WM-Analyse 2014 III: Trends in Abwehr und Angriff

Defensive Strategien

Über das Turnier hinweg war eine große Variationsbreite an Pressingkonzepten zu sehen, auf die die WM-Teams je nach Gegner, aktuellem Spielverlauf und konkreter Spielsituation zurückgriffen. Gerade zu WM-Beginn faszinierten viele leidenschaftliche 1-gegen-1-Situationen. Diese direkte „Gegnerorientierung” war übrigens auch aus teamtaktischer Sicht ein spezielles strategisches Merkmal (vgl. die exemplarischen Szenen unten). Letztlich kristallisierte sich aber im Verlauf der Ausschlussrunden der ­klare Trend heraus, sich zum kompakten Defensivblock zu formieren, um nach Balleroberung über blitzartige Umschaltaktionen zum Torerfolg zu kommen!

Offensive Strategien

Mit rund 2,7 Toren pro Spiel wurde der Schnitt der WM 2010 in Südafrika (2,3) deutlich übertroffen. Risikofreudigere Angriffskonzepte prägten allerdings vor allem viele Vorrunden-Spiele, spätestens ab der K.O.-Runde dominierte die sicherheitsorientierte Organisation. Der Torerfolg wurde dabei primär über blitzartige Konter gesucht – häufig mit lediglich 2 bis 3 herausragenden Einzelakteuren. Wegen der besagten „Kontervermeidungsstrategie“ der WM-Teams hatten diese schnellen Gegenangriffe jedoch nicht die Durchschlagskraft wie noch in der Vorrunde! Ein variables Angriffs- und Kombinationsspiel zeigte in erster Linie der Weltmeister!

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WM-Spiel: Argentinien gegen Niederlande

  • Das Halbfinale Argentinien gegen Niederlande war typisch für das ­Sicherheitsdenken, das viele WM-Begegnungen mit Beginn des Achtelfinales charakterisierte.

  • Zwei tief gestaffelte Defensivblöcke dominierten auf beiden ­Seiten und verdichteten mögliche Aktionsräume des Gegners.

  • Eine personenstarke defensive Sicherung gegen mögliche ­Umschaltaktionen hatte auch bei eigenen Angriffen Priorität!

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WM-Spiel: Deutschland gegen Frankreich

  • Deutschland formierte sich im Viertelfinale gegen Frankreich enorm kompakt, praktizierte phasenweise ein Mittelfeldpressing, staffelte sich situativ jedoch geschickt tiefer!

  • Alle beteiligten sich konsequent an der Defensivarbeit! Dieser kompakte Defensivverband war nach Erobern des Balles und schnellem Umschalten gleichzeitig die Basis für Gegenangriffe mittels eines zielorientierten Kombinationsspiels!

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WM-Spiel: Argentinien gegen Niederlande

  • Die Niederlande agierten vor allem ab dem Achtelfinale aus einem kompakten, tief gestaffelten Defensivverband aus 5er-Kette plus Doppel-6.

  • Dabei war diese Basisformation mit einer direkten Gegner-Zuteilung als zusätzliche spiel- und situationsspezifische Variante verknüpft.

  • Hier eine Szene zum mannorientierten Agieren von de Jong gegen Messi aus dem Halbfinale gegen Argentinien!

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WM-Spiel: Algerien gegen Deutschland

  • Das Defensivkonzept Algeriens funktionierte im Achtelfinale ­gegen den späteren Weltmeister speziell in der 1. Halbzeit wie geplant.

  • Durch klare, aus einer kompakten Formation situativ praktizierte 1-gegen-1-Aktionen störte Algerien das deutsche Angriffsspiel erheblich, so dass zu wenige klar strukturierte durchschlagskräftige Offensivaktionen zu erkennen waren. Nach Erobern des Balles starteten einige gekonnte Gegenangriffe!

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WM-Spiel: Argentinien gegen Iran

  • Nicht alle Stars erfüllten bei der WM 2014 die Erwartungen (z.B. Christiano Ronaldo, Mario Balotelli, Xavi, Wayne Rooney).

  • Andererseits avancierten Messi, Neymar oder Robben mit überragenden Einzelaktionen gerade in engen WM-Spielen regelmäßig zu Matchwinnern.

  • Es bleibt aber die Frage, ob dieses strikte Setzen auf Individualisten letztlich nicht zu eindimensional, ausrechenbar und riskant ist (z.B. Ausfall Neymars).

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WM-Spiel: USA gegen Belgien

  • Ein probates Mittel gegen einen kompakten, tief gestaffelten Defensivblock ist das Überspielen der Gegner anstelle eines „Schnittstellenpasses” durch die Kette.

  • Dabei „chippen” die Angreifer den Ball über die Verteidiger in den freien Raum hinter die Kette.

  • Im Beispiel stößt dabei Green (USA) vom Flügel diagonal ins Zentrum und wird von Bradley per Chipball in den Rücken der belgischen Innenverteidigung eingesetzt!

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WM-Spiel: Belgien gegen Algerien

  • Nach Erobern des Balles im eigenen Verteidigungsdrittel bietet sich den Angreifern mitunter viel Aktionsraum, der mit höchstmöglichem Tempo zielstrebig überbrückt werden muss, um von der kurzzeitigen Desorganisation des Gegners zu profitieren.

  • ­Dazu müssen sich neben dem Balleroberer weitere Spieler überfallartig in den Konter einschalten.

  • Belgien erzielte bei der WM 2014 einige hochklassig herausgespielte Kontertore!

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WM-Spiel: Brasilien gegen Kamerun

  • Brasilien praktizierte gerade in den Anfangsphasen der WM-Spiele ein aggressives Angriffs- bzw. Gegenpressing.

  • ­In dieser Szene kann Brasilien den Passempfänger am Flügel mit dem ­Rücken zum Tor stellen. Der aufgerückte Außenverteidiger ­Marcelo doppelt mit dem aus dem Zentrum herangerückten 6er Gustavo und erobert den Ball.

  • Es schließt sich eine erfolgreiche Konteraktion gegen die unsortierte Defensive Kameruns an.