Deutschland gegen Spanien: Historische Duelle

Gegen Spanien spielte die deutsche Nationalmannschaft bisher 25 Mal. Die Bilanz ist knapp positiv (9-8-8), auch bei Weltmeisterschaften (2-1-1). Ein Rückblick auf die vier Endrundenspiele auf der großen Weltbühne.

Zum ersten Mal standen sich die Länderauswahlen bei einer Weltmeisterschaft 1966 gegenüber. In Birmingham ging es um alles oder nichts. Für die Spanier, die gewinnen mussten und für die Deutschen, die das letzte Vorrundenspiel am 20. Juli nicht verlieren durften. Bundestrainer Helmut Schön ersetzte Italien-Legionär Helmut Haller durch den jungen frechen Dortmunder Lothar Emmerich, der erst sein zweites Länderspiel bestritt. Die Spanier begannen besser, nach 22 Minuten erzielte Fuste das 0:1. In einem WM-Buch heißt es über das deutsche Spiel: "Nichts wollte klappen im Angriff. Kein Zuspiel kam an. Das traumhafte Verständnis zwischen Seeler und Held schien eine Sage zu sein. Von Motor Uwe (Seeler) sah man nicht viel mehr als eine umherflitzende Neun auf seinem Rücken. Die Kupplung zwischen Abwehr und Angriff schien reif für die Reparaturwerkstatt. Überhaupt schien die ganze Karre schrottreif…".

Doch der unerschrockene WM-Debütant Emmerich schwang sich zum Retter auf. Mit einem Tor, das nach ihm sicher noch Tausende Amateur- und Hobbyfußballer vergeblich nachzumachen versucht haben. Es ging in die WM-Geschichte ein, sein linker Hammer fast von der Torauslinie. Der Ball setzte nach Siggi Helds Einwurf noch einmal auf und Emmerich schoss aus einer Position, von der man besser einen Mitspieler bedient, den Ball an Torwart Iribars Kopf vorbei in den Winkel. Die Zuschauer sprangen begeistert auf und die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu das: "Was wird Emmerich tun? Er tut das, was Iribar unfassbar erscheint – er donnert den Ball hoch in die rechte Ecke: 1:1! Das war Emma, der Schrecken aller Hintermann-schaften." Es fiel bloß fünf Jahre zu früh, um zur Tor des Jahres gewählt zu werden, das die ARD erst 1971 einführte.

"Siegen oder fliegen"

Es dauerte bis zur 84. Minute, ehe das Zittern ein Ende hatte. Nach Helds Flanke glückte Uwe Seeler aus kurzer Distanz das 2:1 – das war der Endstand. Hinterher stand dennoch Emmerich im Mittelpunkt und dieser sagte selbstbewusst: "Ich habe nicht einfach losgeknallt, sondern blitzschnell die Lage gepeilt und instinktiv, und zum Glück den Ball voll treffend, den richtigen Winkel erwischt." Spanien fuhr nach Hause, Deutschland blieb bekanntlich bis zuletzt und wurde erst durch ein Tor besiegt, das nur Engländer für regulär halten.

Auch 16 Jahre später ging es um viel: am 2. Juli 1982 trafen sie sich in der Zwischenrunde der WM in Spanien. Die beiden steckten mit England in einer Dreier-Gruppe, das Auftaktspiel gegen Briten hatte keine Tore erbracht. Die Deutschen mussten nun gewinnen, um auf das Halbfinale hoffen zu können. Entsprechend titelte die Bild-Zeitung am Spieltag: "Siegen oder fliegen!".

Bundestrainer Jupp Derwall hatte seine immer gleiche Vorrunden-Elf schon gegen England über den Haufen geworfen und baute sie erneut um. Die Hamburger Felix Magath und Horst Hrubesch saßen nun auf der Bank, Hansi Müller flog von der Startelf auf die Tribüne und beklagte öffentlich den "Trampolineffekt". Mit Bernd Förster und Klaus Fischer waren zwei Neue gekommen. Besonders motiviert ging Libero Ulli Stielike in die Partie, als Legionär bei Real Madrid hatte er quasi ein Heimspiel im Bernabeu-Stadion, das 90.000 Zuschauer restlos füllten.

