Stefan Beinlich: "Hansa ist mein Zuhause"

Seit Dezember 2019 ist Ex-Nationalspieler Stefan Beinlich (49) Nachwuchsleiter beim Drittligisten FC Hansa Rostock. Während die Profis die Rückkehr in die 2. Bundesliga anstreben, gehen die U 19 und U 17 in der kommenden Spielzeit in der A- und B-Junioren-Bundesliga an den Start. Im DFB.de-Interview spricht "Paule" Beinlich mit Mitarbeiter Peter Haidinger auch über den möglichen Dreifachaufstieg.

DFB.de: Vor inzwischen neun Jahren waren Sie bei Hansa Rostock als Sportdirektor von Bord gegangen, kehrten aber am 1. Dezember 2019 in neuer Funktion zurück. Seitdem arbeiten Sie als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Wie kam es zu Ihrer Rückkehr, Herr Beinlich?

Stefan Beinlich: Der ehemalige NLZ-Leiter hatte seinen Abschied angekündigt. Deshalb war Sportvorstand Martin Pieckenhagen auf der Suche nach einem Nachfolger. Ich habe mir ein Wochenende Zeit genommen, um darüber nachzudenken und das mit meiner Familie zu besprechen. Ich fand es sehr reizvoll, die Aufgabe im Jugendbereich anzunehmen, wollte den Verein und speziell den Nachwuchs unterstützen. Deshalb habe ich zugesagt.

DFB.de: Wie schwer fiel Ihnen der Einstieg als NLZ-Leiter?

Beinlich: Als vorheriger Sportlicher Leiter bei Hansa hatte ich bereits viel Kontakt und einen engen Austausch mit der Nachwuchsabteilung. Aber was genau auf dich zukommt, erfährst du erst, wenn du täglich damit zu tun hast. Die Mitarbeiter haben mich allesamt positiv aufgenommen, außerdem wurde ich im ersten Monat von meinem Vorgänger sehr gut eingearbeitet. Das hat mir sehr geholfen.

DFB.de: Was hatte Sie vor allem an der Aufgabe gereizt?

Beinlich: Der Job ist intensiv und macht vor allem auch deshalb Spaß, weil die Jungs und die Mitarbeiter unfassbar viel zurückgeben. Ich habe selbst noch zu DDR-Zeiten eine Kinder- und Jugendsportschule ohne Internat durchlaufen. Es ist sehr spannend, junge Menschen bei ihrem Traum zu begleiten, Fußballprofi werden zu wollen. Ich kann meine eigenen Erfahrungen einbringen. Hinzu kommt, dass es eben Hansa Rostock ist.

DFB.de: Schon als Profi waren Sie für Hansa am Ball. Was bedeutet Ihnen die "Kogge"?

Beinlich: Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Von 1994 bis 1997 hatte ich eine unfassbar schöne Zeit als Spieler in Rostock. Damals fiel es mir schwer, von hier wegzugehen, aber der Schritt zu Bayer 04 Leverkusen, wo ich Nationalspieler wurde, war für mich damals wichtig und richtig. Nach den Stationen bei Hertha BSC und beim Hamburger SV bin ich 2006 zurückgekehrt und sofort aufgestiegen. Ich empfinde Hansa Rostock als mein Zuhause, obwohl ich gebürtiger Berliner bin. Andere machen in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub. Ich darf mit meiner Familie hier wohnen. Hansa ist für mich mehr als nur ein Verein.

DFB.de: Die U 19 kehrt nach fünf, die U 17 nach drei Jahren Abstinenz in die Junioren-Bundesligen zurück. Wie wichtig ist das für Hansa?

Beinlich: Unsere Zielstellung war, die A- und B-Junioren in die Bundesliga zurückzuführen. Das ist uns gelungen, obwohl wir gerne mit beiden Mannschaften die Saison sportlich zu Ende gebracht hätten. Das war wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie leider nicht möglich. Wir stehen mit dem Vorstand im wöchentlichen Austausch, wollen den Talenten die bestmögliche Ausbildung anbieten und den Nachwuchs- und den Profibereich enger miteinander verzahnen. Es wartet viel Arbeit auf uns, darauf freuen wir uns.

