Jacob: "Ohne Schmadtke hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt"

Seine langjährige Wettsucht zwang Alexander Jacob im Sommer 2017, seinen Traumjob aufzugeben. Jacobs Weg zurück in die Normalität war lang und schmerzhaft - und endete glücklicherweise mit seiner völligen Gesundung. Inzwischen ist der ehemalige Pressesprecher des 1. FC Köln der Leiter Kommunikation und Pressesprecher von Arminia Bielefeld. Heute wird er seine Geschichte im Rahmen der Veranstaltung "Suchtprävention im Verein: Sportwette" auf dem DFB-Campus erzählen – und damit die eingeladenen Nachwuchstrainer*innen über die Suchtrisiken der Sportwette aufklären.

DFB.de: Herr Jacob, muss eine Prädisposition bei einem Wetter vorliegen, damit das Glücksspiel zu einer pathologischen Suchterkrankung wird?

Alexander Jacob: Ganz bestimmt. Wie das läuft, hat sehr viel mit dem individuellen Wetter zu tun, mit der Lebenssituation, manchmal mit lang zurückliegenden Traumata. Das anfänglich harmlose Interesse schlägt bei manchen um, die brechen dann jeden Vorsatz. Sie nehmen sich vor, nicht mehr als Betrag X pro Woche für Wetten einzusetzen und scheitern. Wettet man mal ein paar Tage nicht, spürt man Entzugssymptome. Man wird nachlässiger im Job, ignoriert den Freundeskreis. Die Endstufe ist erreicht, wenn man weiter wettet, obwohl man genau weiß, welchen Schaden man sich und anderen zufügt.

DFB.de: Sie haben über mehrere Jahre teils horrende Beträge verzockt, auch in Ihrer Zeit als Pressesprecher des 1. FC Köln. Über sechs Jahre sind seit Ihrer letzten Wette vergangen. Wie ist es Ihnen gelungen, sich zurück ins Leben zu kämpfen?

Jacob: Ich habe mich nach dem Aus beim 1. FC Köln für eineinhalb Jahr in eine ambulante Therapie mit Psychologen, Psychotherapeuten und Ärzten begeben. Dazu gehörte eine intensive biografische Arbeit, das reichte bis in die Kindheit. Meine Prädisposition zur Suchterkrankung hatte also eine biografische Wurzel. Zum Zeitpunkt meines Zusammenbruchs im Sommer 2017 war ich über 40 Jahre alt. So eine schmerzhafte Aufarbeitung geht nur unter Anleitung und Begleitung von Fachleuten. Allein kannst du das nicht schaffen.

DFB.de: In der Saison 2016/2017 traf Anthony Modeste wie noch nie in seiner Karriere, Jonas Hector und Leo Bittencourt brillierten und die Saison endete mit der Qualifikation für Europa. Warum erlebten Sie diese Traumsaison als eine einzige Höllenfahrt?

Jacob: Weil ich den Höhenflug des 1. FC Köln emotional damals null mitbekommen habe. Ich konnte zwar noch meine dienstlichen Pflichten erfüllen, mehr ging nicht. Die Emotionen, die unseren Fußball doch ausmachen, spürte ich nicht mehr. Ich war ein anderer Mensch, große Teile meines Ichs waren ausradiert. Ich war reduziert auf Alex, den Glücksspieler. Emotional habe ich tatsächlich nur noch auf Wettgewinne und Verluste reagiert.

DFB.de: Wie endete Ihre Beschäftigung beim 1. FC Köln?

Jacob: Die beiden Geschäftsführer Jörg Schmadtke und Alexander Wehrle sprachen mich im Verlauf der Saison 2016/2017 auf mein Verhalten an. Sie konfrontierten mich mit dem Verdacht, dass ich unkontrolliert Glücksspiel betreibe. Ich stritt zunächst vehement ab und konnte mich erst in einem zweiten Gespräch mit Jörg Schmadtke öffnen. Jörg hatte die herausragende menschliche Größe zu sagen: "Wir helfen dir, aber du kannst nicht länger bei uns bleiben." Er hat den Erstkontakt zur psychologischen Betreuung der Deutschen Sporthochschule hergestellt. Für diesen Impuls werde ich ihm ewig dankbar sein.

DFB.de: Es scheint so, als habe Schmadtke Gott sei Dank die Reißleine gezogen, weil Sie selbst sich keine Hilfe geholt hätten. Stimmt der Eindruck?

Jacob: Ohne Jörg Schmadtkes Einschreiten hätte ich die Krankheit wahrscheinlich nicht überlebt, davon bin ich heute überzeugt. Der Druck wäre immer weiter angestiegen, bis ich dem Ganzen ein Ende gesetzt hätte.

