Meerblick Inklusive: Schiedsrichter in der Beachsoccer-Liga

18 Schiedsrichter und eine Schiedsrichterin pfeifen seit dieser Saison in der neu gegründeten Deutschen Beachsoccer-Liga. Was macht die Trendsportart aus? Wie unterscheidet sie sich vom "normalen" Fußball? Und reisen die Schiedsrichter in Badeschlappen an? DFB.de hat den Saisonauftakt in Warnemünde begleitet.

Die meisten Amateurfußballer verbinden mit dem Rohstoff Sand keine schönen Erinnerungen. Ganz im Gegenteil: Vor dem inneren Auge erscheinen bei den meisten Schreckensbilder. In erster Linie von gemütlichen Platzwarten, die gut gelaunt versicherten, jetzt hätten sie den örtlichen Rasenplatz aber wirklich perfekt "präpariert" (womit sie meinten, sämtliche Maulwurf- und Feldmauslöcher mit einer großzügigen Schaufelladung Sand verstopft zu haben). Oder von Aschenplätzen, auf denen sich selbst bei Sonnenschein Pfützen vor den Toren zu bilden schienen, welche dann von Platzwarten mit einem Eimer Sand trockengelegt wurden. Oder man erinnert sich an die Kunstrasenplätze aus der Vorgranulat-Zeit, die mit der Konsistenz einer stachlig-grünen Fußmatte und tonnenweise Sand als zusätzliche Einladung zur Rutschpartie bei jeder Grätsche zu munter leuchtenden Brandwunden führten.

Nein, Sand und Fußball, das schien (jedenfalls außerhalb von Gelsenkirchen, wo der Däne Ebbe Sand jahrelang verlässlich seine Tore schoss) lange Zeit nicht zusammenzupassen. In den vergangenen Jahren hat sich aber auch abseits von Gelsenkirchen und vielleicht der Copacabana eine Sportart entwickelt, die aus der schöngeredeten Verlegenheitslösung für ambitionierte Amateur-Greenkeeper eine Tugend, einen Spielbelag und eine eigene Idee gemacht hat: Beachsoccer.

Saisonauftakt in Warnemünde

Seit dem Jahr 2018 hat diese Sportart, die mit dem Begriff "Trend" längst nicht mehr ausreichend beschrieben ist, mit einer neuen Liga einen weiteren Sprung gemacht: Die Deutsche Beachsoccer-Liga (DBL), die ab diesem Jahr zum ersten Mal vom Deutschen Fußball-Bund organisiert und verwaltet wird, ist vor wenigen Wochen an den Start gegangen. Dass sich die Beachsoccer-Liga von der Fußball-Bundesliga deutlich unterscheidet, wird schon an den Mannschaftsnamen deutlich. Zwar haben auch Traditionsklubs wie Hertha BSC und der Hamburger SV eine eigene Beachsoccer-Abteilung, die anderen Klubs heißen aber zum Beispiel Sandball Leipzig, Bavaria Beach Bazis, Rostocker Robben oder 1. FC Versandkostenfrei.

Es sind aber nicht nur die Namen, die die Unterschiede zur Fußball-Bundesliga betonen, auch die Struktur der Beachsoccer-Liga ist vollkommen anders. Nach fünf Wochenend-Spieltagen treffen sich die besten vier Teams noch einmal und spielen in einem "Final-Four" die Endrunde aus. Und - das wird beim Saisonauftakt in Warnemünde klar - auch die Atmosphäre beim Beachsoccer unterscheidet sich völlig von der Stimmung im normalen Fußballstadion.

Vielleicht ist es der tolle Blick aufs Meer und auf den Strand, der die Menschen rund um den Platz gut gelaunt und freundlich stimmt. Kein Sicherheitsspiel, kein Sitzplatz hinter einer Säule, keine Bengalos oder ungewollten Bierduschen aus dem Gästeblock, stattdessen freier Eintritt, Partymusik aus den Lautsprechern, ein Mojito im Plastikbecher und der Blick auf die Ostsee. Wer mit der Familie kommt, versammelt die fußballinteressierten Familienmitglieder um sich herum und schaut zu, der Rest legt sich in die Sonne oder badet im Meer.

