Vor 60 Jahren: Höchster Sieg gegen Oranje

Das Verhältnis der Nachbarn war speziell, wie eigentlich immer im Fußballsport. Wenn Deutschland und die Niederlande aufeinandertrafen, ging es eigentlich immer eng zu. In den ersten 18 Duellen seit 1910 schaffte jeder genau einen Sieg mit zwei Toren Abstand, ansonsten war es immer knapper. Bis 1957 war die DFB-Bilanz negativ, dann zogen die Deutschen, nunmehr amtierender Weltmeister, durch ein 2:1 in Amsterdam gleich. Als sie heute vor 60 Jahren in Köln antraten, kamen sie mit einem orkanartigen Rückenwind eingeflogen, entfacht durch einen 9:1-Triumph über Belgien.

Mit allem war zu rechnen, nur nicht mit dem höchsten Sieg in diesem ewig brisanten Duell. "Was für ein undankbarer Partner wird gerade dieses Holland für uns am Mittwoch sein", unkte das Sport Magazin noch am Montag. Auch die Experten wurden völlig überrascht. "Noch nie dagewesen – Deutschland-Holland 7:0" titelte das Fachblatt am nächsten Tag. Es "hätte sogar noch höher ausfallen können". Vielleicht lag es daran, dass die Nationalspieler am Vorabend ins Kino gingen und einen Western mit John Wayne sahen?

Beruhigende Führung zur Pause

Die vom Rumänen Elek Schwartz (später Eintracht Frankfurt) trainierten Gäste beklagten fünf Ausfälle und gingen nicht sonderlich optimistisch ins Spiel, das 60.000 Zuschauer ins Müngersdorfer Stadion lockte. Sepp Herberger musste nur auf Torwart Hans Tilkowski, von Debütant Fritz Ewert vertreten, und Außenstürmer Heinz Vollmar verzichten. Helmut Rahn war der einzig verbliebene Held von Bern.

Weltmeisterlich spielten die Deutschen trotzdem auf, schon zur Pause waren die Weichen auf Sieg gestellt. Der Mönchengladbacher Albert Brülls traf auch in seinem zweiten Länderspiel (15.), nachdem zuvor Rahn bereits den Pfosten getroffen hatte. Zur Pause stand es dann 2:0, der Dortmunder Alfred "Aki" Schmidt drückte eine Rahn-Vorlage ein (30.). Fritz Ewert musste nur einmal eingreifen, parierte einen Schuss aus fünf Metern von van der Linden.

Drei Tore von Seeler

Noch roch es nicht nach einem Schützenfest, auf der Tribüne sagte DFB-Präsident Peco Bauwens: "Die 2:0-Führung ist verdient, obwohl die Holländer bei einigen Szenen Pech hatten." Herbergers Assistent Helmut Schön freute sich über "zwei sehr schöne Tore" und auch er ahnte nicht, dass es nicht mal ein Drittel dessen war, was da noch kommen würde.

Das lag vor allem am 22 Jahre alten HSV-Stürmer Uwe Seeler, der nun seinen großen Auftritt hatte: Er schoss drei Tore (57., 66, 88.), auch Schmidts Torhunger war noch nicht gestillt. Er traf zum 5:0 (75.) zu einem Zeitpunkt, als die Gäste weder psychisch noch konditionell mithalten konnten. Den Schlusspunkt setzte Bayern Münchens Gerhard Siedl (90.), der Linksaußen spielte und seinen berühmten Vorgänger Hans Schäfer zufrieden stellte: "Siedl ist besser, als ihn viele machen. Was er macht, hat Hand und Fuß."

"Ein Ergebnis, das für sich spricht"

Gästeverteidiger van der Hart kritisierte seinen Torwart, der zu viele Bälle habe abprallen lassen, fand aber auch: "Ich habe in meiner langen Laufbahn selten gegen einen Sturm gespielt, der gefährlicher war." Das Lob war allgemein, niemand fiel ab in diesem Spiel, auch nicht die, die ausnahmsweise leer ausgingen – wie Helmut Rahn, der immerhin an drei Toren beteiligt war. Ein Sonderlob erntete der damalige Karlsruher Spielmacher Horst Szymaniak, der trotz einer Kopfverletzung "Mittelpunkt des deutschen Spiels" wurde und tapfer durchhielt. Bundestrainer Sepp Herberger schwärmte: "Ein hervorragendes Länderspiel mit einem Ergebnis, das für sich spricht." Und eins, das es nie wieder gab.

Das Sport Magazin kommentierte die Stimmung der niederländischen Kollegen auf der Pressetribüne süffisant: "Haushoch gegen Deutschland zu verlieren, ist fast so schlimm wie ein Deichbruch." Noch etwas machte den Oktober-Tag vor 70 Jahren historisch: 17 Minuten vor Schluss wurde erstmals bei einem deutschen Heimspiel das Flutlicht eingeschaltet, die Technik brach sich erst in den Fünfzigern Bahn. Viele Stadien waren noch nicht "beleuchtet". Ein strahlender Tag in doppelter Hinsicht!

