1938: Schalke holt das erste Double

Heute vor 80 Jahren sicherte sich Schalke nach zwei verlorenen Endspielen erstmals den Pokal - und holte das erste Double der deutschen Fußballgeschichte, das gleichzeitig für 32 Jahre auch das letzte bleiben sollte. DFB.de blickt anlässlich Jubiläums zurück auf das Finalduell 1938 zwischen dem FC Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf.

Vor ihrer Reise zum Endspiel nach Köln werden die Spieler des FC Schalke 04 gewiss eine Menge aufmunternder Worte gehört haben. Zweimal hatten sie schon versucht, den neu ins Leben gerufenen Tschammer-Pokal zu gewinnen, zweimal war es schiefgegangen. Sowohl gegen Nürnberg (0:2) als auch gegen den VfB Leipzig (1:2) unterlag der Meister von 1934, 1935 und 1937. Nach der zweiten Pleite im Finale von 1936 gaben die Schalker damals eigens eine ungewöhnliche Pressekonferenz für die Vertreter der westdeutschen Zeitungen, um allen zu versichern, dass man den Gegner aus Leipzig nicht unterschätzt habe.

"Schalker Kreisel": Das Nonplusultra in den Dreißigern

Und doch schien es keine andere Erklärung gegeben zu haben, denn Schalke war in den Dreißigern das Nonplusultra des deutschen Fußballs und der "Schalker Kreisel" in aller Munde. Nun, ein Jahr später, galt es, die alte Lebensweisheit "aller guten Dinge sind drei" auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Am 9. Januar 1938, als der Pokalsieger 1937 aufgrund terminlicher Engpässe reichlich spät ermittelt wurde, sollte sie sich bewähren.

Dabei wurden die Schalker diesmal trotz des frischen Meisterruhms nicht ganz so hoch gewettet wie in den ersten Endspielen. "Der Favorit der Fußballwoche für das Pokalendspiel ist - Fortuna!", schrieb das Fachblatt eine Woche vor dem Match. Nicht nur wegen der eher mühsamen Schalker Qualifikation für das Finale mit ausnahmslos knappen Ergebnissen. Sondern auch, weil Fortuna so etwas wie ein Angstgegner der Knappen war. Im Reichssportblatt stand zu lesen: "Es gibt wenige Gegner, die Schalke fürchtet und unter den wenigen Fortuna gewiß nicht am Geringsten." Hatte sie doch Schalke im Meisterfinale 1933 mit 3:0 regelrecht deklassiert.

Fortuna mit sieben Nationalspielern, Schalke mit Kuzorra und Szepan

Immerhin sieben Nationalspieler standen in Reihen der Fortuna. Bekannteste Namen: Paul Janes und Stanislas "Tau" Kobierski, Deutschlands erster WM-Torschütze (1934 in Italien). Schalkes Leuchttürme jener Ära waren Fritz Szepan und Ernst Kuzorra, privat verschwägert und beruflich quasi verbrüdert. Beide gingen nicht unbeschwert ins Spiel, da Szepans Frau, zugleich Kuzorras Schwester, in der Woche vor dem Finale erkrankt war und operiert werden musste.

Acht Spieler aus der Elf, die das Finale gegen Leipzig verloren hatten, standen wieder auf dem Platz. Kontinuität war ein Merkmal der großen Knappen-Ära, es kamen auch fast alle Spieler aus Gelsenkirchen. Abgesehen vom Torwart (Mellage aus Wuppertal) und dem Rechtsaußen (Poertgen aus Bonn). Von der Meisterelf des Sommers 1937 fehlte nur der verletzte Verteidiger Otto Schweißfurth, den Ernst Sontow ersetzte.

Im Müngersdorfer Stadion fanden sich an diesem zweiten Sonntag des Jahres 1938 rund 72.000 Zuschauer ein, sie stellten damit einen Pokalrekord auf dem europäischen Kontinent auf. Der Schnee vom Vortag war geschmolzen und wich dem Regen, der zum Glück mit Anpfiff aufhörte, den Kontrahenten jedoch einen schwer bespielbaren, weil tiefen Boden hinterließ. Damit er überhaupt bespielbar war, wurde das Vorspiel der Jugendmannschaften schon nach 15 Minuten abgebrochen. Zudem wehte ein heftiger Wind, in der Fußballwoche war gar von einem "Orkan" die Rede.

