Oliver Bierhoff: "Wir haben die Pandemie als Chance gesehen"

Die Pandemie hat viel verändert, das Ziel bleibt aber gleich: "Zurück an die Weltspitze". Die Ambition des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit seiner Direktion Nationalmannschaften und Akademie ist es, heute erfolgreiche Nationalmannschaften zu sehen und die Weltspitze für morgen zu entwickeln. Denn der deutsche Fußball soll auch nach Corona und in vielen Jahren absolut wettbewerbsfähig sein.

Vor 13 Monaten stellte die Direktion unter Leitung von Oliver Bierhoff beim letzten Medientalk im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ihre Inhalte noch unter den damals normalen Bedingungen vor. Beim aktuellen Workshop hingegen wurden die Themen Nationalmannschaften, Juniorenteams, DFB-Akademie und Frauenfußball im längst obligatorischen Video-Call den Journalist*innen präsentiert.

Bierhoff: "Wir waren aktiv"

"Wir haben den Anspruch, zurück in die Weltspitze zu kommen", so Bierhoff. "Wir haben die Pandemie als Chance gesehen und wegweisende Inhalte und Projekte für den deutschen Fußball auf den Weg gebracht. Durch Corona hat sich unsere Arbeit mit den Mannschaften erschwert. Vor allem der U-Bereich, in dem sich die Teams schon lange nicht mehr getroffen haben, hat richtig gelitten. Wir haben die Zeit aber genutzt, wir waren aktiv. Entwickelt haben sich daraus zum Beispiel die positionsspezifischen Programme."

Das oberste Ziel sei es, Spieler*innen und Trainer*innen im Zusammenspiel mit der DFB-Akademie weiterzuentwickeln. Dafür wurden zuletzt die positionsspezifischen Programme gestartet und mehr als 200 U-Nationalspieler*innen präsentiert. Mit dabei waren unter anderem die 2014er-Weltmeister Miroslav Klose, Sami Khedira und Mats Hummels, die der nächsten Generation ihre wertvollen Erfahrungen auf höchstem Niveau weitergegeben haben.

"Wir haben für das Stürmer*innen-Programm nach den Benchmarks geschaut", sagte U 21-Nationaltrainer Stefan Kuntz, der gemeinsam mit seinem Co-Trainer Toni Di Salvo das Stürmer*innen-Programm konzipiert hatte. "Wo werden die Tore geschossen? Wie kommen die Spieler*innen in die Abschlusszone, die goldene Zone? Wir haben auch gemerkt, dass es oft noch an den Basisfertigkeiten fehlt. Das Programm haben wir auch mit den Vereinen und den Nachwuchstrainern abgestimmt."

Enger Terminkalender durch Corona

In diesem Jahr stehen mit der U 21-Europameisterschaft, der EURO 2020, den Olympischen Spielen und der Qualifikationsrunde der Frauen viele sportliche Highlights an. Schon am 24. März beginnt die Vorrunde der U 21-Europameisterschaft. "Normal haben wir vor einem Turnier zehn Tage Trainingslager, das fällt jetzt weg", so Kuntz. "Die Herausforderungen und Abläufe sind neu. Aber wir sind weit davon entfernt, uns zu beschweren. Das Ziel ist, in der K.o.-Phase wieder mit dabei zu sein."

Gerade das Thema Belastungssteuerung ist im Hinblick auf den sehr eng getakteten Spielplan von Bedeutung. "Wir werden im Sommer eine EM und Olympische Spiele erleben, wie es sie zuvor noch nie gegeben hat", sagte Tobias Haupt, Leiter der DFB-Akademie. "Am Ende dieser Mammutsaison werden nicht die besten Spieler die Titel holen. Sondern die Mannschaft, die ihre besten Spieler spielfit auf den Platz bekommt - sowohl körperlich als auch mental."

Haupt: "Für uns steht die Individualisierung im Fokus"

Die DFB-Akademie unterstützt die Nationalmannschaften dabei als inhaltlicher Wegbereiter und Impulsgeber bei innovativen Themen. Sie ist die Aus- und Weiterbildungsinstitution des deutschen Fußballs und im internationalen Fußball eine bisher einzigartige Institution, die für die deutschen Vereine maßgeschneiderte Aus- und Weiterbildungsprogramme, Expertentreffen für Sportdirektor*innen und Trainer*innen sowie Netzwerkveranstaltungen und -reisen anbietet.