DFB.de: Mit Lukas Scherff und Oliver Daedlow stehen aktuell zwei Eigengewächse im Profikader. Wie hilfreich ist vor diesem Hintergrund die Rückkehr der Rostocker Nachwuchsmannschaften in die höchsten deutschen Spielklassen?

Beinlich: Man muss nicht unbedingt in der A-Junioren-Bundesliga spielen, um diesen Schritt zu schaffen. Das haben Lukas Scherff und Oliver Daedlow bewiesen. Aber die Qualität bei den Wettkämpfen in der Junioren-Bundesliga ist ohne Zweifel höher als in der Regionalliga. In der höchsten Spielklasse haben unsere Jungs künftig die Möglichkeit, sich zu präsentieren und mit den Besten zu messen.

DFB.de: Die erste Mannschaft hat gute Chancen, die Rückkehr in die 2. Bundesliga zu schaffen. Hätte das auch für die Nachwuchsabteilung positive Folgen?

Beinlich: Für den gesamten Verein, das Umfeld und vor allem unsere Fans, die hoffentlich in der nächsten Saison endlich wieder ins Ostseestadion kommen können, wäre das eine riesige Sache, die sich mit Sicherheit auch auf unsere Arbeit auswirken würde. An unserem Ausbildungskonzept würde das aber grundsätzlich nichts ändern. Wir wollen so oder so unsere Talente bestmöglich begleiten. Dennoch drücken wir alle natürlich fest die Daumen.

DFB.de: Was muss ein junger Spieler mitbringen, um sich bei den Profis dauerhaft durchzusetzen?

Beinlich: Der Kopf entscheidet letztlich alles. An der Floskel "Einstellung schlägt Talent" ist viel dran. Der Schritt aus dem Jugend- in den Männerbereich ist extrem groß. Wir geben den Jungs das Rüstzeug auf den Weg. Aber sie benötigen einen ausgeprägten Willen und auch das nötige Quäntchen Glück, müssen den passenden Trainer finden, der sie spielen lässt. Ein wenig schade finde ich, dass viele Nachwuchsspieler denken, sie müssen sofort nach der U 19 Stammspieler im Profibereich werden. Diese Ausnahmetalente gibt es, aber grundsätzlich geht der Schritt meistens über die eigene zweite Mannschaft oder eine Station in der Regionalliga. Wer in die Bundesliga will, muss in der Lage sein, sich zunächst auch in der 2. Bundesliga oder der 3. Liga durchzusetzen. Lukas Scherff hat über den damaligen Nordost-Regionalligisten FC Schönberg 95 und Oliver Daedlow über unsere U 23 in der Oberliga den Weg in unseren Profikader geschafft. Wenn es einer unserer Jungs auf Anhieb schafft, freuen wir uns und werden uns auch nicht dagegen wehren. (lacht) Aber es ist nicht die Normalität.

DFB.de: Mit welcher Zielsetzung werden Sie mit den Nachwuchsteams in die neue Saison starten?

Beinlich: Wir wollen mit beiden Mannschaften in der Liga bleiben und bestenfalls den einen oder anderen Spieler für unsere Profimannschaft ausbilden. Die Motivation und Vorfreude, in der kommenden Saison in der Junioren-Bundesliga spielen zu dürfen, ist bereits jetzt bei den Jungs im Training zu spüren. Die Spieler wissen aber auch, dass sie dafür mehr Aufwand betreiben müssen. Wir werden die Vorbereitung zeitlich etwas ausdehnen und nicht fünf, sondern sieben Wochen trainieren. Die Trainer werden außerdem versuchen, mehr Testspiele als sonst üblich zu organisieren.

DFB.de: Wie schwierig gestaltet sich in Corona-Zeiten die Kaderplanung?

Beinlich: Nicht so schwierig, weil wir bereits vernünftige Jahrgänge haben. Die Kaderplanungen für beide Teams sind praktisch schon abgeschlossen. Wir haben keine externen Zugänge, wollen möglichst von der U 15 an Spieler aus Mecklenburg-Vorpommern an uns binden und weiterentwickeln.

DFB.de: Sie selbst haben als 19-Jähriger für Aston Villa in England gespielt. Würden Sie heute einem jungen Spieler zu einem solchen Schritt raten?

