SG Ahrtal: Ein Jahr nach der Flutkatastrophe

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli hat die Flutkatastrophe Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erschüttert. Nun jährt sich das Jahrhunderthochwasser zum ersten Mal. Wie ist es den Fußballvereinen in den betroffenen Regionen ergangen? Wir haben mit den Verantwortlichen der SG Ahrtal gesprochen.

Bis zum Abend des 14. Juli hatte die Spielgemeinschaft Ahrtal vier Fußballplätze, auf denen ihre zwei Seniorenteams, eine Altherren- und acht Jugendmannschaften spielen konnten. Einen in Schuld, einen in Insul, einen in Dümpelfeld, einen in Hönningen. Dann kam die Flut. Und die Katastrophe nahm ihren Lauf. Als es am 15. Juli an der Ahr in Rheinland-Pfalz wieder hell wurde, war die Welt dort eine andere. Menschen hatten ihre Heimat verloren, ihr Hab und Gut, manche sogar ihr Leben. Das Wasser zerstörte auch die vier Plätze der SG Ahrtal. Die Flut vernichtete fast alles, riss alles mit sich.

Zimmermann: "Diese Nacht hat alles verändert"

Ein Jahr später ist die Situation immer noch kompliziert. Peter Zimmermann ist Vorsitzender der SG Ahrtal. Der 36-Jährige sagt: "Diese Nacht hat alles verändert. Auch meiner Familie stand das Wasser in diesen Stunden im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals. Unsere Spielgemeinschaft hat es in ihrem Fundament getroffen. Aber wir haben zusammengehalten und hatten auch die nötige Unterstützung durch den Verband und andere Vereine, so dass wir den Spielbetrieb aufrechterhalten konnten."

Wenige Tage nach der Flut im Sommer 2021 hatten DFB und DFL gemeinsam einen Fluthilfefonds in Höhe von drei Millionen Euro aufgelegt. Etwa 2,75 Millionen sind mittlerweile zielgerichtet verteilt oder werden in den kommenden Wochen überwiesen. Binnen der ersten sechs Monate nach der verheerenden Flutkatastrophe an Rhein und Mosel waren 963.000 Euro an hilfsbedürftige Fußballvereine ausgezahlt worden.

Wiederaufbau als Gemeinschaftsprojekt

Die SG Ahrtal hat vorübergehend eine neue Heimat auf der Anlage in Reifferscheid gefunden. "Der Platz wurde kaum noch genutzt. Das war unser Glück. Deswegen konnten wir ihn nutzen. Aber das ist keine langfristige Lösung", sagt Zimmermann. "Um die Spielgemeinschaft am Leben zu erhalten, brauchen wir eine Heimat. Eine eigene Anlage. Dafür arbeiten wir gerade hart. Spätestens zu Beginn der Saison 2023/2024 sollte das der Fall sein. Sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass wir unser Angebot für Jung und Alt aufrecht halten können und die Spielgemeinschaft in der Mannschaftsstärke weiter macht. Die SG Ahrtal wäre ohne eigenen Platz auf Dauer in Gefahr."

Die Verantwortlichen sind in intensiven Gesprächen unter anderem mit der Politik, um möglichst schnell weiterzukommen. Aber es zieht sich. Manchmal kann Zimmermann das nachvollziehen, manchmal auch nicht. "Unser Ziel ist es, die dezentralen Strukturen aufzulösen, die wir vor der Flut aufgrund der vier Plätze in verschiedenen Ortschaften hatten", sagt Zimmermann. "Wir wollen einen Rasenplatz in Hönningen und eine Kunstrasenanlage in Insul schaffen. Dann sind wir gut aufgestellt." Die Stammvereine der SG Ahrtal sind der SV Hönningen, der SC Dümpelfeld, der SV Insul und der SVE Schuld. Der Wiederaufbau soll nun ein Gemeinschaftsprojekt sein.

Unbürokratische Hilfe

Damit auch in den anderen Ortsgemeinden Fußball gespielt werden kann, sollen dort Soccer Courts oder Bewegungsflächen entstehen. "Es ist wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen und natürlich die älteren Generationen auch außerhalb der Trainingszeiten eine Begegnungs- und Bewegungsstätte im Heimatort haben", betont Zimmermann.

