Vollmann: "Viele Vereine setzen Kontinuität nicht um"

In der Saison 2011/2012 galt der Drittligist SV Wehen Wiesbaden als Aufstiegskandidat. Am Ende entgingen die Hessen nur knapp dem Abstieg. Zu verdanken war der Klassenerhalt nicht zuletzt Trainer Peter Vollmann, der im Februar das Amt übernahm. Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Oliver Jensen spricht der 54-Jährige über die nächsten Ziele, über die Schwachstellen der Mannschaft und über Trainer-Entlassungen.

DFB.de: Herr Vollmann, in der vergangenen Saison träumte Wehen Wiesbaden vom Aufstieg und musste dann um den Klassenerhalt zittern. Ist der Kader qualitativ nicht ausreichend besetzt?

Vollmann: Letztes Jahr sind wir wirklich mit einem blauen Auge davongekommen. Man hat gesehen, dass im Kader gewisse Dinge nicht passen. Die lassen sich nicht von heute auf morgen abstellen. Schließlich gibt es laufende Verträge und andere Dinge, die uns davon abhalten, die Mannschaft komplett umzustrukturieren. In den nächsten zwei Jahren soll das allerdings geschehen.

DFB.de: Was fehlt Ihrer Mannschaft?

Vollmann: Das ist sehr komplex und schwierig zusammenzufassen. Die Mentalität, die Zusammenstellung und die Formation spielen eine Rolle. Wir haben nun zwölf Spieler abgegeben und acht neue geholt. Trotzdem entspricht der Kader noch nicht den Vorstellungen unseres Vereins.

DFB.de: Wo liegen die Schwachstellen konkret?

Vollmann: Die Spiele haben zuletzt gezeigt, dass wir zwar ordentliche Leistungen abliefern, aber die Ergebnisse nicht stimmen. Das liegt auch an der Mentalität. Wir haben vielleicht nicht die Führungsspieler, die wir brauchen. Außerdem lassen wir oft sehr gute Torchancen liegen und haben kapitale Abwehrfehler gemacht.

DFB.de: Das klingt sehr kritisch.



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In der Saison 2011/2012 galt der Drittligist SV Wehen Wiesbaden als Aufstiegskandidat. Am Ende entgingen die Hessen nur knapp dem Abstieg. Zu verdanken war der Klassenerhalt nicht zuletzt Trainer Peter Vollmann, der im Februar das Amt übernahm. Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Oliver Jensen spricht der 54-Jährige über die nächsten Ziele, über die Schwachstellen der Mannschaft und über Trainer-Entlassungen.

DFB.de: Herr Vollmann, in der vergangenen Saison träumte Wehen Wiesbaden vom Aufstieg und musste dann um den Klassenerhalt zittern. Ist der Kader qualitativ nicht ausreichend besetzt?

Vollmann: Letztes Jahr sind wir wirklich mit einem blauen Auge davongekommen. Man hat gesehen, dass im Kader gewisse Dinge nicht passen. Die lassen sich nicht von heute auf morgen abstellen. Schließlich gibt es laufende Verträge und andere Dinge, die uns davon abhalten, die Mannschaft komplett umzustrukturieren. In den nächsten zwei Jahren soll das allerdings geschehen.

DFB.de: Was fehlt Ihrer Mannschaft?

Vollmann: Das ist sehr komplex und schwierig zusammenzufassen. Die Mentalität, die Zusammenstellung und die Formation spielen eine Rolle. Wir haben nun zwölf Spieler abgegeben und acht neue geholt. Trotzdem entspricht der Kader noch nicht den Vorstellungen unseres Vereins.

DFB.de: Wo liegen die Schwachstellen konkret?

Vollmann: Die Spiele haben zuletzt gezeigt, dass wir zwar ordentliche Leistungen abliefern, aber die Ergebnisse nicht stimmen. Das liegt auch an der Mentalität. Wir haben vielleicht nicht die Führungsspieler, die wir brauchen. Außerdem lassen wir oft sehr gute Torchancen liegen und haben kapitale Abwehrfehler gemacht.

DFB.de: Das klingt sehr kritisch.

Vollmann: Die Mannschaft ist schon besser als der Tabellenplatz vermuten lässt. Aber mit dem Aufstieg werden wir nichts zu tun haben - auch weil wir viele junge Spieler integriert haben. Unser Ziel ist erst einmal, uns im Mittelfeld zu etablieren.

DFB.de: Wann kann der Aufstieg ein Ziel sein?

Vollmann: Ein Zeitplan ist schwierig aufzustellen. Wenn sie mit 20 Drittligisten sprechen, wollen alle in den nächsten zwei bis drei Jahren in die 2. Liga. Die Konkurrenz ist groß. Um das nachhaltig umsetzen zu können, muss das Konzept auf den Verein individuell zugeschnitten sein. Wichtig ist, auf diesem Wege auch Durststrecken zu überstehen. Ein gutes Beispiel ist der 1. FC Heidenheim, der seit Jahren versucht, das große Ziel zu erreichen. In diesem Jahr sind sie meiner Meinung nach nahe dran.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat in drei Spielen hintereinander eine 2:0 Führung verspielt. Auch zuletzt in Rostock ging man in Führung und spielte nur 1:1. Wird ein Trainer nicht dabei wahnsinnig?

