Vor einem Jahr in Brasilien: Hummels trifft aus allen Lagen

Vor einem Jahr - da war doch was. Sommer 2014, sieben Spiele bis zum Glück. Es begann in Salvador mit einem Traum, es endete in Rio mit dessen Erfüllung. Ein Jahr nach dem Triumph von Maracana lässt DFB.de die sieben deutschen Spiele bei der WM 2014 in Brasilien noch mal Revue passieren. Heute vor 365 Tagen: Der treffsichere Mats Hummels und das Viertelfinale gegen Frankreich.

Bastian Schweinsteiger ist der Erfinder der Sportart, Mats Hummels ihr König: Mülltonnen-Basketball. Keiner ist so treffsicher wie Hummels, keiner so konstant, keiner so elegant. Wenn Hummels zum Wurf ansetzt, sieht das so aus: Der linke Fuß steht leicht vor dem rechten, einmal tippt er den Ball am Boden auf, ein zweites Mal, dann wird das Ziel fixiert. Schließlich die Auslösung: rechter Arm nach oben, Ellbogen anwinkeln, strecken, Ball loslassen, Handgelenk abwinkeln. Und wenig später: Pfuuuump, drin ist das Ding.

Rio de Janeiro, 3. Juli 2014. Morgen ist Viertelfinale gegen Frankreich, heute ist Matchday minus one. Der wichtigste Termin auf der Agenda: das Abschlusstraining. Um 14 Uhr setzt sich das DFB-Team am Teamhotel am Strand von Barra in Bewegung. 50 Minuten Fahrzeit zum Maracana sind kalkuliert, nur 40 Minuten werden benötigt. Die Mannschaft wird perfekt durch den Verkehr eskortiert, das Maracana erreicht sie um 14.40 Uhr und damit früher als erwartet. Kurz in die Kabine, dann geht es raus. Es ist jetzt 14.50 Uhr, die Spieler laufen durch die Katakomben, Bastian Schweinsteiger geht voran. Gerade steigt er die zwölf Stufen hinauf und betritt den Innenraum des riesigen Rundes. Gleicht wird es losgehen, gleich wird Joachim Löw die Spieler um sich versammeln und sie für das Abschlusstraining instruieren.

Aber vorher ist noch ein wenig Zeit. Auf den Rasen darf die Mannschaft noch nicht, das finale Üben ist erst für 15 Uhr terminiert, und die Fifa ist da streng. Es sind also einige Minuten zu überbrücken, bevor der heilige Rasen betreten werden darf. Schweinsteiger nutzt die Ungunst der Stunde. Hinter der Trainerbank erspäht er eine Mülltonne, er öffnet den Deckel, sieht in das Innere und die Leere. Also wird das Gefäß zweckentfremdet.

Von der Auslinie des Spielfeldes über die Trainerbank in die Tonne - so lautet die Aufgabe. Mülltonnen-Basketball ist geboren. Schweinsteiger nimmt sich den ersten Ball, wirft, trifft den Rand, kein Korb, keine Tonne. Nach und nach lassen sich alle Spieler Bälle reichen, selbst beim Bundestrainer ist er der Ehrgeiz geweckt. Unter den Fußballern befinden sich einige talentierte Basketballer, Lukas Podolski etwa, auch Schweinsteiger. Doch, wie gesagt, am Tag vor dem Viertelfinale gegen Frankreich ist es ein anderer, der sich als besonders treffsicher hervortut: Mats Hummels. Der Verteidiger nimmt Maß, pfuuuump, aus der Mülltonne dringt ein dumpfes Geräusch, drin. Auch der nächste Versuch – ein Treffer. Dann sind aller guten Dinge drei, ehe vier gewinnt. Erst beim fünften Versuch springt der Ball raus. Zwei Mal hintereinander gelingen Hummels Vierer-Serien. Mesut Özil, Thomas Müller und Benedikt Höwedes beobachten das Szenario und nicken anerkennend. Respekt, Mats.