Der Fußballverband Rheinland (FVR) hat so schnell und unkompliziert Hilfe angeboten, wie es möglich war – in erster Linie über die FVR-Stiftung "Fußball hilft!". Es wurde ein Spendenaufruf gestartet. Fußballvereine aus ganz Deutschland waren spontan dabei. So konnten in den Sommerferien über vier Wochen Feriencamps für Kinder aus dem Ahrtal und von Helferinnen und Helfern angeboten werden. Für den Nachwuchs war das eine willkommene und wichtige Ablenkung von dem Erlebten und für die Eltern bedeutete es, Zeit für Aufräumarbeiten zu haben und die Kinder gut betreut zu wissen.

Vereine aus den betroffenen Regionen haben zudem unbürokratisch Mittel erhalten, um kurzfristig wieder Ausrüstung zum Fußballspielen anschaffen zu können – zum Beispiel Bälle, Trikots Fußballschuhe, kleine und große Tore und vieles mehr. Außerdem konnten Kleinbusse zur Miete organisiert werden, um die vielen Fahrten zu den Ausweichplätzen besser bewältigen zu können.

Fußballfamilie hält in der Not zusammen

Die FVR-Stiftung will noch weiterhelfen, unter anderem bei der Realisierung und Finanzierung von Mini-Spielfeldern, die an Orten entstehen sollen, an denen kein neuer Sportplatz mehr gebaut werden darf. So soll vorwiegend Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geboten werden, ohne lange Autofahrten sich im Heimatort mit Freunden zu treffen und gemeinsam Sport zu treiben.

Nicht nur der FV Rheinland hat spontan geholfen. Auch Teile von Nordrhein-Westfalen waren von der Flut stark betroffen – vor allem an der Erft. Hier hat der Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) umgehend ein umfassendes Maßnahmenpaket gestartet, um möglichst vielen betroffenen Klubs zu helfen und sie dabei zu unterstützen, weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen zu können.

Auch ein Jahr später bleibt festzuhalten, dass die Flutkatastrophe verheerende Auswirkungen hat – und zwar bis heute. Aber es ist auch mal wieder offensichtlich geworden, dass die große Fußballfamilie in der Not zusammenhält.

[sw]

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli hat die Flutkatastrophe Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erschüttert. Nun jährt sich das Jahrhunderthochwasser zum ersten Mal. Wie ist es den Fußballvereinen in den betroffenen Regionen ergangen? Wir haben mit den Verantwortlichen der SG Ahrtal gesprochen.

Bis zum Abend des 14. Juli hatte die Spielgemeinschaft Ahrtal vier Fußballplätze, auf denen ihre zwei Seniorenteams, eine Altherren- und acht Jugendmannschaften spielen konnten. Einen in Schuld, einen in Insul, einen in Dümpelfeld, einen in Hönningen. Dann kam die Flut. Und die Katastrophe nahm ihren Lauf. Als es am 15. Juli an der Ahr in Rheinland-Pfalz wieder hell wurde, war die Welt dort eine andere. Menschen hatten ihre Heimat verloren, ihr Hab und Gut, manche sogar ihr Leben. Das Wasser zerstörte auch die vier Plätze der SG Ahrtal. Die Flut vernichtete fast alles, riss alles mit sich.

Zimmermann: "Diese Nacht hat alles verändert"

Ein Jahr später ist die Situation immer noch kompliziert. Peter Zimmermann ist Vorsitzender der SG Ahrtal. Der 36-Jährige sagt: "Diese Nacht hat alles verändert. Auch meiner Familie stand das Wasser in diesen Stunden im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals. Unsere Spielgemeinschaft hat es in ihrem Fundament getroffen. Aber wir haben zusammengehalten und hatten auch die nötige Unterstützung durch den Verband und andere Vereine, so dass wir den Spielbetrieb aufrechterhalten konnten."

Wenige Tage nach der Flut im Sommer 2021 hatten DFB und DFL gemeinsam einen Fluthilfefonds in Höhe von drei Millionen Euro aufgelegt. Etwa 2,75 Millionen sind mittlerweile zielgerichtet verteilt oder werden in den kommenden Wochen überwiesen. Binnen der ersten sechs Monate nach der verheerenden Flutkatastrophe an Rhein und Mosel waren 963.000 Euro an hilfsbedürftige Fußballvereine ausgezahlt worden.

