Ralf Serra: "Janni ist viel zu schnell gewachsen"

Janni Serra gehört zu den Aufsteigern in der deutschen U-17-Nationalmannschaft. Unter anderem köpfte der 1,93 Meter große Stürmer von Borussia Dortmund das Team von Trainer Christian Wück bei der Europameisterschaft ins Halbfinale und durfte in Bulgarien die Vize-Europameisterschaft feiern.

Der Weg des gebürtigen Niedersachsen in die Nationalelf führte auch über den DFB-Stützpunkt in Barsinghausen, wo er drei Jahre lang von seinem Vater Ralf Serra trainiert wurde. Am Sitz des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) war der A-Lizenz-Inhaber von 2002 bis 2014 als Stützpunkttrainer aktiv, ehe er im vergangenen Jahr jüngeren Trainerkollegen Platz machte. Als Referent in der NFV-Rechtsabteilung ist der 54-Jährige allerdings nach wie vor nah dran am Geschehen – und nicht zuletzt durch seinen 17 Jahre alten Sohn.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thorsten Langenbahn spricht Ralf Serra über die Entwicklung von Janni, die Arbeit an den deutschlandweit 366 DFB-Stützpunkten, das flächendeckende System der Talentförderung im Land des Weltmeisters und den Faktor Zufall auf dem Weg an die Spitze.

DFB.de: Herr Serra, herzlichen Glückwunsch zum Vizeeuropameister-Titel Ihres Sohnes Janni. Haben Sie das Gefühl, Sie haben auch einen kleinen Anteil daran?

Ralf Serra: Ich glaube, alle die ihn mal trainiert haben, haben einen kleinen Anteil daran.

DFB.de: Sie waren als A-Lizenzinhaber zwölf Jahre lang als Stützpunkttrainer in Barsinghausen aktiv. Wie lange haben Sie dort auch Ihren Sohn trainiert?

Serra: Von 2010 bis 2013, das war in der Zeit, nachdem er zum TSV Havelse gewechselt war. Davor hatte er zwei Jahre bei Hannover 96, wohin er sehr früh gewechselt war, hinter sich gebracht. Wir konnten ihn dann in den Stützpunkt nehmen, weil der TSV Havelse kein Lizenz-, sondern ein Regionalverein ist. Vor zwei Jahren ist er dann erneut zu 96 ins Nachwuchsleitungszentrum gewechselt und war damit auch aus dem Stützpunkt-Projekt raus.

DFB.de: Welche Aspekte stehen beim DFB-Stützpunkttraining im Vordergrund?

Serra: Im Vergleich zum Vereinstraining gibt es überhaupt kein Mannschaftstraining. Wenn man Turniere spielt, versucht man zwar auch ein Team daraus zu formen, aber das ist nur ein Nebenaspekt. Ziel ist es, die Spieler individuell zu fördern. In Barsinghausen waren wir ein gutes Trainerteam. Wir haben uns aufgeteilt und gerade bei Janni und den anderen in der Altersklasse der C-Junioren versucht, die entwicklungsbedingten koordinativen Probleme in diesem Alter durch intensives Training abzustellen und sie speziell in diesem Bereich zu fördern.

DFB.de: Wie zum Beispiel?

Serra: Janni war immer groß gewachsen, wie auch viele andere in dieser Altersgruppe. Bei ihnen haben wir schwerpunktmäßig im koordinativen Bereich gearbeitet. Das Training beschränkte sich in Teilen auf reines Lauftraining unter der schlichten Fragestellung: Wie laufe und bewege ich mich richtig?

DFB.de: Der Ball kam aber auch ins Spiel, oder?

Serra: Natürlich, der steht beim Stützpunkttraining im Mittelpunkt. Das waren vorbereitende Übungen, etwa im Hinblick auf Eins-gegen-eins-Situationen. Also zum Beispiel eine koordinative Auftaktbewegung, übergehend in ein Eins gegen Eins.



Janni Serra gehört zu den Aufsteigern in der deutschen U-17-Nationalmannschaft. Unter anderem köpfte der 1,93 Meter große Stürmer von Borussia Dortmund das Team von Trainer Christian Wück bei der Europameisterschaft ins Halbfinale und durfte in Bulgarien die Vize-Europameisterschaft feiern.

Der Weg des gebürtigen Niedersachsen in die Nationalelf führte auch über den DFB-Stützpunkt in Barsinghausen, wo er drei Jahre lang von seinem Vater Ralf Serra trainiert wurde. Am Sitz des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) war der A-Lizenz-Inhaber von 2002 bis 2014 als Stützpunkttrainer aktiv, ehe er im vergangenen Jahr jüngeren Trainerkollegen Platz machte. Als Referent in der NFV-Rechtsabteilung ist der 54-Jährige allerdings nach wie vor nah dran am Geschehen – und nicht zuletzt durch seinen 17 Jahre alten Sohn.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thorsten Langenbahn spricht Ralf Serra über die Entwicklung von Janni, die Arbeit an den deutschlandweit 366 DFB-Stützpunkten, das flächendeckende System der Talentförderung im Land des Weltmeisters und den Faktor Zufall auf dem Weg an die Spitze.

