Ziemer: "Die Saison überstehen - und dann andere Ziele stecken"

Der Aufschwung des FC Hansa Rostock in der 3. Liga ist eng mit seinem Namen verknüpft. Mit vier Toren in den ersten fünf Partien nach der Winterpause hatte Marcel Ziemer großen Anteil daran, dass die Kogge dank einer Positivserie die Abstiegsplätze verlassen konnte. Die Leistungen des 29 Jahre alten Stürmers honorierten die User von DFB.de nun mit der Wahl zum Spieler des Monats Februar.

Bei insgesamt 6123 abgegebenen Stimmen vereinigte Ziemer, der überall nur "Cello" gerufen wird, 62,2 Prozent auf sich und ließ die hochkarätige Konkurrenz deutlich hinter sich. Auf den Plätzen landeten weitere Erfolgsgaranten wie Holstein Kiels Kapitän Rafael Kazior (12,8 Prozent), Kingsley "King" Onuegbu vom MSV Duisburg (12 Prozent), Arminia Bielefelds Toptorjäger Fabian Klos (11,3 Prozent) und Rot-Weiß Erfurts Spielmacher Sebastian Tyrala (1,7 Prozent). "Das Ergebnis macht mich schon ein wenig stolz, doch ohne unsere Mannschaft wäre eine solche Auszeichnung gar nicht möglich", sagt Marcel Ziemer.

Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der Rostocker Hoffnungsträger mit dem Journalisten Ralf Debat über die Unterstützung der Hansa-Fans, die Gründe für den Aufwärtstrend und das bevorstehende Spiel bei Spitzenreiter Arminia Bielefeld.

DFB.de: Von den DFB.de-Usern wurden Sie mit großem Abstand zum Spieler des Monats Februar in der 3. Liga gewählt. Was bedeutet Ihnen eine solche persönliche Auszeichnung, Herr Ziemer?

Marcel Ziemer: Das ist für mich natürlich eine schöne Sache und auch eine kleine Belohnung für die Leistungen nach der Winterpause. Es ist auch ein Beleg für die Wertschätzung, die ich mir bei den Fans in Rostock inzwischen erarbeiten konnte. Das macht mich schon ein wenig stolz. Im Vordergrund steht aber der Erfolg der Mannschaft. Ohne das Team wäre eine solche Auszeichnung auch nie möglich.

DFB.de: Im August waren Sie nach ihrem Viererpack beim 4:4 in Regensburg schon einmal nominiert, wurden aber hinter Justin Eilers von Dynamo Dresden "nur" Zweiter. Freut Sie die Wahl deshalb besonders?

Ziemer: Schon bei der Auswahl dabei zu sein, ist in dieser starken und ausgeglichenen Liga etwas Besonderes. Deshalb war ich schon froh, überhaupt nominiert zu werden. Dann auch noch zu gewinnen, ist umso schöner.

DFB.de: Ist Ihr Sieg auch Ausdruck der großen Unterstützung durch die Hansa-Anhänger?

Ziemer: Definitiv. Wie uns die Fans sowohl zu Hause als auch auswärts unterstützen, ist schon Wahnsinn. Sie geben alles für den Verein, und dieses Vertrauen wollen wir auch mit guten Leistungen zurückzahlen.

DFB.de: Nach einer enttäuschenden Hinserie musste der FC Hansa auf dem vorletzten Tabellenplatz überwintern. Durch eine Positivserie mit sechs Spielen ohne Niederlage gelang der Sprung ans rettende Ufer, aktuell sind es bereits sechs Punkte Abstand zur Gefahrenzone. Wie erklären Sie sich diesen Aufschwung?

Ziemer: Ich hatte schon während unseres Wintertrainingslagers ein gutes Gefühl. Wir sind als Mannschaft gewachsen, stehen in der Defensive gut und schießen eigentlich immer mindestens ein Tor. Entscheidend sind dabei aus meiner Sicht die Kompaktheit und die Geschlossenheit der Mannschaft. Wir sind jetzt auch in der Lage, Rückstände umzubiegen und Arbeitssiege wie zuletzt beim 1:0 gegen den Chemnitzer FC einzufahren. Das alles ist das Produkt unserer Anstrengungen, und ich bin mir sicher, dass wir uns im weiteren Saisonverlauf noch steigern können.

DFB.de: Wie sehr tragen die insgesamt acht Winterzugänge zum positiven Trend bei?

