WM 1990: Der beste Matthäus, den es je gab

Vor 25 Jahren feierte Deutschland den dritten Stern – zum dritten Mal wurde eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft Weltmeister. Am 8. Juli 1990 besiegte die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer Argentinien im Finale von Rom 1:0. DFB.de blickt in einer Serie auf die Helden von Rom, die Geschichten hinter dem WM-Triumph und den Jubel der deutschen Fans zurück.

Im Nachhinein lässt sich alles gut erklären. Dass Lothar Matthäus der überragende Spieler der WM 1990 in Italien war, erscheint irgendwie logisch. Mit 29 stand er im besten Fußballeralter, er war als Kapitän der Nationalmannschaft absolut etabliert, hatte mit Franz Beckenbauer einen väterlichen Freund als Trainer und er war wie kein anderer im deutschen Team im WM-Land zu Hause.

In Mailand zu Hause

Seit 1988 spielte er für Inter Mailand, gemeinsam mit Andreas Brehme, Jürgen Klinsmann war erst ein Jahr später gekommen. Matthäus kannte nicht nur das Stadion, in dem die DFB-Auswahl alle fünf Spiele bis zum Halbfinale absolvierte, er kannte sogar das deutsche Quartier schon - zumindest vom Sehen.

Während der Freizeit fuhr er mit Brehme zu seinem Lieblingsrestaurant in Carimate, zu seinem Friseur ging er dann alleine. "Wir haben 25 Minuten nur über Fußball geredet", witzelte Matthäus. "Zum Glück hat er mir nicht vor lauter Begeisterung ein Ohr abgeschnitten." Und weil er ein guter Kapitän war, gab er auch den weniger ortskundigen Spielern Ausflugstipps. Dem kicker antwortete Matthäus unmittelbar vor dem Turnier auf die Frage "Wie verwöhnen Sie sich?" dieses: "Bei einer Bootsfahrt auf dem Comer See".

"Matthäus-Gala in der Mailänder Scala"

Die WM 1990 war für Lothar Matthäus ein einziges langes Heimspiel, und wer sich zu Hause wohl fühlt, der geht sorgenfrei zur Arbeit. Lothar Matthäus hat in Italien exzellente Arbeit abgeliefert, auch wenn sein persönlicher Höhepunkt schon beim Auftaktspiel erreicht war. Gegen Jugoslawien, den schwersten Vorrundengegner, ging der Kapitän voran. In der 29. Minute erzielte er mit seinem schwächeren, aber gewiss nicht schwachen linken Fuß aus 20 Metern das 1:0.

"Danach eindeutig der Chef im Mittelfeld", lobte der kicker die "Matthäus-Gala in der Mailänder Scala" und gab ihm die Bestnote 1. "Mit seiner Dynamik nahm er alle Angst aus dem Spiel, stellte den Sieg mit dem wichtigen dritten Tor endgültig sicher." Sein Tor zum 3:1 bleibt bei allen, die es gesehen haben, wohl ewig in Erinnerung. In der eigenen Hälfte setzte er zu einem Solo an, umspielte nur einen Gegner und war nicht mehr zu bremsen. Sein scharfer Flachschuss, nun mit rechts, war erneut unhaltbar. Es war die Krönung seines 75. Länderspiels, das als das wohl beste seiner 150 in die Annalen einging.

Vertragsverlängerung bei Inter noch während des WM-Turniers

"Matthäus ist der erste König", titelte die Gazetta dello Sport nicht ohne Stolz auf "ihren" Deutschen. Der große Pelé sagte: "Meinen Brasilianern fehlt ein Matthäus!" Und Klaus Augenthaler, der deutsche Libero und einstiger Teamgefährte bei den Bayern, aber nie sein großer Befürworter, stellte fest: "Wenn der Lothar so weiter macht, wird das allein seine Weltmeisterschaft." Inter-Präsident Ernesto Pellegrini befürchtete Ähnliches und verlängerte den Vertrag mit Matthäus noch zwischen Achtel- und Viertelfinale vorzeitig bis 1993 - ehe andere auf die Idee kämen, ihn abzuwerben.