Das Performance Center der DFB-Akademie ist der Maschinenraum für die DFB-Teams, in dem konkrete Themen und Projekte, die unmittelbar den Spieler*innen helfen, bearbeitet werden. Dabei geht es um die Kernbereiche Belastung, Erholung, mentale Stärke, Ernährung und Persönlichkeitsentwicklung. Immer mit dem Ziel verbunden, die entscheidenden letzten Prozentpunkte herauszuholen.

"Für uns steht die Individualisierung im Fokus", so Haupt. "Alle unsere Maßnahmen drehen sich um die persönliche Entwicklung und Begleitung unserer Spieler*innen. In unserem digitalen Performance Center haben wir unseren Mannschaften mit auf die Spieler*innen zugeschnittenen Angeboten eine digitale Heimat gegeben. Wir unterstützen unsere Spieler*innen bei den teils sehr unterschiedlichen Anforderungen ihrer jeweiligen Position. Dem Gegenspieler gedanklich, taktisch und strategisch drei Schritte voraus zu sein, ist dabei für uns ein entscheidender Erfolgsfaktor."

Frauenfußball profitiert von Impulsen

Diese eingeschlagenen Wege sind nicht allein auf den Männerfußball beschränkt. Auch der Frauen- und Mädchenfußball soll von neuen Impulsen profitieren. "Wir haben viele Schnittstellen mit der Akademie", sagte Britta Carlson, Co-Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft und Koordinatorin der Juniorinnen-Nationalmannschaften. "Bei der letzten Maßnahme war Nicklas Dietrich von der Männer-Nationalmannschaft digital dabei. Da wurden die Themen Schlaf und Ernährung bezüglich der Regeneration besprochen. Die Akademie ist ein cooler Treiber, um die letzten Prozente herauszuholen."

Bei den Performance Days der U 19- und U 20-Frauen standen schon zu Beginn des Jahres 2020 die Themen Vororientierung, Leistungsentwicklung und Belastungssteuerung im Fokus. Ein anderes konkretes Beispiel ist das neurozentrierte Training. Akademie-Experte Jan-Ingwer Callsen-Bracker war bei den vergangenen beiden Maßnahmen der Frauen-Nationalmannschaft mit dabei und hat bei Trainingseinheiten auf dem Platz mitgewirkt und in Einzelsessions mit den Spielerinnen gearbeitet.

"Sind in intensivem Dialog"

Die Spieler*innen in den Mittelpunkt zu stellen, ist Kern des Projekts Zukunft. Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, sagt: „Wir sind im Dialog und unterhalten uns gerade intensiv darüber, wo Anpassungen nötig sind. Wir schließen alle Gruppen in den Dialog ein."

Anregungen werden auch aus dem Ausland eingeholt: "Wir haben Benchmarking betrieben und geschaut, wie andere Nationen und Sportarten arbeiten. Daraus sind die Handlungsfelder entstanden, die wir jetzt bearbeiten. Wir wollen keine Revolution, aber eine Evolution. Dafür müssen wir auch mutige Schritte gehen."

Chatzialexiou präzisiert: "Die Spieler*innen sollen das Spiel nicht erlernen, sondern verstehen. Das ist ein elementarer Unterschied. Wir wollen sie eigene Lösungen suchen und Erfahrungen machen lassen und nicht das Schema F vorgeben. Ein*e U 13-Trainer*in sollte den gleichen Stellenwert wie ein*e U 19-Trainer*in haben."

Individuelle Förderung von Schlüsselpositionen

Und Tobias Haupt ergänzte: "Der Schlüssel zu den Spieler*innen sind ihre Trainer*innen. In Zukunft stehen daher die individuelle Entwicklung und Förderung aller Schlüsselpositionen im Fokus. In diesem Bereich haben andere Nationen uns eingeholt", sagte Tobias Haupt. Gemeinsam mit der DFL läuft aktuell der erste Lehrgang des Sportdirektoren-Zertifikats. "Die individuelle Entwicklung der unterschiedlichen Persönlichkeiten haben wir auch ins Zentrum unserer Ausbildungsprogramme für die Schlüsselpositionen im deutschen Fußball gerückt. In der Trainer*innenausbildung etwa haben wir in den vergangenen Monaten jeden Stein einzeln umgedreht, sowohl die Lizenzinhalte, als auch die Lizenzstufen komplett neu konzipiert, und unseren Online-Campus weiter ausgebaut. Wir gehen sowohl in der Ausbildung als auch in der täglichen inhaltlichen Arbeit mit unseren Mannschaften ganz bewusst neue Wege - ob digital, auf oder neben dem Platz."

Alles richtet sich auf ein Ziel, um als Teamplayer, Brückenbauer und Pionier mit den Nationalmannschaften erfolgreich zu sein und gemeinsam zurück an die Weltspitze zu kommen. 

