Drees: "Ein überraschend unterschiedliches Leistungsbild"

Vereinzelte Schiedsrichterentscheidungen im Zusammenhang mit dem Video-Assistenten sorgten am 14. Spieltag der Bundesliga für öffentliche Diskussionen. Im DFB.de-Interview nimmt Dr. Jochen Drees, fachlicher Projektleiter für den Bereich Video-Assistent beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), Stellung zu den Entscheidungen vom vergangenen Wochenende, zeigt positive Beispiele auf, die zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen den Unparteiischen in den Stadien und den Video-Assistenten im Kölner Video-Assist-Center (VAC) geführt haben und widmet sich der Diskrepanz zwischen Entscheidungsprozessen und öffentlicher Wahrnehmung.

DFB.de: Herr Drees, der 14. Bundesliga-Spieltag sorgte vermehrt für öffentliche Diskussionen und Kritik in den Medien. Wie bewerten Sie die Leistungen der Schiedsrichter und Video-Assistenten, die am vergangenen Wochenende zum Einsatz kamen?

Dr. Jochen Drees: Wir hatten am vergangenen Wochenende ein überraschend unterschiedliches Leistungsbild mit positiven wie negativen Entscheidungen der Video-Assistenten und der Schiedsrichterteams in den Stadien sowie eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Reviewprozessen. Zu den positiven Beispielen gehört die Strafstoßentscheidung auf Schalke, in der der Video-Assistent Sascha Stegemann geholfen hat, ein für den Schiedsrichter auf dem Platz nicht wahrnehmbares Vergehen zu beurteilen. Da es sich hier um ein klares, eindeutiges Foulspiel von Marco Reus an seinem Gegenspieler Harit gehandelt hat, kam es zur korrekten Entscheidung durch Schiedsrichter Daniel Siebert - nämlich Strafstoß.

DFB.de: Welche Entscheidungen würden Sie ähnlich positiv einordnen?

Drees: Ein weiteres positives Beispiel ist der Eingriff des Video-Assistenten Christian Dingert beim Spiel Freiburg gegen Leipzig. Dingert bewertete ein Foulspiel des Leipziger Spielers Upamecano an seinem Freiburger Gegenspieler Frantz als strafbar und gab Schiedsrichter Tobias Welz, der die Situation nicht bewertet hatte, da sie sich außerhalb seines Blickfeldes abgespielte, die Möglichkeit, sich diese Situation noch mal selbst in der Review-Area anzuschauen und zu bewerten. Darüber hinaus waren die Korrekturen zweier falscher Abseitsentscheidungen, beim vermeintlichen 2:1 für Mainz und beim 2:2 in Wolfsburg, in Zusammenhang mit Torerzielungen, durch den Einsatz des Video-Assistenten sehr positiv. Diese korrekten Einsätze hatten letztlich entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis.

DFB.de: Gab es auch Situationen, in denen der Eingriff des Video-Assistenten falsch war oder fälschlicherweise nicht stattgefunden hat?

Drees: Hier ist zum einen der Eingriff beim vermeintlichen Handspiel in Mainz zu nennen, bei welchem sich der Hannoveraner Spieler Wimmer den Ball nicht strafbar an die eigene Hand köpft. Und zum anderen der fehlende Eingriff im selben Spiel beim Zweikampf zwischen dem Mainzer Spieler Mateta und seinem Gegenspieler Ostrzolek aufzuführen, bei welchem Schiedsrichter Robert Hartmann auf Strafstoß für Mainz entschied.

DFB.de: Gab es weitere kritisch zu bewertende Vorgänge am 14. Spieltag?

Drees: Auch im Spiel Bremen gegen Düsseldorf hätte es in der Nachbetrachtung einen Eingriff des Video-Assistenten bei der Beurteilung eines Handspiels des Düsseldorfer Spielers Kaminski in der 25. Minute geben können. In dieser Situation war aber die Wahrnehmung und Beschreibung des Schiedsrichters so klar, dass für den Video-Assistenten eine sehr hohe Eingriffshürde bestand und insofern die Zurückhaltung des Video-Assistenten nachvollziehbar ist.

DFB.de: Kommen wir noch mal auf die strittige Strafstoßentscheidung bei der Begegnung Mainz gegen Hannover zu sprechen, die sich in der 83. Minute ereignete. Wie bewerten Sie diese Entscheidung und den nicht stattgefundenen Eingriff des zuständigen Video-Assistenten Patrick Ittrich?