Wiederaufbau als Gemeinschaftsprojekt

Die SG Ahrtal hat vorübergehend eine neue Heimat auf der Anlage in Reifferscheid gefunden. "Der Platz wurde kaum noch genutzt. Das war unser Glück. Deswegen konnten wir ihn nutzen. Aber das ist keine langfristige Lösung", sagt Zimmermann. "Um die Spielgemeinschaft am Leben zu erhalten, brauchen wir eine Heimat. Eine eigene Anlage. Dafür arbeiten wir gerade hart. Spätestens zu Beginn der Saison 2023/2024 sollte das der Fall sein. Sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass wir unser Angebot für Jung und Alt aufrecht halten können und die Spielgemeinschaft in der Mannschaftsstärke weiter macht. Die SG Ahrtal wäre ohne eigenen Platz auf Dauer in Gefahr."

Die Verantwortlichen sind in intensiven Gesprächen unter anderem mit der Politik, um möglichst schnell weiterzukommen. Aber es zieht sich. Manchmal kann Zimmermann das nachvollziehen, manchmal auch nicht. "Unser Ziel ist es, die dezentralen Strukturen aufzulösen, die wir vor der Flut aufgrund der vier Plätze in verschiedenen Ortschaften hatten", sagt Zimmermann. "Wir wollen einen Rasenplatz in Hönningen und eine Kunstrasenanlage in Insul schaffen. Dann sind wir gut aufgestellt." Die Stammvereine der SG Ahrtal sind der SV Hönningen, der SC Dümpelfeld, der SV Insul und der SVE Schuld. Der Wiederaufbau soll nun ein Gemeinschaftsprojekt sein.

Unbürokratische Hilfe

Damit auch in den anderen Ortsgemeinden Fußball gespielt werden kann, sollen dort Soccer Courts oder Bewegungsflächen entstehen. "Es ist wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen und natürlich die älteren Generationen auch außerhalb der Trainingszeiten eine Begegnungs- und Bewegungsstätte im Heimatort haben", betont Zimmermann.

Der Fußballverband Rheinland (FVR) hat so schnell und unkompliziert Hilfe angeboten, wie es möglich war – in erster Linie über die FVR-Stiftung "Fußball hilft!". Es wurde ein Spendenaufruf gestartet. Fußballvereine aus ganz Deutschland waren spontan dabei. So konnten in den Sommerferien über vier Wochen Feriencamps für Kinder aus dem Ahrtal und von Helferinnen und Helfern angeboten werden. Für den Nachwuchs war das eine willkommene und wichtige Ablenkung von dem Erlebten und für die Eltern bedeutete es, Zeit für Aufräumarbeiten zu haben und die Kinder gut betreut zu wissen.

Vereine aus den betroffenen Regionen haben zudem unbürokratisch Mittel erhalten, um kurzfristig wieder Ausrüstung zum Fußballspielen anschaffen zu können – zum Beispiel Bälle, Trikots Fußballschuhe, kleine und große Tore und vieles mehr. Außerdem konnten Kleinbusse zur Miete organisiert werden, um die vielen Fahrten zu den Ausweichplätzen besser bewältigen zu können.

Fußballfamilie hält in der Not zusammen

Die FVR-Stiftung will noch weiterhelfen, unter anderem bei der Realisierung und Finanzierung von Mini-Spielfeldern, die an Orten entstehen sollen, an denen kein neuer Sportplatz mehr gebaut werden darf. So soll vorwiegend Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geboten werden, ohne lange Autofahrten sich im Heimatort mit Freunden zu treffen und gemeinsam Sport zu treiben.

Nicht nur der FV Rheinland hat spontan geholfen. Auch Teile von Nordrhein-Westfalen waren von der Flut stark betroffen – vor allem an der Erft. Hier hat der Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) umgehend ein umfassendes Maßnahmenpaket gestartet, um möglichst vielen betroffenen Klubs zu helfen und sie dabei zu unterstützen, weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen zu können.

Auch ein Jahr später bleibt festzuhalten, dass die Flutkatastrophe verheerende Auswirkungen hat – und zwar bis heute. Aber es ist auch mal wieder offensichtlich geworden, dass die große Fußballfamilie in der Not zusammenhält.

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