Beinlich: Das waren für mich die wichtigsten drei Jahre in meiner Karriere. Wie in jedem anderen Beruf absolviert man auch als Profifußballer eine Ausbildung. Ich habe 16 Spiele in der Premier League bestritten, die restliche Zeit in der zweiten Mannschaft von Aston Villa verbracht. Für mich war es genau die richtige Vorbereitung. Mit 22 Jahren bin ich zu Hansa Rostock in die 2. Bundesliga gewechselt, ein Jahr später sind wir aufgestiegen.

DFB.de: Welche Eindrücke sind aus der Zeit auf der Insel bei Ihnen hängengeblieben?

Beinlich: Nicht nur sportlich, sondern auch privat haben mich die drei Jahre in England geprägt. Mit einem Schlag tauchte ich in ein völlig anderes Leben ein. Ich war zuvor noch in der DDR aufgewachsen, hatte mir mit meinem Bruder ein Zimmer geteilt. Mit 19 habe ich dann mein Elternhaus verlassen, stand plötzlich auf eigenen Beinen und bin mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau auf die Insel gegangen. Es war eine tolle, spannende und schwierige Lehrzeit - mit einem positiven Ende, wie sich später gezeigt hat.

DFB.de: Warum hat es aber nicht schon in England mit dem Durchbruch geklappt?

Beinlich: Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich noch nicht so weit war. Nicht unbedingt vom fußballerischen Können, sondern vielmehr im körperlichen Bereich hatte ich Defizite. Ich wog damals 70 Kilogramm und wurde von den erfahrenen Profis zur Seite gedrückt. Wenn Stuart Pearce damals seinen Körper richtig reingestellt hatte, bin ich auf die dritte Reihe der Tribüne geflogen. (lacht) Ich war bis dahin nie ein Fan von Krafttraining, hatte aber schnell begriffen, wie wichtig der athletische Bereich mit der entsprechenden Robustheit ist, um sich durchsetzen zu können. Es reicht - damals wie heute - nicht aus, wenn man "nur" gut Fußball spielen kann.

DFB.de: Ist es richtig, dass Sie während Ihrer Auszeit Golfprofi werden wollten?

Beinlich: Nach meiner aktiven Karriere hatte ich die Zeit und war auf der Suche nach einer neuen sportlichen Herausforderung. Es war zwar eine utopische Vorstellung, aber man muss sich halt Ziele setzen. (lacht) Ich bin auf jeden Fall zu einem leidenschaftlichen Golfer geworden, stand fünf- bis sechsmal pro Woche auf dem Platz. Ich wollte mit 50 Jahren an der Senior-Tour teilnehmen und Qualifikationsturniere spielen. Durch meine jetzige Aufgabe bei Hansa ist das vom zeitlichen Aufwand aber nicht machbar. Ich übe den Golfsport daher nur noch freizeitmäßig aus.

DFB.de: Ihr Handicap zur besten Zeit?

Beinlich: Ich hatte Handicap 6. Also schon ganz ordentlich. (lacht)

DFB.de: Wie halten Sie sich sonst fit?

Beinlich: Ich wurde 2015 am Knie operiert und kann heute nicht einmal mehr intensiv joggen, kann auch einen 18-Loch-Kurs auf dem Golfplatz nicht mehr ohne Weiteres ablaufen. Ich halte mich zu Hause auf meinem Crosstrainer fit. Dass ich nicht mehr Fußball spielen kann, tut weh. Von 2012 bis 2014 sind wir mit der Ü 40 von Hansa Rostock dreimal Deutscher Meister geworden. Es waren die größten Erfolge meiner sportlichen Karriere. (lacht)

DFB.de: Zum Abschluss noch eine weitere persönliche Frage: Wie sind Sie überhaupt zu Ihrem Spitznamen "Paule" gekommen?

Beinlich: Ich hatte damals in der Junioren-Mannschaft des BFC Dynamo gespielt, in der es viele Stefans und Steffens gab. Unser damaliger Trainer nahm mich in den Arm und sagte: Stefan, ab heute heißt du Paule. Ich war als Achtjähriger nicht begeistert, weil 1980 meistens Menschen diesen Namen hatten, die deutlich älter waren. Der Name hat sich im Fußball jedoch komplett durchgesetzt und ist bis heute noch immer präsent. Von daher muss ich mich im Nachhinein dafür fast noch bedanken.