DFB.de: Wenn man Ihre Geschichte hört, versteht man, was für eine gewaltige Zerstörungskraft eine Suchterkrankung entfalten kann. Kulturell, körperlich und finanziell, wie ging es Ihnen im Sommer 2017?

Jacob: Die Sucht hat mich wirtschaftlich ruiniert, sie hatte fast alle meine sozialen Kontakte zum Erliegen gebracht, sie war dabei, mich körperlich zugrunde zu richten. Ich habe mich katastrophal schlecht ernährt, ich war übergewichtig und nicht mehr im Stande, Sport zu treiben. Meine Tage drehten sich nur noch um das jeweils nächste Wettereignis und angesichts der hohen Verluste um die Frage, wie ich an neues Geld komme. Ich bin reflektiert und kann über die Zeit damals reden, aber unberührt lässt mich das bis heute nicht. Das Schamgefühl war riesig. Man kann sich nicht öffnen, weil man sich schämt für viele Sachen, die passiert sind. Ich habe das Vertrauen vieler Menschen missbraucht, habe Gutmütigkeit schamlos ausgenutzt. Ich befand mich damals in einem absoluten Grenzbereich. Ich bin der Illusion erlegen, Ausgänge von Fußballspielen mit meiner Kompetenz vorhersagen zu können und den Faktor Glück gewissermaßen auszuschalten.

DFB.de: Wollen Sie sagen, wie hoch Sie damals auf ein Einzelereignis gewettet haben?

Jacob: Das waren schon mal 2000 Euro auf den Ausgang eines einzigen Fußballspiels.

DFB.de: Wie gestaltete sich Ihre Rückkehr in den Fußball?

Jacob: Markus Rejek und Samir Arabi haben mich im August 2022 zu Arminia Bielefeld geholt, mir ist also der berufliche Wiedereinstieg gelungen. Beiden bin ich dafür bis heute dankbar. Aber das gelingt längst nicht allen. Ich habe Menschen in der Reha getroffen, denen ist die Ehe zerbrochen, die gesamte Familie hat sich von ihnen losgesagt. Ich habe auch Glücksspieler getroffen, die Selbstmordversuche hinter sich hatten. Nach dem Wiedereinstieg bei Arminia Bielefeld haben sich viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen bei mir gemeldet und sich gefreut, dass ich es gepackt habe. Sie berichteten mir, dass sie sich während meiner Auszeit nicht getraut hätten, mich zu kontaktieren. Aber Betroffenen tun Kontakte und Zuspruch gut. Das kann ja auch ganz kurz sein: "Habe von deiner Geschichte gehört, du packst das!" So in der Art.

DFB.de: Seit rund zwei Jahren sind Sie wieder als Pressesprecher im bezahlten Fußball tätig. Auch der Drittligaklub Arminia Bielefeld hat einen Partner aus der Glücksspielbranche. Wie gehen Sie damit beruflich um?

Jacob: So professionell, wie es sich nach meiner Auffassung gehört. Die Unternehmen der Sportwettbranche, die Partner deutscher Klubs sind, engagieren sich auch in der Prävention, das sollte man erst mal zur Kenntnis nehmen und respektieren. Dabei sind die Dimensionen der Branche inzwischen gewaltig. In Deutschland wird jährlich ein zweistelliger Milliardenumsatz mit Glücksspiel getätigt. Fast jeder dritte Einwohner des Landes hat 2021 mindestens einmal am Glücksspiel teilgenommen. Und 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind glücksspielsüchtig, weitere 3,2 Millionen haben ein auffälliges Spielverhalten. Ich bin weder Moralist noch Ankläger, doch wenn der Deutsche Sportwettenverband, also eine Lobbyvereinigung, sagt, die Sportwette sei ein äußerst beliebtes Unterhaltungsprodukt und damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen, lässt mich das fassungslos zurück. Den Hinweis über die Gefährdungsrisiken in den Werbespots kann ich fast nicht lesen. Ich meine also, wir können durchaus besser werden, wenn es um einen verantwortungsbewussten Umgang mit Glücksspiel in unserer Gesellschaft geht. Es geht darum, gerade junge Menschen über die Gefahren einer Sucht aufzuklären. Bei den gesundheitlichen Risikopotenzialen von Alkohol und Nikotin sind wir doch heutzutage auch klarer. Alle Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben die Glücksspielsucht als Krankheit anerkannt. Es besteht ein gesellschaftliches Problem. Und dem muss man sich stellen.