Schalke: Kalwitzki trifft erst den Pfosten, dann ins Netz

Schalke hatte zunächst Rückenwind, was es aber nicht wirklich nutzte. Vor der Pause fielen keine Tore, nach 27 Minuten war Ernst Kalwitzki einem Treffer noch am nächsten gekommen - er traf den Außenpfosten des Fortunen-Gehäuses. Nach Wiederanpfiff kam Fortuna mit neuen roten Hosen aufs Feld, ein ihr zugeneigter Zuschauer frohlockte: "Das sind die Siegerhosen!"

Aber diese Prognose ging in die Hose – und zwar fast so schnell, wie sie ausgesprochen war. Zweieinhalb Minuten waren in der zweiten Hälfte erst gespielt, da war dieses Finale schon entschieden. Nicht die Fortuna, die nun Rückenwind hatte, sondern Schalke schoss die Tore - 1:0 durch Kalwitzki in der 46. Minute und 2:0 durch Szepan (48.).

So schilderte die Fußballwoche die Tore, die Schalke zum Doublesieger machte: "Kalwitzki ist mit seinem schnellen Antritt gleich heran, rennt dem Ball etwas entgegen, lößt sich von dem steifen Kluth, erfaßt sofort die Situation, Ball annehmen, drehen und schießen ist eins – da ist für Pesch nichts zu machen." Das 2:0 fiel so: "Szepan schießt, aber schlecht, doch das Glück ist bei Schalke, der Ball kommt wieder zu Szepan, der noch einmal, nicht scharf, abschießt, und zur allgemeinen Überraschung rutscht der Ball unter Pesch hindurch ins Netz."

"Fortuna ist vollkommen entnervt"

Peschs Pech entschied dieses Spiel frühzeitig, Fortunas Körpersprache ließ keinen anderen Schluss zu. "Fortuna ist vollkommen entnervt", stellte die Fußballwoche fest, "es hat mitunter den Anschein, als ob Schalke sechs Spieler mehr auf dem Felde zu stehen hat." Erst in der 83. Minute kam wieder etwas Spannung auf, als Verteidiger Bornemann seinem Torwart Hans Klodt assistierte und auf der Linie einen Kluth-Schuss mit der Hand abwehrte. Den fälligen Elfmeter donnerte Paul Janes "mit unheimlichen Bums in die Maschen". Mehr passierte nicht, und das Fachblatt bilanzierte: "Trotz des knappen Resultats und trotz der Tapferkeit der Fortuna doch ein sicherer Sieg der weitaus besseren Schalker." Und weiter: "Schalkes Stern leuchtet hell und heller."

Das Reichssportblatt freute sich mit dem ersten Doublegewinner des deutschen Fußballs: "Von allen der beste zu sein, welch großes Gefühl für eine Mannschaft. Glückauf Schalke!" Den Pokal erhielten sie im Sonntagsanzug und, wie bis dahin üblich, auf dem Bankett. Kein Konfetti, keine Bierduschen. Sein Erfinder und Namensgeber, Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten, überreichte ihn erstmals einem Schalker: Ernst Kuzorra, dem Kapitän. Es sollten 32 Jahre vergehen, bis auch Bayern München dieses Kunststück gelang.

Bis heute hat es 15 Doublesiege gegeben. Das erste nannte man übrigens noch nicht so. Die Fußballwoche schrieb vom "doppelten Meister", das Reichssportblatt vom "Doppel-Triumphator." Der wurde in der Heimat groß empfangen, Dauerregen hielt die Fans in Gelsenkirchen nicht ab. Es gab den sprichwörtlichen "großen Bahnhof". Der Siegeszug endete wie in den Jahren zuvor bei anderen feierlichen Anlässen auf dem Schalker Markt.

Die Doublesieger von Schalke 04: Hans Klodt - Hans Bornemann, Ernst Sontow, Otto Tibulski, Walter Berg, Rudolf Gellesch, Ernst Kalwitzki, Fritz Szepan, Ernst Poertgen, Ernst Kuzorra, Adolf Urban; Trainer: Hans Schmidt

Die Elf von Fortuna Düsseldorf: Willi Pesch - Paul Janes, Bernhard Kluth, Paul Mehl, Jakob Bender, Edmund Czaika, Ernst Albrecht, Willi Wigold, Hans Heibach, Felix Zwolanowski, Stanislaus Kobierski; Trainer: Karl Flink

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Heute vor 80 Jahren sicherte sich Schalke nach zwei verlorenen Endspielen erstmals den Pokal - und holte das erste Double der deutschen Fußballgeschichte, das gleichzeitig für 32 Jahre auch das letzte bleiben sollte. DFB.de blickt anlässlich Jubiläums zurück auf das Finalduell 1938 zwischen dem FC Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf.

