Jérôme Boateng: Allet jut!

Nach einigen Verletzungen ist Jérôme Boateng auf dem besten Weg zur Form, die ihn vor vier Jahren zu einem überragenden Spieler im WM-Finale machte. Über Berlin nach Russland – für den Abwehrspieler nichts Alltägliches, nicht nur, weil der heutige Gegner Brasilien (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) heißt. In der Hauptstadt Berlin ist er aufgewachsen, hier wurde er Profi. Und er ist noch immer ein stolzer Berliner.

Ein Erfolg, ein Positiverlebnis – das wär's. Auf dem Platz stehen und gewinnen. Als Nationalspieler war dies dem gebürtigen Berliner Jérôme Boateng im Olympiastadion noch nicht vergönnt. Tatsächlich? In der Hauptstadt würde man berlinern: Ick gloob' mein Schwein pfeift!

Drei Länderspiele wurden in der Hauptstadt ausgetragen seit Boatengs Debüt im DFB-Trikot. Seit jenem 1:0 in Russland im Oktober 2009, einem WM-Qualifikationsspiel in Moskau. Die Partie ging in die Geschichte ein – wegen Boateng. Flog doch der damals 21-Jährige als erster deutscher Nationalspieler bei seiner Premiere vom Platz, mit Gelb-Rot. Zu grün agierte der Verteidiger vom Hamburger SV bei seiner Feuertaufe.

Boatengs Berlin-Bilanz ist ziemlich gemischt: Einerseits wurde er im Olympiastadion mit dem FC Bayern dreimal Pokalsieger: 2013, 2014 und 2016. Doch als Nationalspieler sollte es nicht sein mit einem Glücksgefühl an Berliner Luft. Beim 3:0 der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw gegen die Türkei im Oktober 2010 schaute Boateng zu, saß 90 Minuten auf der Bank. Zwei Jahre später wäre er auch besser nur Beobachter gewesen, doch der Rechtsverteidiger befand sich im Zentrum eines denkwürdigen Spiels. Die DFB-Auswahl gab eine 4:0-Führung nach 56 Minuten gegen Schweden noch aus der Hand, kassierte in der Schlussminute den Ausgleich. Als die Mannschaft bei ihrer bis heute letzten Berlin-Stippvisite im März 2016 gegen England mit 2:3 verlor, fehlte Boateng wegen eines Muskelbündelrisses. Berlin, die vierte: Beim heutigen Länderspiel gegen Brasilien, dem zweiten Frühjahrstest für die WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli), heißt es für Boateng also: Auf zum Heimsieg! Oder auch: Ran an die Buletten!



Nach einigen Verletzungen ist Jérôme Boateng auf dem besten Weg zur Form, die ihn vor vier Jahren zu einem überragenden Spieler im WM-Finale machte. Über Berlin nach Russland – für den Abwehrspieler nichts Alltägliches, nicht nur, weil der heutige Gegner Brasilien (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) heißt. In der Hauptstadt Berlin ist er aufgewachsen, hier wurde er Profi. Und er ist noch immer ein stolzer Berliner.

Ein Erfolg, ein Positiverlebnis – das wär's. Auf dem Platz stehen und gewinnen. Als Nationalspieler war dies dem gebürtigen Berliner Jérôme Boateng im Olympiastadion noch nicht vergönnt. Tatsächlich? In der Hauptstadt würde man berlinern: Ick gloob' mein Schwein pfeift!

Drei Länderspiele wurden in der Hauptstadt ausgetragen seit Boatengs Debüt im DFB-Trikot. Seit jenem 1:0 in Russland im Oktober 2009, einem WM-Qualifikationsspiel in Moskau. Die Partie ging in die Geschichte ein – wegen Boateng. Flog doch der damals 21-Jährige als erster deutscher Nationalspieler bei seiner Premiere vom Platz, mit Gelb-Rot. Zu grün agierte der Verteidiger vom Hamburger SV bei seiner Feuertaufe.

Boatengs Berlin-Bilanz ist ziemlich gemischt: Einerseits wurde er im Olympiastadion mit dem FC Bayern dreimal Pokalsieger: 2013, 2014 und 2016. Doch als Nationalspieler sollte es nicht sein mit einem Glücksgefühl an Berliner Luft. Beim 3:0 der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw gegen die Türkei im Oktober 2010 schaute Boateng zu, saß 90 Minuten auf der Bank. Zwei Jahre später wäre er auch besser nur Beobachter gewesen, doch der Rechtsverteidiger befand sich im Zentrum eines denkwürdigen Spiels. Die DFB-Auswahl gab eine 4:0-Führung nach 56 Minuten gegen Schweden noch aus der Hand, kassierte in der Schlussminute den Ausgleich. Als die Mannschaft bei ihrer bis heute letzten Berlin-Stippvisite im März 2016 gegen England mit 2:3 verlor, fehlte Boateng wegen eines Muskelbündelrisses. Berlin, die vierte: Beim heutigen Länderspiel gegen Brasilien, dem zweiten Frühjahrstest für die WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli), heißt es für Boateng also: Auf zum Heimsieg! Oder auch: Ran an die Buletten!

