Völler: "Niederlage gegen Ungarn war ein Denkzettel"

Die deutsche Nationalmannschaft ist am Mittwoch in das EM-Quartier in Almancil angekommen. Am kommenden Dienstag trifft die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im ersten Vorrundenspiel auf die Niederlande (20.45 Uhr MESZ/live im ZDF). DFB-Teamchef Rudi Völler beantwortete vor der Abreise nach Portugal unter anderem Fragen zu den Chancen seiner Elf und zu seiner persönlichen Zukunft.

Frage: Herr Völler, wie fällt vor der Abreise nach Portugal Ihr Fazit nach der Vorbereitung im Schwarzwald mit den drei Länderspielen gegen Malta, Schweiz und vor allem gegen Ungarn aus?

Rudi Völler: "Wir hätten uns natürlich gerne mit einem Sieg nach Portugal verabschiedet. Aber man darf die Niederlage gegen Ungarn nicht dramatisieren. Das war ein Denkzettel, wirft uns aber nicht um. Mit der Vorbereitung bin ich insgesamt sehr zufrieden, zudem haben wir ja noch ein paar Tage in Portugal. Für uns zählt nur der Tag X, das Spiel gegen Holland."

Frage: Können sich die Spekulationen um Vereinswechsel ihrer Nationalspieler negativ auf die EM auswirken?

Völler: "Nein, das hat keinen Einfluss auf unsere Vorbereitung und das Turnier. Es ist normal, dass sich einige von 23 Spielern mit ihrer Zukunft beschäftigen, das gilt für Oliver Kahn ebenso wie für Torsten Frings oder Michael Ballack. Solche Dinge gibt es bei anderen Nationalmannschaften auch, deshalb sehe ich das völlig unproblematisch und gelassen. Mir persönlich hat es auch nie geschadet, wenn ich während eines Turniers Anfragen anderer Klubs hatte. Dennoch wäre ich froh, wenn in Portugal auf diesem Gebiet erst einmal Ruhe einkehrt."

Frage: Inwieweit sprechen Sie denn mit den betroffenen Spielern darüber?

Völler: "Natürlich fragen mich einige um Rat, das ist ganz normal. Zum Beispiel habe ich Thomas Brdaric darauf hingewiesen, dass er leichter im Kreis der Nationalmannschaft bleibt, wenn er regelmäßig spielt. Es bringt nichts, bei einem Verein zu unterschreiben, bei dem man nur der Stürmer Nummer drei oder vier ist. Natürlich müssen die Spieler selbst entscheiden, aber als Teamchef habe ich meine Meinung."

Frage: Trotz dieses Vertrauensverhältnisses und des spätestens seit der WM immer wieder beschworenen Teamgeistes sind Sie aber hin und wieder von Ihrer Mannschaft im Stich gelassen worden, zuletzt beim 1:5 in Rumänien, aber auch gegen Ungarn. Was macht Sie so sicher, dass so etwas in Portugal nicht passiert?

Völler: "Natürlich war ich in Bukarest von dem ein oder anderen Spieler enttäuscht, aber ich kann ein Spiel wie das gegen Rumänien und auch gegen Ungarn richtig einordnen. Ich weiß, dass die Mannschaft ein anderes Gesicht hat. In Bukarest war es ein einmaliger Ausrutscher, gegen Ungarn waren einige mit ihren Gedanken schon in Portugal."

Frage: Ihr Vorgänger Erich Ribbeck hat erklärt, dass Sie genau die selben Probleme hätten wie er, dass die nach dem EM-Debakel 2000 einberufene Task Force nichts bewegt habe und die Vereine nach wie vor nur an ihre eigenen Interessen denken. Teilen Sie seine Meinung?

Völler: "Das Einzige, was ich den nächsten zwei Jahren machen kann, um den Klubs entgegenzukommen, ist, dass wir an den so genannten Doppelspieltagen in der WM-Qualifikation jeweils nur ein Länderspiel absolvieren. Der Konföderationen-Cup findet in Deutschland statt, da machen wir selbstverständlich mit. Dass nicht alle so glücklich darüber sind, ist klar, auch die Franzosen nicht. Aber ich habe dafür gekämpft, dass wir bis zur WM 2006 zwischendurch nicht so viele Spiele machen."

Frage: Und was ist mit der Task Force?

Völler: "Die Task Force gibt es in der damaligen Form nicht mehr. Aber zu allen Mitgliedern dieser Gruppe habe ich heute noch ein sehr gutes Verhältnis. Vor allem zu Kalle Rummenigge, der das erste Jahr fast komplett dabei war, und zu Reiner Calmund - aber auch zu Dieter Hoeneß und Rudi Assauer. Unabhängig von meinem Verhältnis zu den Bundesligatrainern tausche ich mich auch mit den Managern immer wieder aus. Das ist halt ein Geben und Nehmen. Manchmal muss man sagen, die Bundesliga geht vor. Es gibt aber auch Phasen, da hat die Nationalmannschaft absoluten Vorrang. Es gibt zwei Parteien und ein gesunder Egoismus gehört dazu, letztendlich wollen wir aber alle erfolgreich sein."

