Welt- und Europameister: "Dauerläufer" Stefan Reuter wird 50

Ist er wirklich schon 50? Ist es schon so lange her, dass er die rechte Außenbahn entlang flitzte und später mit roten Lausbubenwangen erfrischend offene Interviews gab? Vor 16 Jahren beendete Stefan Reuter seine Spieler-Karriere, von der viele, die ihn heute als Sportdirektor des FC Augsburg kennen, schon gar nichts mehr wissen. Grund genug, all das noch einmal in Erinnerung zu rufen, denn Stefan Reuter gewann fast alle Titel, die es zu gewinnen gab.

Auch den des bayerischen Meisters im Crosslauf, denn der Teenager war ein ambitionierter Leichtathlet. In ganz Dinkelsbühl in Franken, wo er mit fünf Jahren dem örtlichen Fußballklub TSV beitrat, kannten sie den kleinen Stefan, der schneller laufen und weiter springen konnte als alle anderen. Seine 100-Meter-Zeit: 11,2 Sekunden.

Schon mit zwölf durfte er sich Bezirksmeister im Weitsprung nennen, aber wer als Bub in jenen Tagen, als Franz Beckenbauer und Gerd Müller noch spielten, aufwuchs, der hatte den großen Traum, Fußballer zu werden. Stefan Reuter erfüllte ihn sich. Mit 16 wechselte er zum 1. FC Nürnberg, mit 17 war er das erste Mal Europameister. Die U 16-EM fand 1984 im eigenen Land statt und auch wenn der Name etwas anderes verhieß, durften 17-Jährige daran mitwirken. So stand er im Kader der Mannschaft von Berti Vogts, die am 5. Mai in Böblingen die Sowjetunion 2:0 bezwang. Reuter saß 69 Minuten lang auf der Bank, kaum war er auf dem Platz, da schoss Daniel Simmes das 2:0. Nur zwei der Europameister wurden Nationalspieler: Bodo Illgner und Reuter. Sechs Jahre später wurden sie gemeinsam in Rom Weltmeister.

Bis dahin hatte Reuter noch manche Prüfung zu bestehen, nur das Abitur nicht. Er ging in der Hoffnung auf eine Profi-Karriere 18 Monate vorher von der Schule, nicht gerade zur Freude seiner Eltern. Denen aber machte er später noch viel Freude, denn Reuter ging seinen Weg. Glückliche Umstände standen ihn am Anfang zur Seite. Als im Oktober 1984 beim Club eine Revolution gegen Trainer Heinz Höher ausbrach, stellte sich der Verein auf die Seite Höhers und warf die Rädelsführer raus. Reuter, der als einer von fünf Spielern das Training nicht boykottiert hatte, bekam zum Dank dafür seine Chance und wurde mit gerade 18 ins Zweitliga-Feuer geworfen. Reuter: "Heinz Höher brachte mir bei, worauf es im bezahlten Fußball ankommt."

Debüt am Tivoli

Auf dem Aachener Tivoli gab er am 2. November noch als Amateur sein Debüt in der Ersten Mannschaft und bestritt bis Saisonende 25 Spiele von Anfang an. Die Jungen Wilden rollten das Feld von hinten auf, an der Seite von Dieter Eckstein und Roland Grahammer stürmte Reuter auf Anhieb in die Bundesliga, wo der Club weiter Furore machte. Es kam, was für Fachleute kommen musste: die Einladung in die Nationalmannschaft. Am 18. April 1987 wechselte ihn Teamchef Franz Beckenbauer in Köln gegen Italien für Wolfgang Rolff ein, denn neue Männer brauchte das Land für die EM 1988.

An der durfte Reuter zu seiner Enttäuschung nicht teilnehmen, obwohl er im Dezember 1987 in Brasilien schon sein erstes Länderspiel-Tor geschossen und in der Saison 1987/1988 kein Spiel verpasst hatte. Es warf den „Turbo aus Dinkelsbühl“ nicht um. Gleich nach dem EM-Sommer wechselte er nach 100 Bundesligaspielen, alle in der Start-Elf, gemeinsam mit Roland Grahammer zu den Bayern. Hier wurde er auf Anhieb Stammspieler, saß in drei Jahren wieder nicht ein einziges Mal auf der Bank und feierte unter Trainer Jupp Heynckes auf Anhieb zwei Meisterschaften. Und der Kaiser rief ihn alsbald zurück zu seinen Fahnen. In Italien gehörte er 1990 zum großen Bayern-Block im Weltmeister-Kader. In den ersten vier Spielen verpasste er keine Sekunde, dann stellte Beckenbauer um und Reuter musste beim Viertelfinale gegen die Tschechen zuschauen. "Es fiel mir sehr schwer, mich mit der Entscheidung von Beckenbauer abzufinden", sagte Reuter. Im Halbfinale gegen England saß er wieder auf der Bank, wurde aber ebenso eingewechselt wie im Finale von Rom gegen die Argentinier. Mit sechs Einsätzen darf er sich also als vollwertiger Weltmeister fühlen. Der Weltmeister-Glanz strahlte auch auf ihn ab und so kamen selbst Außenverteidiger für Italiens Top-Klubs in Frage. Fast alle Weltmeister hatten aus dem Gastgeberland Angebote erhalten, Reuter eines von Juventus Turin. Im März 1991 schoss er in Hamburg noch das Tor des Monats, dann verabschiedete er sich gemeinsam mit Jürgen Kohler gen Italien. Die Bayern freuten sich über 5,8 Millionen DM Ablöse.



