Aydemir: Kein Freifahrtschein in Richtung Bundesliga

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht, zuletzt Alexander Esswein oder Bernd Leno: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor - die Serie aus der Vorsaison wird fortgesetzt. Im heutigen Serienteil: Selim Aydemir vom Chemnitzer FC.

Den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. Das hat Selim Aydemir (21) vom Drittligisten Chemnitzer FC verinnerlicht. Statt zu einem Bundesliga-Verein zu wechseln, wählte der im vergangenen Sommer vom Nord-Regionalligisten Hallescher FC gekommene Offensivspieler den Weg über Chemnitz in die 3. Liga. "In dieser Spielklasse bewegen sich einige Vereine schon auf Zweitliga-Niveau. Da können junge Spieler ohne großen Druck aufspielen und sich hervorragend entwickeln", meint Aydemir im Gespräch mit DFB.de.

Kleine Schritte waren für Selim Aydemir auch in den vergangenen Monaten angesagt. Ein Knochenanriss am Schienbein zwang den gebürtigen Kieler während der Hinserie zu einer mehrmonatigen Zwangspause. "Da der Anriss an einer komplizierten Stelle war, wurde ich nicht operiert. Ich bin froh, dass ich die harte Zeit durchgestanden habe", sagt der Mittelfeldspieler. Die Reha hat er in seiner Heimatstadt Kiel absolviert.

Torkonto dank Garbuschewskis Tipps erhöhen

Rechtzeitig zur entscheidenden Saisonphase hat sich Selim Aydemir nun zurückgemeldet. Nach langer Zeit stand er in Babelsberg (0:0) und beim jüngsten 3:0-Auswärtssieg gegen den Aufstiegsaspiranten SV Sandhausen wieder in der Startelf. "Die vielen Kurzeinsätze nach der Winterpause waren eine Vorsichtsmaßnahme, um nach der Verletzung kein Risiko einzugehen", erklärt Aydemir. Bis zu der bitteren Diagnose Anfang Oktober hatte sich der Deutsch-Türke auf Anhieb einen Stammplatz beim CFC erkämpft und gegen Rot-Weiß Oberhausen (1:0) sein erstes und bisher einziges Drittliga-Tor erzielt.

An diese Zeit will Aydemir nun anknüpfen. "Mit meiner Torausbeute", sagt er selbstkritisch, "kann ich nicht zufrieden sein. Ich muss an meiner Effektivität arbeiten." Tipps holt er sich im Training oft von Mitspieler Ronny Garbuschewski, mit sieben Treffern bester CFC-Schütze. "Von Ronny kann ich mir einiges abschauen." Während Garbuschewski im rechten Mittelfeld der "Himmelblauen" gesetzt ist, wirbelt der gelernte Spielmacher Aydemir seit Saisonbeginn auf der linken Seite.

"Ich fühle mich eigentlich auf der Zehner-Position am wohlsten. Doch zu Saisonbeginn musste ich feststellen, dass Trainer Gerd Schädlich auf ein anderes System ohne echten Spielmacher setzt", sagt der 21-Jährige. Schädlich (59) beorderte Aydemir deshalb im bevorzugten 4-4-2-System auf die linke Seite. "Durch meine Schnelligkeit komme ich auch auf dieser Position gut zurecht. Ich finde langsam zu meiner alten Form zurück", sagt der dribbelstarke Flügelflitzer.

Traum vom Profifußballer begann als Balljunge in Kiel

Überzeugt von einer Karriere als Fußballer war der in Kiel geborene und aufgewachsene Selim Aydemir, dessen Eltern Esin (57) und Sabri (60) in den 60er Jahren nach Deutschland gekommen waren, schon als kleines Kind. Mit sechs Jahren kickte er für den TuS Gaarden, einem Verein aus dem Osten Kiels. Das richtige Fußballfieber packte ihn dann ein Jahr später, als er beim großen Stadtnachbarn Holstein Kiel erstmals als Balljunge im Einsatz war. "Die Atmosphäre im Stadion war damals Wahnsinn. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass ich Profi werden und meinen Weg gehen möchte", sagt Aydemir.

Seinem großen Traum ordnete Selim Aydemir alles unter. Am DFB-Stützpunkt in Schönkirchen (Schleswig-Holstein) gefördert, wechselte der Offensivspezialist nach einem kurzen Zwischenstopp bei Holstein Kiel mit 13 Jahren in das Internat des Bundesligisten SV Werder Bremen. Sein ehemaliger Stützpunkttrainer Jörg Ballert kann sich noch gut an seinen Schützling erinnern: "Selim ist ein sehr ehrgeiziger Spieler. Er fiel im Training schon früh durch sein hohes Tempo mit und ohne Ball auf."

Bei den B-Junioren des SV Werder wurde Aydemir mit 27 Treffern Torschützenkönig und spielte unter anderem mit den heutigen Bundesliga-Profis Philipp Bargfrede (23) vom SV Werder und Dennis Diekmeier (22) vom HSV zusammen. "Ich hatte drei wundervolle Jahre in Bremen. Doch ich wollte noch schneller den Sprung zu den Senioren schaffen", sagt Aydemir und erklärt damit seinen Wechsel zu Eintracht Braunschweig im Jahr 2007.