Frage: Nach dem 1:5 in Rumänien wurde schon spekuliert, Sie seien amtsmüde...

Völler: "Das hat nichts mit Amtsmüdigkeit zu tun. Es gibt halt keinen Trainer, der gerne 1:5 verliert. Natürlich ist man dann ein, zwei Tage angeknackst. Aber dann geht man kurz in den Bunker, kommt wieder raus und kämpft weiter. In der Bundesliga ist es halt was anderes, wenn man mal 1:5 verliert, dort kann man das wenige Tage später schon wieder gutmachen. Viele vergessen auch, welche Bedeutung die Nationalmannschaft hat. Nach so einer Niederlage ist es ein paar Tage ganz hart, aber einige erkennen dann vielleicht auch wieder, welchen Stellenwert die Nationalmannschaft hat."

Frage: Was passiert, wenn die deutsche Mannschaft erneut in der EM-Vorrunde ausscheidet? Würden Sie auch in diesem Fall ihren Vertrag bis 2006 erfüllen?

Völler: "Ja, ja sicher, ich bleibe bis 2006 Teamchef."

Frage: DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hat unabhängig von ihrer Person gesagt, dass es bei einem möglichen Vorrunden-K.o. aber auch auf die Art und Weise ankäme...

Völler: "Das habe ich auch gesagt, aber man kann Rumänien oder Ungarn nicht mit dem EM-Turnier vergleichen, man kann die Leistungen aber auch nicht immer vom Ergebnis anhängig machen. Manchmal kann ein 0:1 viel schlimmer sein als ein 0:5."

Frage: "Ist die deutsche Mannschaft in einer vergleichbaren Situation wie vor dem WM-Turnier, bei dem man Ihrer Mannschaft ebenfalls nicht viel zugetraut hatte?

Völler: "Das kann man vergleichen. Wir zählen nicht zum engsten Favoritenkreis, was ich allerdings schon vorher gesagt habe. Natürlich haben uns diese beiden Spiele geschadet, aber ich glaube, dass die meisten Leute das ganz gut einzuschätzen wissen. Tatsache ist, wir müssen immer an der Grenze spielen und dürfen keinen Gang zurücknehmen."

Frage: Wer zählt für Sie denn zum engeren Favoritenkreis?

Völler: "Topfavorit sind für mich die Franzosen, danach kommen Italien und Holland. Danach gibt es sicherlich sechs, sieben Mannschaften, die ein hohes Niveau haben. Da gehören wir sicherlich auch dazu."

Frage: Haben Sie mal mit Ottmar Hitzfeld telefoniert, der mit seiner Äußerung, der Bundestrainer-Job wäre für ihn die logische Folge, für Aufregung gesorgt und Sie damit möglicherweise unter Druck gesetzt hat?

Völler: "Ja. Diese Geschichte sehe ich ruhig und gelassen, dafür bin ich schon zu lange im Geschäft. Dadurch, dass Ottmar jetzt auf dem Markt ist, ändert sich an der ganzen Situation ja gar nichts. Ich habe zu Ottmar Hitzfeld zudem ein sehr, sehr gutes Verhältnis."

Frage: Wie sieht denn Ihre persönliche Planung aus. Wollen Sie nach der WM 2006 in Deutschland Schluss machen, möglichst als Weltmeister?

Völler: "Zwei Jahre im Sport, gerade im Fußball sind wie zwei Lichtjahre, man weiß einfach nicht, was alles kommt, Jetzt zu planen, was in zwei Jahren ist, geht einfach nicht."

Frage: Macht Ihnen der Job nach wie vor großen Spaß?

Völler: "Natürlich, denn ergebnisorientiert haben wir auch Erfolg. Wir haben von 25 Pflichtspielen nur zwei verloren, auch wenn die Leistung nicht immer gut war. Da muss man sich auch dran messen lassen. Wichtig ist aber auf Länderspielbasis, dass man sich zunächst mal für Turniere qualifiziert."

Frage: Können Sie sich vorstellen, später mal wieder in der Bundesliga oder im Ausland als Trainer zu arbeiten?

Völler: "Eigentlich nicht. Aber vor fünf Jahren, als ich Sportdirektor in Leverkusen war, wollte ich im Management arbeiten und nicht als Trainer. Auf einmal war ich dann Interims-Teamchef und kurz darauf, was einzigartig war, auch noch in Doppelfunktion Trainer bei Bayer. Nach der Affäre Daum war ich dann plötzlich Teamchef, und mit der Zeit findet man dann trotz einiger Rückschläge Geschmack daran."

Frage: Vor der WM 2002 gab es diese enorme Drucksituation in den beiden Play-off-Spielen gegen die Ukraine. Was haben Sie in den zwei Jahren nach der WM gelernt, und ist der Druck noch mal gewachsen?