Drees: Die Entscheidung Strafstoß ist aus meiner Sicht regeltechnisch falsch. Auch wenn es zu einem Kontakt beziehungsweise Rempeln im Hüftbereich kommt, ist dies aus meiner Sicht nicht als strafbar zu werten. Problematisch war in dieser Situation die Kommunikation zwischen Schiedsrichter Robert Hartmann und Video-Assistent Patrick Ittrich. Hätte die Kommunikation in adäquater Form stattgefunden, wäre schnell klar gewesen, dass die Entscheidung auf Strafstoß nur aufgrund der Wahrnehmung des Schiedsrichter-Assistenten Christian Leicher erfolgte und der Schiedsrichter Robert Hartmann keine ausreichende Wahrnehmung zu diesem Vorgang hatte. In diesem Zusammenhang wäre es bei dem vorliegenden Bildmaterial unbedingt notwendig gewesen, dem Schiedsrichter die Möglichkeit zu geben, sich ein eigenes Bild von diesem Zweikampf zu machen und somit die Durchführung eines On-Field-Reviews zu empfehlen. Ich bin mir sicher, dass die ursprüngliche Entscheidung dann von Robert Hartmann korrigiert worden wäre.

DFB.de: Auch in der Partie Berlin gegen Frankfurt blieb der Strafstoßpfiff durch Schiedsrichter Daniel Schlager nach einem strittigen Zweikampf zwischen den Spielern Jovic und Grujic aus. Hätte es hier nicht ebenfalls zwingend zu einem On-Field-Review kommen müssen? Oder blieb eine Überprüfung durch Video-Assistentin Bibiana Steinhaus schlichtweg aus?

Drees: Schiedsrichter Daniel Schlager hatte einen freien Blick auf den Zweikampf und erkannte ein gegenseitiges Halten der beiden Spieler Jovic und Grujic. Das Fallen des Frankfurter Spielers Jovic war nach seiner Auffassung nicht zweifelsfrei strafstoßwürdig, weswegen er sich dafür entschied, das Spiel weiterlaufen zu lassen. Wie bei allen Zweikämpfen innerhalb des Strafraums, die potenziell zu einem Strafstoß führen können, ist auch in dieser Szene eine sofortige Sichtung der Bilder von der Video-Assistentin Bibiana Steinhaus im Video-Assist-Center in Köln erfolgt. Im Anschluss fand eine Kommunikation mit dem Schiedsrichter statt, wonach sich keine klare und offensichtliche Diskrepanz zu der Wahrnehmung von Daniel Schlager und den entsprechenden Kameraeinstellungen im VAC fand. Da die Video-Assistenten nur eindeutig falsche Entscheidungen des Schiedsrichters korrigieren und eben nicht eine bessere Entscheidung am Bildschirm treffen sollen, liegt hier eine hohe Eingriffsschwelle für den Video-Assistenten vor. Dies war auch der Grund dafür, dass es in dieser Szene zu keinem On-Field-Review kam, auch wenn es nach den TV-Bildern gute Argumente für einen Strafstoß gibt.

DFB.de: In den öffentlichen Diskussionen wurde häufig spekuliert, ob die entscheidenden Situationen vom Wochenende im Kölner Video-Assist-Center überhaupt überprüft wurden. Ist es möglich, dass solch entscheidende Situationen nicht überprüft werden?

Drees: Allen Schiedsrichtern und Video-Assistenten ist das dem Video-Assistenten-Projekt zugrundeliegende Protokoll des International Football Association Board IFAB vollständig vertraut. Daher werden alle Situationen, die sich innerhalb der vier Kategorien - Torerzielung, Strafstoß, Rote Karte, Spielerverwechslung - während eines Spiels ereignen, unmittelbar vom Video-Assistenten im VAC in Köln überprüft. Dies beinhaltet sowohl tatsächlich getroffene Entscheidungen der Schiedsrichter als auch potenziell strafwürdige Vergehen wie bei Zweikämpfen im Strafraum oder einer möglichen Roten Karte. Aus diesem Grund ist es auf der Basis einer funktionierenden Technik unmöglich, dass eine Szene aus den betreffenden Kategorien nicht überprüft wird.

DFB.de: In Freiburg kam es nach dem Einsatz des Video-Assistenten mit anschließendem On-Field-Review zu einem Strafstoß. In Berlin sowie in Mainz griff der Video-Assistent nicht ein. Haben Sie Verständnis dafür, dass diese Prozesse sowie Vorgehensweisen in der Öffentlichkeit ganz unterschiedlich wahrgenommen werden?

Drees: Ja, dafür habe ich absolut Verständnis. Die Problematik besteht aus meiner Sicht darin, dass öffentlich zwei Vergehen miteinander verglichen werden, die im Prozess Video-Assistent ganz unterschiedlich anzusehen sind.