Anlass gab Matthäus weiterhin genug. Gegen die Vereinigten Arabischen Emirate (5:1) war er erneut gemäß den Kritiken der beste Mann, schoss sein drittes WM-Tor. Beim Klassiker gegen die Holländer war er wie gewohnt der große Antreiber, im zittrigen Viertelfinale gegen die Tschechen bewies er Nervenstärke am Elfmeterpunkt und schoss das Tor des Tages. Auch im Halbfinale gegen die Engländer waren seine Stärken im Elfmeterschießen gefragt - und wie alle anderen auch an jenem dramatischen Abend von Turin behielt er sie.

"Der beste Matthäus, den es je gab"

So führte Matthäus am 8. Juli 1990 in Rom seine Mannschaft ins WM-Finale zur großen Revanche gegen die Argentinier. Vier Jahre zuvor wurde er noch zum Wachhund Maradonas bestimmt, nun war Matthäus der Spielmacher. Noch einmal wollte Teamchef Beckenbauer seinem Antreiber keine Ketten in einem WM-Finale anlegen, um Maradona durfte sich Buchwald kümmern. Mit 79 Ballkontakten lag Matthäus an zweiter Stelle in diesem Spiel, und obwohl ihm eine für seine Verhältnisse eher durchschnittliche Leistung bescheinigt wurde, kam der Pass auf Rudi Völler, der den Elfmeter herausholte, aus dem Fußgelenk von Matthäus.

Dass der Kapitän dann nicht WM-Geschichte schrieb und, wie vorgesehen, zum Elfmeter antrat, lag an einem abgebrochenen Stollen. Er fühlte sich mit in der Pause gewechselten Schuhen einfach nicht sicher und ließ Andreas Brehme den Vortritt. Es war kein Fehler. Deutschland wurde Weltmeister, und Lothar Matthäus war sein Kapitän. Die Statistiker stellten fest, dass er in Italien 301 Kurzpässe gespielt und dabei alle an den Mann gebracht hatte. Nach Guido Buchwald führte er die meisten Zweikämpfe (155), von denen er 103 gewann.

Auch wer diese Zahlen nicht kannte, hatte unschwer erkennen können, was der frühere Bayern-Trainer Dettmar Cramer sah: "Lothar Matthäus war die Persönlichkeit im deutschen Spiel. Er war kein reiner Renner, sondern ein echter Spielmacher. Der beste Matthäus, den es je gab." Der noch Monate nach der WM - seiner dritten und besten von insgesamt fünf - mit Titeln überhäuft wurde: Lothar Matthäus wurde Europas Fußballer des Jahres und Deutschlands Fußballer des Jahres, gewann auch die noch inoffizielle Wahl zum Weltfußballer und wurde als erster deutscher Fußballer sogar Weltsportler des Jahres 1990.

Lothar Matthäus

Geburtsdatum: 21. März 1961 in Herzogenaurach
Länderspiele/Tore: 150 Spiele/23 Tore
WM-Spiele/Tore: 25/6
Größte Erfolge im Nationalteam: Weltmeister 1990, Europameister 1980
Vereine als Spieler: 1. FC Herzogenaurach (1971 bis 1979), Borussia Mönchengladbach (1979 bis 1984), Bayern München (1984 bis 1988), Inter Mailand (1988 bis September 1992), Bayern München (September 1992 bis März 2000), Metro Stars New York (2000)
Größte Erfolge im Verein: UEFA-Pokalsieger 1991, 1996; Deutscher Meister 1985 bis 1987, 1994, 1997, 1999, 2000; DFB-Pokalsieger 1986, 1998, 2000; Italienischer Meister 1989
Auszeichnungen: Weltfußballer des Jahres 1990, 1991; Europas Fußballer des Jahres 1990, Deutschlands Fußballer des Jahres 1990, 1999; DFB-Ehrenspielführer seit 2001

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Vor 25 Jahren feierte Deutschland den dritten Stern – zum dritten Mal wurde eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft Weltmeister. Am 8. Juli 1990 besiegte die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer Argentinien im Finale von Rom 1:0. DFB.de blickt in einer Serie auf die Helden von Rom, die Geschichten hinter dem WM-Triumph und den Jubel der deutschen Fans zurück.