"Traumhafter Blick aufs Wasser"

Diese besondere Atmosphäre rund um den Platz freut auch die Schiedsrichter in Warnemünde. So wie Malte Gerhardt. Malte, 28, aus Kiel, ist in diesem Jahr neu auf die Beachsoccer-FIFA-Liste berufen worden. Angesprochen auf die besondere Stimmung beim Beachsoccer, kommt er richtig ins Schwärmen: "Schau dir den Blick aufs Wasser an, das ist doch einfach traumhaft. Dann die ganzen Zuschauer, die Musik, das ist schon eine besondere Atmosphäre." Während der Spiele blendet Malte das Umfeld aus und fokussiert sich voll auf die Partie. "Aber wenn ich spielfrei habe, genieße ich das ganze Drumherum auch mal in vollen Zügen." Und auch sein Kollege Steffen Reise sagt: "Beachsoccer ist einfach nur genial, meine Arbeitskollegen meinen schon, dass ich an den Spieltagen in den Urlaub fahre."

Unterschiede zwischen Fußball und Beachsoccer gibt es aber natürlich nicht nur in Ligastruktur und Atmosphäre. Auch das Spiel selbst unterscheidet sich elementar: Die Spieler lupfen sich die Bälle eher zu, als dass sie flach spielen, Fallrückzieher-Tore sind an der Tagesordnung, Freistöße fast immer gute Torchancen. Gespielt wird ohne Schuhe und Stutzen - und gepfiffen selbstverständlich auch. In Badeschlappen reisen Malte und Steffen aber trotzdem nicht an. "Wir bereiten uns genauso intensiv auf die Spiele am Wochenende vor wie die Vereine", sagt Malte. "Die Beachsoccer-Szene entwickelt sich immer weiter und mit der Einführung der DBL ist ein wichtiger Schritt gemacht."

Ein besonderes Trainingsprogramm für Beachsoccer hat sich Malte, der vor einigen Jahren mit einem ganz normalen Schiedsrichter-Lehrgang angefangen hatte, nicht zurechtgelegt. Er sagt aber: "Es ist wichtig, sich auf die kurzen Sprints einzustellen. Im Sand zu laufen ist so, wie auf heißen Kohlen zu laufen, dafür braucht man schnelle Beine."



18 Schiedsrichter und eine Schiedsrichterin pfeifen seit dieser Saison in der neu gegründeten Deutschen Beachsoccer-Liga. Was macht die Trendsportart aus? Wie unterscheidet sie sich vom "normalen" Fußball? Und reisen die Schiedsrichter in Badeschlappen an? DFB.de hat den Saisonauftakt in Warnemünde begleitet.

Die meisten Amateurfußballer verbinden mit dem Rohstoff Sand keine schönen Erinnerungen. Ganz im Gegenteil: Vor dem inneren Auge erscheinen bei den meisten Schreckensbilder. In erster Linie von gemütlichen Platzwarten, die gut gelaunt versicherten, jetzt hätten sie den örtlichen Rasenplatz aber wirklich perfekt "präpariert" (womit sie meinten, sämtliche Maulwurf- und Feldmauslöcher mit einer großzügigen Schaufelladung Sand verstopft zu haben). Oder von Aschenplätzen, auf denen sich selbst bei Sonnenschein Pfützen vor den Toren zu bilden schienen, welche dann von Platzwarten mit einem Eimer Sand trockengelegt wurden. Oder man erinnert sich an die Kunstrasenplätze aus der Vorgranulat-Zeit, die mit der Konsistenz einer stachlig-grünen Fußmatte und tonnenweise Sand als zusätzliche Einladung zur Rutschpartie bei jeder Grätsche zu munter leuchtenden Brandwunden führten.

Nein, Sand und Fußball, das schien (jedenfalls außerhalb von Gelsenkirchen, wo der Däne Ebbe Sand jahrelang verlässlich seine Tore schoss) lange Zeit nicht zusammenzupassen. In den vergangenen Jahren hat sich aber auch abseits von Gelsenkirchen und vielleicht der Copacabana eine Sportart entwickelt, die aus der schöngeredeten Verlegenheitslösung für ambitionierte Amateur-Greenkeeper eine Tugend, einen Spielbelag und eine eigene Idee gemacht hat: Beachsoccer.

Saisonauftakt in Warnemünde

Seit dem Jahr 2018 hat diese Sportart, die mit dem Begriff "Trend" längst nicht mehr ausreichend beschrieben ist, mit einer neuen Liga einen weiteren Sprung gemacht: Die Deutsche Beachsoccer-Liga (DBL), die ab diesem Jahr zum ersten Mal vom Deutschen Fußball-Bund organisiert und verwaltet wird, ist vor wenigen Wochen an den Start gegangen. Dass sich die Beachsoccer-Liga von der Fußball-Bundesliga deutlich unterscheidet, wird schon an den Mannschaftsnamen deutlich. Zwar haben auch Traditionsklubs wie Hertha BSC und der Hamburger SV eine eigene Beachsoccer-Abteilung, die anderen Klubs heißen aber zum Beispiel Sandball Leipzig, Bavaria Beach Bazis, Rostocker Robben oder 1. FC Versandkostenfrei.