Als das Training um 15 Uhr pünktlich beginnt, betritt Hummels den Rasen des Maracana mit einem guten Gefühl. Wegen des frischen Erfolgserlebnisses beim Mülltonnen-Basketball, auch wegen seiner frischen Genesung. Im Achtelfinale gegen Algerien hatte der Innenverteidiger dem deutschen Spiel wegen eines grippalen Infekts gefehlt. Jetzt ist er zurück, für Mülltonnen-Basketball reicht die Kraft. Und für Fußball? "Mats Hummels hat kein Fieber mehr und fühlt sich nicht mehr müde. Deswegen wird er morgen einsatzfähig sein", sagt Löw auf der Pressekonferenz vor dem Abschlusstraining.

Es ist also keine Überraschung, als Hummels einen Tag später gegen die Equipe Tricolore in die Starformation der Mannschaft zurückkehrt. Nach dem Spiel gegen Algerien hat Bundestrainer Joachim Löw sein Team umgebaut. Das Spiel gegen Frankreich geht das DFB-Team in dieser Formation an: Kapitän Philipp Lahm spielt wieder auf seiner Position als Rechtsverteidiger, Jerome Boateng rückt in die Mitte, wo er an der Seite von Hummels die Innenverteidigung bildet. Hummels ist nun Wortführer, in Abwesenheit von Per Mertesacker ist es Hummels, der die Kommandos gibt, der seine Mitspieler anleitet und führt. Man darf das so sagen: Hummels ist nun Abwehrchef.



Vor einem Jahr - da war doch was. Sommer 2014, sieben Spiele bis zum Glück. Es begann in Salvador mit einem Traum, es endete in Rio mit dessen Erfüllung. Ein Jahr nach dem Triumph von Maracana lässt DFB.de die sieben deutschen Spiele bei der WM 2014 in Brasilien noch mal Revue passieren. Heute vor 365 Tagen: Der treffsichere Mats Hummels und das Viertelfinale gegen Frankreich.

Bastian Schweinsteiger ist der Erfinder der Sportart, Mats Hummels ihr König: Mülltonnen-Basketball. Keiner ist so treffsicher wie Hummels, keiner so konstant, keiner so elegant. Wenn Hummels zum Wurf ansetzt, sieht das so aus: Der linke Fuß steht leicht vor dem rechten, einmal tippt er den Ball am Boden auf, ein zweites Mal, dann wird das Ziel fixiert. Schließlich die Auslösung: rechter Arm nach oben, Ellbogen anwinkeln, strecken, Ball loslassen, Handgelenk abwinkeln. Und wenig später: Pfuuuump, drin ist das Ding.

Rio de Janeiro, 3. Juli 2014. Morgen ist Viertelfinale gegen Frankreich, heute ist Matchday minus one. Der wichtigste Termin auf der Agenda: das Abschlusstraining. Um 14 Uhr setzt sich das DFB-Team am Teamhotel am Strand von Barra in Bewegung. 50 Minuten Fahrzeit zum Maracana sind kalkuliert, nur 40 Minuten werden benötigt. Die Mannschaft wird perfekt durch den Verkehr eskortiert, das Maracana erreicht sie um 14.40 Uhr und damit früher als erwartet. Kurz in die Kabine, dann geht es raus. Es ist jetzt 14.50 Uhr, die Spieler laufen durch die Katakomben, Bastian Schweinsteiger geht voran. Gerade steigt er die zwölf Stufen hinauf und betritt den Innenraum des riesigen Rundes. Gleicht wird es losgehen, gleich wird Joachim Löw die Spieler um sich versammeln und sie für das Abschlusstraining instruieren.

Aber vorher ist noch ein wenig Zeit. Auf den Rasen darf die Mannschaft noch nicht, das finale Üben ist erst für 15 Uhr terminiert, und die Fifa ist da streng. Es sind also einige Minuten zu überbrücken, bevor der heilige Rasen betreten werden darf. Schweinsteiger nutzt die Ungunst der Stunde. Hinter der Trainerbank erspäht er eine Mülltonne, er öffnet den Deckel, sieht in das Innere und die Leere. Also wird das Gefäß zweckentfremdet.

