Kampl: Über Sloweniens U 21 auf die große Bühne

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht, zuletzt Alexander Esswein oder Bernd Leno: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor - die Serie aus der Vorsaison wird fortgesetzt. Im heutigen Serienteil: Kevin Kampl vom VfL Osnabrück.

Einige ganz neue Gefühle hat Kevin Kampl vom Drittligisten VfL Osnabrück in dieser Saison kennen gelernt: Stress, Druck, Emotionen! Völliges Neuland für den 21-Jährigen. Statt - wie noch vor knapp einem Jahr - in der Regionalliga vor rund 200 Zuschauern zu kicken, läuft er nun für den Traditionsverein aus Niedersachsen Woche für Woche vor 7000 bis 8000 Zuschauern auf und wird oft mit diesen Gefühlen konfrontiert. "Damit muss du als junger Spieler erst einmal umgehen können. Dafür habe ich einige Zeit benötigt. Es hat mich aber stärker gemacht", sagt Kampl im Gespräch mit DFB.de.

Seine erste "richtige Profisaison", wie Kevin Kampl betont, verlief nicht ganz nach Wunsch. In den angepeilten Aufstiegskampf kann der gebürtige Solinger mit den Osnabrückern trotz der Rückkehr des ehemaligen Aufstiegstrainers Claus-Dieter "Pele" Wollitz vier Spieltage vor dem Saisonende nicht mehr eingreifen. Über die Gründe muss der Mann mit den blond-braunen Haaren kurz überlegen, führt dann aber aus: "Es war eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen. Der große personelle Umbruch im vergangenen Sommer hat seine Zeit gedauert. Auch für mich war es nicht immer einfach. Doch ich denke, dass es mich in meiner Entwicklung vorangebracht hat und ich für die Zukunft gewappnet bin."

"Sind den Fans einen ordentlichen Saisonabschluss schuldig"

Die Zukunft spielt sich für Kevin Kampl aber erst in den verbleibenden vier Partien ab. "Wir sind", so der Mittelfeldmann "unseren Fans einen ordentlich Saisonabschluss schuldig, wollen möglichst alle Partien gewinnen." Mit dem SV Sandhausen (28. April) und dem VfR Aalen (5. Mai) treffen die Osnabrücker immerhin noch auf zwei Aufstiegsanwärter. "Auch in diesen Partien werden wir versuchen, alles herauszuholen", sagt Kampl selbstbewusst.

Trotz der nicht optimal verlaufenen Saison gilt Kevin Kampl, im Sommer vom West-Regionalligisten Bayer 04 Leverkusen II gekommen, als einer der Gewinner beim VfL. Auf dem Platz überzeugt der vielseitig einsetzbare Mittelfeldregisseur durch seine Dribblings und Dynamik, sucht oft die Eins gegen Eins-Situationen. Die Fachzeitung kicker führt Osnabrücks Nummer "8" nach 31 Einsätzen mit zwei Toren und drei Vorlagen mit einem Notendurchschnitt von 2,85 als notenbesten VfL-Spieler.

"Es war aber noch mehr drin. Ich hatte Chancen für zehn oder zwölf Treffer. Insgesamt ist es für mich aber ganz gut verlaufen. Der Wechsel nach Osnabrück war der richtige Schritt", so der zweifache Torschütze, dessen Vorbild der mehrfache Weltfußballer Zinédine Zidane ist.

Operation am Heiligabend vermieste die Weihnachtsstimmung

Wermutstropfen in dieser Saison war für Kevin Kampl lediglich sein persönliches Weihnachtsfest. Das nämlich musste der 21-Jährige im Krankenhaus verbringen. Grund: Ein Abszess (Eiteransammlung) im Gesäßbereich musste ausgerechnet an Heiligabend im Krankenhaus entfernt werden. Trost spendete ihm in dieser Zeit nur seine langjährige Freundin Vanessa (20), mit der er in einer rund 90 Quadratmeter großen Wohnung in der Osnabrücker Innenstadt lebt.

