Löw: "Wir haben die Belastung der Spieler stets im Blick"

Bundestrainer Joachim Löw schaut am Sonntag (ab 21 Uhr, live im ZDF und auf Sky) ganz genau hin, wenn der Deutsche Meister und DFB-Pokalsieger FC Bayern München im Champions-League-Finale auf Paris Saint-Germain trifft. Denn in Lissabon werden einige seiner Nationalspieler auf dem Platz stehen. Mit DFB.de spricht Löw über das Endspiel, seine Pläne für die anstehende Kadernominierung und die richtige Belastungssteuerung.

DFB.de: Herr Löw, der deutsche Fußball erlebt dieser Tage in der Champions League eine Sternstunde. RB Leipzig hatte nach einem Sieg gegen Atletico Madrid den Einzug ins Halbfinale geschafft. Der FC Bayern schaltete Olympique Lyon aus und trifft im Finale auf das Starensemble von Paris Saint-Germain um den deutschen Trainer Thomas Tuchel. Ausgerechnet Hansi Flick, Ihr früherer Assistenztrainer beim DFB, könnte sich mit seiner Mannschaft die europäische Fußball-Krone aufsetzen. Wie schätzen Sie das ein?

Joachim Löw: Zunächst mal habe ich mich wahnsinnig für RB Leipzig mit Julian Nagelsmann und den FC Bayern mit Hansi gefreut. Zwei deutsche Mannschaften im Halbfinale der Champions League gab es zuletzt 2013. Das ist ein starkes Ausrufezeichen für den deutschen Fußball. Vergangenes Jahr hat mit Jürgen Klopp ein deutscher Trainer die Champions League gewonnen, auch in diesem Jahr wird ein deutscher Trainer triumphieren. Darüber kann man sich nur freuen. Dass meine Freude im Falle des Champions-League-Sieges der Bayern für Hansi Flick besonders groß ausfallen würde, wird mir Thomas Tuchel aufgrund meines speziellen und freundschaftlichen Verhältnisses zu Hansi sicher nachsehen. Aber auch Thomas hätte es verdient, er lässt Paris aus meiner Sicht einen taktisch extrem variablen und insgesamt sehr attraktiven Fußball spielen. Die Chancen in diesem Finale liegen für mich bei 50-zu-50. Wenn beide Teams das zeigen, was sie können, wenn beide ihr offensives, spielerisches und taktisches Potenzial voll abrufen, dann werden wir am Sonntag einen Schlagabtausch der Extraklasse erleben.

DFB.de: Beide Mannschaften sind gespickt mit Topstars, die jeweils alleine ein Spiel entscheiden können.

Löw: Absolut, die individuelle Klasse in beiden Mannschaften ist enorm. Da kann man gar keine einzelnen Namen nennen. In allen Mannschaftsteilen auf beiden Seiten stehen Topspieler. Beide Trainer können aus dem Vollen schöpfen.

DFB.de: Mit Blick auf den bevorstehenden Auftakt der Länderspielsaison tüfteln ja auch Sie bereits konkret an der Zusammenstellung Ihres Kaders für die beiden Spiele in der UEFA Nations League am 3. September in Stuttgart gegen Spanien und am 6. September in Basel gegen die Schweiz. Können Sie uns dies bezüglich schon einen Einblick in Ihre Planungen geben?

Löw: Wir wollen bewusst erst mal das Champions-League-Finale abwarten und geben am kommenden Dienstag unsere Nominierung bekannt. Auch aus Respekt vor diesem Spiel und den Finalmannschaften. Für mich gehört es sich so, dass dem Wettbewerb und den Teams aktuell die komplette Aufmerksamkeit und der öffentliche Fokus gebühren, die Nationalmannschaft steht dann im September auf dem Programm.

DFB.de: Wie planen Sie diese Phase?