DFB.de: Können Sie die beschriebene Problematik konkret erläutern, Herr Drees?

Drees: Beim Spiel Berlin gegen Frankfurt hatte Schiedsrichter Daniel Schlager, wie bereits geschildert, eine klare, eigene Wahrnehmung des beschriebenen Zweikampfes. Beim Spiel in Freiburg konnte Schiedsrichter Tobias Welz den Zweikampf, da er sich außerhalb des Sichtfeldes und vom Ball entfernt abspielte, gar nicht sehen, geschweige denn beurteilen. Aus diesem Grund ist aus Video-Assist-Sicht das Eingreifen beziehungsweise "Nicht-Eingreifen" richtig und nachvollziehbar. Vergleicht man nun aus öffentlicher Sicht die beiden Vorgänge, dann würde auch ich sagen, dass der Vorgang in Berlin regeltechnisch deutlicher als in Freiburg gewesen ist und damit auch als strafbar zu beurteilen gewesen wäre. Diese Sicht darf aber für den Video-Assistenten keine Rolle spielen. Andernfalls wäre die Konsequenz, dass die Eingriffshäufigkeit der Video-Assistenten schlagartig steigen würde und wir uns künftig auf zahlreiche Spielunterbrechungen zur (Wieder-) Beurteilung von Zweikämpfen und Handspielen einstellen müssten.

DFB.de: Hier sehen Sie also keine Möglichkeit, die beiden Vorgänge auf einen Nenner zu bringen?

Drees: Nein, denn dies haben wir alle gemeinsam zu Saisonbeginn als kritisch sowie falsch bewertet, und es entspricht weder meiner Vorstellung vom Video-Assistenten noch den Vorgaben beziehungsweise der Idee des IFAB-Protokolls. Es wird auch weiterhin Diskussionsstoff nach vereinzelten Spielen in der Bundesliga geben, und in einigen Situationen werden auch sicher wieder unterschiedliche Auffassungen entstehen. Der Video-Assistent ist aber nicht dafür da, aus einer schlechten Entscheidung eine bessere zu machen, sondern nur, um bei klaren und offensichtlichen Fehlbeurteilungen der Schiedsrichter diesen gegebenenfalls eine erneute Sichtung sowie Beurteilung der Bilder am Monitor in der Review-Area zu ermöglichen.

[ar]

Vereinzelte Schiedsrichterentscheidungen im Zusammenhang mit dem Video-Assistenten sorgten am 14. Spieltag der Bundesliga für öffentliche Diskussionen. Im DFB.de-Interview nimmt Dr. Jochen Drees, fachlicher Projektleiter für den Bereich Video-Assistent beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), Stellung zu den Entscheidungen vom vergangenen Wochenende, zeigt positive Beispiele auf, die zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen den Unparteiischen in den Stadien und den Video-Assistenten im Kölner Video-Assist-Center (VAC) geführt haben und widmet sich der Diskrepanz zwischen Entscheidungsprozessen und öffentlicher Wahrnehmung.

DFB.de: Herr Drees, der 14. Bundesliga-Spieltag sorgte vermehrt für öffentliche Diskussionen und Kritik in den Medien. Wie bewerten Sie die Leistungen der Schiedsrichter und Video-Assistenten, die am vergangenen Wochenende zum Einsatz kamen?

Dr. Jochen Drees: Wir hatten am vergangenen Wochenende ein überraschend unterschiedliches Leistungsbild mit positiven wie negativen Entscheidungen der Video-Assistenten und der Schiedsrichterteams in den Stadien sowie eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Reviewprozessen. Zu den positiven Beispielen gehört die Strafstoßentscheidung auf Schalke, in der der Video-Assistent Sascha Stegemann geholfen hat, ein für den Schiedsrichter auf dem Platz nicht wahrnehmbares Vergehen zu beurteilen. Da es sich hier um ein klares, eindeutiges Foulspiel von Marco Reus an seinem Gegenspieler Harit gehandelt hat, kam es zur korrekten Entscheidung durch Schiedsrichter Daniel Siebert - nämlich Strafstoß.

DFB.de: Welche Entscheidungen würden Sie ähnlich positiv einordnen?

