Zwanziger: "Neue Ethikkommission unabdingbar"

Die "Fußball-Weltregierung" hat getagt. Mit dabei: Dr. Theo Zwanziger, der DFB-Vertreter im FIFA-Exekutivkomitee. Über die Ergebnisse der Exkositzung in Zürich hat sich DFB.de mit dem früheren DFB-Präsidenten unterhalten.

DFB.de: Herr Dr. Zwanziger, als Vorsitzender der Task Force Statutenrevision waren Sie seit einigen Monaten eng in den Reformprozess bei der FIFA eingebunden, als einziges Mitglied des Exekutivkomitees. Wie fällt Ihr Fazit nach den heutigen Entscheidungen dieses Gremiums aus?

Dr. Theo Zwanziger: Ich bin sehr zufrieden. Vor allem, weil die von den Task Forces in den vergangenen Monaten erarbeiteten Vorschläge in Bezug auf Good Governance und Compliance zu 90 Prozent deckungsgleich sind mit den Punkten, die Professor Pieth heute in seinem ersten Bericht vorgestellt hat. Ich stehe voll hinter diesen Vorschlägen, die meiner Einschätzung nach umgesetzt werden müssen. Daher bin ich erfreut darüber, dass das Exekutivkomitee in seiner heutigen Sitzung wichtige Schritte in Kernbereichen verabschiedet hat. Somit ist gewährleistet, dass beim FIFA-Kongress Ende Mai in Budapest die ersten Maßnahmen umgesetzt werden können. Einen anderen Weg wäre ich auch nicht mitgegangen, denn wir müssen vorankommen. Aber ich kann nach den heutigen Entscheidungen sagen: Der Reformprozess bei der FIFA ist im Gange und aufgrund der exzellenten Sitzungsleitung des FIFA-Präsidenten deutlich vorangekommen.

DFB.de: Welche Kernbereiche meinen Sie?

Zwanziger: Vor allem die Einrichtung einer neuen, unabhängigen und in zwei Kammern unterteilten Ethikkommission zum nächstmöglichen Zeitpunkt war und ist für mich unabdingbar. Diese kann, das wurde ausdrücklich festgelegt, auch rückwirkend arbeiten, wenn sie es für richtig erachtet. Sie kann sich also durchaus möglicher Verfehlungen der jüngeren Vergangenheit annehmen. Hinzu kommt der Beschluss zur Schaffung einer ebenso unabhängig besetzten Kommission für Audit- und Compliance, die unter anderem auch die Finanzströme der FIFA überwacht.

DFB.de: Wieso sind gerade diese zwei neuen Gremien so wichtig?

Zwanziger: Es gilt zukunftsorientiert zwei große Ziele zu erreichen. Und das schnellstmöglich. Die FIFA hat sich einen sehr hohen ethischen Anspruch auferlegt, und deshalb gilt es dafür zu sorgen, dass nur Personen in wichtige Ämter gelangen, die diesem auch wirklich genügen. Dieses Ziel kann durch die Überprüfung der Kandidaten für wichtige Positionen erreicht werden. Und sollte der Verdacht aufkommen, dass sich jemand im Amt eines Vergehens schuldig gemacht hat, so haben wir fortan die Ethikkommission, die wie eine Staatsanwaltschaft von sich aus unabhängig und ohne Anweisung durch die FIFA Ermittlungen aufnehmen kann. Da auf dem Kongress 2013 wieder Wahlen anstehen, ist es immens wichtig, dass diese Gremien bereits auf dem diesjährigen Kongress in Budapest installiert werden und anschließend ihre Arbeit aufnehmen können.

DFB.de: Und wie werden diese Kommissionen besetzt?



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Die "Fußball-Weltregierung" hat getagt. Mit dabei: Dr. Theo Zwanziger, der DFB-Vertreter im FIFA-Exekutivkomitee. Über die Ergebnisse der Exkositzung in Zürich hat sich DFB.de mit dem früheren DFB-Präsidenten unterhalten.

DFB.de: Herr Dr. Zwanziger, als Vorsitzender der Task Force Statutenrevision waren Sie seit einigen Monaten eng in den Reformprozess bei der FIFA eingebunden, als einziges Mitglied des Exekutivkomitees. Wie fällt Ihr Fazit nach den heutigen Entscheidungen dieses Gremiums aus?

Dr. Theo Zwanziger: Ich bin sehr zufrieden. Vor allem, weil die von den Task Forces in den vergangenen Monaten erarbeiteten Vorschläge in Bezug auf Good Governance und Compliance zu 90 Prozent deckungsgleich sind mit den Punkten, die Professor Pieth heute in seinem ersten Bericht vorgestellt hat. Ich stehe voll hinter diesen Vorschlägen, die meiner Einschätzung nach umgesetzt werden müssen. Daher bin ich erfreut darüber, dass das Exekutivkomitee in seiner heutigen Sitzung wichtige Schritte in Kernbereichen verabschiedet hat. Somit ist gewährleistet, dass beim FIFA-Kongress Ende Mai in Budapest die ersten Maßnahmen umgesetzt werden können. Einen anderen Weg wäre ich auch nicht mitgegangen, denn wir müssen vorankommen. Aber ich kann nach den heutigen Entscheidungen sagen: Der Reformprozess bei der FIFA ist im Gange und aufgrund der exzellenten Sitzungsleitung des FIFA-Präsidenten deutlich vorangekommen.