Löw: Wir haben uns lange Zeit nicht gesehen, die Spieler, die Betreuer. Ich persönlich kann es kaum erwarten, wieder mit den Spielern auf dem Platz zu stehen und zu arbeiten. Aber es gab und gibt angesichts der Corona-Pandemie immer noch wichtigere Dinge als den Fußball, dessen sind wir uns bewusst. Insofern sind wir allen Verantwortlichen aus Politik und Wissenschaft dankbar, dass die Ausrichtung der Spiele überhaupt möglich wurde. Was meine Planungen angeht, steht für mich bereits fest: Die durch die Fortsetzung der zurückliegenden Bundesligasaison und die Teilnahme am Finalturnier in Lissabon hoch belasteten Nationalspieler werden wir für die September-Länderspiele nicht nominieren. Ihnen wollen wir die nötige Regenerationszeit geben. Konkret gilt dies für Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Leon Goretzka vom FC Bayern sowie Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann von RB Leipzig. Die Situation bei Julian Draxler und Thilo Kehrer, die für Paris spielen, aber auch Leroy Sané und Niklas Süle ist ein wenig anders. Jeder von ihnen hatte mit Verletzungsphasen zu tun. Alle hatten Phasen, in denen sie nicht regelmäßig gespielt haben. Sie müssen wieder in einen Trainings- und Wettkampfrhythmus kommen.

DFB.de: Was sind Ihre Gründe für diese Entscheidung?

Löw: Mit Blick auf die Europameisterschaft im kommenden Sommer ist mir grundsätzlich wichtig, dass die Spieler ausgeruht, frisch und gut regeneriert - körperlich wie mental - mit ihren Vereinen in die neue Saison starten. Diese Spieler sollen jetzt mal ein paar Tage abschalten und zur Ruhe kommen. Diese Spielzeit wird noch sehr lang und kräftezehrend. Die Anforderungen gerade an die Topspieler sind extrem. Und unser Höhepunkt der Saison, die EURO, steht eben erst am Ende auf dem Programm. Dann brauchen wir Spieler, die noch in der Lage sind, Topleistungen abzurufen.

DFB.de: Das heißt, dass Sie ausgerechnet schon gegen Spanien und wenige Tage später gegen die Schweiz bewusst einen Fehlstart in die Nations-League-Saison in Kauf nehmen, um einige Spieler zu schonen? Ihr spanischer Amtskollege Luis Enrique hat hingegen in seinem vorläufigen Aufgebot Dani Olmo von RB Leipzig und Thiago vom FC Bayern berücksichtigt.

Löw: Ich habe diese Entscheidung aus meiner Verantwortung den Spielern gegenüber getroffen. Das steht für mich an oberster Stelle. Bei der Nationalmannschaft ist es ja nichts Neues, dass wir uns mit der richtigen Balance zwischen Anspannung und Entspannung, Regenation und der Gesundheit der Spieler ständig beschäftigen. Wir haben immer Rücksicht auf die individuelle Belastungssituation genommen, das hat sich nicht verändert. Wir werden bei den Länderspielen im September den Spielern, die dabei sein werden, unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht öffnet sich durch eine solche Chance für den einen oder anderen ja auch mal eine Tür. Wir hatten ohnehin gesagt, dass wir nach der WM 2018 grundsätzlich Räume für junge Spieler schaffen wollten, damit diese sich entwickeln können. Daran halten wir fest, davon sind wir überzeugt und werfen eine solche Planung auch nicht von heute auf morgen über Bord. Wir haben den jungen Spielern unser Vertrauen geschenkt, sie können sich auf uns verlassen. Wir haben noch Großes vor. Wir befinden uns mitten in der Entwicklung einer neuen Mannschaft, das ist ein spannender Prozess. Die Planung und Entwicklung einer Nationalmannschaft muss immer über den Tellerrand einer Saison hinausgehen. Und wenn man den Blick nach vorn richtet, stellt man fest, dass nun binnen drei Jahren drei Großereignisse vor uns liegen: beginnend mit der EM im nächsten Jahr, gefolgt von der WM 2022 in Katar bis hin zur EURO 2024, bei der wir Gastgeber sein werden. Aus sportlicher Sicht sind dies großartige Perspektiven, besonders auch für unsere jungen Spieler.