DFB.de: Für Sie ging es gut aus. Heute arbeiten Sie wieder als Pressesprecher im Profifußball, und nun also auch gesund und im Vollbesitz ihrer Kräfte.

Jacob: Ich bin heute über meinen Weg total glücklich. Die Gelegenheit, hier bei Arminia Bielefeld arbeiten zu können, erlebe ich als echte zweite Chance. Ich muss auf mich achten, das verstehe ich heute. Und ich habe Mechanismen erlernt, wie ich mich schützen kann. Ein Beispiel: Ich mache nicht bei internen Tippspielen, wie sie jeder kennt, zur Bundesliga und bei EM und WM mit. Es ist also eine riesige Freude, genau das zu tun, was ich wahrscheinlich am besten kann, und was von Kindesbeinen an meine Leidenschaft war.

DFB.de: Sie haben sofort zugesagt, am 7. März bei der DFB-Veranstaltung "Suchtprävention im Verein" dabei zu sein. Was wollen Sie den Jugendtrainern im Saal berichten?

Jacob: Ich will sicher nicht irgendjemanden erklären, was man zu tun oder zu lassen hat. Doch Aufklärung ist wichtig. Wir arbeiten bei uns im Verein auch aktiv, hatten zuletzt eine Präventionsveranstaltung mit den U 17-Junioren von Arminia Bielfeld. Vereine und Verbände können meiner Meinung nach mehr tun, um gerade junge Leute zu informieren, welche Suchtgefahren mit der Sportwette einhergehen. Denn die Sportwette ist überall sichtbar, man kann rund um die Uhr, an jedem Ort und völlig anonym wetten. In der App auf dem Handy geht das innerhalb von Sekunden. Dazu kommt, dass viele meinen, das sie aufgrund ihres Fußballwissens praktisch risikolos wetten könnten, was eine völlige Illusion darstellt. Die sozialen Anreize zu wetten sind enorm, die Kids wollen immer das neue iPhone kaufen, die Designerjeans, und manchen fehlt das Geld. Die teils martialischen Werbespots suggerieren, man sei ein harter Kerl, wenn man sich der Herausforderung stellt. Das alles ergibt einen gefährlichen Mix.

Bei Interesse, an der Veranstaltung "Suchtprävention im Verein: Sportwette" am 7. März von 17 bis 19 Uhr teilzunehmen, kann sich hier angemeldet werden.

[th]

Seine langjährige Wettsucht zwang Alexander Jacob im Sommer 2017, seinen Traumjob aufzugeben. Jacobs Weg zurück in die Normalität war lang und schmerzhaft - und endete glücklicherweise mit seiner völligen Gesundung. Inzwischen ist der ehemalige Pressesprecher des 1. FC Köln der Leiter Kommunikation und Pressesprecher von Arminia Bielefeld. Heute wird er seine Geschichte im Rahmen der Veranstaltung "Suchtprävention im Verein: Sportwette" auf dem DFB-Campus erzählen – und damit die eingeladenen Nachwuchstrainer*innen über die Suchtrisiken der Sportwette aufklären.

DFB.de: Herr Jacob, muss eine Prädisposition bei einem Wetter vorliegen, damit das Glücksspiel zu einer pathologischen Suchterkrankung wird?

Alexander Jacob: Ganz bestimmt. Wie das läuft, hat sehr viel mit dem individuellen Wetter zu tun, mit der Lebenssituation, manchmal mit lang zurückliegenden Traumata. Das anfänglich harmlose Interesse schlägt bei manchen um, die brechen dann jeden Vorsatz. Sie nehmen sich vor, nicht mehr als Betrag X pro Woche für Wetten einzusetzen und scheitern. Wettet man mal ein paar Tage nicht, spürt man Entzugssymptome. Man wird nachlässiger im Job, ignoriert den Freundeskreis. Die Endstufe ist erreicht, wenn man weiter wettet, obwohl man genau weiß, welchen Schaden man sich und anderen zufügt.

DFB.de: Sie haben über mehrere Jahre teils horrende Beträge verzockt, auch in Ihrer Zeit als Pressesprecher des 1. FC Köln. Über sechs Jahre sind seit Ihrer letzten Wette vergangen. Wie ist es Ihnen gelungen, sich zurück ins Leben zu kämpfen?

Jacob: Ich habe mich nach dem Aus beim 1. FC Köln für eineinhalb Jahr in eine ambulante Therapie mit Psychologen, Psychotherapeuten und Ärzten begeben. Dazu gehörte eine intensive biografische Arbeit, das reichte bis in die Kindheit. Meine Prädisposition zur Suchterkrankung hatte also eine biografische Wurzel. Zum Zeitpunkt meines Zusammenbruchs im Sommer 2017 war ich über 40 Jahre alt. So eine schmerzhafte Aufarbeitung geht nur unter Anleitung und Begleitung von Fachleuten. Allein kannst du das nicht schaffen.