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Jugend in Wilmersdorf

Jérôme wuchs im Berliner Bezirk Wilmersdorf auf, seine Halbbrüder Kevin-Prince und George im Wedding. Dort kickten sie regelmäßig in einem "Käfig" an der Panke. "Kevin und George hatten es viel schwerer als ich", findet Jérôme, "im Wedding aufzuwachsen ist anders als in Wilmersdorf." Rauer, härter. Für den Jüngsten der drei Brüder bedeutete der Verzicht die größte Herausforderung. Denn die Verlockungen waren groß. "Deine Freunde wollen Party machen und nachts um die Häuser ziehen, Spaß haben, Mädchen treffen", erinnert sich Boateng an seine Jugend, "aber genau in dieser Zeit musst du dich fokussieren, hast Schule, musst in den Nachwuchsteams deine Leistung bringen." Was er von damals mitgenommen hat, begleitet ihn bis heute: "Wenn du es nach oben schaffen willst, musst du hart an dir arbeiten. Und an dich glauben – auch in schlechten Zeiten."

Machte er. Von Hertha BSC kam er noch als Teenager 2007 zum Hamburger SV, drei Jahre später holte ihn Manchester City in die Premier League. Der wichtigste Karriereschritt war jedoch der zurück in die Bundesliga. Nach nur einer Saison in England wechselte Boateng zum FC Bayern. Für 13,5 Millionen Euro – bei den heutigen Ablösesummen ein Witz. Mit den Bayern wurde Boateng Meister und Pokalsieger, gewann 2013 sowohl die Champions League als auch die Klub-WM. Goldene Zeiten. Im Jahr darauf der Triumph von Brasilien: Weltmeister. Im Finale von Rio de Janeiro machte er das Spiel seines Lebens, brachte Argentiniens Superstar Lionel Messi zur Verzweiflung – 1:0. Im Nachhinein denkt man an das Siegtor von Mario Götze in der Verlängerung, hat den schwer gezeichneten, blutverschmierten Bastian Schweinsteiger vor Augen. Doch der heimliche Man of the Match hieß Boateng, weil er 84 Prozent seiner Zweikämpfe gewann und den Strafraum wie ein Heiligtum verteidigte. Sein Kreuz war so breit, dass er nach der Siegerehrung tönte: "Ich glaube, ganz Deutschland ist stolz auf uns. Jetzt feiern wir, bis es nicht mehr geht. Heute dürfen alle auf meinen Schultern tanzen."

Auch diesen Sommer will Boateng eine tragende Säule sein. "Ich freue mich sehr auf die WM in Russland. Natürlich wollen wir sie wieder gewinnen, aber das wird sehr schwer", sagte er in einem Interview mit der Deutschen Welle. Als Argument für eine aus Sicht des DFB historische Titelverteidigung führt er an: "Wir haben ein junges Team mit einem guten Mix aus erfahrenen und neuen Spielern." Er will einer der Leader sein, ein Führungsspieler, noch mehr Verantwortung übernehmen. Und das Turnier genießen.

Probleme mit Verletzungen

Das hat ihn vor allem die Zeit nach der WM in Brasilien gelehrt. Im Januar 2016 riss ein Muskelbündel im Adduktorenbereich, damit begann die Misere. Die erste Reha, der Kampf um die EM-Teilnahme. Boateng kam zurück, erlitt beim 0:2 im EM-Halbfinale von Marseille gegen Gastgeber Frankreich erneut einen Muskelbündelriss. Die nächste Reha, eine "finstere Zeit", so Boateng im Rückblick, "zumal ich viele Jahre fast nichts hatte, und dann kam plötzlich alles mit Vollgas".

Sein Körper, sonst sein größtes Pfund, gehorchte ihm nicht mehr. Die Selbstverständlichkeit ging flöten, der Unverwundbare war verwundbar. Dabei wollte der Fußballer des Jahres 2016 allen beweisen, dass er die Auszeichnung zurecht erhalten hatte. Im Dezember 2016 erwischte es ihn erneut, diesmal an der Schulter. Eine Sehnenverletzung, er musste operiert werden. "Ich konnte nach drei Monaten zwar wieder spielen, aber das war nicht derselbe Boateng. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich einen anderen Körper." Wieder zog er eine Lehre aus der harten Zeit: "Zu schnell zu viel wollen: Das will ich nie mehr machen." Der entschleunigte Boateng. Heute betont er, immer "nur in kleinen Zielen, Schritt für Schritt" denken zu wollen.

Da kam Jupp Heynckes gerade recht. Als Bayerns Triple-Trainer aus dem Jahr 2013 im Oktober an die Säbener Straße zurückkehrte, wusste Boateng, woran er war. Er schätzt die "menschliche Art" des 72-Jährigen, "jeder Spieler fühlt sich wichtig, jeder wird ins Boot geholt. Das gibt uns Spielern das Gefühl, dass man diesem Mann was zurückgeben möchte". Möglichst viele Titel. "Ich fühle mich bei Bayern wieder sehr wohl", sagt der mit einem Vertrag bis 2021 ausgestattete Innenverteidiger, relativierte jedoch: "Man weiß nie, wo der Weg im Fußball hingeht."

Das nächste Etappenziel für Boateng lautet jedoch Russland 2018. Neben der Titelverteidigung des WM-Pokals hat der Familienvater eine weitere Aufgabe: "Meine Töchter sagen, ich soll mehr Tore schießen." Klappt beides, kann man im Juli guten Gewissens sagen: Janz Boateng is eene Wolke!

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