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Bundestrainer Joachim Löw schaut am Sonntag (ab 21 Uhr, live im ZDF und auf Sky) ganz genau hin, wenn der Deutsche Meister und DFB-Pokalsieger FC Bayern München im Champions-League-Finale auf Paris Saint-Germain trifft. Denn in Lissabon werden einige seiner Nationalspieler auf dem Platz stehen. Mit DFB.de spricht Löw über das Endspiel, seine Pläne für die anstehende Kadernominierung und die richtige Belastungssteuerung.

DFB.de: Herr Löw, der deutsche Fußball erlebt dieser Tage in der Champions League eine Sternstunde. RB Leipzig hatte nach einem Sieg gegen Atletico Madrid den Einzug ins Halbfinale geschafft. Der FC Bayern schaltete Olympique Lyon aus und trifft im Finale auf das Starensemble von Paris Saint-Germain um den deutschen Trainer Thomas Tuchel. Ausgerechnet Hansi Flick, Ihr früherer Assistenztrainer beim DFB, könnte sich mit seiner Mannschaft die europäische Fußball-Krone aufsetzen. Wie schätzen Sie das ein?

Joachim Löw: Zunächst mal habe ich mich wahnsinnig für RB Leipzig mit Julian Nagelsmann und den FC Bayern mit Hansi gefreut. Zwei deutsche Mannschaften im Halbfinale der Champions League gab es zuletzt 2013. Das ist ein starkes Ausrufezeichen für den deutschen Fußball. Vergangenes Jahr hat mit Jürgen Klopp ein deutscher Trainer die Champions League gewonnen, auch in diesem Jahr wird ein deutscher Trainer triumphieren. Darüber kann man sich nur freuen. Dass meine Freude im Falle des Champions-League-Sieges der Bayern für Hansi Flick besonders groß ausfallen würde, wird mir Thomas Tuchel aufgrund meines speziellen und freundschaftlichen Verhältnisses zu Hansi sicher nachsehen. Aber auch Thomas hätte es verdient, er lässt Paris aus meiner Sicht einen taktisch extrem variablen und insgesamt sehr attraktiven Fußball spielen. Die Chancen in diesem Finale liegen für mich bei 50-zu-50. Wenn beide Teams das zeigen, was sie können, wenn beide ihr offensives, spielerisches und taktisches Potenzial voll abrufen, dann werden wir am Sonntag einen Schlagabtausch der Extraklasse erleben.

DFB.de: Beide Mannschaften sind gespickt mit Topstars, die jeweils alleine ein Spiel entscheiden können.

Löw: Absolut, die individuelle Klasse in beiden Mannschaften ist enorm. Da kann man gar keine einzelnen Namen nennen. In allen Mannschaftsteilen auf beiden Seiten stehen Topspieler. Beide Trainer können aus dem Vollen schöpfen.

DFB.de: Mit Blick auf den bevorstehenden Auftakt der Länderspielsaison tüfteln ja auch Sie bereits konkret an der Zusammenstellung Ihres Kaders für die beiden Spiele in der UEFA Nations League am 3. September in Stuttgart gegen Spanien und am 6. September in Basel gegen die Schweiz. Können Sie uns dies bezüglich schon einen Einblick in Ihre Planungen geben?

Löw: Wir wollen bewusst erst mal das Champions-League-Finale abwarten und geben am kommenden Dienstag unsere Nominierung bekannt. Auch aus Respekt vor diesem Spiel und den Finalmannschaften. Für mich gehört es sich so, dass dem Wettbewerb und den Teams aktuell die komplette Aufmerksamkeit und der öffentliche Fokus gebühren, die Nationalmannschaft steht dann im September auf dem Programm.

DFB.de: Wie planen Sie diese Phase?