Es sind aber nicht nur die Namen, die die Unterschiede zur Fußball-Bundesliga betonen, auch die Struktur der Beachsoccer-Liga ist vollkommen anders. Nach fünf Wochenend-Spieltagen treffen sich die besten vier Teams noch einmal und spielen in einem "Final-Four" die Endrunde aus. Und - das wird beim Saisonauftakt in Warnemünde klar - auch die Atmosphäre beim Beachsoccer unterscheidet sich völlig von der Stimmung im normalen Fußballstadion.

Vielleicht ist es der tolle Blick aufs Meer und auf den Strand, der die Menschen rund um den Platz gut gelaunt und freundlich stimmt. Kein Sicherheitsspiel, kein Sitzplatz hinter einer Säule, keine Bengalos oder ungewollten Bierduschen aus dem Gästeblock, stattdessen freier Eintritt, Partymusik aus den Lautsprechern, ein Mojito im Plastikbecher und der Blick auf die Ostsee. Wer mit der Familie kommt, versammelt die fußballinteressierten Familienmitglieder um sich herum und schaut zu, der Rest legt sich in die Sonne oder badet im Meer.

"Traumhafter Blick aufs Wasser"

Diese besondere Atmosphäre rund um den Platz freut auch die Schiedsrichter in Warnemünde. So wie Malte Gerhardt. Malte, 28, aus Kiel, ist in diesem Jahr neu auf die Beachsoccer-FIFA-Liste berufen worden. Angesprochen auf die besondere Stimmung beim Beachsoccer, kommt er richtig ins Schwärmen: "Schau dir den Blick aufs Wasser an, das ist doch einfach traumhaft. Dann die ganzen Zuschauer, die Musik, das ist schon eine besondere Atmosphäre." Während der Spiele blendet Malte das Umfeld aus und fokussiert sich voll auf die Partie. "Aber wenn ich spielfrei habe, genieße ich das ganze Drumherum auch mal in vollen Zügen." Und auch sein Kollege Steffen Reise sagt: "Beachsoccer ist einfach nur genial, meine Arbeitskollegen meinen schon, dass ich an den Spieltagen in den Urlaub fahre."

Unterschiede zwischen Fußball und Beachsoccer gibt es aber natürlich nicht nur in Ligastruktur und Atmosphäre. Auch das Spiel selbst unterscheidet sich elementar: Die Spieler lupfen sich die Bälle eher zu, als dass sie flach spielen, Fallrückzieher-Tore sind an der Tagesordnung, Freistöße fast immer gute Torchancen. Gespielt wird ohne Schuhe und Stutzen - und gepfiffen selbstverständlich auch. In Badeschlappen reisen Malte und Steffen aber trotzdem nicht an. "Wir bereiten uns genauso intensiv auf die Spiele am Wochenende vor wie die Vereine", sagt Malte. "Die Beachsoccer-Szene entwickelt sich immer weiter und mit der Einführung der DBL ist ein wichtiger Schritt gemacht."

Ein besonderes Trainingsprogramm für Beachsoccer hat sich Malte, der vor einigen Jahren mit einem ganz normalen Schiedsrichter-Lehrgang angefangen hatte, nicht zurechtgelegt. Er sagt aber: "Es ist wichtig, sich auf die kurzen Sprints einzustellen. Im Sand zu laufen ist so, wie auf heißen Kohlen zu laufen, dafür braucht man schnelle Beine."

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Das Spiel läuft, die Musik auch

Schnelle Beine brauchen Malte und Steffen an diesem Wochenende in Warnemünde vor allem bei der Partie zwischen Hertha BSC und dem Ibbenbürener BSC. Beide Mannschaften gehören zu den Favoriten der Liga, in ihren Reihen stehen zahlreiche Nationalspieler. Beide streben die Qualifikation für das "Final Four“ der Beachsoccer-Liga an. Ein erstes frühes Spitzenspiel. Als die Mannschaften und die Schiedsrichter den Platz betreten, dröhnt "Played-A-Live" vom Safri Duo aus den Boxen. Passt zum Strand, passt zum Fußball. Anders als in der Bundesliga wird die Musik nach dem Anpfiff aber nicht abgestellt, sondern läuft auch während der Spiele durch, was die Party-Atmosphäre in Warnemünde noch zusätzlich steigert. Das Spiel ist schnell und hochklassig, in den Zweikämpfen bleibt es aber meistens fair. Malte und Steffen können sich zurückhalten und dem Spiel seinen Fluss lassen.