"Da stürzte eine Welt ein"

Der Umbau fruchtete, auch der auf beiden lastende Druck schien keine nachteiligen Folgen zu haben. Die Mannschaft machte ihr bis dahin bestes Spiel bei dieser WM, aber erst nach der Pause belohnte sie sich. Nach Wolfgang Dremmlers Schuss schob Pierre Littbarski den Abpraller unter dem Bauch von Luis Arconada hindurch zum 0:1 ins Tor (50. Minute). Littbarski war auch am zweiten Treffer beteiligt, bediente seinen Kölner Klubkameraden Klaus Fischer und der musste nur noch den auf der Torlinie stehenden Verteidiger Alonso überwinden. 2:0 nach 76 Minuten, für Spanien war der Traum quasi schon aus. Aber Zamoras Kopfballtreffer acht Minuten vor Schluss dämpfte auch die deutschen Hoffnungen. "Da stürzte eine Welt ein", stöhnt Derwall auf der Pressekonferenz. Sie hatten gewonnen, aber erst drei Tage später sollten sie erfahren, was dieser Sieg wert war. Weil sich die ausgeschiedenen Spanier danach gegen England nicht hängen ließen und ein 0:0 ertrotzten, waren die Deutschen die lachenden Dritten und kamen ins Halbfinale. Für die Spanier war Deutschland wiederum Endstation gewesen und die heimische Presse fand Worte der Trauer: "Spanien ist ausgeschieden und zwar zu Recht. Erneut weinen wir an der Klagemauer."

1994 kam es in Chicago zum dritten Aufeinandertreffen bei einer WM. Erstmals ohne einen Sieger. Bei der Hitze-Schlacht  trennte man sich im zweiten Vorrundenspiel 1:1 und beide Mannschaften kamen danach ins Achtelfinale. Dennoch wurden die 90 Minuten auf dem Soldier Field in Chicago an jenem 21. Juni hinterher kontrovers debattiert. Torwart Bodo Illgner ("Ich weiß wirklich nicht, wie das passieren konnte") stand wegen des spanischen Treffers durch eine verunglückte Flanke von Goicoechea ("Ich wollte gar nicht schießen") in der 14. Minute ebenso in der Kritik wie die gealterten Weltmeister Andreas Brehme und Thomas Häßler. Thomas Berthold wiederum wagte gar Widerworte gegen Bundestrainer Berti Vogts, der ihm das Spiel zu positiv wertete ("Nur die ersten 25 bis 30 Minuten haben mir nicht gefallen") und konterte: "Es bringt doch nichts, wenn sich der Bundestrainer nach jedem Spiel hinstellt und behauptet, wir hätten gut gespielt. Die ganze Welt hat gesehen, dass es nicht so war."

Für ein halbwegs versöhnliches Ende sorgte Jürgen Klinsmann mit seinem Ausgleichstor per Kopf drei Minuten nach Wiederanpfiff.

Außer ihm standen mit Matthias Sammer, Rudi Völler, Pep Guardiola und Luis Enrique vier weitere Männer auf dem Platz, die später als Trainer für Furore sorgen sollten.

"Ich glaube, die Spanier gewinnen das Turnier"

Das Remis war kein gutes Omen:

Erstmals kam Deutschland nicht ins Finale, wenn es zuvor gegen Spanien spielte.

Auch 2010 war es noch nicht so weit. Bei der WM in Südafrika waren die Spanier erneut die Hürde, die die Deutschen nicht nehmen konnten. Das Halbfinale von Durban ähnelte dem EM-Finale von Wien 2008 (0:1) fatal, gegen das Tiki-taka hatte die Löw-Elf kein Rezept. Am Ende gab es nur eine nennenswerte Torchance, Joker Toni Kroos schloss freistehend zu zögerlich ab (69.). Vier Minuten späte fiel das entscheidende Tor. Nach einer Ecke wurde Abwehrchef Carlos Puyol nicht am Kopfball gehindert. Manuel Neuer, der einzige, der heute noch dabei sein wird (Thomas Müller war gesperrt), war chancenlos – und der deutsche Titeltraum ausgeträumt.

Bundestrainer Joachim Löw kommentierte: "Ich glaube, die Spanier gewinnen das Turnier. Sie sind spielerisch so gut, dass sie uns an die Grenzen gebracht haben. Es ist schade, traurig. Die Mannschaft kann spielerisch viel mehr, als sie heute gezeigt hat." Mit seinen Prognosen hatte er völlig recht. Spanien gewann das Turnier und Deutschland das nächste. Heute entscheidet sich, ob das für die DFB-Auswahl auch 2022 überhaupt noch möglich sein wird.