Löw: Wir haben uns lange Zeit nicht gesehen, die Spieler, die Betreuer. Ich persönlich kann es kaum erwarten, wieder mit den Spielern auf dem Platz zu stehen und zu arbeiten. Aber es gab und gibt angesichts der Corona-Pandemie immer noch wichtigere Dinge als den Fußball, dessen sind wir uns bewusst. Insofern sind wir allen Verantwortlichen aus Politik und Wissenschaft dankbar, dass die Ausrichtung der Spiele überhaupt möglich wurde. Was meine Planungen angeht, steht für mich bereits fest: Die durch die Fortsetzung der zurückliegenden Bundesligasaison und die Teilnahme am Finalturnier in Lissabon hoch belasteten Nationalspieler werden wir für die September-Länderspiele nicht nominieren. Ihnen wollen wir die nötige Regenerationszeit geben. Konkret gilt dies für Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Leon Goretzka vom FC Bayern sowie Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann von RB Leipzig. Die Situation bei Julian Draxler und Thilo Kehrer, die für Paris spielen, aber auch Leroy Sané und Niklas Süle ist ein wenig anders. Jeder von ihnen hatte mit Verletzungsphasen zu tun. Alle hatten Phasen, in denen sie nicht regelmäßig gespielt haben. Sie müssen wieder in einen Trainings- und Wettkampfrhythmus kommen.

DFB.de: Was sind Ihre Gründe für diese Entscheidung?

Löw: Mit Blick auf die Europameisterschaft im kommenden Sommer ist mir grundsätzlich wichtig, dass die Spieler ausgeruht, frisch und gut regeneriert - körperlich wie mental - mit ihren Vereinen in die neue Saison starten. Diese Spieler sollen jetzt mal ein paar Tage abschalten und zur Ruhe kommen. Diese Spielzeit wird noch sehr lang und kräftezehrend. Die Anforderungen gerade an die Topspieler sind extrem. Und unser Höhepunkt der Saison, die EURO, steht eben erst am Ende auf dem Programm. Dann brauchen wir Spieler, die noch in der Lage sind, Topleistungen abzurufen.

DFB.de: Das heißt, dass Sie ausgerechnet schon gegen Spanien und wenige Tage später gegen die Schweiz bewusst einen Fehlstart in die Nations-League-Saison in Kauf nehmen, um einige Spieler zu schonen? Ihr spanischer Amtskollege Luis Enrique hat hingegen in seinem vorläufigen Aufgebot Dani Olmo von RB Leipzig und Thiago vom FC Bayern berücksichtigt.

Löw: Ich habe diese Entscheidung aus meiner Verantwortung den Spielern gegenüber getroffen. Das steht für mich an oberster Stelle. Bei der Nationalmannschaft ist es ja nichts Neues, dass wir uns mit der richtigen Balance zwischen Anspannung und Entspannung, Regenation und der Gesundheit der Spieler ständig beschäftigen. Wir haben immer Rücksicht auf die individuelle Belastungssituation genommen, das hat sich nicht verändert. Wir werden bei den Länderspielen im September den Spielern, die dabei sein werden, unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht öffnet sich durch eine solche Chance für den einen oder anderen ja auch mal eine Tür. Wir hatten ohnehin gesagt, dass wir nach der WM 2018 grundsätzlich Räume für junge Spieler schaffen wollten, damit diese sich entwickeln können. Daran halten wir fest, davon sind wir überzeugt und werfen eine solche Planung auch nicht von heute auf morgen über Bord. Wir haben den jungen Spielern unser Vertrauen geschenkt, sie können sich auf uns verlassen. Wir haben noch Großes vor. Wir befinden uns mitten in der Entwicklung einer neuen Mannschaft, das ist ein spannender Prozess. Die Planung und Entwicklung einer Nationalmannschaft muss immer über den Tellerrand einer Saison hinausgehen. Und wenn man den Blick nach vorn richtet, stellt man fest, dass nun binnen drei Jahren drei Großereignisse vor uns liegen: beginnend mit der EM im nächsten Jahr, gefolgt von der WM 2022 in Katar bis hin zur EURO 2024, bei der wir Gastgeber sein werden. Aus sportlicher Sicht sind dies großartige Perspektiven, besonders auch für unsere jungen Spieler.

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