Vor ihrer Reise zum Endspiel nach Köln werden die Spieler des FC Schalke 04 gewiss eine Menge aufmunternder Worte gehört haben. Zweimal hatten sie schon versucht, den neu ins Leben gerufenen Tschammer-Pokal zu gewinnen, zweimal war es schiefgegangen. Sowohl gegen Nürnberg (0:2) als auch gegen den VfB Leipzig (1:2) unterlag der Meister von 1934, 1935 und 1937. Nach der zweiten Pleite im Finale von 1936 gaben die Schalker damals eigens eine ungewöhnliche Pressekonferenz für die Vertreter der westdeutschen Zeitungen, um allen zu versichern, dass man den Gegner aus Leipzig nicht unterschätzt habe.

"Schalker Kreisel": Das Nonplusultra in den Dreißigern

Und doch schien es keine andere Erklärung gegeben zu haben, denn Schalke war in den Dreißigern das Nonplusultra des deutschen Fußballs und der "Schalker Kreisel" in aller Munde. Nun, ein Jahr später, galt es, die alte Lebensweisheit "aller guten Dinge sind drei" auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Am 9. Januar 1938, als der Pokalsieger 1937 aufgrund terminlicher Engpässe reichlich spät ermittelt wurde, sollte sie sich bewähren.

Dabei wurden die Schalker diesmal trotz des frischen Meisterruhms nicht ganz so hoch gewettet wie in den ersten Endspielen. "Der Favorit der Fußballwoche für das Pokalendspiel ist - Fortuna!", schrieb das Fachblatt eine Woche vor dem Match. Nicht nur wegen der eher mühsamen Schalker Qualifikation für das Finale mit ausnahmslos knappen Ergebnissen. Sondern auch, weil Fortuna so etwas wie ein Angstgegner der Knappen war. Im Reichssportblatt stand zu lesen: "Es gibt wenige Gegner, die Schalke fürchtet und unter den wenigen Fortuna gewiß nicht am Geringsten." Hatte sie doch Schalke im Meisterfinale 1933 mit 3:0 regelrecht deklassiert.

Fortuna mit sieben Nationalspielern, Schalke mit Kuzorra und Szepan

Immerhin sieben Nationalspieler standen in Reihen der Fortuna. Bekannteste Namen: Paul Janes und Stanislas "Tau" Kobierski, Deutschlands erster WM-Torschütze (1934 in Italien). Schalkes Leuchttürme jener Ära waren Fritz Szepan und Ernst Kuzorra, privat verschwägert und beruflich quasi verbrüdert. Beide gingen nicht unbeschwert ins Spiel, da Szepans Frau, zugleich Kuzorras Schwester, in der Woche vor dem Finale erkrankt war und operiert werden musste.

Acht Spieler aus der Elf, die das Finale gegen Leipzig verloren hatten, standen wieder auf dem Platz. Kontinuität war ein Merkmal der großen Knappen-Ära, es kamen auch fast alle Spieler aus Gelsenkirchen. Abgesehen vom Torwart (Mellage aus Wuppertal) und dem Rechtsaußen (Poertgen aus Bonn). Von der Meisterelf des Sommers 1937 fehlte nur der verletzte Verteidiger Otto Schweißfurth, den Ernst Sontow ersetzte.

Im Müngersdorfer Stadion fanden sich an diesem zweiten Sonntag des Jahres 1938 rund 72.000 Zuschauer ein, sie stellten damit einen Pokalrekord auf dem europäischen Kontinent auf. Der Schnee vom Vortag war geschmolzen und wich dem Regen, der zum Glück mit Anpfiff aufhörte, den Kontrahenten jedoch einen schwer bespielbaren, weil tiefen Boden hinterließ. Damit er überhaupt bespielbar war, wurde das Vorspiel der Jugendmannschaften schon nach 15 Minuten abgebrochen. Zudem wehte ein heftiger Wind, in der Fußballwoche war gar von einem "Orkan" die Rede.