[tb]

Die Pandemie hat viel verändert, das Ziel bleibt aber gleich: "Zurück an die Weltspitze". Die Ambition des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit seiner Direktion Nationalmannschaften und Akademie ist es, heute erfolgreiche Nationalmannschaften zu sehen und die Weltspitze für morgen zu entwickeln. Denn der deutsche Fußball soll auch nach Corona und in vielen Jahren absolut wettbewerbsfähig sein.

Vor 13 Monaten stellte die Direktion unter Leitung von Oliver Bierhoff beim letzten Medientalk im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ihre Inhalte noch unter den damals normalen Bedingungen vor. Beim aktuellen Workshop hingegen wurden die Themen Nationalmannschaften, Juniorenteams, DFB-Akademie und Frauenfußball im längst obligatorischen Video-Call den Journalist*innen präsentiert.

Bierhoff: "Wir waren aktiv"

"Wir haben den Anspruch, zurück in die Weltspitze zu kommen", so Bierhoff. "Wir haben die Pandemie als Chance gesehen und wegweisende Inhalte und Projekte für den deutschen Fußball auf den Weg gebracht. Durch Corona hat sich unsere Arbeit mit den Mannschaften erschwert. Vor allem der U-Bereich, in dem sich die Teams schon lange nicht mehr getroffen haben, hat richtig gelitten. Wir haben die Zeit aber genutzt, wir waren aktiv. Entwickelt haben sich daraus zum Beispiel die positionsspezifischen Programme."

Das oberste Ziel sei es, Spieler*innen und Trainer*innen im Zusammenspiel mit der DFB-Akademie weiterzuentwickeln. Dafür wurden zuletzt die positionsspezifischen Programme gestartet und mehr als 200 U-Nationalspieler*innen präsentiert. Mit dabei waren unter anderem die 2014er-Weltmeister Miroslav Klose, Sami Khedira und Mats Hummels, die der nächsten Generation ihre wertvollen Erfahrungen auf höchstem Niveau weitergegeben haben.

"Wir haben für das Stürmer*innen-Programm nach den Benchmarks geschaut", sagte U 21-Nationaltrainer Stefan Kuntz, der gemeinsam mit seinem Co-Trainer Toni Di Salvo das Stürmer*innen-Programm konzipiert hatte. "Wo werden die Tore geschossen? Wie kommen die Spieler*innen in die Abschlusszone, die goldene Zone? Wir haben auch gemerkt, dass es oft noch an den Basisfertigkeiten fehlt. Das Programm haben wir auch mit den Vereinen und den Nachwuchstrainern abgestimmt."

Enger Terminkalender durch Corona

In diesem Jahr stehen mit der U 21-Europameisterschaft, der EURO 2020, den Olympischen Spielen und der Qualifikationsrunde der Frauen viele sportliche Highlights an. Schon am 24. März beginnt die Vorrunde der U 21-Europameisterschaft. "Normal haben wir vor einem Turnier zehn Tage Trainingslager, das fällt jetzt weg", so Kuntz. "Die Herausforderungen und Abläufe sind neu. Aber wir sind weit davon entfernt, uns zu beschweren. Das Ziel ist, in der K.o.-Phase wieder mit dabei zu sein."

Gerade das Thema Belastungssteuerung ist im Hinblick auf den sehr eng getakteten Spielplan von Bedeutung. "Wir werden im Sommer eine EM und Olympische Spiele erleben, wie es sie zuvor noch nie gegeben hat", sagte Tobias Haupt, Leiter der DFB-Akademie. "Am Ende dieser Mammutsaison werden nicht die besten Spieler die Titel holen. Sondern die Mannschaft, die ihre besten Spieler spielfit auf den Platz bekommt - sowohl körperlich als auch mental."

Haupt: "Für uns steht die Individualisierung im Fokus"

Die DFB-Akademie unterstützt die Nationalmannschaften dabei als inhaltlicher Wegbereiter und Impulsgeber bei innovativen Themen. Sie ist die Aus- und Weiterbildungsinstitution des deutschen Fußballs und im internationalen Fußball eine bisher einzigartige Institution, die für die deutschen Vereine maßgeschneiderte Aus- und Weiterbildungsprogramme, Expertentreffen für Sportdirektor*innen und Trainer*innen sowie Netzwerkveranstaltungen und -reisen anbietet.

Das Performance Center der DFB-Akademie ist der Maschinenraum für die DFB-Teams, in dem konkrete Themen und Projekte, die unmittelbar den Spieler*innen helfen, bearbeitet werden. Dabei geht es um die Kernbereiche Belastung, Erholung, mentale Stärke, Ernährung und Persönlichkeitsentwicklung. Immer mit dem Ziel verbunden, die entscheidenden letzten Prozentpunkte herauszuholen.