Doch auch der schmerzhafte Eingriff, durch den Kevin Kampl die komplette Wintervorbereitung verpasst hatte, konnte den Mittelfeldregisseur nicht stoppen. Der Rheinländer mit den slowenischen Wurzeln kam in allen bisherigen Partien in der Restrunde zum Einsatz und empfahl sich für höhere Aufgaben.

Stammspieler in Sloweniens U 21 - Im Blickfeld von Stojanovic

So weckte Kevin Kampl auch das Interesse von Slavisa Stojanovic, seit wenigen Monaten Teamchef der slowenischen A-Nationalmannschaft. Der Rechtsfuß wurde zum Länderspiel gegen Schottland (1:1) als Zuschauer eingeladen und war auch mit in der Mannschaftskabine. "Das war schon etwas ganz Besonderes. Für mich wäre ein Einsatz ein absoluter Traum", sagt Kampl mit leuchtenden Augen.

In der U 21-Nationalmannschaft der Slowenen gehört Kevin Kampl längst zu den Stammspielern (11 Einsätze) und hat die Qualifikation für die Europameisterschaft in Israel 2013 fest im Blick. Aktuell liegt die von Tomaz Kavcic trainierte Auswahl in der Gruppe 2 auf dem ersten Tabellenplatz. "Ich werde alles geben, um 2013 dabei zu sein", so Kampl, der damit seine Familie stolz machen will.

Eigentor beim ersten Einsatz für den VfB Solingen

Kampls Eltern Anica (60) und Josef (67) waren bereits in jungen Jahren aus Slowenien nach Deutschland gekommen und arbeiten in einem Autohaus in Solingen. In der Messerstadt hatte auch die Karriere von Kevin begonnen. Mit vier Jahren wurde er beim VfB Solingen angemeldet und erwischte einen denkbar schlechten Start. In seiner ersten Partie für den VfB unterlief dem Rechtsfuß prompt ein Eigentor. "Ich hatte zunächst sogar gejubelt und erst später begriffen, dass ich das verkehrte Tor getroffen hatte", erinnert sich Kampl mit einem Lachen zurück.

Doch Kevin Kampl benötigte nicht lange, um auch auf der "richtigen Seite" zu treffen und fiel schon bald bei einem Jugendturnier den Scouts von Bayer 04 Leverkusen auf. Nur wenige Tage später erhielt er die Einladung zu einem Probetraining. "Ich konnte mein Glück damals kaum fassen", sagt der Mittelfeldmann über seinen Einstieg bei Bayer.

Debüt in der Europa League unter Heynckes mit Michael Ballack

In Leverkusen durchlief Kevin Kampl sämtliche Jugendmannschaften und war – abgesehen von einer halbjährigen Ausleihe an den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth - über zehn Jahre für die Rheinländer am Ball. Seinen Höhepunkt bei Bayer erlebte er im Februar des vergangenen Jahres: Im Europa League-Spiel gegen den ukrainischen Erstligisten Metalist Kharkiv (2:0) wechselte der ehemalige Bayer-Trainer Juup Heynckes den Rechtsfuß in der 64. Minute ein. "Es war ein atemberaubendes Gefühl, mit Michael Ballack auf dem Platz zu stehen. Ich habe vor meiner Einwechslung gedacht, dass ich träume", schwärmt Kampl.

Ein Bundesliga-Einsatz blieb Kevin Kampl trotz eines Profi-Vertrages bei Bayer jedoch verwehrt und deshalb unterschrieb er im vergangenen Sommer beim VfL Osnabrück einen Vertrag bis 2013. Eine Bundesliga-Karriere hat der Blondschopf deshalb aber noch nicht abgeschrieben. "Ich glaube an mich und meine Fähigkeiten. Mein Ziel bei der Nationalmannschaft ist erst einmal die U 21-EM in Israel. Dort möchte ich mich für höhere Aufgaben empfehlen", erklärt Kampl und hofft, sich bei diesem großen Turnier präsentieren und seine Qualitäten unter Beweis stellen zu können.