Runde zwölf: Wie Schalke gegen Bayern Pokal-Evergreen wurde

FC Schalke 04 gegen FC Bayern München hat eine lange Historie im DFB-Pokal, heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) macht diese Paarung bereits das Dutzend voll. Die Premiere stieg ebenfalls in einem Viertelfinale auf Schalke, am 25. März 1967 gewannen die Bayern auf ihrem Weg zur Titelverteidigung in der alten Glückauf-Kampfbahn 3:2 (2:1). Es war zwar schon die Ära von Gerd Müller, der auch das 0:1 erzielte, aber ohne den Doppelschlag des damaligen Mittelstürmers Rainer Ohlhauser hätte es wohl kaum gereicht. Für Schalke glich Günther Herrmann aus, Gerhard Neusers 2:3 kam zu spät. 35.000 Zuschauer sahen ein gutes Spiel. Der kicker schrieb zwar von "überlegenen Schalkern", doch Bayern-Trainer Tschik Cajkovski sah das anders: "Die Schalker kamen für einen Sieg nie in Frage."

Gelegenheit zur Revanche gab es zwei Jahre später auf neutralem Boden – beim Hitzefinale von Frankfurt, wo am 14. Juni 1969 50 Grad in der Sonne gemessen wurden. Sie lachte am Ende über den Bayern, deren Jubeltag auch zum ersten Double-Tag der Vereinsgeschichte wurde. Sie gewannen mit 2:1, diesmal erlaubte Müller keinen anderen Torschützen neben sich in den eigenen Reihen. Manfred Pohlschmidt fügte Sepp Maier zwar das einzige Gegentor des Wettbewerbs zu (zum 1:1/20.), aber es war zu wenig gegen Gerd Müllers Torhunger, den er schon vor dem Pausenpfiff (12., 35.) stillte. Damit sicherte er sich und den Kollegen je 5000 DM Prämie, abends sprang Sepp Maier in Bad Homburg in den Hotelteich.

Legendäres 6:6 - Thons Stern geht auf

15 Jahre später erst sahen sie sich wieder – zum unvergesslichsten Pokalduell dieser Klubs. Am 2. Mai 1984 fand nämlich das torreichste DFB-Pokalhalbfinale der Geschichte seine Fortsetzung. Von einer Steigerung konnte auf Schalke nach dem 5:4 am Vortag zwischen Gladbach und Bremen keiner ausgehen, aber es gab sie. Nach 120 irren Minuten im Parkstadion hieß es 6:6! Viermal lagen die Bayern vorn, einmal (bei 4:3) Schalke. Gewonnen hatte schließlich nur der Fußball. Held des Abends war der am Vortag erst 18 Jahre jung gewordene Schalker Olaf Thon, der drei Tore erzielte, darunter das 6:6 in der 120. Minute, das dem Zweitligisten (!) ein Wiederholungsspiel einbrachte.

Ein solches Ergebnis ist bis heute einmalig in den Endrunden des DFB-Pokals, ein solches Erlebnis ohnehin. Drei Menschen erlitten im Stadion vor Aufregung einen Herzinfarkt, ein 60-Jähriger verstarb. Bayern-Manager Uli Hoeneß war so wütend, dass er den Rückflug strich und die Mannschaft gleich nach Hamburg durchstarten ließ, wo am Samstag das nächste Spiel anstand. Schließlich war das Spektakel aus Münchner Sicht vor allem eine Blamage. Doppelt kurios: Der Held des Abends ärgerte seine heimliche Liebe. Thon gestand im ZDF-Interview, dass er noch in Bayern-Bettwäsche schlafe, Gäste-Coach Udo Lattek wollte ihn "am liebsten gleich mitnehmen". Zunächst kam er nur zum Rückspiel, vier Jahre später dann wirklich.