[mspw]

Seit Dezember 2019 ist Ex-Nationalspieler Stefan Beinlich (49) Nachwuchsleiter beim Drittligisten FC Hansa Rostock. Während die Profis die Rückkehr in die 2. Bundesliga anstreben, gehen die U 19 und U 17 in der kommenden Spielzeit in der A- und B-Junioren-Bundesliga an den Start. Im DFB.de-Interview spricht "Paule" Beinlich mit Mitarbeiter Peter Haidinger auch über den möglichen Dreifachaufstieg.

DFB.de: Vor inzwischen neun Jahren waren Sie bei Hansa Rostock als Sportdirektor von Bord gegangen, kehrten aber am 1. Dezember 2019 in neuer Funktion zurück. Seitdem arbeiten Sie als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Wie kam es zu Ihrer Rückkehr, Herr Beinlich?

Stefan Beinlich: Der ehemalige NLZ-Leiter hatte seinen Abschied angekündigt. Deshalb war Sportvorstand Martin Pieckenhagen auf der Suche nach einem Nachfolger. Ich habe mir ein Wochenende Zeit genommen, um darüber nachzudenken und das mit meiner Familie zu besprechen. Ich fand es sehr reizvoll, die Aufgabe im Jugendbereich anzunehmen, wollte den Verein und speziell den Nachwuchs unterstützen. Deshalb habe ich zugesagt.

DFB.de: Wie schwer fiel Ihnen der Einstieg als NLZ-Leiter?

Beinlich: Als vorheriger Sportlicher Leiter bei Hansa hatte ich bereits viel Kontakt und einen engen Austausch mit der Nachwuchsabteilung. Aber was genau auf dich zukommt, erfährst du erst, wenn du täglich damit zu tun hast. Die Mitarbeiter haben mich allesamt positiv aufgenommen, außerdem wurde ich im ersten Monat von meinem Vorgänger sehr gut eingearbeitet. Das hat mir sehr geholfen.

DFB.de: Was hatte Sie vor allem an der Aufgabe gereizt?

Beinlich: Der Job ist intensiv und macht vor allem auch deshalb Spaß, weil die Jungs und die Mitarbeiter unfassbar viel zurückgeben. Ich habe selbst noch zu DDR-Zeiten eine Kinder- und Jugendsportschule ohne Internat durchlaufen. Es ist sehr spannend, junge Menschen bei ihrem Traum zu begleiten, Fußballprofi werden zu wollen. Ich kann meine eigenen Erfahrungen einbringen. Hinzu kommt, dass es eben Hansa Rostock ist.

DFB.de: Schon als Profi waren Sie für Hansa am Ball. Was bedeutet Ihnen die "Kogge"?

Beinlich: Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Von 1994 bis 1997 hatte ich eine unfassbar schöne Zeit als Spieler in Rostock. Damals fiel es mir schwer, von hier wegzugehen, aber der Schritt zu Bayer 04 Leverkusen, wo ich Nationalspieler wurde, war für mich damals wichtig und richtig. Nach den Stationen bei Hertha BSC und beim Hamburger SV bin ich 2006 zurückgekehrt und sofort aufgestiegen. Ich empfinde Hansa Rostock als mein Zuhause, obwohl ich gebürtiger Berliner bin. Andere machen in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub. Ich darf mit meiner Familie hier wohnen. Hansa ist für mich mehr als nur ein Verein.

DFB.de: Die U 19 kehrt nach fünf, die U 17 nach drei Jahren Abstinenz in die Junioren-Bundesligen zurück. Wie wichtig ist das für Hansa?

Beinlich: Unsere Zielstellung war, die A- und B-Junioren in die Bundesliga zurückzuführen. Das ist uns gelungen, obwohl wir gerne mit beiden Mannschaften die Saison sportlich zu Ende gebracht hätten. Das war wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie leider nicht möglich. Wir stehen mit dem Vorstand im wöchentlichen Austausch, wollen den Talenten die bestmögliche Ausbildung anbieten und den Nachwuchs- und den Profibereich enger miteinander verzahnen. Es wartet viel Arbeit auf uns, darauf freuen wir uns.