Von der Auslinie des Spielfeldes über die Trainerbank in die Tonne - so lautet die Aufgabe. Mülltonnen-Basketball ist geboren. Schweinsteiger nimmt sich den ersten Ball, wirft, trifft den Rand, kein Korb, keine Tonne. Nach und nach lassen sich alle Spieler Bälle reichen, selbst beim Bundestrainer ist er der Ehrgeiz geweckt. Unter den Fußballern befinden sich einige talentierte Basketballer, Lukas Podolski etwa, auch Schweinsteiger. Doch, wie gesagt, am Tag vor dem Viertelfinale gegen Frankreich ist es ein anderer, der sich als besonders treffsicher hervortut: Mats Hummels. Der Verteidiger nimmt Maß, pfuuuump, aus der Mülltonne dringt ein dumpfes Geräusch, drin. Auch der nächste Versuch – ein Treffer. Dann sind aller guten Dinge drei, ehe vier gewinnt. Erst beim fünften Versuch springt der Ball raus. Zwei Mal hintereinander gelingen Hummels Vierer-Serien. Mesut Özil, Thomas Müller und Benedikt Höwedes beobachten das Szenario und nicken anerkennend. Respekt, Mats.

Als das Training um 15 Uhr pünktlich beginnt, betritt Hummels den Rasen des Maracana mit einem guten Gefühl. Wegen des frischen Erfolgserlebnisses beim Mülltonnen-Basketball, auch wegen seiner frischen Genesung. Im Achtelfinale gegen Algerien hatte der Innenverteidiger dem deutschen Spiel wegen eines grippalen Infekts gefehlt. Jetzt ist er zurück, für Mülltonnen-Basketball reicht die Kraft. Und für Fußball? "Mats Hummels hat kein Fieber mehr und fühlt sich nicht mehr müde. Deswegen wird er morgen einsatzfähig sein", sagt Löw auf der Pressekonferenz vor dem Abschlusstraining.

Es ist also keine Überraschung, als Hummels einen Tag später gegen die Equipe Tricolore in die Starformation der Mannschaft zurückkehrt. Nach dem Spiel gegen Algerien hat Bundestrainer Joachim Löw sein Team umgebaut. Das Spiel gegen Frankreich geht das DFB-Team in dieser Formation an: Kapitän Philipp Lahm spielt wieder auf seiner Position als Rechtsverteidiger, Jerome Boateng rückt in die Mitte, wo er an der Seite von Hummels die Innenverteidigung bildet. Hummels ist nun Wortführer, in Abwesenheit von Per Mertesacker ist es Hummels, der die Kommandos gibt, der seine Mitspieler anleitet und führt. Man darf das so sagen: Hummels ist nun Abwehrchef.

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Matchday, Match, rein ins Spiel. Das Viertelfinale hat begonnen. Die ersten Minuten, dieses Bild: Frankreich hat mehr vom Spiel, die Equipe Tricolore bestimmt Geschehen und Tempo. Deutschland wartet ab, lässt dabei nicht viel zu. Dann ein Foul im Mittelfeld, Paul Pogba geht Toni Kroos zu hart an. Die 13. Spielminute, Freistoß Deutschland. Kroos läuft an, gleich wird er den Ball nach innen geben. Sekunden später ein Déjà-vu. Wie am Tag zuvor, nur ohne Mülltonne. Der Ball von Kroos ist unterwegs, Hummels reißt seine Arme nach oben, diesmal benutzt er seine Hände im Positionskampf gegen Raphael Varane und sichert sich einen kleinen Vorteil. Kopf und Leder kollidieren, Hugo Lloris streckt sich, dann, swooooosh, pfuuuump, drin, Treffer, 1:0. In seinem Jubel sprintet Hummels zur Eckfahne, Mesut Özil ist der erste Gratulant, es folgen Thomas Müller und Benedikt Höwedes. Wie am Tag zuvor, ähnlich jedenfalls, auch wenn Hummels später die Treffer zwei, drei und vier nicht folgen lässt. Dennoch sagen seine Mitspieler auch diesmal mit Gestik und Mimik: Respekt, Mats!