DFB.de: In der Saison 2016/2017 traf Anthony Modeste wie noch nie in seiner Karriere, Jonas Hector und Leo Bittencourt brillierten und die Saison endete mit der Qualifikation für Europa. Warum erlebten Sie diese Traumsaison als eine einzige Höllenfahrt?

Jacob: Weil ich den Höhenflug des 1. FC Köln emotional damals null mitbekommen habe. Ich konnte zwar noch meine dienstlichen Pflichten erfüllen, mehr ging nicht. Die Emotionen, die unseren Fußball doch ausmachen, spürte ich nicht mehr. Ich war ein anderer Mensch, große Teile meines Ichs waren ausradiert. Ich war reduziert auf Alex, den Glücksspieler. Emotional habe ich tatsächlich nur noch auf Wettgewinne und Verluste reagiert.

DFB.de: Wie endete Ihre Beschäftigung beim 1. FC Köln?

Jacob: Die beiden Geschäftsführer Jörg Schmadtke und Alexander Wehrle sprachen mich im Verlauf der Saison 2016/2017 auf mein Verhalten an. Sie konfrontierten mich mit dem Verdacht, dass ich unkontrolliert Glücksspiel betreibe. Ich stritt zunächst vehement ab und konnte mich erst in einem zweiten Gespräch mit Jörg Schmadtke öffnen. Jörg hatte die herausragende menschliche Größe zu sagen: "Wir helfen dir, aber du kannst nicht länger bei uns bleiben." Er hat den Erstkontakt zur psychologischen Betreuung der Deutschen Sporthochschule hergestellt. Für diesen Impuls werde ich ihm ewig dankbar sein.

DFB.de: Es scheint so, als habe Schmadtke Gott sei Dank die Reißleine gezogen, weil Sie selbst sich keine Hilfe geholt hätten. Stimmt der Eindruck?

Jacob: Ohne Jörg Schmadtkes Einschreiten hätte ich die Krankheit wahrscheinlich nicht überlebt, davon bin ich heute überzeugt. Der Druck wäre immer weiter angestiegen, bis ich dem Ganzen ein Ende gesetzt hätte.

DFB.de: Wenn man Ihre Geschichte hört, versteht man, was für eine gewaltige Zerstörungskraft eine Suchterkrankung entfalten kann. Kulturell, körperlich und finanziell, wie ging es Ihnen im Sommer 2017?

Jacob: Die Sucht hat mich wirtschaftlich ruiniert, sie hatte fast alle meine sozialen Kontakte zum Erliegen gebracht, sie war dabei, mich körperlich zugrunde zu richten. Ich habe mich katastrophal schlecht ernährt, ich war übergewichtig und nicht mehr im Stande, Sport zu treiben. Meine Tage drehten sich nur noch um das jeweils nächste Wettereignis und angesichts der hohen Verluste um die Frage, wie ich an neues Geld komme. Ich bin reflektiert und kann über die Zeit damals reden, aber unberührt lässt mich das bis heute nicht. Das Schamgefühl war riesig. Man kann sich nicht öffnen, weil man sich schämt für viele Sachen, die passiert sind. Ich habe das Vertrauen vieler Menschen missbraucht, habe Gutmütigkeit schamlos ausgenutzt. Ich befand mich damals in einem absoluten Grenzbereich. Ich bin der Illusion erlegen, Ausgänge von Fußballspielen mit meiner Kompetenz vorhersagen zu können und den Faktor Glück gewissermaßen auszuschalten.

DFB.de: Wollen Sie sagen, wie hoch Sie damals auf ein Einzelereignis gewettet haben?

Jacob: Das waren schon mal 2000 Euro auf den Ausgang eines einzigen Fußballspiels.

DFB.de: Wie gestaltete sich Ihre Rückkehr in den Fußball?

Jacob: Markus Rejek und Samir Arabi haben mich im August 2022 zu Arminia Bielefeld geholt, mir ist also der berufliche Wiedereinstieg gelungen. Beiden bin ich dafür bis heute dankbar. Aber das gelingt längst nicht allen. Ich habe Menschen in der Reha getroffen, denen ist die Ehe zerbrochen, die gesamte Familie hat sich von ihnen losgesagt. Ich habe auch Glücksspieler getroffen, die Selbstmordversuche hinter sich hatten. Nach dem Wiedereinstieg bei Arminia Bielefeld haben sich viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen bei mir gemeldet und sich gefreut, dass ich es gepackt habe. Sie berichteten mir, dass sie sich während meiner Auszeit nicht getraut hätten, mich zu kontaktieren. Aber Betroffenen tun Kontakte und Zuspruch gut. Das kann ja auch ganz kurz sein: "Habe von deiner Geschichte gehört, du packst das!" So in der Art.