Ist er wirklich schon 50? Ist es schon so lange her, dass er die rechte Außenbahn entlang flitzte und später mit roten Lausbubenwangen erfrischend offene Interviews gab? Vor 16 Jahren beendete Stefan Reuter seine Spieler-Karriere, von der viele, die ihn heute als Sportdirektor des FC Augsburg kennen, schon gar nichts mehr wissen. Grund genug, all das noch einmal in Erinnerung zu rufen, denn Stefan Reuter gewann fast alle Titel, die es zu gewinnen gab.

Auch den des bayerischen Meisters im Crosslauf, denn der Teenager war ein ambitionierter Leichtathlet. In ganz Dinkelsbühl in Franken, wo er mit fünf Jahren dem örtlichen Fußballklub TSV beitrat, kannten sie den kleinen Stefan, der schneller laufen und weiter springen konnte als alle anderen. Seine 100-Meter-Zeit: 11,2 Sekunden.

Schon mit zwölf durfte er sich Bezirksmeister im Weitsprung nennen, aber wer als Bub in jenen Tagen, als Franz Beckenbauer und Gerd Müller noch spielten, aufwuchs, der hatte den großen Traum, Fußballer zu werden. Stefan Reuter erfüllte ihn sich. Mit 16 wechselte er zum 1. FC Nürnberg, mit 17 war er das erste Mal Europameister. Die U 16-EM fand 1984 im eigenen Land statt und auch wenn der Name etwas anderes verhieß, durften 17-Jährige daran mitwirken. So stand er im Kader der Mannschaft von Berti Vogts, die am 5. Mai in Böblingen die Sowjetunion 2:0 bezwang. Reuter saß 69 Minuten lang auf der Bank, kaum war er auf dem Platz, da schoss Daniel Simmes das 2:0. Nur zwei der Europameister wurden Nationalspieler: Bodo Illgner und Reuter. Sechs Jahre später wurden sie gemeinsam in Rom Weltmeister.

Bis dahin hatte Reuter noch manche Prüfung zu bestehen, nur das Abitur nicht. Er ging in der Hoffnung auf eine Profi-Karriere 18 Monate vorher von der Schule, nicht gerade zur Freude seiner Eltern. Denen aber machte er später noch viel Freude, denn Reuter ging seinen Weg. Glückliche Umstände standen ihn am Anfang zur Seite. Als im Oktober 1984 beim Club eine Revolution gegen Trainer Heinz Höher ausbrach, stellte sich der Verein auf die Seite Höhers und warf die Rädelsführer raus. Reuter, der als einer von fünf Spielern das Training nicht boykottiert hatte, bekam zum Dank dafür seine Chance und wurde mit gerade 18 ins Zweitliga-Feuer geworfen. Reuter: "Heinz Höher brachte mir bei, worauf es im bezahlten Fußball ankommt."

Debüt am Tivoli

Auf dem Aachener Tivoli gab er am 2. November noch als Amateur sein Debüt in der Ersten Mannschaft und bestritt bis Saisonende 25 Spiele von Anfang an. Die Jungen Wilden rollten das Feld von hinten auf, an der Seite von Dieter Eckstein und Roland Grahammer stürmte Reuter auf Anhieb in die Bundesliga, wo der Club weiter Furore machte. Es kam, was für Fachleute kommen musste: die Einladung in die Nationalmannschaft. Am 18. April 1987 wechselte ihn Teamchef Franz Beckenbauer in Köln gegen Italien für Wolfgang Rolff ein, denn neue Männer brauchte das Land für die EM 1988.

An der durfte Reuter zu seiner Enttäuschung nicht teilnehmen, obwohl er im Dezember 1987 in Brasilien schon sein erstes Länderspiel-Tor geschossen und in der Saison 1987/1988 kein Spiel verpasst hatte. Es warf den „Turbo aus Dinkelsbühl“ nicht um. Gleich nach dem EM-Sommer wechselte er nach 100 Bundesligaspielen, alle in der Start-Elf, gemeinsam mit Roland Grahammer zu den Bayern. Hier wurde er auf Anhieb Stammspieler, saß in drei Jahren wieder nicht ein einziges Mal auf der Bank und feierte unter Trainer Jupp Heynckes auf Anhieb zwei Meisterschaften. Und der Kaiser rief ihn alsbald zurück zu seinen Fahnen. In Italien gehörte er 1990 zum großen Bayern-Block im Weltmeister-Kader. In den ersten vier Spielen verpasste er keine Sekunde, dann stellte Beckenbauer um und Reuter musste beim Viertelfinale gegen die Tschechen zuschauen. "Es fiel mir sehr schwer, mich mit der Entscheidung von Beckenbauer abzufinden", sagte Reuter. Im Halbfinale gegen England saß er wieder auf der Bank, wurde aber ebenso eingewechselt wie im Finale von Rom gegen die Argentinier. Mit sechs Einsätzen darf er sich also als vollwertiger Weltmeister fühlen. Der Weltmeister-Glanz strahlte auch auf ihn ab und so kamen selbst Außenverteidiger für Italiens Top-Klubs in Frage. Fast alle Weltmeister hatten aus dem Gastgeberland Angebote erhalten, Reuter eines von Juventus Turin. Im März 1991 schoss er in Hamburg noch das Tor des Monats, dann verabschiedete er sich gemeinsam mit Jürgen Kohler gen Italien. Die Bayern freuten sich über 5,8 Millionen DM Ablöse.

