Osnabrügge: "Gemeinsam Verantwortung für Zukunft übernehmen"

Es geht um mehr als Tore und Punkte. In Israel begegnet die deutsche U 18-Nationalmannschaft derzeit der Vergangenheit und Gegenwart des Landes. Neben einem Zeitzeugengespräch mit einem Holocaust-Überlebenden gehören auch ein Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem und von Jerusalem zum Programm. Für das Team von DFB-Trainer Frank Kramer stellt dies - neben den Länderspielen gegen Serbien (1:1) und Israel heute (ab 17 Uhr) - einen hohen persönlichkeitsbildenden Wert dar. Angeführt wird die Begegnungsreise von DFB-Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge, der als Delegationsleiter fungiert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Ronny Zimmermann spricht er über Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen auf der Länderspielreise.

DFB.de: Herr Osnabrügge, sechs Tage lang gastiert die deutsche U 18-Nationalmannschaft in Israel. Welche Bedeutung hat diese jährliche Länderspielreise für die jungen Spieler?

Dr. Stephan Osnabrügge: Wir verfolgen mit dem Programm seit zehn Jahren das Ziel, Fußball mit Kultur und historischer Bildung zu verbinden. Unsere Nationalmannschaft steht vor der Herausforderung, einerseits in den Länderspielen auf den Punkt die bestmögliche sportliche Leistungsfähigkeit abzurufen, andererseits soll sie die sehr einprägsamen Begegnungen außerhalb des Rasens aufnehmen. Daher hat diese Länderspielreise für jeden Spieler einen hohen persönlichkeitsbildenden Wert. Insbesondere der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem stellt dabei ein beeindruckendes und bedrückendes Erlebnis für die jungen Menschen dar.

DFB.de: Was macht den Aufenthalt in Yad Vashem so besonders?

Osnabrügge: Die Jugendlichen werden auf eine sehr direkte Art mit der Shoah konfrontiert. Das gesamte Ausmaß der geschehenen Unmenschlichkeit wird in der Gedenkstätte erfahrbar - anhand von Filmen, Fotos, Dokumenten und Ausstellungsstücken. Wenn man beispielsweise an einem Berg von Schuhen ermordeter Menschen entlanggeht, macht das die aus dem Geschichtsunterricht gelehrten Zahlen und Dimensionen greifbar. Meine Erfahrung ist, dass dies unsere jungen Nationalspieler erreicht und auch trifft.

DFB.de: Was sollen die jungen Menschen an Eindrücken und Erkenntnissen mitnehmen?

Osnabrügge: Zu meiner Schulzeit wurde noch die "Kollektivschuld des deutschen Volkes" vermittelt. Dieses Empfinden hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert: Die heutige Generation trägt gewiss keine Schuld mehr für die Gräueltaten der Vergangenheit. Aber: Wir erwarten - auch schon von unseren jungen Nationalspielern - ein Bewusstsein, dass sie sich als Botschafter unseres Verbandes und unserer Nation bewegen. Ich wünsche mir, dass sie stets aktiv eintreten gegen Diskriminierung, gegen Ausgrenzung und gegen Intoleranz.

DFB.de: In diesem Jahr findet die Länderspielreise nach Israel zum zehnten Mal statt. Wie hat sie sich über die Jahre hinweg entwickelt?

Osnabrügge: Ihre Ausgestaltung wurde vor fünf Jahren um das Zeitzeugengespräch mit einem Holocaust-Überlebenden erweitert. Wir sind überzeugt, dass das U 18-Alter ideal geeignet ist, um die jungen Menschen vor dem Beginn ihrer Profikarriere abzuholen und weiterzubilden. Dieser Aspekt steht neben den sportlichen Aufgaben im Fokus. Das ist der Grund, weshalb uns zusätzlich eine Delegation aus Vertretern der Regional- und Landesverbände begleitet. Wir möchten mit den bei diesem Lehrgang vermittelten Themen in die Breite wirken.

DFB.de: Sie sind in diesen Tagen viel im Austausch mit den Vertretern auf israelischer Seite. Welche Rückmeldung erfahren Sie in Bezug auf das Begegnungsprogramm?

Osnabrügge: Ich erlebe bei den Israelis in gewisser Weise ein "freundliches Unverständnis", das ich gerne näher erklären möchte: Unsere israelischen Freunde identifizieren das heutige Deutschland nicht mehr mit dem früheren Deutschland. Deswegen sind sie positiv überrascht, welch hohen Wert diese Begegnung weiterhin für uns besitzt. Insbesondere den Hintergrund der historisch-politischen Bildung unserer Nationalspieler loben sie sehr. Ich bin sehr dankbar, dass die israelische Mannschaft den Besuch in Yad Vashem zusammen mit unserem Team absolviert. Wir übernehmen gemeinsam Verantwortung für die Zukunft, indem wir aus der Vergangenheit lernen. Ein besseres Zeichen kann es nicht geben.