DFB.de: Seit rund zwei Jahren sind Sie wieder als Pressesprecher im bezahlten Fußball tätig. Auch der Drittligaklub Arminia Bielefeld hat einen Partner aus der Glücksspielbranche. Wie gehen Sie damit beruflich um?

Jacob: So professionell, wie es sich nach meiner Auffassung gehört. Die Unternehmen der Sportwettbranche, die Partner deutscher Klubs sind, engagieren sich auch in der Prävention, das sollte man erst mal zur Kenntnis nehmen und respektieren. Dabei sind die Dimensionen der Branche inzwischen gewaltig. In Deutschland wird jährlich ein zweistelliger Milliardenumsatz mit Glücksspiel getätigt. Fast jeder dritte Einwohner des Landes hat 2021 mindestens einmal am Glücksspiel teilgenommen. Und 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind glücksspielsüchtig, weitere 3,2 Millionen haben ein auffälliges Spielverhalten. Ich bin weder Moralist noch Ankläger, doch wenn der Deutsche Sportwettenverband, also eine Lobbyvereinigung, sagt, die Sportwette sei ein äußerst beliebtes Unterhaltungsprodukt und damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen, lässt mich das fassungslos zurück. Den Hinweis über die Gefährdungsrisiken in den Werbespots kann ich fast nicht lesen. Ich meine also, wir können durchaus besser werden, wenn es um einen verantwortungsbewussten Umgang mit Glücksspiel in unserer Gesellschaft geht. Es geht darum, gerade junge Menschen über die Gefahren einer Sucht aufzuklären. Bei den gesundheitlichen Risikopotenzialen von Alkohol und Nikotin sind wir doch heutzutage auch klarer. Alle Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben die Glücksspielsucht als Krankheit anerkannt. Es besteht ein gesellschaftliches Problem. Und dem muss man sich stellen.

DFB.de: Für Sie ging es gut aus. Heute arbeiten Sie wieder als Pressesprecher im Profifußball, und nun also auch gesund und im Vollbesitz ihrer Kräfte.

Jacob: Ich bin heute über meinen Weg total glücklich. Die Gelegenheit, hier bei Arminia Bielefeld arbeiten zu können, erlebe ich als echte zweite Chance. Ich muss auf mich achten, das verstehe ich heute. Und ich habe Mechanismen erlernt, wie ich mich schützen kann. Ein Beispiel: Ich mache nicht bei internen Tippspielen, wie sie jeder kennt, zur Bundesliga und bei EM und WM mit. Es ist also eine riesige Freude, genau das zu tun, was ich wahrscheinlich am besten kann, und was von Kindesbeinen an meine Leidenschaft war.

DFB.de: Sie haben sofort zugesagt, am 7. März bei der DFB-Veranstaltung "Suchtprävention im Verein" dabei zu sein. Was wollen Sie den Jugendtrainern im Saal berichten?

Jacob: Ich will sicher nicht irgendjemanden erklären, was man zu tun oder zu lassen hat. Doch Aufklärung ist wichtig. Wir arbeiten bei uns im Verein auch aktiv, hatten zuletzt eine Präventionsveranstaltung mit den U 17-Junioren von Arminia Bielfeld. Vereine und Verbände können meiner Meinung nach mehr tun, um gerade junge Leute zu informieren, welche Suchtgefahren mit der Sportwette einhergehen. Denn die Sportwette ist überall sichtbar, man kann rund um die Uhr, an jedem Ort und völlig anonym wetten. In der App auf dem Handy geht das innerhalb von Sekunden. Dazu kommt, dass viele meinen, das sie aufgrund ihres Fußballwissens praktisch risikolos wetten könnten, was eine völlige Illusion darstellt. Die sozialen Anreize zu wetten sind enorm, die Kids wollen immer das neue iPhone kaufen, die Designerjeans, und manchen fehlt das Geld. Die teils martialischen Werbespots suggerieren, man sei ein harter Kerl, wenn man sich der Herausforderung stellt. Das alles ergibt einen gefährlichen Mix.

Bei Interesse, an der Veranstaltung "Suchtprävention im Verein: Sportwette" am 7. März von 17 bis 19 Uhr teilzunehmen, kann sich hier angemeldet werden.

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