DFB.de: Welche Kernbereiche meinen Sie?

Zwanziger: Vor allem die Einrichtung einer neuen, unabhängigen und in zwei Kammern unterteilten Ethikkommission zum nächstmöglichen Zeitpunkt war und ist für mich unabdingbar. Diese kann, das wurde ausdrücklich festgelegt, auch rückwirkend arbeiten, wenn sie es für richtig erachtet. Sie kann sich also durchaus möglicher Verfehlungen der jüngeren Vergangenheit annehmen. Hinzu kommt der Beschluss zur Schaffung einer ebenso unabhängig besetzten Kommission für Audit- und Compliance, die unter anderem auch die Finanzströme der FIFA überwacht.

DFB.de: Wieso sind gerade diese zwei neuen Gremien so wichtig?

Zwanziger: Es gilt zukunftsorientiert zwei große Ziele zu erreichen. Und das schnellstmöglich. Die FIFA hat sich einen sehr hohen ethischen Anspruch auferlegt, und deshalb gilt es dafür zu sorgen, dass nur Personen in wichtige Ämter gelangen, die diesem auch wirklich genügen. Dieses Ziel kann durch die Überprüfung der Kandidaten für wichtige Positionen erreicht werden. Und sollte der Verdacht aufkommen, dass sich jemand im Amt eines Vergehens schuldig gemacht hat, so haben wir fortan die Ethikkommission, die wie eine Staatsanwaltschaft von sich aus unabhängig und ohne Anweisung durch die FIFA Ermittlungen aufnehmen kann. Da auf dem Kongress 2013 wieder Wahlen anstehen, ist es immens wichtig, dass diese Gremien bereits auf dem diesjährigen Kongress in Budapest installiert werden und anschließend ihre Arbeit aufnehmen können.

DFB.de: Und wie werden diese Kommissionen besetzt?

Zwanziger: Die Kommission für Governance wird unter der Leitung von Professor Pieth nunmehr kompetente und unabhängige Personalvorschläge für den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der beiden neuen Kommissionen erarbeiten. Diese Personen werden auf dem FIFA-Kongress dann, so hoffe ich, gewählt und können umgehend mit ihrer Arbeit beginnen.

DFB.de: Angedacht war auch die Einrichtung einer unabhängigen Nominierungskommission, die ab dem Kongress 2012 Kandidaten für wichtige FIFA-Ämter überprüfen sollte. Diese Kommission soll es nun vorerst nicht geben?

Zwanziger: Das stimmt, diese Nominierungskommission wird es zunächst nicht geben. Aber die ihr durch die Task Forces zugedachten Funktionen werden dennoch umgesetzt und von der unabhängigen Ethikkommission übernommen. Das ist ein Kompromiss, mit dem ich sehr gut leben kann. Schließlich geht es nicht um den Namen einer Kommission, sondern allein um die Sache.

DFB.de: Sie sagen, dass Pieth-Papier ist zu 90 Prozent deckungsgleich mit Ihren Vorstellungen. Wo gibt es Unterschiede?

Zwanziger:Vor allem bei der Tatsache, dass Professor Pieth und sein Gremium fordern, dass die Vorsitzenden der unabhängigen Audit- und Compliance-Komission ohne Stimmrecht im Exko sitzen. Das halte ich für falsch.

DFB.de: Wieso?

Zwanziger: Weil man dann wieder anfängt, den Fehler zu machen, Dinge zu mischen, die getrennt gehören. Wenn unabhängige Personen Entscheidungen des Exekutivkomitees mitgestalten und im Anschluss objektiv bewerten oder sogar revidieren müssen, ergeben sich klassische Interessenskonflikte. Sie verlieren dadurch einen Teil ihrer Unabhängigkeit. Dieses Thema habe ich mit Professor Pieth auch in aller Offenheit besprochen, und ich habe das Gefühl, dass er meiner Argumentation durchaus folgen konnte und akzeptiert, dass diese Personen nur bei Bedarf hinzugezogen werden.

DFB.de: Neben einer Amtszeitbegrenzung ist auch eine Alterbegrenzung im Gespräch. Was halten Sie für sinnvoller?