DFB.de: Mit Lukas Scherff und Oliver Daedlow stehen aktuell zwei Eigengewächse im Profikader. Wie hilfreich ist vor diesem Hintergrund die Rückkehr der Rostocker Nachwuchsmannschaften in die höchsten deutschen Spielklassen?

Beinlich: Man muss nicht unbedingt in der A-Junioren-Bundesliga spielen, um diesen Schritt zu schaffen. Das haben Lukas Scherff und Oliver Daedlow bewiesen. Aber die Qualität bei den Wettkämpfen in der Junioren-Bundesliga ist ohne Zweifel höher als in der Regionalliga. In der höchsten Spielklasse haben unsere Jungs künftig die Möglichkeit, sich zu präsentieren und mit den Besten zu messen.

DFB.de: Die erste Mannschaft hat gute Chancen, die Rückkehr in die 2. Bundesliga zu schaffen. Hätte das auch für die Nachwuchsabteilung positive Folgen?

Beinlich: Für den gesamten Verein, das Umfeld und vor allem unsere Fans, die hoffentlich in der nächsten Saison endlich wieder ins Ostseestadion kommen können, wäre das eine riesige Sache, die sich mit Sicherheit auch auf unsere Arbeit auswirken würde. An unserem Ausbildungskonzept würde das aber grundsätzlich nichts ändern. Wir wollen so oder so unsere Talente bestmöglich begleiten. Dennoch drücken wir alle natürlich fest die Daumen.

DFB.de: Was muss ein junger Spieler mitbringen, um sich bei den Profis dauerhaft durchzusetzen?

Beinlich: Der Kopf entscheidet letztlich alles. An der Floskel "Einstellung schlägt Talent" ist viel dran. Der Schritt aus dem Jugend- in den Männerbereich ist extrem groß. Wir geben den Jungs das Rüstzeug auf den Weg. Aber sie benötigen einen ausgeprägten Willen und auch das nötige Quäntchen Glück, müssen den passenden Trainer finden, der sie spielen lässt. Ein wenig schade finde ich, dass viele Nachwuchsspieler denken, sie müssen sofort nach der U 19 Stammspieler im Profibereich werden. Diese Ausnahmetalente gibt es, aber grundsätzlich geht der Schritt meistens über die eigene zweite Mannschaft oder eine Station in der Regionalliga. Wer in die Bundesliga will, muss in der Lage sein, sich zunächst auch in der 2. Bundesliga oder der 3. Liga durchzusetzen. Lukas Scherff hat über den damaligen Nordost-Regionalligisten FC Schönberg 95 und Oliver Daedlow über unsere U 23 in der Oberliga den Weg in unseren Profikader geschafft. Wenn es einer unserer Jungs auf Anhieb schafft, freuen wir uns und werden uns auch nicht dagegen wehren. (lacht) Aber es ist nicht die Normalität.

DFB.de: Mit welcher Zielsetzung werden Sie mit den Nachwuchsteams in die neue Saison starten?

Beinlich: Wir wollen mit beiden Mannschaften in der Liga bleiben und bestenfalls den einen oder anderen Spieler für unsere Profimannschaft ausbilden. Die Motivation und Vorfreude, in der kommenden Saison in der Junioren-Bundesliga spielen zu dürfen, ist bereits jetzt bei den Jungs im Training zu spüren. Die Spieler wissen aber auch, dass sie dafür mehr Aufwand betreiben müssen. Wir werden die Vorbereitung zeitlich etwas ausdehnen und nicht fünf, sondern sieben Wochen trainieren. Die Trainer werden außerdem versuchen, mehr Testspiele als sonst üblich zu organisieren.

DFB.de: Wie schwierig gestaltet sich in Corona-Zeiten die Kaderplanung?

Beinlich: Nicht so schwierig, weil wir bereits vernünftige Jahrgänge haben. Die Kaderplanungen für beide Teams sind praktisch schon abgeschlossen. Wir haben keine externen Zugänge, wollen möglichst von der U 15 an Spieler aus Mecklenburg-Vorpommern an uns binden und weiterentwickeln.

DFB.de: Sie selbst haben als 19-Jähriger für Aston Villa in England gespielt. Würden Sie heute einem jungen Spieler zu einem solchen Schritt raten?