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Gegen Spanien spielte die deutsche Nationalmannschaft bisher 25 Mal. Die Bilanz ist knapp positiv (9-8-8), auch bei Weltmeisterschaften (2-1-1). Ein Rückblick auf die vier Endrundenspiele auf der großen Weltbühne.

Zum ersten Mal standen sich die Länderauswahlen bei einer Weltmeisterschaft 1966 gegenüber. In Birmingham ging es um alles oder nichts. Für die Spanier, die gewinnen mussten und für die Deutschen, die das letzte Vorrundenspiel am 20. Juli nicht verlieren durften. Bundestrainer Helmut Schön ersetzte Italien-Legionär Helmut Haller durch den jungen frechen Dortmunder Lothar Emmerich, der erst sein zweites Länderspiel bestritt. Die Spanier begannen besser, nach 22 Minuten erzielte Fuste das 0:1. In einem WM-Buch heißt es über das deutsche Spiel: "Nichts wollte klappen im Angriff. Kein Zuspiel kam an. Das traumhafte Verständnis zwischen Seeler und Held schien eine Sage zu sein. Von Motor Uwe (Seeler) sah man nicht viel mehr als eine umherflitzende Neun auf seinem Rücken. Die Kupplung zwischen Abwehr und Angriff schien reif für die Reparaturwerkstatt. Überhaupt schien die ganze Karre schrottreif…".

Doch der unerschrockene WM-Debütant Emmerich schwang sich zum Retter auf. Mit einem Tor, das nach ihm sicher noch Tausende Amateur- und Hobbyfußballer vergeblich nachzumachen versucht haben. Es ging in die WM-Geschichte ein, sein linker Hammer fast von der Torauslinie. Der Ball setzte nach Siggi Helds Einwurf noch einmal auf und Emmerich schoss aus einer Position, von der man besser einen Mitspieler bedient, den Ball an Torwart Iribars Kopf vorbei in den Winkel. Die Zuschauer sprangen begeistert auf und die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu das: "Was wird Emmerich tun? Er tut das, was Iribar unfassbar erscheint – er donnert den Ball hoch in die rechte Ecke: 1:1! Das war Emma, der Schrecken aller Hintermann-schaften." Es fiel bloß fünf Jahre zu früh, um zur Tor des Jahres gewählt zu werden, das die ARD erst 1971 einführte.

"Siegen oder fliegen"

Es dauerte bis zur 84. Minute, ehe das Zittern ein Ende hatte. Nach Helds Flanke glückte Uwe Seeler aus kurzer Distanz das 2:1 – das war der Endstand. Hinterher stand dennoch Emmerich im Mittelpunkt und dieser sagte selbstbewusst: "Ich habe nicht einfach losgeknallt, sondern blitzschnell die Lage gepeilt und instinktiv, und zum Glück den Ball voll treffend, den richtigen Winkel erwischt." Spanien fuhr nach Hause, Deutschland blieb bekanntlich bis zuletzt und wurde erst durch ein Tor besiegt, das nur Engländer für regulär halten.

Auch 16 Jahre später ging es um viel: am 2. Juli 1982 trafen sie sich in der Zwischenrunde der WM in Spanien. Die beiden steckten mit England in einer Dreier-Gruppe, das Auftaktspiel gegen Briten hatte keine Tore erbracht. Die Deutschen mussten nun gewinnen, um auf das Halbfinale hoffen zu können. Entsprechend titelte die Bild-Zeitung am Spieltag: "Siegen oder fliegen!".

Bundestrainer Jupp Derwall hatte seine immer gleiche Vorrunden-Elf schon gegen England über den Haufen geworfen und baute sie erneut um. Die Hamburger Felix Magath und Horst Hrubesch saßen nun auf der Bank, Hansi Müller flog von der Startelf auf die Tribüne und beklagte öffentlich den "Trampolineffekt". Mit Bernd Förster und Klaus Fischer waren zwei Neue gekommen. Besonders motiviert ging Libero Ulli Stielike in die Partie, als Legionär bei Real Madrid hatte er quasi ein Heimspiel im Bernabeu-Stadion, das 90.000 Zuschauer restlos füllten.