Schalke auch im Wiederholungsspiel stark

Beim damals noch üblichen Wiederholungsspiel eine Woche später hatte der Favorit erneut Mühe. Die Bayern starteten zwar gut, es sah nun nach einer klaren Sache aus, führten sie doch zur Halbzeit mit 2:0. Karl-Heinz Rummenigge (32.) und Dieter Hoeneß (44.) überwanden ihren ehemaligen Mitspieler Walter Junghans im Schalker Tor. Doch der Zweitligist bewies erneut seine Unbeugsamkeit, glich durch Michael Jakobs (50.) und Michael Opitz (72.) aus und Wunderknabe Olaf Thon, dreifacher Torschütze im Hinspiel, bot sich gar die Chance zum 2:3, doch Jean-Marie Pfaff parierte glänzend. Dann flankte Joker Calle Del’Haye auf Karl-Heinz Rummenigge, der mit seinem zweiten Tor des Abends per Flugkopfball (79.) den Bayern das Finale sicherte. Deren Trainer Udo Lattek war es "ein Anliegen, dieser Schalker Mannschaft zu gratulieren". Der Vorstand zahlte den Spielern pro Kopf 10.000 DM, so als hätten sie gewonnen.

Am 11. September 1993 spielten wieder zwei Bundesligisten gegeneinander. Wieder hatte Schalke Heimrecht, wieder gab es eine Verlängerung und erstmals nach der Neuregelung drohte das Elfmeterschießen, als Christian Ziege in der 120. Minute dem Mythos vom Bayern-Dusel neue Nahrung gab und das 2:3 erzielte. Oliver Kreuzer hatte Dieter Ecksteins frühe Führung erst in der 87. Minute ausgeglichen, schon das frustrierte die Schalke-Fans. Ebenso der unmittelbare erneute Ausgleich, wieder durch Kreuzer, nach Youri Mulders 2:1. Die Sonntagabendpartie endete übrigens so spät, dass sie es nicht mehr in Teile der Druckausgabe des kicker schaffte. Selten genug.

Sechster Versuch: Erster Sieg für Königsblau

Es dauerte bis zum sechsten Versuch, ehe Königsblau auch mal jubeln durfte. Am 6. März 2002 war es ein Halbfinale und ein attraktives Duell Meister gegen Pokalsieger. Beide standen in der Liga auf UEFA-Cup-Plätzen, für Bayern prinzipiell zu wenig. Als Fünfter war die Meisterschaft beinahe futsch, der Pokal war die größte Titelchance für den amtierenden Champions League-Gewinner. Aber erst im Januar hatte die Hitzfeld-Elf auf Schalke ein 1:5 erlebt. So standen die Zeichen auf Revanche. Die Favoritenrolle war nicht besetzt. Denn Schalke hatte zuvor in Cottbus (0:2) stark enttäuscht und zudem einige Verletzungssorgen,

Die Veltins-Arena war natürlich mit 60.683 Zuschauern ausverkauft. Wer 1984 schon dabei gewesen war und auf eine annähernde Neuauflage hoffte, der wurde bitter enttäuscht. Nach 90 Minuten hieß es 0:0, der kicker registrierte einen "Pokalfight mit wenig Spielfluss, der durch zahlreiche Nickligkeiten immer wieder unterbrochen wurde. Es dominierten auf beiden Seiten die Defensivabteilungen." Keine Spur von 1984. Beinahe hätten die Bayern gewonnen, als Giovane Elber in der 85. Minute zum Kopfball ansetzte, rettete die Latte für Keeper Oliver Reck. In der 90. Minute wurde dann Bayern-Verteidiger Sammy Kuffour wegen groben Foulspiels vom Platz gestellt. Eine Vorentscheidung, denn mit zwölf gegen zehn (inklusive Fans) war Schalke in der Schlussphase übermächtig. Damals saß der Niederländer Huub Stevens auf der Bank und dessen Landsmann Nico van Hoogdalem überwand Oliver Kahn mit einem Sonntagsschuss am Mittwochabend nach 100 Minuten. Nationalspieler Jörg Böhme erhöhte nach 115 Minuten auf 2:0, der Endstand. "In Schalke kann man verlieren, gerade im Pokal", tröstete Präsident Franz Beckenbauer seine Bayern.

Bayern nervenstark vom Punkt

Noch im selben Jahr, am 4. Dezember, sah man sich wieder. Nun in München. Das Achtelfinale im Olympiastadion bestritten die Schalker erneut als Pokalsieger, denn sie hatten 2002 ihren Titel verteidigt. Das ZDF übertrug das Spiel live, Anpfiff war an einem verregneten Winterabend 20.15 Uhr. Uli Hoeneß rechnete nur mit 20.000 Zuschauern und bekam Recht. Die bereuten zwischenzeitlich ihr Kommen, es entwickelte sich ein langweiliges Spiel fast ohne Höhepunkte, das zur Strafe verlängert wurde. Bayerns erster Torschuss von Owen Hargreaves in der 82. Minute landete am Außennetz.

