Zimmermann: "Einige Freunde werden mich beschimpfen"

Derbyzeit in Hessen. Mit Darmstadt 98 und Kickers Offenbach prallen am Samstag (ab 14 Uhr) am Böllenfalltor nicht nur zwei alte Rivalen, sondern auch völlig unterschiedliche Gemütslagen aufeinander. Der OFC ist seit 13 Pflichtspielen ungeschlagen und hat mit dem Einzug in die dritte Runde des DFB-Pokals durch das 2:0 über Union Berlin weiteres Selbstvertrauen getankt. Gastgeber Darmstadt hat aus den vergangenen fünf Partien nur einen Punkt geholt und steht in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz.

Jan Zimmermann ist nicht nur wegen der sportlichen Drucksituation heiß aufs Derby. Darmstadts Torwart und Kapitän ist gebürtiger Offenbacher. Gespielt hat der 27-Jährige nie für den OFC, stattdessen trug er 16 Jahre lang das Trikot von Eintracht Frankfurt (5 Bundesligaspiele), ehe er 2010 nach Darmstadt wechselte und mit den Südhessen in die 3. Liga aufstieg. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Zimmermann über das Darmstädter Tief, die besonderen Gedanken eines Torhüters, die positive Entwicklung bei Eintracht Frankfurt und schimpfende Freunde.

DFB.de: Herr Zimmermann, erleben Sie gerade die schwierigste Phase Ihrer Darmstädter Zeit?

Jan Zimmermann: Mit Sicherheit. Die ersten eineinhalb Jahre waren durchweg positiv, erst der Aufstieg in die 3. Liga, dann unsere erste Saison dort, in der wir 49 Punkte geholt haben und nie in eine prekäre Lage gekommen sind. Wir wurden damals als Absteiger Nummer eins gehandelt, da lebt es sich leichter. Jetzt sieht das anders aus, wir hatten zuletzt konstant schlechte Ergebnisse und stehen so weit unten wie in der gesamten Vorsaison nicht.

DFB.de: Wie reagiert man darauf?

Zimmermann: Indem man sich aufs Wesentliche besinnt. Natürlich hatte sich das gesamte Umfeld eine Steigerung gegenüber der vergangenen Saison erhofft, aber das wären mindestens 50 Punkte, das ist ein riesiger Schritt. Zumal die Liga noch ausgeglichener geworden ist und weiter an Qualität gewonnen hat. Mir war klar, dass es ein extrem schwieriges Jahr wird. Wobei ich auch betonen muss, dass wir eindeutig unter Wert in der Tabelle stehen.

DFB.de: Warum läuft es für Ihr Team schlechter als in der Vorsaison?

Zimmermann: Im Sommer gab es im Kader noch mal einen Umbruch. Außerdem haben wir viele Spieler, die vergangene Saison ihr erstes Jahr in der 3. Liga hatten. Es ist gut gelaufen, dadurch steigt die Erwartungshaltung – von außen, aber auch an sich selbst. Nehmen wir als Beispiel in der Bundesliga meine Torwartkollegen Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen. Sie sind bestimmt nicht schlechter geworden, werden aber anders gesehen und beurteilt nach ihrer überragenden Anfangszeit. Die Last auf deinen Schultern wird dann immer schwerer, weil man auch von sich selbst mehr erwartet. Ich kann das voll nachempfinden.



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Derbyzeit in Hessen. Mit Darmstadt 98 und Kickers Offenbach prallen am Samstag (ab 14 Uhr) am Böllenfalltor nicht nur zwei alte Rivalen, sondern auch völlig unterschiedliche Gemütslagen aufeinander. Der OFC ist seit 13 Pflichtspielen ungeschlagen und hat mit dem Einzug in die dritte Runde des DFB-Pokals durch das 2:0 über Union Berlin weiteres Selbstvertrauen getankt. Gastgeber Darmstadt hat aus den vergangenen fünf Partien nur einen Punkt geholt und steht in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz.

Jan Zimmermann ist nicht nur wegen der sportlichen Drucksituation heiß aufs Derby. Darmstadts Torwart und Kapitän ist gebürtiger Offenbacher. Gespielt hat der 27-Jährige nie für den OFC, stattdessen trug er 16 Jahre lang das Trikot von Eintracht Frankfurt (5 Bundesligaspiele), ehe er 2010 nach Darmstadt wechselte und mit den Südhessen in die 3. Liga aufstieg. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Zimmermann über das Darmstädter Tief, die besonderen Gedanken eines Torhüters, die positive Entwicklung bei Eintracht Frankfurt und schimpfende Freunde.

DFB.de: Herr Zimmermann, erleben Sie gerade die schwierigste Phase Ihrer Darmstädter Zeit?

Jan Zimmermann: Mit Sicherheit. Die ersten eineinhalb Jahre waren durchweg positiv, erst der Aufstieg in die 3. Liga, dann unsere erste Saison dort, in der wir 49 Punkte geholt haben und nie in eine prekäre Lage gekommen sind. Wir wurden damals als Absteiger Nummer eins gehandelt, da lebt es sich leichter. Jetzt sieht das anders aus, wir hatten zuletzt konstant schlechte Ergebnisse und stehen so weit unten wie in der gesamten Vorsaison nicht.

DFB.de: Wie reagiert man darauf?

