die Hand Neuers", titelt die Frankfurter Rundschau in Anspielung auf Diego Maradonas Zitat von der "Hand Gottes", die Argentinien 1986 ins Halbfinale brachte. Da stehen nach dieser letzten Parade des Spiels auch die Deutschen, zum vierten Mal in Folge – Weltrekord. Auf dem Rückflug nach Porto Seguro ergreift DFB-Präsident Wolfgang Niersbach das Bord-Mikrofon und lobt ausdrücklich auch die Ersatzspieler: "Phänomenal, wie ihr euch als Mannschaft präsentiert." Er hebt die Rolle von Per Mertesacker hervor, bis dahin Stammspieler und nun selbstloser Überbringer von Wasserflaschen. Mertesacker kann auch dem etwas abgewinnen: "Was ich heute auf der Bank erlebt habe, war sensationell, das möchte ich nicht missen."

Aufstellung: Neuer – Lahm, Boateng, Hummels, Höwedes – Schweinsteiger, Kroos (90. Kramer), Khedira – Müller, Klose (69. Schürrle), Özil (83. Götze).

Tore: 1:0 Hummels (13.).

Zuschauer: 74.240

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"Und am Ende gewinnt immer Deutschland"

Stimmen zum Spiel:

Joachim Löw: "Ich denke, dass heute beide Teams gut verteidigt haben. Es gab nicht viele Torchancen, was Teil unseres Plans war. Wir wollten Frankreich angesichts der Qualität ihrer Stürmer keine Chancen geben. Wir haben sie gut abgeschirmt – und das war der Schlüssel. Sie taten gegen uns das Gleiche, denn Yohan Cabaye und Paul Pogba sind ein großartiger Schutzschild für die Defensive. Wir wussten, dass wir über die Flügel gehen mussten, um uns Chancen zu erspielen. Deshalb wechselte Philipp Lahm wieder auf die Rechtsverteidiger-Position. Frankreich hat alles gegeben, um den Ausgleich zu erzwingen, doch Mats Hummels und Jerome Boateng waren exzellent. Manuel Neuer war zur Stelle, wenn er gebraucht wurde."

Mats Hummels: "Beim Tor schlug Toni Kroos eine gute Flanke, und ich stand zur richtigen Zeit am richtigen Ort! Wir haben einen Fußball gespielt, der uns die Chance auf den Sieg gibt. Wir verteidigen gut und leidenschaftlich. Das muss in jedem weiteren Spiel intensiviert werden. Frankreich ist ein Spitzenteam und es war heute sehr hart – es war mit Sicherheit kein Spaziergang. Dennoch denke ich, dass wir verdient gewonnen haben."

Benedikt Höwedes: "Deutschland war immer eine Turniermannschaft, das sind wir auch diesmal. Wir haben das Spiel mit ein bisschen Glück, aber viel Einsatz und Kampf verdient über die Runden gebracht. Wir haben die Franzosen extrem geärgert und dafür gesorgt, dass ihnen nicht viel eingefallen ist. Man sagt ja immer: Offensive gewinnt Spiele, Defensive gewinnt Meisterschaften."

Toni Kroos: "Es ist für jeden Fußballer ein riesiges Erlebnis, hier in dieser geschichtsträchtigen Arena zu spielen. Und wir wollen unbedingt hierhin zurückkehren am 13. Juli. Jetzt gibt es kein anderes Ziel mehr."

Didier Deschamps (Frankreichs Trainer): "Obwohl ich im Moment verletzt und enttäuscht bin, muss ich mich daran erinnern, dass es viele positive Dinge gibt. Heute war zwischen den beiden Mannschaften kein großer Unterschied zu sehen. Wir sind im Vergleich zu Deutschland ein viel weniger erfahrenes Team. Sie sind mehr daran gewöhnt, große Länderspiele wie dieses zu bestreiten. Ich hatte den Eindruck, dass wir zu Beginn ein wenig zu zurückhaltend waren, und dann erzielten sie ein frühes Tor. Danach zeigten wir vielversprechende Ansätze. Wir erspielten uns Chancen und hätten effizienter sein können, doch Manuel Neuer hat ein gutes Spiel gemacht. Doch auch sie hätten ein zweites Tor erzielen können, als wir am Ende alles nach vorne warfen."

"WM-Titel, wir kommen! ... Das Halbfinale ist auch ein Sieg für Jogi Löw. Jetzt wissen wir: Unser Bundestrainer ist kein Dickkopf! Nach der schwachen Abwehrleistung gegen Algerien reagiert Löw völlig richtig." (Bild)

"Nicht unverdient der Erfolg, wenn auch nicht restlos überzeugend. Verbessert gegenüber der Algerien-Partie zeigte sich die Truppe, weil eine strukturierte Spielanlage zu erkennen war. Doch nach gutem Beginn verlor die Löw-Elf den Zugriff und musste einige gefährliche Momente überstehen." (Kicker)

"Jogi Löws Jungs bezwingen Frankreich und schicken sie wimmernd nach Hause. Deutschland beginnt, bedrohlich zu wirken. Das ist das Ding mit ihnen und dem Turnier. Das passiert eigentlich immer." (Daily Mirror/England)

"Ausgeschieden mit Auszeichnung. Der Traum der Bleus ist deutlich an einer effizienteren Mannschaft zerschellt. Spiele gegen Deutschland scheinen immer in einer Sackgasse zu enden. Die Franzosen waren zu jung, zu platt, zu unpräzise. Und trotzdem: Frankreich kehrt nicht mit leeren Händen aus Brasilien zurück." (L’Equipe/Frankreich)

"Deutschland beendet das Abenteuer der Blauen. Benzema kam nicht dazu, sich in Szene zu setzen. Wie schon gegen Algerien zeigten die Deutschen Schwächen, aber Frankreich konnte sie nicht nutzen." (Le Monde/Frankreich)

"... und am Ende gewinnt immer Deutschland. Deutschland per Kopf ins Halbfinale. Frankreich versuchte es, konnte aber nicht gegen die Neuer-Wand anrennen. Das große Duell der Viertelfinalspiele hat nicht enttäuscht. Bayerns Schlussmann erlaubte sich den Luxus von Paraden, die eher denen eines Handballtorwarts glichen." (Sport/Spanien)

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