Tore gab es erst im ersten Elfmeterschießen dieser Paarung und hier hatten die Bayern die besseren Nerven. Die Chronologie: Ebbe Sand verschießt, 1:0 Michael Ballack, 1:1 Andy Möller, 2:1 Jens Jeremies, 2:2 Sven Vermant, 3:2 Owen Hargreaves, 3:3 Tomasz Hajto, 4:3 Niko Kovac, 4:4 Marc Wilmots, 5:4 Roque Santa Cruz. Die etablierten Elfmetertöter Oliver Kahn und Frank Rost hielten also keinen Ball, Sands Fehlschuss (an die Latte) brachte die Entscheidung.

Am 28. Mai 2005 gab es das zweite Finale zwischen Bayern und Schalke, das erste in Berlin. Nun trafen sich der Meister und der Vizemeister. Wie in der Liga setzten sich die von Felix Magath gecoachten Bayern durch. Es ging nicht so eng zu, wie es das Ergebnis (2:1) suggeriert, Schalke hielt nur dank gravierender Fehlentscheidungen die Partie offen. Schiri Florian Meyer (kicker-Note 5,5) übersah vor der Pause Sven Vermants Handspiel im Strafraum und sah Claudio Pizarro zu Unrecht im Abseits, als der traf. Im Abseits stand aber auch der Held des Tages: Hasan Salihamidzic, der eine Minute nach seiner Einwechslung das Siegtor (76.) schoss. Es war eben noch die Zeit vor VAR und kalibrierten Linien.

Wieder mal keine Tore nach 90 Minuten

Fünf Jahre zogen ins Land, ehe das Los sie am 24. März 2010 auf Schalke wieder zusammen führte. Das Halbfinale war auch ein verkapptes Meisterschaftsfinale, der Zweite empfing den Ersten. 61.673 Zuschauer sahen wieder mal keine Tore in der regulären Spielzeit, auch weil Schalke an seinem Stil festhielt: Trainer Felix Magath nominierte vier Innenverteidiger für die Abwehrkette und überließ den Bayern das Feld. Schalke reagierte, Bayern suchte auf schwer bespielbarem Platz die Schwachstelle im Felix-System. Louis van Gaal wollte den Sieg und wechselte Franck Ribery ein, der prompt eine große Chance für Thomas Müller vorbereitete. Aber Manuel Neuer, noch Schalker, blieb unüberwindlich, auch Arjen Robben scheiterte an ihm. Doch fünf Minuten vor Ablauf der Verlängerung war Robben durch nichts und niemanden zu stoppen. Auf Rechtsaußen sprintete er an der Mittellinie los, versetzte zwei Gegenspieler, bremste an der Außenlinie ab um dann nach innen zu kurven. Nun konnte er mit seinem starken linken Fuß aus zehn Metern abziehen. Neuer hatte noch die Finger dran und doch keine Chance bei diesem Traumtor, das zum Tor des Monats gewählt wurde bei YouTube noch immer ein Renner ist.

Das war der verdiente Sieg einer Mannschaft, die unbedingt gewinnen wollte gegen eine Mannschaft, die andere Prioritäten setzte. "Die Teilnahme an der Champions League ist wichtiger als der Pokalsieg", sagte Magath ein wenig trotzig.

Schalker Neuer überragt in München

Der Tag der Revanche sollte kommen, und er kam schon ein Jahr später am 2. März 2011. Erstmals duellieren sie sich im Pokal in der mit 69.000 Zuschauern ausverkauften Allianz Arena, zum zweiten Mal war es ein Halbfinale in München. Und nun schaffte Schalke nach ausgeglichenem Spiel den ersten Sieg, der mehrere Väter hatte. Da ist der Trainer Felix Magath, den sie in München nach zweieinhalb Jahren und dem Doppel-Double (2005 und 2006) weggejagt hatten und der auf Schalke vor dem nächsten Rauswurf stand. Der Sieg verschafft ihm noch eine zweiwöchige Galgenfrist. Auch Kollege Louis van Gaal würde nicht mehr lange bleiben…