DFB.de: Herr Serra, herzlichen Glückwunsch zum Vizeeuropameister-Titel Ihres Sohnes Janni. Haben Sie das Gefühl, Sie haben auch einen kleinen Anteil daran?

Ralf Serra: Ich glaube, alle die ihn mal trainiert haben, haben einen kleinen Anteil daran.

DFB.de: Sie waren als A-Lizenzinhaber zwölf Jahre lang als Stützpunkttrainer in Barsinghausen aktiv. Wie lange haben Sie dort auch Ihren Sohn trainiert?

Serra: Von 2010 bis 2013, das war in der Zeit, nachdem er zum TSV Havelse gewechselt war. Davor hatte er zwei Jahre bei Hannover 96, wohin er sehr früh gewechselt war, hinter sich gebracht. Wir konnten ihn dann in den Stützpunkt nehmen, weil der TSV Havelse kein Lizenz-, sondern ein Regionalverein ist. Vor zwei Jahren ist er dann erneut zu 96 ins Nachwuchsleitungszentrum gewechselt und war damit auch aus dem Stützpunkt-Projekt raus.

DFB.de: Welche Aspekte stehen beim DFB-Stützpunkttraining im Vordergrund?

Serra: Im Vergleich zum Vereinstraining gibt es überhaupt kein Mannschaftstraining. Wenn man Turniere spielt, versucht man zwar auch ein Team daraus zu formen, aber das ist nur ein Nebenaspekt. Ziel ist es, die Spieler individuell zu fördern. In Barsinghausen waren wir ein gutes Trainerteam. Wir haben uns aufgeteilt und gerade bei Janni und den anderen in der Altersklasse der C-Junioren versucht, die entwicklungsbedingten koordinativen Probleme in diesem Alter durch intensives Training abzustellen und sie speziell in diesem Bereich zu fördern.

DFB.de: Wie zum Beispiel?

Serra: Janni war immer groß gewachsen, wie auch viele andere in dieser Altersgruppe. Bei ihnen haben wir schwerpunktmäßig im koordinativen Bereich gearbeitet. Das Training beschränkte sich in Teilen auf reines Lauftraining unter der schlichten Fragestellung: Wie laufe und bewege ich mich richtig?

DFB.de: Der Ball kam aber auch ins Spiel, oder?

Serra: Natürlich, der steht beim Stützpunkttraining im Mittelpunkt. Das waren vorbereitende Übungen, etwa im Hinblick auf Eins-gegen-eins-Situationen. Also zum Beispiel eine koordinative Auftaktbewegung, übergehend in ein Eins gegen Eins.

###more###

DFB.de: Welche Rolle spielt am Stützpunkt speziell das Fintentraining?

Serra: Eine große, ebenso wie das Torschusstraining. Das war bei uns auch einer der Schwerpunkte. Das vermisse ich im heutigen Fußball immer wieder auf dem Spielfeld – es wird sehr wenig geschossen. Dass ein Spieler aus 20, 25 Metern "Maß nimmt", ist selten geworden. Das Torschusstraining war neben dem Fintieren und dem Dribbling ein wichtiger Bestandteil der Trainingseinheiten im Stützpunkt.

DFB.de: Oftmals werden Stürmer zu Verteidigern umfunktioniert. Bei ihrem Sohn führte der Weg von der Innenverteidigung in den Sturm. Wie kam es dazu?

Serra: Das ist nur ein Teil der Geschichte. In der frühen Jugend war er eigentlich immer ein klassischer Linksaußen, weil er einen starken linken Fuß hatte. Das war auch bei Hannover 96 in den ersten Jahren so, als er immer links offensiv gespielt hat. Als er dann mit zwölf Jahren zu Havelse gewechselt ist, ist er ins defensive Mittelfeld gerutscht und hat in dieser Position sehr viel für seine Spielübersicht gelernt. Dann ist er extrem gewachsen und ist erst nach seiner Rückkehr in die B-Jugend von 96 zum Innenverteidiger geworden. Und man merkt heute noch, dass er ursprünglich sehr offensiv gespielt hat: sein Torriecher ist nicht verloren gegangen.

DFB.de: Ist der Weg von Janni der optimale: Vom Verein zum Stützpunkt ins NLZ?