Im Nachhinein lässt sich alles gut erklären. Dass Lothar Matthäus der überragende Spieler der WM 1990 in Italien war, erscheint irgendwie logisch. Mit 29 stand er im besten Fußballeralter, er war als Kapitän der Nationalmannschaft absolut etabliert, hatte mit Franz Beckenbauer einen väterlichen Freund als Trainer und er war wie kein anderer im deutschen Team im WM-Land zu Hause.

In Mailand zu Hause

Seit 1988 spielte er für Inter Mailand, gemeinsam mit Andreas Brehme, Jürgen Klinsmann war erst ein Jahr später gekommen. Matthäus kannte nicht nur das Stadion, in dem die DFB-Auswahl alle fünf Spiele bis zum Halbfinale absolvierte, er kannte sogar das deutsche Quartier schon - zumindest vom Sehen.

Während der Freizeit fuhr er mit Brehme zu seinem Lieblingsrestaurant in Carimate, zu seinem Friseur ging er dann alleine. "Wir haben 25 Minuten nur über Fußball geredet", witzelte Matthäus. "Zum Glück hat er mir nicht vor lauter Begeisterung ein Ohr abgeschnitten." Und weil er ein guter Kapitän war, gab er auch den weniger ortskundigen Spielern Ausflugstipps. Dem kicker antwortete Matthäus unmittelbar vor dem Turnier auf die Frage "Wie verwöhnen Sie sich?" dieses: "Bei einer Bootsfahrt auf dem Comer See".

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"Matthäus-Gala in der Mailänder Scala"

Die WM 1990 war für Lothar Matthäus ein einziges langes Heimspiel, und wer sich zu Hause wohl fühlt, der geht sorgenfrei zur Arbeit. Lothar Matthäus hat in Italien exzellente Arbeit abgeliefert, auch wenn sein persönlicher Höhepunkt schon beim Auftaktspiel erreicht war. Gegen Jugoslawien, den schwersten Vorrundengegner, ging der Kapitän voran. In der 29. Minute erzielte er mit seinem schwächeren, aber gewiss nicht schwachen linken Fuß aus 20 Metern das 1:0.

"Danach eindeutig der Chef im Mittelfeld", lobte der kicker die "Matthäus-Gala in der Mailänder Scala" und gab ihm die Bestnote 1. "Mit seiner Dynamik nahm er alle Angst aus dem Spiel, stellte den Sieg mit dem wichtigen dritten Tor endgültig sicher." Sein Tor zum 3:1 bleibt bei allen, die es gesehen haben, wohl ewig in Erinnerung. In der eigenen Hälfte setzte er zu einem Solo an, umspielte nur einen Gegner und war nicht mehr zu bremsen. Sein scharfer Flachschuss, nun mit rechts, war erneut unhaltbar. Es war die Krönung seines 75. Länderspiels, das als das wohl beste seiner 150 in die Annalen einging.

Vertragsverlängerung bei Inter noch während des WM-Turniers

"Matthäus ist der erste König", titelte die Gazetta dello Sport nicht ohne Stolz auf "ihren" Deutschen. Der große Pelé sagte: "Meinen Brasilianern fehlt ein Matthäus!" Und Klaus Augenthaler, der deutsche Libero und einstiger Teamgefährte bei den Bayern, aber nie sein großer Befürworter, stellte fest: "Wenn der Lothar so weiter macht, wird das allein seine Weltmeisterschaft." Inter-Präsident Ernesto Pellegrini befürchtete Ähnliches und verlängerte den Vertrag mit Matthäus noch zwischen Achtel- und Viertelfinale vorzeitig bis 1993 - ehe andere auf die Idee kämen, ihn abzuwerben.