Und da war der Torschütze, Señor Raul aus Madrid, der schon nach 15 Minuten eine Höwedes-Flanke einköpfte und endlich zum ersten Mal in München gewann – mit Real war ihm das in sechs Spielen nie gelungen. Und da war der Torwart. Manuel Neuer, für den kicker der "Spieler des Spiels", Note 1. Der deutsche Nationaltorwart zeigte sich "völlig unbeeindruckt von der feindseligen Stimmung gegen ihn" und "stand wie ein Fels". Es war mehr als die üblichen kleinen Gehässigkeiten gegen einen Gästetorwart, was da aus den Ultra-Reihen kam. Neuers Wechsel zu den Bayern zeichnete sich bereits ab (trotz Vertrags mit Schalke), aber weil er nicht nur Schalke-Spieler, sondern auch einst aktiver Fan war, wurde er von den Hardcore-Anhängern der Bayern abgelehnt. Es war der Tag, als die "Koan Neuer"-Schilder geboren wurden. Mehr als 500 sollen es gewesen sein. Pfiffe bei all seinen Aktionen krönten die skurrile Darbietung der Bayern-Ultras, die heute heilfroh sind, dass Neuer sich nicht hat abschrecken lassen von dieser Art Begrüßung. Drei Monate später kam er nach München – als Pokalsieger. Denn wer diese Paarung in München gewinnt, wurde das bis dahin immer.

Dann kam der 1. März 2017, nun war es ein Viertelfinale. Die Bayern unter Carlo Ancelotti machten an jenem Mittwoch wenig Federlesens mit Markus Weinzierls Schalker. Nach 29 Minuten hätte man die TV-Übertragung schon abbrechen können, da stand es 3:0 nach zwei Lewandowski-Treffern und einem von Thiago. Dabei blieb es. Doch diesmal wurden die Bayern nicht Pokalsieger, während Schalke nach seinen beiden Siegen über die Bayern (2002 und 2011) auch immer den Pott holte. Den Ansporn hätte es für den 3. März sicher nicht gebraucht, aber sie werden ihn gerne nehmen.

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FC Schalke 04 gegen FC Bayern München hat eine lange Historie im DFB-Pokal, heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) macht diese Paarung bereits das Dutzend voll. Die Premiere stieg ebenfalls in einem Viertelfinale auf Schalke, am 25. März 1967 gewannen die Bayern auf ihrem Weg zur Titelverteidigung in der alten Glückauf-Kampfbahn 3:2 (2:1). Es war zwar schon die Ära von Gerd Müller, der auch das 0:1 erzielte, aber ohne den Doppelschlag des damaligen Mittelstürmers Rainer Ohlhauser hätte es wohl kaum gereicht. Für Schalke glich Günther Herrmann aus, Gerhard Neusers 2:3 kam zu spät. 35.000 Zuschauer sahen ein gutes Spiel. Der kicker schrieb zwar von "überlegenen Schalkern", doch Bayern-Trainer Tschik Cajkovski sah das anders: "Die Schalker kamen für einen Sieg nie in Frage."

Gelegenheit zur Revanche gab es zwei Jahre später auf neutralem Boden – beim Hitzefinale von Frankfurt, wo am 14. Juni 1969 50 Grad in der Sonne gemessen wurden. Sie lachte am Ende über den Bayern, deren Jubeltag auch zum ersten Double-Tag der Vereinsgeschichte wurde. Sie gewannen mit 2:1, diesmal erlaubte Müller keinen anderen Torschützen neben sich in den eigenen Reihen. Manfred Pohlschmidt fügte Sepp Maier zwar das einzige Gegentor des Wettbewerbs zu (zum 1:1/20.), aber es war zu wenig gegen Gerd Müllers Torhunger, den er schon vor dem Pausenpfiff (12., 35.) stillte. Damit sicherte er sich und den Kollegen je 5000 DM Prämie, abends sprang Sepp Maier in Bad Homburg in den Hotelteich.