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Suspendierung nach Straßenbahn-Aktion

Der Traditionsverein aus Niedersachsen, bei dem Selim Aydemir in der A-Jugend spielte und bereits mit 16 Jahren bei den Profis trainierte, sollte seine Karriere maßgeblich beeinflussen. Genauer gesagt war es der 26. März 2009. An jenem Donnerstag stand das Auslauftraining bei den Braunschweiger A-Junioren an. Der Mittelfeldspieler kam auf die Idee, einen Teil der Laufstrecke mit der Straßenbahn zu überbrücken.

Eine Aktion, die schwere Folgen für den türkischen Junioren-Nationalspieler hatte: Er wurde einen Tag später aus disziplinarischen Gründen vom Spiel- und Trainingsbetrieb freigestellt. "Das konnte ich erst nach zwei oder drei Wochen realisieren. Doch die Aktion hat mir die Augen geöffnet", erzählt Aydemir. Für ihn brach eine Welt zusammen. Einige Wochen vorher erst hatte er bei den Eintracht-Profis Fuß gefasst und seine ersten vier Drittliga-Partien bestritten.

"Halle war ein Glücksfall für mich"

Nach der Suspendierung kehrte Aydemir zu seiner Familie nach Kiel zurück. Für den Mittelfeldspieler begann eine schwere Zeit. Bei vielen Vereinen absolvierte er ein Probetraining, erhielt aber keinen Vertrag. Erst gegen Ende der Sommer-Transferperiode 2009 kam er beim Nord-Regionalligisten Hallescher FC unter: "Das war ein Glücksfall für mich. HFC-Trainer Sven Köhler hat mich wieder aufgebaut und mir die Flausen aus dem Kopf getrieben."

Nach einem Jahr Anlaufzeit reifte Aydemir in der Saison 2010/2011 zum Leistungsträger heran, erzielte sieben Treffer in 28 Partien. Mit seinem Wechsel nach Chemnitz im vergangenen Sommer kehrte er in die 3. Liga zurück. Nun glaubt der 21-Jährige, dessen Vertrag beim CFC bis 2013 läuft, wieder fest an seinen Traum vom Profifußballer. "Die Aktion mit der Straßenbahn war jugendlicher Leichtsinn. Inzwischen habe ich begriffen, dass auch das Verhalten neben dem Platz wichtig ist", sagt Aydemir. "Ich weiß aber, dass ich keinen Freifahrtschein in die Bundesliga habe, sondern hart dafür arbeiten muss."

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht, zuletzt Alexander Esswein oder Bernd Leno: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor - die Serie aus der Vorsaison wird fortgesetzt. Im heutigen Serienteil: Selim Aydemir vom Chemnitzer FC.

Den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. Das hat Selim Aydemir (21) vom Drittligisten Chemnitzer FC verinnerlicht. Statt zu einem Bundesliga-Verein zu wechseln, wählte der im vergangenen Sommer vom Nord-Regionalligisten Hallescher FC gekommene Offensivspieler den Weg über Chemnitz in die 3. Liga. "In dieser Spielklasse bewegen sich einige Vereine schon auf Zweitliga-Niveau. Da können junge Spieler ohne großen Druck aufspielen und sich hervorragend entwickeln", meint Aydemir im Gespräch mit DFB.de.

Kleine Schritte waren für Selim Aydemir auch in den vergangenen Monaten angesagt. Ein Knochenanriss am Schienbein zwang den gebürtigen Kieler während der Hinserie zu einer mehrmonatigen Zwangspause. "Da der Anriss an einer komplizierten Stelle war, wurde ich nicht operiert. Ich bin froh, dass ich die harte Zeit durchgestanden habe", sagt der Mittelfeldspieler. Die Reha hat er in seiner Heimatstadt Kiel absolviert.

Torkonto dank Garbuschewskis Tipps erhöhen

Rechtzeitig zur entscheidenden Saisonphase hat sich Selim Aydemir nun zurückgemeldet. Nach langer Zeit stand er in Babelsberg (0:0) und beim jüngsten 3:0-Auswärtssieg gegen den Aufstiegsaspiranten SV Sandhausen wieder in der Startelf. "Die vielen Kurzeinsätze nach der Winterpause waren eine Vorsichtsmaßnahme, um nach der Verletzung kein Risiko einzugehen", erklärt Aydemir. Bis zu der bitteren Diagnose Anfang Oktober hatte sich der Deutsch-Türke auf Anhieb einen Stammplatz beim CFC erkämpft und gegen Rot-Weiß Oberhausen (1:0) sein erstes und bisher einziges Drittliga-Tor erzielt.

An diese Zeit will Aydemir nun anknüpfen. "Mit meiner Torausbeute", sagt er selbstkritisch, "kann ich nicht zufrieden sein. Ich muss an meiner Effektivität arbeiten." Tipps holt er sich im Training oft von Mitspieler Ronny Garbuschewski, mit sieben Treffern bester CFC-Schütze. "Von Ronny kann ich mir einiges abschauen." Während Garbuschewski im rechten Mittelfeld der "Himmelblauen" gesetzt ist, wirbelt der gelernte Spielmacher Aydemir seit Saisonbeginn auf der linken Seite.