Zwanziger: Ich persönlich bin, ebenso wie Professor Pieth, der Ansicht, dass eine Amtszeitbegrenzung wichtiger ist. Ein 70-Jähriger kann durchaus bessere Arbeit abliefern als beispielsweise ein 50-Jähriger. Sepp Blatter hat das heute in der Exkositzung in einer für mich sehr eindrucksvollen Weise gezeigt. Wichtig ist jedoch, dass man ein Amt nur über eine begrenzte Zeit ausüben sollte. Je länger man in einer wichtigen Position ist, desto größer wird die Gefahr, dass man sich in den Dingen auch persönlich zu sehr verstrickt und die notwendige Distanz von Sache und Personen ein Stück verloren geht. Daher bin ich klar für eine Amtszeitbegrenzung, die ich persönlich für mich auf freiwilliger Ebene immer praktiziert habe.

DFB.de: Viel diskutiert wurde zuletzt auch über das internationale Regelboard IFAB, das Verfahren zur Vergabe der Männer-Weltmeisterschaft und die Zusammensetzung des FIFA-Exekutivkomitees.

Zwanziger: Das stimmt, und all diese Punkte haben die Task Forces in den zurückliegenden Monaten intensiv bearbeitet und waren Bestandteil meiner heutigen Präsentation vor dem Exekutivkomitee. Klar ist, dass es auch in diesen Bereichen Änderungen geben muss. So wollen wir den IFAB als Marke zwar behalten, aber die doch recht undemokratische Besetzung und wenig transparente Arbeitsweise ändern. Ein entsprechender Antrag soll dem Kongress im Mai zur Abstimmung vorgelegt werden.

DFB.de: Ist der Reformprozess nun beendet?

Zwanziger: Nein, keinesfalls. Neben den dringenden Punkten gibt es noch eine Reihe von sportpolitischen Änderungen, die sorgfältig diskutiert und einem abschließenden Ergebnis beim Kongress 2013 zugeführt werden sollen. Deshalb wird das von meiner Kommission erarbeitete neue Statut dem Kongress in Budapest bereits präsentiert und kann dann in eine demokratische Entscheidungsfindung über die Konföderationen eingebracht werden. Ein solcher Prozess ist nicht auf Knopfdruck umsetzbar. Man muss auch Skeptiker überzeugen und für Mehrheiten sorgen. Die Mitglieder der FIFA, selbstbewusste Nationalverbände, müssen mitwirken können und somit von den Veränderungen auch selbst überzeugt sein. Die Entwicklung von Demokratie und Transparenz ist nicht nur im Fußball ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geht.

DFB.de: Trotz Ihrer Zufriedenheit: Haben Sie Bedenken, dass die Kritik an Sepp Blatter jetzt lauter wird?

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Zwanziger: Richtig zufrieden bin ich erst, wenn der Kongress in Budapest tatsächlich das beschließt, was das Exko heute auf den Weg gebracht hat. Ich bin dankbar, dass der FIFA-Präsident Wort gehalten und sich an die Spitze dieses Zuges gesetzt hat. Die wichtigen Dinge, die heute verabschiedet wurden, wären ohne seinen intensiven Einsatz nicht zustande gekommen. Zudem hat der FIFA-Präsident, und darüber freue ich mich sehr, in den wichtigen Punkten auch immer die Unterstützung des UEFA-Präsidenten Michel Platini erfahren.

DFB.de: Kritisiert wurde die FIFA zuletzt auch von den Profiklubs. Auch dieses Thema wurde auf der Sitzung in Zürich behandelt. Mit welchem Ergebnis?

Zwanziger: Zunächst einmal kann ich nicht verhehlen, dass es in Teilen des Exekutivkomitees Verärgerung und Vorbehalte gegenüber Klubs gibt. Ich halte dies für ungerecht, muss aber auch feststellen, dass das öffentliche Auftreten mancher Klubvertreter diese Vorbehalte gestärkt hat. Dennoch haben wir im Exekutivkomitee wichtige Entscheidungen herbeiführen können, die vor allem auch den europäischen Spitzenklubs helfen.

DFB.de: Welche sind das?

Zwanziger: Der Spielkalender für die kommenden Jahre, der den Klubs größere Planungssicherheit gibt, wurde genehmigt. Ich muss darauf hinweisen, dass es durchaus beachtliche Vorbehalte gegen diese Reform gab und es vor allem des Einsatzes von Michel Platini bedurfte, diese Änderung herbeizuführen. Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist die Einführung der Versicherung für Nationalspieler bei allen Vorbereitungs-, Qualifikations- und WM-Spielen. Damit ist für die Verbände und die Klubs ein umfangreicher Versicherungsschutz für alle internationalen Wettbewerbe sichergestellt. Zu verhandeln ist hingegen noch die höhere Beteiligung der Profiklubs an den Einnahmen aus der Weltmeisterschaft. Aber ich vertraue darauf, dass auch in diesem Bereich in sachlichen Gesprächen, für die der FIFA-Präsident immer zu haben ist, eine einvernehmliche Lösung erzielt werden kann.