Drees: Ein weiteres positives Beispiel ist der Eingriff des Video-Assistenten Christian Dingert beim Spiel Freiburg gegen Leipzig. Dingert bewertete ein Foulspiel des Leipziger Spielers Upamecano an seinem Freiburger Gegenspieler Frantz als strafbar und gab Schiedsrichter Tobias Welz, der die Situation nicht bewertet hatte, da sie sich außerhalb seines Blickfeldes abgespielte, die Möglichkeit, sich diese Situation noch mal selbst in der Review-Area anzuschauen und zu bewerten. Darüber hinaus waren die Korrekturen zweier falscher Abseitsentscheidungen, beim vermeintlichen 2:1 für Mainz und beim 2:2 in Wolfsburg, in Zusammenhang mit Torerzielungen, durch den Einsatz des Video-Assistenten sehr positiv. Diese korrekten Einsätze hatten letztlich entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis.

DFB.de: Gab es auch Situationen, in denen der Eingriff des Video-Assistenten falsch war oder fälschlicherweise nicht stattgefunden hat?

Drees: Hier ist zum einen der Eingriff beim vermeintlichen Handspiel in Mainz zu nennen, bei welchem sich der Hannoveraner Spieler Wimmer den Ball nicht strafbar an die eigene Hand köpft. Und zum anderen der fehlende Eingriff im selben Spiel beim Zweikampf zwischen dem Mainzer Spieler Mateta und seinem Gegenspieler Ostrzolek aufzuführen, bei welchem Schiedsrichter Robert Hartmann auf Strafstoß für Mainz entschied.

DFB.de: Gab es weitere kritisch zu bewertende Vorgänge am 14. Spieltag?

Drees: Auch im Spiel Bremen gegen Düsseldorf hätte es in der Nachbetrachtung einen Eingriff des Video-Assistenten bei der Beurteilung eines Handspiels des Düsseldorfer Spielers Kaminski in der 25. Minute geben können. In dieser Situation war aber die Wahrnehmung und Beschreibung des Schiedsrichters so klar, dass für den Video-Assistenten eine sehr hohe Eingriffshürde bestand und insofern die Zurückhaltung des Video-Assistenten nachvollziehbar ist.

DFB.de: Kommen wir noch mal auf die strittige Strafstoßentscheidung bei der Begegnung Mainz gegen Hannover zu sprechen, die sich in der 83. Minute ereignete. Wie bewerten Sie diese Entscheidung und den nicht stattgefundenen Eingriff des zuständigen Video-Assistenten Patrick Ittrich?

Drees: Die Entscheidung Strafstoß ist aus meiner Sicht regeltechnisch falsch. Auch wenn es zu einem Kontakt beziehungsweise Rempeln im Hüftbereich kommt, ist dies aus meiner Sicht nicht als strafbar zu werten. Problematisch war in dieser Situation die Kommunikation zwischen Schiedsrichter Robert Hartmann und Video-Assistent Patrick Ittrich. Hätte die Kommunikation in adäquater Form stattgefunden, wäre schnell klar gewesen, dass die Entscheidung auf Strafstoß nur aufgrund der Wahrnehmung des Schiedsrichter-Assistenten Christian Leicher erfolgte und der Schiedsrichter Robert Hartmann keine ausreichende Wahrnehmung zu diesem Vorgang hatte. In diesem Zusammenhang wäre es bei dem vorliegenden Bildmaterial unbedingt notwendig gewesen, dem Schiedsrichter die Möglichkeit zu geben, sich ein eigenes Bild von diesem Zweikampf zu machen und somit die Durchführung eines On-Field-Reviews zu empfehlen. Ich bin mir sicher, dass die ursprüngliche Entscheidung dann von Robert Hartmann korrigiert worden wäre.

DFB.de: Auch in der Partie Berlin gegen Frankfurt blieb der Strafstoßpfiff durch Schiedsrichter Daniel Schlager nach einem strittigen Zweikampf zwischen den Spielern Jovic und Grujic aus. Hätte es hier nicht ebenfalls zwingend zu einem On-Field-Review kommen müssen? Oder blieb eine Überprüfung durch Video-Assistentin Bibiana Steinhaus schlichtweg aus?

Drees: Schiedsrichter Daniel Schlager hatte einen freien Blick auf den Zweikampf und erkannte ein gegenseitiges Halten der beiden Spieler Jovic und Grujic. Das Fallen des Frankfurter Spielers Jovic war nach seiner Auffassung nicht zweifelsfrei strafstoßwürdig, weswegen er sich dafür entschied, das Spiel weiterlaufen zu lassen. Wie bei allen Zweikämpfen innerhalb des Strafraums, die potenziell zu einem Strafstoß führen können, ist auch in dieser Szene eine sofortige Sichtung der Bilder von der Video-Assistentin Bibiana Steinhaus im Video-Assist-Center in Köln erfolgt. Im Anschluss fand eine Kommunikation mit dem Schiedsrichter statt, wonach sich keine klare und offensichtliche Diskrepanz zu der Wahrnehmung von Daniel Schlager und den entsprechenden Kameraeinstellungen im VAC fand. Da die Video-Assistenten nur eindeutig falsche Entscheidungen des Schiedsrichters korrigieren und eben nicht eine bessere Entscheidung am Bildschirm treffen sollen, liegt hier eine hohe Eingriffsschwelle für den Video-Assistenten vor. Dies war auch der Grund dafür, dass es in dieser Szene zu keinem On-Field-Review kam, auch wenn es nach den TV-Bildern gute Argumente für einen Strafstoß gibt.