[rz]

Es geht um mehr als Tore und Punkte. In Israel begegnet die deutsche U 18-Nationalmannschaft derzeit der Vergangenheit und Gegenwart des Landes. Neben einem Zeitzeugengespräch mit einem Holocaust-Überlebenden gehören auch ein Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem und von Jerusalem zum Programm. Für das Team von DFB-Trainer Frank Kramer stellt dies - neben den Länderspielen gegen Serbien (1:1) und Israel heute (ab 17 Uhr) - einen hohen persönlichkeitsbildenden Wert dar. Angeführt wird die Begegnungsreise von DFB-Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge, der als Delegationsleiter fungiert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Ronny Zimmermann spricht er über Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen auf der Länderspielreise.

DFB.de: Herr Osnabrügge, sechs Tage lang gastiert die deutsche U 18-Nationalmannschaft in Israel. Welche Bedeutung hat diese jährliche Länderspielreise für die jungen Spieler?

Dr. Stephan Osnabrügge: Wir verfolgen mit dem Programm seit zehn Jahren das Ziel, Fußball mit Kultur und historischer Bildung zu verbinden. Unsere Nationalmannschaft steht vor der Herausforderung, einerseits in den Länderspielen auf den Punkt die bestmögliche sportliche Leistungsfähigkeit abzurufen, andererseits soll sie die sehr einprägsamen Begegnungen außerhalb des Rasens aufnehmen. Daher hat diese Länderspielreise für jeden Spieler einen hohen persönlichkeitsbildenden Wert. Insbesondere der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem stellt dabei ein beeindruckendes und bedrückendes Erlebnis für die jungen Menschen dar.

DFB.de: Was macht den Aufenthalt in Yad Vashem so besonders?

Osnabrügge: Die Jugendlichen werden auf eine sehr direkte Art mit der Shoah konfrontiert. Das gesamte Ausmaß der geschehenen Unmenschlichkeit wird in der Gedenkstätte erfahrbar - anhand von Filmen, Fotos, Dokumenten und Ausstellungsstücken. Wenn man beispielsweise an einem Berg von Schuhen ermordeter Menschen entlanggeht, macht das die aus dem Geschichtsunterricht gelehrten Zahlen und Dimensionen greifbar. Meine Erfahrung ist, dass dies unsere jungen Nationalspieler erreicht und auch trifft.

DFB.de: Was sollen die jungen Menschen an Eindrücken und Erkenntnissen mitnehmen?

Osnabrügge: Zu meiner Schulzeit wurde noch die "Kollektivschuld des deutschen Volkes" vermittelt. Dieses Empfinden hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert: Die heutige Generation trägt gewiss keine Schuld mehr für die Gräueltaten der Vergangenheit. Aber: Wir erwarten - auch schon von unseren jungen Nationalspielern - ein Bewusstsein, dass sie sich als Botschafter unseres Verbandes und unserer Nation bewegen. Ich wünsche mir, dass sie stets aktiv eintreten gegen Diskriminierung, gegen Ausgrenzung und gegen Intoleranz.

DFB.de: In diesem Jahr findet die Länderspielreise nach Israel zum zehnten Mal statt. Wie hat sie sich über die Jahre hinweg entwickelt?

Osnabrügge: Ihre Ausgestaltung wurde vor fünf Jahren um das Zeitzeugengespräch mit einem Holocaust-Überlebenden erweitert. Wir sind überzeugt, dass das U 18-Alter ideal geeignet ist, um die jungen Menschen vor dem Beginn ihrer Profikarriere abzuholen und weiterzubilden. Dieser Aspekt steht neben den sportlichen Aufgaben im Fokus. Das ist der Grund, weshalb uns zusätzlich eine Delegation aus Vertretern der Regional- und Landesverbände begleitet. Wir möchten mit den bei diesem Lehrgang vermittelten Themen in die Breite wirken.

DFB.de: Sie sind in diesen Tagen viel im Austausch mit den Vertretern auf israelischer Seite. Welche Rückmeldung erfahren Sie in Bezug auf das Begegnungsprogramm?

Osnabrügge: Ich erlebe bei den Israelis in gewisser Weise ein "freundliches Unverständnis", das ich gerne näher erklären möchte: Unsere israelischen Freunde identifizieren das heutige Deutschland nicht mehr mit dem früheren Deutschland. Deswegen sind sie positiv überrascht, welch hohen Wert diese Begegnung weiterhin für uns besitzt. Insbesondere den Hintergrund der historisch-politischen Bildung unserer Nationalspieler loben sie sehr. Ich bin sehr dankbar, dass die israelische Mannschaft den Besuch in Yad Vashem zusammen mit unserem Team absolviert. Wir übernehmen gemeinsam Verantwortung für die Zukunft, indem wir aus der Vergangenheit lernen. Ein besseres Zeichen kann es nicht geben.

###more###