Serra: Ich halte einen sehr frühen Wechsel ins Leistungszentrum nicht für notwendig. Wenn man in einem Dorfverein einen guten Trainer hat, kann sich ein Spieler dort in den Anfangsjahren auch sehr gut entwickeln. Ich glaube, es ist ein sinnvoller und guter Schritt, in den Stützpunkt aufzurücken und sich darüber an das Niveau im Nachwuchsleistungszentrum zu gewöhnen – auch bei den Turnieren, die im Stützpunkt gespielt werden, bieten sich gute Vergleichsmöglichkeiten mit dem Niveau der Bundesligavereine.

DFB.de: Das Netz der Talentförderung in Deutschland ist weltweit einzigartig. Was ist für Sie das besondere an der Struktur?

Serra: Der DFB ist flächendeckend und bundesweit gut organisiert und verfügt in den Stützpunkten über viele qualifizierte Trainer. Durch die Struktur des Stützpunkttrainings bietet sich die Möglichkeit, landes- und bundesweit fast alle Talente zu erfassen. Weil die Stützpunkte auch mit den Trainern der Kreisauswahlen und der Vereine Hand in Hand arbeiten, werden schon auf Kreisebene die jüngsten Talente ausgewählt und gefördert – und die besten werden dann weiter in den Stützpunkten gefördert. So haben wir ein flächendeckendes System.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die optimalen Voraussetzungen für ein ideales Fördertraining?

Serra: Optimal ist es, wenn es in jedem Stützpunkt einen Kunstrasenplatz geben würde. In Barsinghausen haben wir einen zur Verfügung. Und natürlich eine ausreichende Anzahl an Trainern, damit man sich mit zwei oder drei Trainern um eine Trainingsgruppe kümmern kann. Auf sich allein gestellt ist beispielsweise ein individuelles Training mit zwölf Spielern nicht machbar.

###more###

DFB.de: Worauf kommt es im Training noch an: Üben, üben, üben?

Serra: Ja, das auf jeden Fall, regelmäßiges und wiederholtes Üben. Ich speziell habe viel Wert auf das Durchsetzungsvermögen der Spieler gelegt, weil für mich der Fußball oftmals in der Durchsetzungsfähigkeit im Eins gegen Eins endet. Beim Angreifer durch eine Finte, beim Verteidiger durch ein gutes Abwehrverhalten oder manchmal auch umgekehrt – gerade in diesem Bereich Eins gegen Eins muss ein Spieler gut geschult sein.

DFB.de: Auch U 17-Angreifer Johannes Eggestein hat von 2009 bis 2013 mehr als dreieinhalb Jahre am Stützpunkt in Barsinghausen in derselben Trainingsgruppe wie Janni trainiert. Hat sich damals schon abgezeichnet, dass die Beiden ein besonders hohes Niveau haben?

Serra: (lacht) Bei Janni hat sich das nicht sofort herauskristallisiert, ganz einfach deswegen, weil er viel zu schnell gewachsen ist und dadurch immer Probleme im koordinativen Bereich hatte und manche Beobachter gesagt haben: 'Was ist das für ein Stokel!' Das ist eine Phase, die man überstehen muss. Ich denke, dass man auch bei Janni gut erkennen konnte, welche Spielübersicht er hatte und welche außerordentlichen Fähigkeiten, ein Spiel zu "lesen", es zu organisieren und auch zu entscheiden.

DFB.de: Und wie war es bei Johannes Eggestein?

Serra: Bei Johannes war das anders. Er hat diese körperliche Entwicklung sozusagen peu à peu erlebt und war immer ein überragender Fußballer, balltechnisch und spielerisch sehr gewandt und sehr schlitzohrig. Er hatte immer einen Torjägerstatus und hat sich individuell auffällig durchgesetzt, sein Talent war unverkennbar. Bei Janni war es eher versteckt.

DFB.de: Aber es ist ja schließlich noch zum Vorschein gekommen.

Serra: Ja, aber auch eher zufällig (lacht), weil er von Havelse eigentlich gar nicht wieder zu Hannover 96, wo vieles vorher nicht strukturiert lief, zurück wollte. Aber in Havelse gab es in der Vorbereitungsphase für das erste B-Jugendjahr keine Trainingsmöglichkeit. Da hätten wir von unserem Wohnort rund 50 Kilometer fahren müssen, das wäre zeitlich nicht möglich gewesen. Dadurch ist er wieder zu 96 ins näher gelegene Hannover zurückgegangen. Wenn er in Havelse weitergespielt hätte, wer weiß, was aus ihm geworden wäre. Denn auch den Sprung in die Landesauswahlmannschaft des NFV hat er erst sehr spät, im Frühjahr 2014, geschafft.

DFB.de: Also spielt trotz des guten Sichtungssystems häufig auch der Faktor Zufall eine Rolle?

Serra: Ja. Glückliche Umstände gehören dazu. Deshalb sollten Spieler nie den Kopf in den Sand stecken, auch wenn sie nicht frühzeitig in eine Kreisauswahl oder in den Stützpunkt berufen werden. Der Weg an die Spitze hat viele Hintertürchen.