DFB.de: In den öffentlichen Diskussionen wurde häufig spekuliert, ob die entscheidenden Situationen vom Wochenende im Kölner Video-Assist-Center überhaupt überprüft wurden. Ist es möglich, dass solch entscheidende Situationen nicht überprüft werden?

Drees: Allen Schiedsrichtern und Video-Assistenten ist das dem Video-Assistenten-Projekt zugrundeliegende Protokoll des International Football Association Board IFAB vollständig vertraut. Daher werden alle Situationen, die sich innerhalb der vier Kategorien - Torerzielung, Strafstoß, Rote Karte, Spielerverwechslung - während eines Spiels ereignen, unmittelbar vom Video-Assistenten im VAC in Köln überprüft. Dies beinhaltet sowohl tatsächlich getroffene Entscheidungen der Schiedsrichter als auch potenziell strafwürdige Vergehen wie bei Zweikämpfen im Strafraum oder einer möglichen Roten Karte. Aus diesem Grund ist es auf der Basis einer funktionierenden Technik unmöglich, dass eine Szene aus den betreffenden Kategorien nicht überprüft wird.

DFB.de: In Freiburg kam es nach dem Einsatz des Video-Assistenten mit anschließendem On-Field-Review zu einem Strafstoß. In Berlin sowie in Mainz griff der Video-Assistent nicht ein. Haben Sie Verständnis dafür, dass diese Prozesse sowie Vorgehensweisen in der Öffentlichkeit ganz unterschiedlich wahrgenommen werden?

Drees: Ja, dafür habe ich absolut Verständnis. Die Problematik besteht aus meiner Sicht darin, dass öffentlich zwei Vergehen miteinander verglichen werden, die im Prozess Video-Assistent ganz unterschiedlich anzusehen sind.

DFB.de: Können Sie die beschriebene Problematik konkret erläutern, Herr Drees?

Drees: Beim Spiel Berlin gegen Frankfurt hatte Schiedsrichter Daniel Schlager, wie bereits geschildert, eine klare, eigene Wahrnehmung des beschriebenen Zweikampfes. Beim Spiel in Freiburg konnte Schiedsrichter Tobias Welz den Zweikampf, da er sich außerhalb des Sichtfeldes und vom Ball entfernt abspielte, gar nicht sehen, geschweige denn beurteilen. Aus diesem Grund ist aus Video-Assist-Sicht das Eingreifen beziehungsweise "Nicht-Eingreifen" richtig und nachvollziehbar. Vergleicht man nun aus öffentlicher Sicht die beiden Vorgänge, dann würde auch ich sagen, dass der Vorgang in Berlin regeltechnisch deutlicher als in Freiburg gewesen ist und damit auch als strafbar zu beurteilen gewesen wäre. Diese Sicht darf aber für den Video-Assistenten keine Rolle spielen. Andernfalls wäre die Konsequenz, dass die Eingriffshäufigkeit der Video-Assistenten schlagartig steigen würde und wir uns künftig auf zahlreiche Spielunterbrechungen zur (Wieder-) Beurteilung von Zweikämpfen und Handspielen einstellen müssten.

DFB.de: Hier sehen Sie also keine Möglichkeit, die beiden Vorgänge auf einen Nenner zu bringen?

Drees: Nein, denn dies haben wir alle gemeinsam zu Saisonbeginn als kritisch sowie falsch bewertet, und es entspricht weder meiner Vorstellung vom Video-Assistenten noch den Vorgaben beziehungsweise der Idee des IFAB-Protokolls. Es wird auch weiterhin Diskussionsstoff nach vereinzelten Spielen in der Bundesliga geben, und in einigen Situationen werden auch sicher wieder unterschiedliche Auffassungen entstehen. Der Video-Assistent ist aber nicht dafür da, aus einer schlechten Entscheidung eine bessere zu machen, sondern nur, um bei klaren und offensichtlichen Fehlbeurteilungen der Schiedsrichter diesen gegebenenfalls eine erneute Sichtung sowie Beurteilung der Bilder am Monitor in der Review-Area zu ermöglichen.

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