Das Tor ist Gold wert, mehr noch als vier Mülltonnen-Treffer in Serie, wohl sogar mehr als fünf. Das DFB-Team führt 1:0, der weitere Spielverlauf ist vorgezeichnet: Der Treffer ändert die Statik des Spiels, Deutschland kann sich zurückziehen, Frankreich ist jetzt gefordert. Das Team von Trainer Didier Deschamps hat bis zum Viertelfinale gegen Deutschland eine überzeugende WM gespielt, trotz des Ausfalls von Franck Ribery. In der Vorrunde gab es ein furioses 5:2 gegen die Schweiz, in einer Gruppe mit den Eidgenossen, Ecuador und Honduras setzte sich Frankreich ohne Niederlage souverän als Gruppenerster durch. Im Achtelfinale gegen Nigeria musste Frankreich viel investieren, das 2:0 war enger, als das Ergebnis vermuten lässt. Und dennoch: der Weltmeister von 1998 gilt wieder als titeltauglich, die Franzosen überzeugen in Brasilien durch individuelle Klasse und Geschlossenheit gleichermaßen.

Nun also Deutschland, nun also der erste Rückstand. Das DFB-Team lässt Frankreich die Initiative, der Gegner bestimmt das Spiel; vermeintlich. Richtig gefährlich wird es nur selten - auch dank Hummels. Der 25-Jährige blockt etliche Schüsse des Gegners, mit seinem Oberkörper, seinen Schenkeln, seinem Kopf. Hummels Timing stimmt in allen Situationen, seine Grätschen gegen Karim Benzema kommen im letzten Moment, zu spät kommen sie nie. Mit seiner Ausstrahlung und mit seiner Souveränität gibt Hummels seinen Mitspielern Sicherheit.

Die Zeitungen singen am folgenden Tag in der ganzen Welt Hymnen auf den deutschen Verteidiger. Etwas die Tuttosport in Italien: "Hummels entscheidet das Spiel mit seinem zweiten Tor dieser WM. Doch die wahre Show ist, wie er die Franzosen das ganze Match lang unter Druck setzt. Einfach einmalig!" Repubblica fand: "Hummels ist sowohl ein äußerst eleganter Abwehrspieler als auch ein effizienter Mittelfeldspieler. Er führt Deutschland ins Halbfinale. Frankreich kommt an Hummels und Neuer nicht vorbei."

Nur einmal wird es richtig brenzlig, in der 94. Minute, als Benzema auf der linken Seite durchbricht und im Strafraum zum Abschluss kommt. Auch hier gilt: kein Vorwurf an Hummels und seine Verteidiger-Kollegen. Torwart Manuel Neuer rettet mit einem Reflex das 1:0, und nach dem Spiel spricht er seine Vorderleute von jeglicher Schuld frei. "Die Abwehr hat das gut gemacht. Sie stand in der Mitte kompakt, so dass Benzema eigentlich nur schießen konnte", sagt Neuer und erklärte den Rest zur Formsache: "Ich muss die kurze Ecke zu haben. Wenn er da reingeht, dann ist es ein Torwartfehler."

Und damit in seinem Fall quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Wenig später ist Schluss, Frankreich ist geschlagen, das Halbfinale erreicht. Der Rest ist Jubel, Freude und Erleichterung. Auch bei Hummels, der über den Sieg und seinen Treffer sagt: "Es ist der nächste Traum, der in Erfüllung geht. Bei dieser WM ist es echt heftig, was alles klappt. Wir haben kein perfektes Spiel hingelegt, aber ein sehr gutes. Und wir haben verdient die nächste Runde erreicht."