Legendäres 6:6 - Thons Stern geht auf

15 Jahre später erst sahen sie sich wieder – zum unvergesslichsten Pokalduell dieser Klubs. Am 2. Mai 1984 fand nämlich das torreichste DFB-Pokalhalbfinale der Geschichte seine Fortsetzung. Von einer Steigerung konnte auf Schalke nach dem 5:4 am Vortag zwischen Gladbach und Bremen keiner ausgehen, aber es gab sie. Nach 120 irren Minuten im Parkstadion hieß es 6:6! Viermal lagen die Bayern vorn, einmal (bei 4:3) Schalke. Gewonnen hatte schließlich nur der Fußball. Held des Abends war der am Vortag erst 18 Jahre jung gewordene Schalker Olaf Thon, der drei Tore erzielte, darunter das 6:6 in der 120. Minute, das dem Zweitligisten (!) ein Wiederholungsspiel einbrachte.

Ein solches Ergebnis ist bis heute einmalig in den Endrunden des DFB-Pokals, ein solches Erlebnis ohnehin. Drei Menschen erlitten im Stadion vor Aufregung einen Herzinfarkt, ein 60-Jähriger verstarb. Bayern-Manager Uli Hoeneß war so wütend, dass er den Rückflug strich und die Mannschaft gleich nach Hamburg durchstarten ließ, wo am Samstag das nächste Spiel anstand. Schließlich war das Spektakel aus Münchner Sicht vor allem eine Blamage. Doppelt kurios: Der Held des Abends ärgerte seine heimliche Liebe. Thon gestand im ZDF-Interview, dass er noch in Bayern-Bettwäsche schlafe, Gäste-Coach Udo Lattek wollte ihn "am liebsten gleich mitnehmen". Zunächst kam er nur zum Rückspiel, vier Jahre später dann wirklich.

Schalke auch im Wiederholungsspiel stark

Beim damals noch üblichen Wiederholungsspiel eine Woche später hatte der Favorit erneut Mühe. Die Bayern starteten zwar gut, es sah nun nach einer klaren Sache aus, führten sie doch zur Halbzeit mit 2:0. Karl-Heinz Rummenigge (32.) und Dieter Hoeneß (44.) überwanden ihren ehemaligen Mitspieler Walter Junghans im Schalker Tor. Doch der Zweitligist bewies erneut seine Unbeugsamkeit, glich durch Michael Jakobs (50.) und Michael Opitz (72.) aus und Wunderknabe Olaf Thon, dreifacher Torschütze im Hinspiel, bot sich gar die Chance zum 2:3, doch Jean-Marie Pfaff parierte glänzend. Dann flankte Joker Calle Del’Haye auf Karl-Heinz Rummenigge, der mit seinem zweiten Tor des Abends per Flugkopfball (79.) den Bayern das Finale sicherte. Deren Trainer Udo Lattek war es "ein Anliegen, dieser Schalker Mannschaft zu gratulieren". Der Vorstand zahlte den Spielern pro Kopf 10.000 DM, so als hätten sie gewonnen.

Am 11. September 1993 spielten wieder zwei Bundesligisten gegeneinander. Wieder hatte Schalke Heimrecht, wieder gab es eine Verlängerung und erstmals nach der Neuregelung drohte das Elfmeterschießen, als Christian Ziege in der 120. Minute dem Mythos vom Bayern-Dusel neue Nahrung gab und das 2:3 erzielte. Oliver Kreuzer hatte Dieter Ecksteins frühe Führung erst in der 87. Minute ausgeglichen, schon das frustrierte die Schalke-Fans. Ebenso der unmittelbare erneute Ausgleich, wieder durch Kreuzer, nach Youri Mulders 2:1. Die Sonntagabendpartie endete übrigens so spät, dass sie es nicht mehr in Teile der Druckausgabe des kicker schaffte. Selten genug.