Zimmermann: Indem man sich aufs Wesentliche besinnt. Natürlich hatte sich das gesamte Umfeld eine Steigerung gegenüber der vergangenen Saison erhofft, aber das wären mindestens 50 Punkte, das ist ein riesiger Schritt. Zumal die Liga noch ausgeglichener geworden ist und weiter an Qualität gewonnen hat. Mir war klar, dass es ein extrem schwieriges Jahr wird. Wobei ich auch betonen muss, dass wir eindeutig unter Wert in der Tabelle stehen.

DFB.de: Warum läuft es für Ihr Team schlechter als in der Vorsaison?

Zimmermann: Im Sommer gab es im Kader noch mal einen Umbruch. Außerdem haben wir viele Spieler, die vergangene Saison ihr erstes Jahr in der 3. Liga hatten. Es ist gut gelaufen, dadurch steigt die Erwartungshaltung – von außen, aber auch an sich selbst. Nehmen wir als Beispiel in der Bundesliga meine Torwartkollegen Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen. Sie sind bestimmt nicht schlechter geworden, werden aber anders gesehen und beurteilt nach ihrer überragenden Anfangszeit. Die Last auf deinen Schultern wird dann immer schwerer, weil man auch von sich selbst mehr erwartet. Ich kann das voll nachempfinden.

DFB.de: Nur zwei Mannschaften haben mehr Gegentore als die "Lilien" kassiert. Wie sehr nagt das am Torwart?

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Zimmermann: Sehr. Kein Torwart ist so abgebrüht, dass er so etwas nicht an sich heranlässt. Ich bin ein Typ, der viel hinterfragt, der sich eher zu viele Gedanken macht. Aber ich kann mittlerweile gut unterscheiden, ob ich einen echten Fehler gemacht habe oder ein Tor nicht verhindern konnte. Ich habe ja keine Phase, in der ich Wochenende für Wochenende patze. Für einen Torwart ist jedes Gegentor wie eine persönliche Niederlage. Aber es ist wichtig, sich nicht jedes Tor anzukreiden, sonst setzt man eine Spirale in Gang, unter der die Leistung dauerhaft leidet. Wenn man mit nichts zufrieden ist, ist das kein erfolgreicher Weg. Genauso weiß ich auch, dass ich kein Wundertorwart bin, wenn wir zehnmal hintereinander zu Null spielen, sondern dass dann das Team funktioniert.

DFB.de: Der SV Darmstadt 98 träumt von einem neuen Stadion und ist dabei, seine Strukturen weiter zu verändern. Spüren Sie da als Spieler eine besondere Verantwortung, nicht durch einen Abstieg vieles zu gefährden?

Zimmermann: Natürlich. Darmstadt 98 ist ein Verein im Aufbruch. Es ist sehr spannend und ein positives Gefühl, bei diesem Prozess dabei zu sein. Der Klub hat großes Entwicklungspotenzial. Wir Spieler müssen uns bewusst sein, dass wir diese Entwicklung mit schlechten sportlichen Leistungen bremsen oder sogar zerstören können.

DFB.de: Am Samstag kommt der seit 13 Pflichtspielen ungeschlagene OFC zum Hessenderby ans Böllenfalltor. Für die Fans ein besonderes Spiel …

Zimmermann: … für uns auch. Es ist ein Highlight. Die Favoritenrolle ist klar verteilt, aber wir werden die Kickers um 14 Uhr auf dem Rasen schön willkommen heißen. Die Offenbacher haben sich nach ihren vier Niederlagen zum Saisonauftakt zusammengerissen und stehen taktisch sehr diszipliniert. Dazu sind sie durch Julius Reinhardt vor allem bei Standards brandgefährlich.

DFB.de: Sind Sie als ehemaliger Spieler von Eintracht Frankfurt gegen den OFC zusätzlich motiviert?

Zimmermann: Weniger weil ich Ex-Eintrachtler, sondern weil ich gebürtiger Offenbacher bin. Ich wohne in Obertshausen, das liegt direkt unterhalb vom Bieberer Berg. Am Samstag werden wieder viele Freunde von mir im Stadion sein und mich beschimpfen (lacht).

DFB.de: Was sagen Sie eigentlich zum Aufschwung bei Eintracht Frankfurt?

Zimmermann: Es freut mich riesig. Wer die Entwicklung seit dem Abstieg genau beobachtet hat, für den kommt das gar nicht so überraschend. Die Eintracht hat konzeptionell zuletzt extrem gut gearbeitet. Der eigentliche Clou war, Spieler wie Schwegler, Rode und Jung nach dem Abstieg zu halten. Sie werden jetzt gefeiert. Da hat der Verein Weitsicht bewiesen. Und die Neuverpflichtungen des Sommers passen sehr gut ins Raster.

DFB.de: Einer der Neuen, Kevin Trapp, ist die neue Nummer eins in Frankfurt und hat das Kunststück vollbracht, sich gegen Urgestein Oka Nikolov durchzusetzen.

Zimmermann: Respekt. Kevin bestätigt seine Leistung Woche für Woche. Bei der Diskussion ums Eintracht-Tor ist mir allerdings immer übel aufgestoßen, wie negativ Oka Nikolov von vielen gesehen wurde. Wer so viele Bundesligaspiele macht und sich gegen so viele Konkurrenten durchsetzt wie Oka, hat Qualität. Niemand ist fast zwei Jahrzehnte im Profigeschäft, wenn er nicht Leistung bringt – schon gar nicht im Tor.