Anlass gab Matthäus weiterhin genug. Gegen die Vereinigten Arabischen Emirate (5:1) war er erneut gemäß den Kritiken der beste Mann, schoss sein drittes WM-Tor. Beim Klassiker gegen die Holländer war er wie gewohnt der große Antreiber, im zittrigen Viertelfinale gegen die Tschechen bewies er Nervenstärke am Elfmeterpunkt und schoss das Tor des Tages. Auch im Halbfinale gegen die Engländer waren seine Stärken im Elfmeterschießen gefragt - und wie alle anderen auch an jenem dramatischen Abend von Turin behielt er sie.

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"Der beste Matthäus, den es je gab"

So führte Matthäus am 8. Juli 1990 in Rom seine Mannschaft ins WM-Finale zur großen Revanche gegen die Argentinier. Vier Jahre zuvor wurde er noch zum Wachhund Maradonas bestimmt, nun war Matthäus der Spielmacher. Noch einmal wollte Teamchef Beckenbauer seinem Antreiber keine Ketten in einem WM-Finale anlegen, um Maradona durfte sich Buchwald kümmern. Mit 79 Ballkontakten lag Matthäus an zweiter Stelle in diesem Spiel, und obwohl ihm eine für seine Verhältnisse eher durchschnittliche Leistung bescheinigt wurde, kam der Pass auf Rudi Völler, der den Elfmeter herausholte, aus dem Fußgelenk von Matthäus.

Dass der Kapitän dann nicht WM-Geschichte schrieb und, wie vorgesehen, zum Elfmeter antrat, lag an einem abgebrochenen Stollen. Er fühlte sich mit in der Pause gewechselten Schuhen einfach nicht sicher und ließ Andreas Brehme den Vortritt. Es war kein Fehler. Deutschland wurde Weltmeister, und Lothar Matthäus war sein Kapitän. Die Statistiker stellten fest, dass er in Italien 301 Kurzpässe gespielt und dabei alle an den Mann gebracht hatte. Nach Guido Buchwald führte er die meisten Zweikämpfe (155), von denen er 103 gewann.

Auch wer diese Zahlen nicht kannte, hatte unschwer erkennen können, was der frühere Bayern-Trainer Dettmar Cramer sah: "Lothar Matthäus war die Persönlichkeit im deutschen Spiel. Er war kein reiner Renner, sondern ein echter Spielmacher. Der beste Matthäus, den es je gab." Der noch Monate nach der WM - seiner dritten und besten von insgesamt fünf - mit Titeln überhäuft wurde: Lothar Matthäus wurde Europas Fußballer des Jahres und Deutschlands Fußballer des Jahres, gewann auch die noch inoffizielle Wahl zum Weltfußballer und wurde als erster deutscher Fußballer sogar Weltsportler des Jahres 1990.

Lothar Matthäus

Geburtsdatum: 21. März 1961 in Herzogenaurach
Länderspiele/Tore: 150 Spiele/23 Tore
WM-Spiele/Tore: 25/6
Größte Erfolge im Nationalteam: Weltmeister 1990, Europameister 1980
Vereine als Spieler: 1. FC Herzogenaurach (1971 bis 1979), Borussia Mönchengladbach (1979 bis 1984), Bayern München (1984 bis 1988), Inter Mailand (1988 bis September 1992), Bayern München (September 1992 bis März 2000), Metro Stars New York (2000)
Größte Erfolge im Verein: UEFA-Pokalsieger 1991, 1996; Deutscher Meister 1985 bis 1987, 1994, 1997, 1999, 2000; DFB-Pokalsieger 1986, 1998, 2000; Italienischer Meister 1989
Auszeichnungen: Weltfußballer des Jahres 1990, 1991; Europas Fußballer des Jahres 1990, Deutschlands Fußballer des Jahres 1990, 1999; DFB-Ehrenspielführer seit 2001