"Für uns steht die Individualisierung im Fokus", so Haupt. "Alle unsere Maßnahmen drehen sich um die persönliche Entwicklung und Begleitung unserer Spieler*innen. In unserem digitalen Performance Center haben wir unseren Mannschaften mit auf die Spieler*innen zugeschnittenen Angeboten eine digitale Heimat gegeben. Wir unterstützen unsere Spieler*innen bei den teils sehr unterschiedlichen Anforderungen ihrer jeweiligen Position. Dem Gegenspieler gedanklich, taktisch und strategisch drei Schritte voraus zu sein, ist dabei für uns ein entscheidender Erfolgsfaktor."

Frauenfußball profitiert von Impulsen

Diese eingeschlagenen Wege sind nicht allein auf den Männerfußball beschränkt. Auch der Frauen- und Mädchenfußball soll von neuen Impulsen profitieren. "Wir haben viele Schnittstellen mit der Akademie", sagte Britta Carlson, Co-Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft und Koordinatorin der Juniorinnen-Nationalmannschaften. "Bei der letzten Maßnahme war Nicklas Dietrich von der Männer-Nationalmannschaft digital dabei. Da wurden die Themen Schlaf und Ernährung bezüglich der Regeneration besprochen. Die Akademie ist ein cooler Treiber, um die letzten Prozente herauszuholen."

Bei den Performance Days der U 19- und U 20-Frauen standen schon zu Beginn des Jahres 2020 die Themen Vororientierung, Leistungsentwicklung und Belastungssteuerung im Fokus. Ein anderes konkretes Beispiel ist das neurozentrierte Training. Akademie-Experte Jan-Ingwer Callsen-Bracker war bei den vergangenen beiden Maßnahmen der Frauen-Nationalmannschaft mit dabei und hat bei Trainingseinheiten auf dem Platz mitgewirkt und in Einzelsessions mit den Spielerinnen gearbeitet.

"Sind in intensivem Dialog"

Die Spieler*innen in den Mittelpunkt zu stellen, ist Kern des Projekts Zukunft. Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, sagt: „Wir sind im Dialog und unterhalten uns gerade intensiv darüber, wo Anpassungen nötig sind. Wir schließen alle Gruppen in den Dialog ein."

Anregungen werden auch aus dem Ausland eingeholt: "Wir haben Benchmarking betrieben und geschaut, wie andere Nationen und Sportarten arbeiten. Daraus sind die Handlungsfelder entstanden, die wir jetzt bearbeiten. Wir wollen keine Revolution, aber eine Evolution. Dafür müssen wir auch mutige Schritte gehen."

Chatzialexiou präzisiert: "Die Spieler*innen sollen das Spiel nicht erlernen, sondern verstehen. Das ist ein elementarer Unterschied. Wir wollen sie eigene Lösungen suchen und Erfahrungen machen lassen und nicht das Schema F vorgeben. Ein*e U 13-Trainer*in sollte den gleichen Stellenwert wie ein*e U 19-Trainer*in haben."

Individuelle Förderung von Schlüsselpositionen

Und Tobias Haupt ergänzte: "Der Schlüssel zu den Spieler*innen sind ihre Trainer*innen. In Zukunft stehen daher die individuelle Entwicklung und Förderung aller Schlüsselpositionen im Fokus. In diesem Bereich haben andere Nationen uns eingeholt", sagte Tobias Haupt. Gemeinsam mit der DFL läuft aktuell der erste Lehrgang des Sportdirektoren-Zertifikats. "Die individuelle Entwicklung der unterschiedlichen Persönlichkeiten haben wir auch ins Zentrum unserer Ausbildungsprogramme für die Schlüsselpositionen im deutschen Fußball gerückt. In der Trainer*innenausbildung etwa haben wir in den vergangenen Monaten jeden Stein einzeln umgedreht, sowohl die Lizenzinhalte, als auch die Lizenzstufen komplett neu konzipiert, und unseren Online-Campus weiter ausgebaut. Wir gehen sowohl in der Ausbildung als auch in der täglichen inhaltlichen Arbeit mit unseren Mannschaften ganz bewusst neue Wege - ob digital, auf oder neben dem Platz."

Alles richtet sich auf ein Ziel, um als Teamplayer, Brückenbauer und Pionier mit den Nationalmannschaften erfolgreich zu sein und gemeinsam zurück an die Weltspitze zu kommen. 

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