"Da stürzte eine Welt ein"

Der Umbau fruchtete, auch der auf beiden lastende Druck schien keine nachteiligen Folgen zu haben. Die Mannschaft machte ihr bis dahin bestes Spiel bei dieser WM, aber erst nach der Pause belohnte sie sich. Nach Wolfgang Dremmlers Schuss schob Pierre Littbarski den Abpraller unter dem Bauch von Luis Arconada hindurch zum 0:1 ins Tor (50. Minute). Littbarski war auch am zweiten Treffer beteiligt, bediente seinen Kölner Klubkameraden Klaus Fischer und der musste nur noch den auf der Torlinie stehenden Verteidiger Alonso überwinden. 2:0 nach 76 Minuten, für Spanien war der Traum quasi schon aus. Aber Zamoras Kopfballtreffer acht Minuten vor Schluss dämpfte auch die deutschen Hoffnungen. "Da stürzte eine Welt ein", stöhnt Derwall auf der Pressekonferenz. Sie hatten gewonnen, aber erst drei Tage später sollten sie erfahren, was dieser Sieg wert war. Weil sich die ausgeschiedenen Spanier danach gegen England nicht hängen ließen und ein 0:0 ertrotzten, waren die Deutschen die lachenden Dritten und kamen ins Halbfinale. Für die Spanier war Deutschland wiederum Endstation gewesen und die heimische Presse fand Worte der Trauer: "Spanien ist ausgeschieden und zwar zu Recht. Erneut weinen wir an der Klagemauer."

1994 kam es in Chicago zum dritten Aufeinandertreffen bei einer WM. Erstmals ohne einen Sieger. Bei der Hitze-Schlacht  trennte man sich im zweiten Vorrundenspiel 1:1 und beide Mannschaften kamen danach ins Achtelfinale. Dennoch wurden die 90 Minuten auf dem Soldier Field in Chicago an jenem 21. Juni hinterher kontrovers debattiert. Torwart Bodo Illgner ("Ich weiß wirklich nicht, wie das passieren konnte") stand wegen des spanischen Treffers durch eine verunglückte Flanke von Goicoechea ("Ich wollte gar nicht schießen") in der 14. Minute ebenso in der Kritik wie die gealterten Weltmeister Andreas Brehme und Thomas Häßler. Thomas Berthold wiederum wagte gar Widerworte gegen Bundestrainer Berti Vogts, der ihm das Spiel zu positiv wertete ("Nur die ersten 25 bis 30 Minuten haben mir nicht gefallen") und konterte: "Es bringt doch nichts, wenn sich der Bundestrainer nach jedem Spiel hinstellt und behauptet, wir hätten gut gespielt. Die ganze Welt hat gesehen, dass es nicht so war."

Für ein halbwegs versöhnliches Ende sorgte Jürgen Klinsmann mit seinem Ausgleichstor per Kopf drei Minuten nach Wiederanpfiff.

Außer ihm standen mit Matthias Sammer, Rudi Völler, Pep Guardiola und Luis Enrique vier weitere Männer auf dem Platz, die später als Trainer für Furore sorgen sollten.

"Ich glaube, die Spanier gewinnen das Turnier"

Das Remis war kein gutes Omen:

Erstmals kam Deutschland nicht ins Finale, wenn es zuvor gegen Spanien spielte.

Auch 2010 war es noch nicht so weit. Bei der WM in Südafrika waren die Spanier erneut die Hürde, die die Deutschen nicht nehmen konnten. Das Halbfinale von Durban ähnelte dem EM-Finale von Wien 2008 (0:1) fatal, gegen das Tiki-taka hatte die Löw-Elf kein Rezept. Am Ende gab es nur eine nennenswerte Torchance, Joker Toni Kroos schloss freistehend zu zögerlich ab (69.). Vier Minuten späte fiel das entscheidende Tor. Nach einer Ecke wurde Abwehrchef Carlos Puyol nicht am Kopfball gehindert. Manuel Neuer, der einzige, der heute noch dabei sein wird (Thomas Müller war gesperrt), war chancenlos – und der deutsche Titeltraum ausgeträumt.

Bundestrainer Joachim Löw kommentierte: "Ich glaube, die Spanier gewinnen das Turnier. Sie sind spielerisch so gut, dass sie uns an die Grenzen gebracht haben. Es ist schade, traurig. Die Mannschaft kann spielerisch viel mehr, als sie heute gezeigt hat." Mit seinen Prognosen hatte er völlig recht. Spanien gewann das Turnier und Deutschland das nächste. Heute entscheidet sich, ob das für die DFB-Auswahl auch 2022 überhaupt noch möglich sein wird.

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