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Das Verhältnis der Nachbarn war speziell, wie eigentlich immer im Fußballsport. Wenn Deutschland und die Niederlande aufeinandertrafen, ging es eigentlich immer eng zu. In den ersten 18 Duellen seit 1910 schaffte jeder genau einen Sieg mit zwei Toren Abstand, ansonsten war es immer knapper. Bis 1957 war die DFB-Bilanz negativ, dann zogen die Deutschen, nunmehr amtierender Weltmeister, durch ein 2:1 in Amsterdam gleich. Als sie heute vor 60 Jahren in Köln antraten, kamen sie mit einem orkanartigen Rückenwind eingeflogen, entfacht durch einen 9:1-Triumph über Belgien.

Mit allem war zu rechnen, nur nicht mit dem höchsten Sieg in diesem ewig brisanten Duell. "Was für ein undankbarer Partner wird gerade dieses Holland für uns am Mittwoch sein", unkte das Sport Magazin noch am Montag. Auch die Experten wurden völlig überrascht. "Noch nie dagewesen – Deutschland-Holland 7:0" titelte das Fachblatt am nächsten Tag. Es "hätte sogar noch höher ausfallen können". Vielleicht lag es daran, dass die Nationalspieler am Vorabend ins Kino gingen und einen Western mit John Wayne sahen?

Beruhigende Führung zur Pause

Die vom Rumänen Elek Schwartz (später Eintracht Frankfurt) trainierten Gäste beklagten fünf Ausfälle und gingen nicht sonderlich optimistisch ins Spiel, das 60.000 Zuschauer ins Müngersdorfer Stadion lockte. Sepp Herberger musste nur auf Torwart Hans Tilkowski, von Debütant Fritz Ewert vertreten, und Außenstürmer Heinz Vollmar verzichten. Helmut Rahn war der einzig verbliebene Held von Bern.

Weltmeisterlich spielten die Deutschen trotzdem auf, schon zur Pause waren die Weichen auf Sieg gestellt. Der Mönchengladbacher Albert Brülls traf auch in seinem zweiten Länderspiel (15.), nachdem zuvor Rahn bereits den Pfosten getroffen hatte. Zur Pause stand es dann 2:0, der Dortmunder Alfred "Aki" Schmidt drückte eine Rahn-Vorlage ein (30.). Fritz Ewert musste nur einmal eingreifen, parierte einen Schuss aus fünf Metern von van der Linden.

Drei Tore von Seeler

Noch roch es nicht nach einem Schützenfest, auf der Tribüne sagte DFB-Präsident Peco Bauwens: "Die 2:0-Führung ist verdient, obwohl die Holländer bei einigen Szenen Pech hatten." Herbergers Assistent Helmut Schön freute sich über "zwei sehr schöne Tore" und auch er ahnte nicht, dass es nicht mal ein Drittel dessen war, was da noch kommen würde.

Das lag vor allem am 22 Jahre alten HSV-Stürmer Uwe Seeler, der nun seinen großen Auftritt hatte: Er schoss drei Tore (57., 66, 88.), auch Schmidts Torhunger war noch nicht gestillt. Er traf zum 5:0 (75.) zu einem Zeitpunkt, als die Gäste weder psychisch noch konditionell mithalten konnten. Den Schlusspunkt setzte Bayern Münchens Gerhard Siedl (90.), der Linksaußen spielte und seinen berühmten Vorgänger Hans Schäfer zufrieden stellte: "Siedl ist besser, als ihn viele machen. Was er macht, hat Hand und Fuß."

"Ein Ergebnis, das für sich spricht"

Gästeverteidiger van der Hart kritisierte seinen Torwart, der zu viele Bälle habe abprallen lassen, fand aber auch: "Ich habe in meiner langen Laufbahn selten gegen einen Sturm gespielt, der gefährlicher war." Das Lob war allgemein, niemand fiel ab in diesem Spiel, auch nicht die, die ausnahmsweise leer ausgingen – wie Helmut Rahn, der immerhin an drei Toren beteiligt war. Ein Sonderlob erntete der damalige Karlsruher Spielmacher Horst Szymaniak, der trotz einer Kopfverletzung "Mittelpunkt des deutschen Spiels" wurde und tapfer durchhielt. Bundestrainer Sepp Herberger schwärmte: "Ein hervorragendes Länderspiel mit einem Ergebnis, das für sich spricht." Und eins, das es nie wieder gab.

Das Sport Magazin kommentierte die Stimmung der niederländischen Kollegen auf der Pressetribüne süffisant: "Haushoch gegen Deutschland zu verlieren, ist fast so schlimm wie ein Deichbruch." Noch etwas machte den Oktober-Tag vor 70 Jahren historisch: 17 Minuten vor Schluss wurde erstmals bei einem deutschen Heimspiel das Flutlicht eingeschaltet, die Technik brach sich erst in den Fünfzigern Bahn. Viele Stadien waren noch nicht "beleuchtet". Ein strahlender Tag in doppelter Hinsicht!

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