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Schalke: Kalwitzki trifft erst den Pfosten, dann ins Netz

Schalke hatte zunächst Rückenwind, was es aber nicht wirklich nutzte. Vor der Pause fielen keine Tore, nach 27 Minuten war Ernst Kalwitzki einem Treffer noch am nächsten gekommen - er traf den Außenpfosten des Fortunen-Gehäuses. Nach Wiederanpfiff kam Fortuna mit neuen roten Hosen aufs Feld, ein ihr zugeneigter Zuschauer frohlockte: "Das sind die Siegerhosen!"

Aber diese Prognose ging in die Hose – und zwar fast so schnell, wie sie ausgesprochen war. Zweieinhalb Minuten waren in der zweiten Hälfte erst gespielt, da war dieses Finale schon entschieden. Nicht die Fortuna, die nun Rückenwind hatte, sondern Schalke schoss die Tore - 1:0 durch Kalwitzki in der 46. Minute und 2:0 durch Szepan (48.).

So schilderte die Fußballwoche die Tore, die Schalke zum Doublesieger machte: "Kalwitzki ist mit seinem schnellen Antritt gleich heran, rennt dem Ball etwas entgegen, lößt sich von dem steifen Kluth, erfaßt sofort die Situation, Ball annehmen, drehen und schießen ist eins – da ist für Pesch nichts zu machen." Das 2:0 fiel so: "Szepan schießt, aber schlecht, doch das Glück ist bei Schalke, der Ball kommt wieder zu Szepan, der noch einmal, nicht scharf, abschießt, und zur allgemeinen Überraschung rutscht der Ball unter Pesch hindurch ins Netz."

"Fortuna ist vollkommen entnervt"

Peschs Pech entschied dieses Spiel frühzeitig, Fortunas Körpersprache ließ keinen anderen Schluss zu. "Fortuna ist vollkommen entnervt", stellte die Fußballwoche fest, "es hat mitunter den Anschein, als ob Schalke sechs Spieler mehr auf dem Felde zu stehen hat." Erst in der 83. Minute kam wieder etwas Spannung auf, als Verteidiger Bornemann seinem Torwart Hans Klodt assistierte und auf der Linie einen Kluth-Schuss mit der Hand abwehrte. Den fälligen Elfmeter donnerte Paul Janes "mit unheimlichen Bums in die Maschen". Mehr passierte nicht, und das Fachblatt bilanzierte: "Trotz des knappen Resultats und trotz der Tapferkeit der Fortuna doch ein sicherer Sieg der weitaus besseren Schalker." Und weiter: "Schalkes Stern leuchtet hell und heller."

Das Reichssportblatt freute sich mit dem ersten Doublegewinner des deutschen Fußballs: "Von allen der beste zu sein, welch großes Gefühl für eine Mannschaft. Glückauf Schalke!" Den Pokal erhielten sie im Sonntagsanzug und, wie bis dahin üblich, auf dem Bankett. Kein Konfetti, keine Bierduschen. Sein Erfinder und Namensgeber, Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten, überreichte ihn erstmals einem Schalker: Ernst Kuzorra, dem Kapitän. Es sollten 32 Jahre vergehen, bis auch Bayern München dieses Kunststück gelang.

Bis heute hat es 15 Doublesiege gegeben. Das erste nannte man übrigens noch nicht so. Die Fußballwoche schrieb vom "doppelten Meister", das Reichssportblatt vom "Doppel-Triumphator." Der wurde in der Heimat groß empfangen, Dauerregen hielt die Fans in Gelsenkirchen nicht ab. Es gab den sprichwörtlichen "großen Bahnhof". Der Siegeszug endete wie in den Jahren zuvor bei anderen feierlichen Anlässen auf dem Schalker Markt.

Die Doublesieger von Schalke 04: Hans Klodt - Hans Bornemann, Ernst Sontow, Otto Tibulski, Walter Berg, Rudolf Gellesch, Ernst Kalwitzki, Fritz Szepan, Ernst Poertgen, Ernst Kuzorra, Adolf Urban; Trainer: Hans Schmidt

Die Elf von Fortuna Düsseldorf: Willi Pesch - Paul Janes, Bernhard Kluth, Paul Mehl, Jakob Bender, Edmund Czaika, Ernst Albrecht, Willi Wigold, Hans Heibach, Felix Zwolanowski, Stanislaus Kobierski; Trainer: Karl Flink

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