Ziemer: Sie helfen uns überall, leisten ihren Beitrag und haben viel Qualität mitgebracht. Noch wichtiger aber ist, dass bei uns jetzt jeder genau weiß, worum es geht. So müssen wir weitermachen, dann ist mir nicht bange.

DFB.de: Sie selbst trafen nach der Winterpause in vier der ersten fünf Partien. Was war Ihr persönliches Highlight?

Ziemer: Die positiven Ergebnisse als Mannschaft sind mir viel wichtiger als meine Tore. Sehr erfreulich war es für mich, dass wir gegen Jahn Regensburg und den Halleschen FC jeweils nach Rückständen zurückgekommen sind und noch wichtige Punkte eingefahren haben. Dass ich dazu beitragen konnte, freut mich sehr.

DFB.de: In der aktuellen Torjägertabelle liegen Sie mit 14 Toren hinter Fabian Klos von Arminia Bielefeld, der 19 Treffer erzielt hat, ebenso auf Platz zwei wie in der "Ewigen Bestenliste" der 3. Liga mit insgesamt 63 Toren hinter dem Chemnitzer Anton Fink, der bislang 81-mal erfolgreich war. Wie sehr interessierenn Sie solche Statistiken?

Ziemer: Man hat schon mal ein Auge darauf, was die anderen Stürmer so machen. Und ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass es mich schon stolz macht, der zweitbeste Torschütze aller Zeiten in der 3. Liga zu sein. Es ist aber nicht so, dass ich mich damit ständig beschäftige. Priorität hat ganz klar, dass der FC Hansa am Saisonende über dem Strich steht.

DFB.de: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass Rostock auch in der nächsten Saison drittklassig spielen wird?

Ziemer: Wenn wir an die nach der Winterpause gezeigten Leistungen anknüpfen, dann stehen die Chancen gut. Wir dürfen jetzt nur nicht denken, dass wir schon etwas erreicht hätten. Noch liegt viel Arbeit vor uns.

DFB.de: Ihr Vertrag läuft noch bis 2016. Wie bewerten Sie die mittel- und längerfristigen Perspektiven?

Ziemer: Zunächst einmal geht es darum, diese Saison so gut wie möglich zu überstehen. Danach wird sich der Verein sicher wieder andere Ziele stecken. Das hängt allerdings von vielen Faktoren ab und ist ganz sicher nicht Aufgabe eines Spielers.

DFB.de: Sie sind erst seit Saisonbeginn in Rostock, rund 750 Kilometer von Ihrer Heimat in Worms entfernt. Wie gefällt es Ihnen persönlich?

Ziemer: Die Umgebung ist klasse, die Lebensqualität sehr hoch. Das Meer liegt schließlich direkt vor der Haustür. Im Umfeld des Vereins herrschen Bundesligaverhältnisse. Das macht schon großen Spaß. Trotzdem war es für mich am Anfang nicht leicht, so weit von der Familie entfernt zu sein und sie oft nur einmal im Monat sehen zu können. Ich bin ein echter Familienmensch, vor allem meine Söhne Marc und Jonas fehlen mir. Mit der Zeit habe ich das aber ganz gut hinbekommen, und das sieht man auch auf dem Platz. Sehr geholfen haben mir meine Mannschaftskollegen und ganz besonders mein Mitbewohner und ehemaliger Mitspieler Martin Pett, der aus Rostock kommt und mit dem ich mich sofort sehr gut verstanden habe. Martin spielt zwar inzwischen beim FC Schönberg in der Oberliga, unsere Wohngemeinschaft besteht aber weiter.

DFB.de: Warum werden Sie eigentlich "Cello" genannt?

Ziemer: Das stimmt noch aus meiner Jugendzeit beim 1. FC Kaiserslautern, als mich dort zuerst unser damaliger Innenverteidiger Oliver Schäfer als Abwandlung von Marcel oder Marcello so gerufen hat. Das hat sich dann so eingebürgert und inzwischen auch bis Rostock herumgesprochen.

DFB.de: Am Samstag geht es zum souveränen Spitzenreiter Arminia Bielefeld. Was nehmen Sie sich vor?

Ziemer: Die 3. Liga ist so ausgeglichen, dass wirklich jeder jeden schlagen kann. Auch wir besitzen die Qualität, um bei optimaler Leistung Arminia Bielefeld zu besiegen. Das ist unser Ziel.