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Schon 1992 kehrte er zurück, nach 28 Einsätzen in der Serie A. Das begründete er so: "Juventus kaufte willkürlich ein – plötzlich waren wir fünf Ausländer. Da habe ich gewusst, das gibt so oder so Theater. Mit so einem System kann ich mich nicht identifizieren, da bist du nicht mehr Mensch, nur noch Ware. Also habe ich die Konsequenzen gezogen." Damals durften pro Team immer nur zwei Ausländer spielen. Dennoch sei die Zeit in Turin "ein Traum" gewesen.

Nun ging er nach Dortmund und blieb dort zwölf lange Jahre. Er erlebte die goldene Hitzfeld-Ära mit, gewann die Meisterschaften 1995 und 1996 und stand in der Elf, die am 29. Mai 1997 in München die Champions League gewann. Reuter: "Der absolute Höhepunkt meiner Karriere als Klub-Spieler." Am Jahresende kam der Welt-Pokal hinzu.

"Unfassbar emotionales" Halbfinale in Wembley

Die Nationalelf-Karriere verlief nicht so geradlinig weiter. 1992 stand er noch im verlorenen EM-Finale gegen Dänemark, aber als einziger nicht zurückgetretener Weltmeister, der in Rom auf dem Feld stand, durfte er 1994 nicht mit zur WM in die USA. Was auch an Verletzungen lag, 1993 bestritt er kein Länderspiel unter Berti Vogts. 1996 in England war er dann wieder dabei, als Deutschland Europameister wurde. Nur nicht im Finale, diesmal kam er auch nicht von der Bank, denn er hatte sich im Halbfinale gegen die Engländer eine Gelb-Sperre eingehandelt. Immerhin zählte er zu den Elfmeterschützen, die sein Team ins Finale schossen. Reuter: "Ich habe einfach für mich beschlossen, dass mein persönliches Endspiel das Halbfinale gegen England in Wembley war. Das war einfach ein unfassbar emotionales Duell mit einem dramatischen Elfmeterschießen als krönender Abschluss. Mehr geht eigentlich nicht." Nach der WM 1998 in Frankreich trat er zurück, nur im Eröffnungsspiel gegen die USA war die defensive Allzweckwaffe zum Einsatz gekommen. 69 A-Länderspiele stehen in den Chroniken ("Jedes war ein Höhepunkt für mich"), nur zwei Tore – aber das war ja nicht sein Metier, wenngleich ihm Jupp Heynckes einmal allen Ernstes sage, er kenne keinen Spieler mit einem besseren Abschluss.

Reuter ist einer von 17 deutschen Nationalspielern, die sich Welt- und Europameister nennen können, das ist Grund genug, stolz zu sein. Ebenso wie der Fakt, dass nach ihm kein Feldspieler in der Bundesliga mehr die 500-Spiele-Marke passierte. 502 sind es geworden in seiner letzten Saison 2003/04, nun längst Libero spielend. Mehr als 530 hätten es werden können, doch 2000 fiel er wegen eines Knorpelschadens monatelang aus. Auch vier Platzverweise sorgten für unfreiwillige Pausen. 496-mal stand er in der Startelf, auf einen Leader wie ihn wollte kein Trainer verzichten. Auch unter Matthias Sammer, ein Jahr jünger als er, war er 2002 noch mal Deutscher Meister geworden. Danach sah es drei Spiele vor Schluss nicht aus, Leverkusen war vier Punkte enteilt. „Doch meine Frau Birgit prophezeite mir: Ihr werdet Meister!“ Reuters fünfte Meisterfeier fand in Begleitung seiner beiden Töchter Jessica und Jennifer statt. Dass sie, wie der Jubilar sagte, "beide Sportskanonen" mit richtig schnellen Beinen sind, das verwundert nicht wirklich.

Im Familienkreise feierte Reuter nach dem gestrigen Bundesligaspiel des FC Augsburg, seiner dritten Station als Manager (nach Borussia Dortmund und 1860 München) den runden Geburtstag. Die runde 50, manchen stimmt sie wehmütig, aber Stefan Reuter hat Grund, mit Stolz auf sein bisheriges Leben zurückzuschauen – und fröhlich zu feiern.

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