Beinlich: Das waren für mich die wichtigsten drei Jahre in meiner Karriere. Wie in jedem anderen Beruf absolviert man auch als Profifußballer eine Ausbildung. Ich habe 16 Spiele in der Premier League bestritten, die restliche Zeit in der zweiten Mannschaft von Aston Villa verbracht. Für mich war es genau die richtige Vorbereitung. Mit 22 Jahren bin ich zu Hansa Rostock in die 2. Bundesliga gewechselt, ein Jahr später sind wir aufgestiegen.

DFB.de: Welche Eindrücke sind aus der Zeit auf der Insel bei Ihnen hängengeblieben?

Beinlich: Nicht nur sportlich, sondern auch privat haben mich die drei Jahre in England geprägt. Mit einem Schlag tauchte ich in ein völlig anderes Leben ein. Ich war zuvor noch in der DDR aufgewachsen, hatte mir mit meinem Bruder ein Zimmer geteilt. Mit 19 habe ich dann mein Elternhaus verlassen, stand plötzlich auf eigenen Beinen und bin mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau auf die Insel gegangen. Es war eine tolle, spannende und schwierige Lehrzeit - mit einem positiven Ende, wie sich später gezeigt hat.

DFB.de: Warum hat es aber nicht schon in England mit dem Durchbruch geklappt?

Beinlich: Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich noch nicht so weit war. Nicht unbedingt vom fußballerischen Können, sondern vielmehr im körperlichen Bereich hatte ich Defizite. Ich wog damals 70 Kilogramm und wurde von den erfahrenen Profis zur Seite gedrückt. Wenn Stuart Pearce damals seinen Körper richtig reingestellt hatte, bin ich auf die dritte Reihe der Tribüne geflogen. (lacht) Ich war bis dahin nie ein Fan von Krafttraining, hatte aber schnell begriffen, wie wichtig der athletische Bereich mit der entsprechenden Robustheit ist, um sich durchsetzen zu können. Es reicht - damals wie heute - nicht aus, wenn man "nur" gut Fußball spielen kann.

DFB.de: Ist es richtig, dass Sie während Ihrer Auszeit Golfprofi werden wollten?

Beinlich: Nach meiner aktiven Karriere hatte ich die Zeit und war auf der Suche nach einer neuen sportlichen Herausforderung. Es war zwar eine utopische Vorstellung, aber man muss sich halt Ziele setzen. (lacht) Ich bin auf jeden Fall zu einem leidenschaftlichen Golfer geworden, stand fünf- bis sechsmal pro Woche auf dem Platz. Ich wollte mit 50 Jahren an der Senior-Tour teilnehmen und Qualifikationsturniere spielen. Durch meine jetzige Aufgabe bei Hansa ist das vom zeitlichen Aufwand aber nicht machbar. Ich übe den Golfsport daher nur noch freizeitmäßig aus.

DFB.de: Ihr Handicap zur besten Zeit?

Beinlich: Ich hatte Handicap 6. Also schon ganz ordentlich. (lacht)

DFB.de: Wie halten Sie sich sonst fit?

Beinlich: Ich wurde 2015 am Knie operiert und kann heute nicht einmal mehr intensiv joggen, kann auch einen 18-Loch-Kurs auf dem Golfplatz nicht mehr ohne Weiteres ablaufen. Ich halte mich zu Hause auf meinem Crosstrainer fit. Dass ich nicht mehr Fußball spielen kann, tut weh. Von 2012 bis 2014 sind wir mit der Ü 40 von Hansa Rostock dreimal Deutscher Meister geworden. Es waren die größten Erfolge meiner sportlichen Karriere. (lacht)

DFB.de: Zum Abschluss noch eine weitere persönliche Frage: Wie sind Sie überhaupt zu Ihrem Spitznamen "Paule" gekommen?

Beinlich: Ich hatte damals in der Junioren-Mannschaft des BFC Dynamo gespielt, in der es viele Stefans und Steffens gab. Unser damaliger Trainer nahm mich in den Arm und sagte: Stefan, ab heute heißt du Paule. Ich war als Achtjähriger nicht begeistert, weil 1980 meistens Menschen diesen Namen hatten, die deutlich älter waren. Der Name hat sich im Fußball jedoch komplett durchgesetzt und ist bis heute noch immer präsent. Von daher muss ich mich im Nachhinein dafür fast noch bedanken.

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