Sechster Versuch: Erster Sieg für Königsblau

Es dauerte bis zum sechsten Versuch, ehe Königsblau auch mal jubeln durfte. Am 6. März 2002 war es ein Halbfinale und ein attraktives Duell Meister gegen Pokalsieger. Beide standen in der Liga auf UEFA-Cup-Plätzen, für Bayern prinzipiell zu wenig. Als Fünfter war die Meisterschaft beinahe futsch, der Pokal war die größte Titelchance für den amtierenden Champions League-Gewinner. Aber erst im Januar hatte die Hitzfeld-Elf auf Schalke ein 1:5 erlebt. So standen die Zeichen auf Revanche. Die Favoritenrolle war nicht besetzt. Denn Schalke hatte zuvor in Cottbus (0:2) stark enttäuscht und zudem einige Verletzungssorgen,

Die Veltins-Arena war natürlich mit 60.683 Zuschauern ausverkauft. Wer 1984 schon dabei gewesen war und auf eine annähernde Neuauflage hoffte, der wurde bitter enttäuscht. Nach 90 Minuten hieß es 0:0, der kicker registrierte einen "Pokalfight mit wenig Spielfluss, der durch zahlreiche Nickligkeiten immer wieder unterbrochen wurde. Es dominierten auf beiden Seiten die Defensivabteilungen." Keine Spur von 1984. Beinahe hätten die Bayern gewonnen, als Giovane Elber in der 85. Minute zum Kopfball ansetzte, rettete die Latte für Keeper Oliver Reck. In der 90. Minute wurde dann Bayern-Verteidiger Sammy Kuffour wegen groben Foulspiels vom Platz gestellt. Eine Vorentscheidung, denn mit zwölf gegen zehn (inklusive Fans) war Schalke in der Schlussphase übermächtig. Damals saß der Niederländer Huub Stevens auf der Bank und dessen Landsmann Nico van Hoogdalem überwand Oliver Kahn mit einem Sonntagsschuss am Mittwochabend nach 100 Minuten. Nationalspieler Jörg Böhme erhöhte nach 115 Minuten auf 2:0, der Endstand. "In Schalke kann man verlieren, gerade im Pokal", tröstete Präsident Franz Beckenbauer seine Bayern.

Bayern nervenstark vom Punkt

Noch im selben Jahr, am 4. Dezember, sah man sich wieder. Nun in München. Das Achtelfinale im Olympiastadion bestritten die Schalker erneut als Pokalsieger, denn sie hatten 2002 ihren Titel verteidigt. Das ZDF übertrug das Spiel live, Anpfiff war an einem verregneten Winterabend 20.15 Uhr. Uli Hoeneß rechnete nur mit 20.000 Zuschauern und bekam Recht. Die bereuten zwischenzeitlich ihr Kommen, es entwickelte sich ein langweiliges Spiel fast ohne Höhepunkte, das zur Strafe verlängert wurde. Bayerns erster Torschuss von Owen Hargreaves in der 82. Minute landete am Außennetz.

Tore gab es erst im ersten Elfmeterschießen dieser Paarung und hier hatten die Bayern die besseren Nerven. Die Chronologie: Ebbe Sand verschießt, 1:0 Michael Ballack, 1:1 Andy Möller, 2:1 Jens Jeremies, 2:2 Sven Vermant, 3:2 Owen Hargreaves, 3:3 Tomasz Hajto, 4:3 Niko Kovac, 4:4 Marc Wilmots, 5:4 Roque Santa Cruz. Die etablierten Elfmetertöter Oliver Kahn und Frank Rost hielten also keinen Ball, Sands Fehlschuss (an die Latte) brachte die Entscheidung.

Am 28. Mai 2005 gab es das zweite Finale zwischen Bayern und Schalke, das erste in Berlin. Nun trafen sich der Meister und der Vizemeister. Wie in der Liga setzten sich die von Felix Magath gecoachten Bayern durch. Es ging nicht so eng zu, wie es das Ergebnis (2:1) suggeriert, Schalke hielt nur dank gravierender Fehlentscheidungen die Partie offen. Schiri Florian Meyer (kicker-Note 5,5) übersah vor der Pause Sven Vermants Handspiel im Strafraum und sah Claudio Pizarro zu Unrecht im Abseits, als der traf. Im Abseits stand aber auch der Held des Tages: Hasan Salihamidzic, der eine Minute nach seiner Einwechslung das Siegtor (76.) schoss. Es war eben noch die Zeit vor VAR und kalibrierten Linien.