"Ich fühle mich eigentlich auf der Zehner-Position am wohlsten. Doch zu Saisonbeginn musste ich feststellen, dass Trainer Gerd Schädlich auf ein anderes System ohne echten Spielmacher setzt", sagt der 21-Jährige. Schädlich (59) beorderte Aydemir deshalb im bevorzugten 4-4-2-System auf die linke Seite. "Durch meine Schnelligkeit komme ich auch auf dieser Position gut zurecht. Ich finde langsam zu meiner alten Form zurück", sagt der dribbelstarke Flügelflitzer.

Traum vom Profifußballer begann als Balljunge in Kiel

Überzeugt von einer Karriere als Fußballer war der in Kiel geborene und aufgewachsene Selim Aydemir, dessen Eltern Esin (57) und Sabri (60) in den 60er Jahren nach Deutschland gekommen waren, schon als kleines Kind. Mit sechs Jahren kickte er für den TuS Gaarden, einem Verein aus dem Osten Kiels. Das richtige Fußballfieber packte ihn dann ein Jahr später, als er beim großen Stadtnachbarn Holstein Kiel erstmals als Balljunge im Einsatz war. "Die Atmosphäre im Stadion war damals Wahnsinn. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass ich Profi werden und meinen Weg gehen möchte", sagt Aydemir.

Seinem großen Traum ordnete Selim Aydemir alles unter. Am DFB-Stützpunkt in Schönkirchen (Schleswig-Holstein) gefördert, wechselte der Offensivspezialist nach einem kurzen Zwischenstopp bei Holstein Kiel mit 13 Jahren in das Internat des Bundesligisten SV Werder Bremen. Sein ehemaliger Stützpunkttrainer Jörg Ballert kann sich noch gut an seinen Schützling erinnern: "Selim ist ein sehr ehrgeiziger Spieler. Er fiel im Training schon früh durch sein hohes Tempo mit und ohne Ball auf."

Bei den B-Junioren des SV Werder wurde Aydemir mit 27 Treffern Torschützenkönig und spielte unter anderem mit den heutigen Bundesliga-Profis Philipp Bargfrede (23) vom SV Werder und Dennis Diekmeier (22) vom HSV zusammen. "Ich hatte drei wundervolle Jahre in Bremen. Doch ich wollte noch schneller den Sprung zu den Senioren schaffen", sagt Aydemir und erklärt damit seinen Wechsel zu Eintracht Braunschweig im Jahr 2007.

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Suspendierung nach Straßenbahn-Aktion

Der Traditionsverein aus Niedersachsen, bei dem Selim Aydemir in der A-Jugend spielte und bereits mit 16 Jahren bei den Profis trainierte, sollte seine Karriere maßgeblich beeinflussen. Genauer gesagt war es der 26. März 2009. An jenem Donnerstag stand das Auslauftraining bei den Braunschweiger A-Junioren an. Der Mittelfeldspieler kam auf die Idee, einen Teil der Laufstrecke mit der Straßenbahn zu überbrücken.

Eine Aktion, die schwere Folgen für den türkischen Junioren-Nationalspieler hatte: Er wurde einen Tag später aus disziplinarischen Gründen vom Spiel- und Trainingsbetrieb freigestellt. "Das konnte ich erst nach zwei oder drei Wochen realisieren. Doch die Aktion hat mir die Augen geöffnet", erzählt Aydemir. Für ihn brach eine Welt zusammen. Einige Wochen vorher erst hatte er bei den Eintracht-Profis Fuß gefasst und seine ersten vier Drittliga-Partien bestritten.

"Halle war ein Glücksfall für mich"

Nach der Suspendierung kehrte Aydemir zu seiner Familie nach Kiel zurück. Für den Mittelfeldspieler begann eine schwere Zeit. Bei vielen Vereinen absolvierte er ein Probetraining, erhielt aber keinen Vertrag. Erst gegen Ende der Sommer-Transferperiode 2009 kam er beim Nord-Regionalligisten Hallescher FC unter: "Das war ein Glücksfall für mich. HFC-Trainer Sven Köhler hat mich wieder aufgebaut und mir die Flausen aus dem Kopf getrieben."

Nach einem Jahr Anlaufzeit reifte Aydemir in der Saison 2010/2011 zum Leistungsträger heran, erzielte sieben Treffer in 28 Partien. Mit seinem Wechsel nach Chemnitz im vergangenen Sommer kehrte er in die 3. Liga zurück. Nun glaubt der 21-Jährige, dessen Vertrag beim CFC bis 2013 läuft, wieder fest an seinen Traum vom Profifußballer. "Die Aktion mit der Straßenbahn war jugendlicher Leichtsinn. Inzwischen habe ich begriffen, dass auch das Verhalten neben dem Platz wichtig ist", sagt Aydemir. "Ich weiß aber, dass ich keinen Freifahrtschein in die Bundesliga habe, sondern hart dafür arbeiten muss."