Vollmann: Natürlich habe ich mich geärgert, genauso wie die Spieler. Aber die Gründe dafür sind erkennbar: Vorne vergeben wir viele Chancen und hinten unterlaufen uns Abwehrschnitzer. Trotzdem ist es mir lieber, wir spielen gut und bekommen das Ergebnis nicht hin als andersherum. Die guten Ergebnisse kommen noch.

DFB.de: Der SV Wehen Wiesbaden hat kürzlich ein Leistungszentrum eröffnet. Sollten junge Talente zu einem Drittligisten gehen, weil man hier bessere Chancen auf Spielpraxis hat als in der Bundesliga?

Vollmann: Manche junge Spieler schaffen es gleich in die Bundesliga, andere gehen den Weg über die 3. Liga. Beides kann funktionieren. Aber ich denke schon, dass der Schritt zu einem Drittligisten nicht verkehrt ist. Man kann sich weiterentwickeln, der Mediendruck ist nicht so groß und man hat mehr Chancen auf Einsätze. Gerade wenn ein Talent aus der U 19 oder U 23 kommt, ist das wichtig. Zumal die 3. Liga eine hohe Qualität hat.

DFB.de: Mit dem FC Hansa Rostock ist Ihnen der Aufstieg in die 2. Liga schon einmal gelungen. Trotzdem wurden Sie nach einem halben Jahr Zweitklassigkeit entlassen. Wünscht sich ein Trainer manchmal mehr Solidarität?

Vollmann: Viele Vereine sprechen von Kontinuität und Nachhaltigkeit, setzen sie aber nicht um. Häufig wird gesagt, man werde auch Durststrecken gemeinsam durchstehen. Wenn die erste schlechte Phase aber kommt, möchte niemand davon etwas wissen. Nur wenige Vereine behalten die Nerven.

DFB.de: Der Trainer ist immer das schwächste Glied.

Vollmann: Dabei sind auch die Spieler Verantwortliche des Vereins. Sie bekommen genauso ihr Gehalt wie der Trainer. Aus meiner Sicht wird von den Vereinen zu wenig geprüft, wo die Ursache des Problems liegt.

DFB.de: Liegt das vielleicht auch an dem Umfeld?

Vollmann: Im Zuge der Gewaltbereitschaft hat sich die Fankultur so verändert, dass die Forderungen massiv gegenüber dem Club deutlich gemacht werden - ob nun in Foren oder in der Öffentlichkeit. Trainer werden dabei meist zum Opfer gemacht. Manchmal könnten die Verantwortlichen eines Vereins ihren Trainer besser schützen, indem sie Internas nicht an die Öffentlichkeit geraten lassen. Auch in Interviews sollten sich einige schlauer verhalten.

DFB.de: Welche Rolle spielen die Medien?

Vollmann: Ich verurteile es, wenn zum Beispiel Fernsehsender eine Abstimmung darüber machen, welcher Trainer zuerst seinen Job verliert. Die Entlassungen werden dadurch forciert. Dabei können die Zuschauer ohnehin nur das Ergebnis sehen. Sie wissen nicht, wie der Trainer tatsächlich arbeitet.

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DFB.de: Sie hatten in knapp 20 Jahren 15 Trainerstationen. Suchen Sie gerne nach neuen Herausforderungen? Schließlich wurden Sie nur in seltenen Fällen entlassen.

Vollmann: Richtig, ich wurde vielleicht drei- oder viermal entlassen. Ich habe eine gewisse Erfahrung und kann oft voraussehen, wie sich ein Verein weiterentwickelt. Es ist für einen Trainer vorauszusehen, bei einer negativen Entwicklung als Schuldiger ausgemacht zu werden. Sehe ich im Verein nicht die Perspektive, bin ich mir gegenüber so treu, dass ich meinen Arbeitgeber fristgerecht verlasse.

DFB.de: Sie waren als Trainer unter anderem im Irak, in Zypern und in Ghana. In Afrika haben Sie schlimmste Armut erlebt. Hat das Ihr Weltbild verändert?

Vollmann: Meine Familie und ich haben dadurch tatsächlich neue Eindrücke gewonnen. Auf Annehmlichkeiten wie Essen, Strom und Wasser haben wir eine ganz neue Sicht. Das hat mich geprägt. Der Fußball ist meine Arbeitsstelle und daher sehr wichtig. Aber ich kann einordnen, dass es viele bedeutendere Dinge gibt.

DFB.de: Wie ist Ihre Familie damit umgegangen, dass Sie ein Weltenbummler sind?

Vollmann: Als unsere Kinder zur Schule gingen, war das besonders schwierig. Zumal sie dort die Siege und Niederlagen des Vaters miterlebt haben. Irgendwann haben wir uns auf einen Standort festgelegt und ich zog alleine zur jeweiligen Arbeitsstelle. Das war natürlich nicht einfach. Als ich in Ghana war, habe ich meine Frau in einem Jahr viermal gesehen, meine Kinder überhaupt nicht. Ich musste einen Schlussstrich ziehen, um unser Familienleben aufrechtzuerhalten.