Wieder mal keine Tore nach 90 Minuten

Fünf Jahre zogen ins Land, ehe das Los sie am 24. März 2010 auf Schalke wieder zusammen führte. Das Halbfinale war auch ein verkapptes Meisterschaftsfinale, der Zweite empfing den Ersten. 61.673 Zuschauer sahen wieder mal keine Tore in der regulären Spielzeit, auch weil Schalke an seinem Stil festhielt: Trainer Felix Magath nominierte vier Innenverteidiger für die Abwehrkette und überließ den Bayern das Feld. Schalke reagierte, Bayern suchte auf schwer bespielbarem Platz die Schwachstelle im Felix-System. Louis van Gaal wollte den Sieg und wechselte Franck Ribery ein, der prompt eine große Chance für Thomas Müller vorbereitete. Aber Manuel Neuer, noch Schalker, blieb unüberwindlich, auch Arjen Robben scheiterte an ihm. Doch fünf Minuten vor Ablauf der Verlängerung war Robben durch nichts und niemanden zu stoppen. Auf Rechtsaußen sprintete er an der Mittellinie los, versetzte zwei Gegenspieler, bremste an der Außenlinie ab um dann nach innen zu kurven. Nun konnte er mit seinem starken linken Fuß aus zehn Metern abziehen. Neuer hatte noch die Finger dran und doch keine Chance bei diesem Traumtor, das zum Tor des Monats gewählt wurde bei YouTube noch immer ein Renner ist.

Das war der verdiente Sieg einer Mannschaft, die unbedingt gewinnen wollte gegen eine Mannschaft, die andere Prioritäten setzte. "Die Teilnahme an der Champions League ist wichtiger als der Pokalsieg", sagte Magath ein wenig trotzig.

Schalker Neuer überragt in München

Der Tag der Revanche sollte kommen, und er kam schon ein Jahr später am 2. März 2011. Erstmals duellieren sie sich im Pokal in der mit 69.000 Zuschauern ausverkauften Allianz Arena, zum zweiten Mal war es ein Halbfinale in München. Und nun schaffte Schalke nach ausgeglichenem Spiel den ersten Sieg, der mehrere Väter hatte. Da ist der Trainer Felix Magath, den sie in München nach zweieinhalb Jahren und dem Doppel-Double (2005 und 2006) weggejagt hatten und der auf Schalke vor dem nächsten Rauswurf stand. Der Sieg verschafft ihm noch eine zweiwöchige Galgenfrist. Auch Kollege Louis van Gaal würde nicht mehr lange bleiben…

Und da war der Torschütze, Señor Raul aus Madrid, der schon nach 15 Minuten eine Höwedes-Flanke einköpfte und endlich zum ersten Mal in München gewann – mit Real war ihm das in sechs Spielen nie gelungen. Und da war der Torwart. Manuel Neuer, für den kicker der "Spieler des Spiels", Note 1. Der deutsche Nationaltorwart zeigte sich "völlig unbeeindruckt von der feindseligen Stimmung gegen ihn" und "stand wie ein Fels". Es war mehr als die üblichen kleinen Gehässigkeiten gegen einen Gästetorwart, was da aus den Ultra-Reihen kam. Neuers Wechsel zu den Bayern zeichnete sich bereits ab (trotz Vertrags mit Schalke), aber weil er nicht nur Schalke-Spieler, sondern auch einst aktiver Fan war, wurde er von den Hardcore-Anhängern der Bayern abgelehnt. Es war der Tag, als die "Koan Neuer"-Schilder geboren wurden. Mehr als 500 sollen es gewesen sein. Pfiffe bei all seinen Aktionen krönten die skurrile Darbietung der Bayern-Ultras, die heute heilfroh sind, dass Neuer sich nicht hat abschrecken lassen von dieser Art Begrüßung. Drei Monate später kam er nach München – als Pokalsieger. Denn wer diese Paarung in München gewinnt, wurde das bis dahin immer.

Dann kam der 1. März 2017, nun war es ein Viertelfinale. Die Bayern unter Carlo Ancelotti machten an jenem Mittwoch wenig Federlesens mit Markus Weinzierls Schalker. Nach 29 Minuten hätte man die TV-Übertragung schon abbrechen können, da stand es 3:0 nach zwei Lewandowski-Treffern und einem von Thiago. Dabei blieb es. Doch diesmal wurden die Bayern nicht Pokalsieger, während Schalke nach seinen beiden Siegen über die Bayern (2002 und 2011) auch immer den Pott holte. Den Ansporn hätte es für den 3. März sicher nicht gebraucht, aber sie werden ihn gerne nehmen.

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