Die Zielsetzung, das Spiel im Fluss zu halten, teilen Fußball- und Beachsoccer-Schiedsrichter gleichermaßen. Ansonsten unterscheiden sich die Anforderungen aber mitunter erheblich. Dass beim Beachsoccer - ähnlich wie beim Handball oder Futsal - zwei gleichberechtigte Spielleiter aktiv seien, führe zu besonderen Herausforderungen, erklärt Stefan Weber, der im DFB-Schiedsrichter-Kompetenzteam für Beachsoccer zuständig ist: "Diese beiden völlig gleichberechtigten Schiedsrichter auf dem Platz müssen mit ihrer Regelauslegung eine einheitliche Linie finden. Auch in Sachen Stellungsspiel muss eine gute Abstimmung vorhanden sein, damit beide Schiedsrichter dieses so gestalten, dass sie jederzeit alle wichtigen Aspekte für die Spielleitung im Blick haben."

Weber, der als ehemaliger Zweitliga-Schiedsrichter und heutiger Beachsoccer-Funktionär beide Sportarten gut kennt, weiß: "Die Zweikampfbewertung am Boden ist durch den Sand natürlich schwieriger. Außerdem kommt noch ein interessanter regeltechnischer Aspekt dazu: Beim Beachsoccer werden Fallrückzieher "gefördert", das heißt, wenn ein Spieler den Ball kontrolliert und zum Fallrückzieher ansetzt, darf dieser nicht gestört werden. Diese Auslegung unterscheidet sich dann schon deutlich zum Fußball."

Schiedsrichter-Coaching mit dem Zehnersystem

Das wird auch in der Begegnung zwischen Ibbenbüren und Berlin deutlich. Nachdem ein Berliner Spieler seinen Gegenspieler beim Fallrückzieher behindert, entscheidet Steffen auf Strafstoß für Ibbenbüren. Im Fußball ein klassisches "Weiterspielen", im Beachsoccer eine völlig korrekte Entscheidung. Das alles vor den Augen von Sandy Hoffmann, einem von sieben Schiedsrichter-Coaches für den Bereich Beachsoccer in Deutschland. "Wir coachen jedes Spiel am Wochenende, dabei verwenden wir das bekannte Zehnersystem, auch die Kriterien für Auf- und Abwertungen sind identisch", erklärt Hoffmann, "Wenn DFB-TV die Spiele live überträgt, dann nutzen wir auch das Videomaterial, um unsere Schiedsrichter damit weiterzuentwickeln."

Auf die neue Saison vorbereitet wurden die Unparteiischen bei einem Lehrgang in der Sportschule Kaiserau. "Dabei hatten wir den Schweizer Kollegen Christian Zimmermann zu Gast, der 2013 bei der FIFA Beachsoccer-WM in Tahiti gepfiffen hatte", so Hoffmann. "Außerdem hatten wir spezielle Trainingseinheiten auf Sand im Programm."

Ungewohnt: "Entscheidend is' aufm Sand"

Mit den Leistungen der Schiedsrichter in Warnemünde kann Sandy Hoffmann an dem ersten Spieltag der neuen Saison zufrieden sein. Das Spitzenspiel zwischen ­Hertha BSC und dem Ibbenbürener BSC, das seinen Namen wirklich verdient, endet am Ende erst nach Verlängerung mit 2:3. Andere Spiele laufen da wesentlich eindeutiger, der Wuppertaler SV schafft etwa ein glattes 10:0 über die BSC Beach Boys. Tabellenführer nach dem ersten Spieltag sind die Rostocker Robben, der viermalige Meister. Dass die Sportart Beachsoccer im Kommen ist, wird an diesem Wochenende in Warnemünde klar: Die Spieler haben Spaß, die Stimmung bei den Zuschauern ist gut und die Spielleiter bringen gute Leistungen.

Am folgenden Spieltag geht es für die DFB-Beachsoccer-Schiedsrichter um Malte und Steffen weiter nach München. Die neue Deutsche Beachsoccer-Liga wird die Professionalisierung in der Sparte weiter vorantreiben, das scheint außer Frage zu stehen. Aus der Verlegenheitslösung Sand, aus dem Füllmaterial für holprigen Naturrasen, ist längst ein Statement geworden. Nur mit dem Übertragen allgemeingültiger Weisheiten von Fußball auf Beachsoccer tut man sich momentan noch schwer: "Entscheidend is' aufm Sand" oder "das Spiel dauert dreimal zwölf Minuten" klingt jedenfalls aktuell noch ziemlich ungewohnt.

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