Völler: "Nach den Ukraine-Spielen haben ich und die Mannschaft gedacht, es gibt keine größere Drucksituation als in der Relegation. Aber dann kam ja in der EM-Quali das Spiel gegen Schottland nach meiner Rede im Anschluss an das Island-Spiel. Das konnte ich nicht wissen, dass das solche Auswirkungen hat. Das war damals schon eine große Belastung für mich, aber auch für die Spieler. Aber die Play-offs gegen die Ukraine waren noch schlimmer. Es gibt keinen größeren Druck als sich der Gefahr auszusetzen, eine WM-Qualifikation nicht zu schaffen. Bei einem Turnier gibt es nie eine so große Drucksituation wie bei einer Qualifikation."

Frage: Ist der Druck vor dem EM-Turnier deshalb nicht so groß?

Völler: "Druck ist immer da. Aber zwei Spiele zu haben, die man unbedingt erfolgreich bestreiten muss, um überhaupt erst bei einer WM dabei zu sein, erzeugen einen ganz anderen Druck als vor dem WM-Finale gegen Brasilien, das ist wie Abstiegskampf."

Frage: Wie betrachten Sie Ihre eigene Entwicklung als Teamchef?

Völler: "Das ist schwer zu sagen. Aber je länger man was macht, desto mehr Routine bekommt man. Aber man darf natürlich nicht abstumpfen. Der Unterschied zu meinen Vorgängern ist vielleicht, dass ich völlig unabhängig bin. Mein persönliches Lebensglück hängt nicht davon ab, ob ich es mache oder nicht. Ich würde den Job sicher gerne weitermachen, denn ich bin fußballverrückt, aber ich habe meine Unabhängigkeit und muss mir nicht alles gefallen lassen. Das ist für diesen Job auch sehr wichtig, ähnlich wie das bei Beckenbauer damals war. Wenn man das nicht hat, kann man den Druck auch nicht ertragen."

Frage: Wann wäre die Grenze erreicht?

Völler: "Bis auf wenige Ausnahmen, wenn mir zuviel Häme im Spiel ist, ist es bislang erträglich und mit normaler Kritik kann ich gut umgehen."

Frage: Denken Sie trotz der bevorstehenden EM schon mal an die WM 2006 in Deutschland und was erhoffen Sie sich hinsichtlich diesen großen Ereignisses?

Völler: "Natürlich denkt man schon an die WM. Ich hoffe, dass die Spieler wie Kuranyi, Hinkel, Lauth, Podolski, Schweinsteiger, Lahm und Friedrich sowie auch andere sich weiterentwickeln." [ar]


Die deutsche Nationalmannschaft ist am Mittwoch in das EM-Quartier in Almancil angekommen. Am kommenden Dienstag trifft die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im ersten Vorrundenspiel auf die Niederlande (20.45 Uhr MESZ/live im ZDF). DFB-Teamchef Rudi Völler beantwortete vor der Abreise nach Portugal unter anderem Fragen zu den Chancen seiner Elf und zu seiner persönlichen Zukunft.



[bild1]Frage: Herr Völler, wie fällt vor der Abreise nach Portugal Ihr Fazit nach der Vorbereitung im Schwarzwald mit den drei Länderspielen gegen Malta, Schweiz und vor allem gegen Ungarn aus?



Rudi Völler: "Wir hätten uns natürlich gerne mit einem Sieg nach Portugal verabschiedet. Aber man darf die Niederlage gegen Ungarn nicht dramatisieren. Das war ein Denkzettel, wirft uns aber nicht um. Mit der Vorbereitung bin ich insgesamt sehr zufrieden, zudem haben wir ja noch ein paar Tage in Portugal. Für uns zählt nur der Tag X, das Spiel gegen Holland."



Frage: Können sich die Spekulationen um Vereinswechsel ihrer
Nationalspieler negativ auf die EM auswirken?



Völler: "Nein, das hat keinen Einfluss auf unsere Vorbereitung und das Turnier. Es ist normal, dass sich einige von 23 Spielern mit ihrer Zukunft beschäftigen, das gilt für Oliver Kahn ebenso wie für Torsten Frings oder Michael Ballack. Solche Dinge gibt es bei anderen Nationalmannschaften auch, deshalb sehe ich das völlig unproblematisch und gelassen. Mir persönlich hat es auch nie geschadet, wenn ich während eines Turniers Anfragen anderer Klubs hatte. Dennoch wäre ich froh, wenn in Portugal auf diesem Gebiet erst einmal Ruhe einkehrt."



Frage: Inwieweit sprechen Sie denn mit den betroffenen Spielern darüber?



Völler: "Natürlich fragen mich einige um Rat, das ist ganz normal. Zum Beispiel habe ich Thomas Brdaric darauf hingewiesen, dass er leichter im Kreis der Nationalmannschaft bleibt, wenn er regelmäßig spielt. Es bringt nichts, bei einem Verein zu unterschreiben, bei dem man nur der Stürmer Nummer drei oder vier ist. Natürlich müssen die Spieler selbst entscheiden, aber als Teamchef habe ich meine Meinung."



Frage: Trotz dieses Vertrauensverhältnisses und des spätestens seit der WM immer wieder beschworenen Teamgeistes sind Sie aber hin und wieder von Ihrer Mannschaft im Stich gelassen worden, zuletzt beim 1:5 in Rumänien, aber auch gegen Ungarn. Was macht Sie so sicher, dass so etwas in Portugal nicht passiert?



Völler: "Natürlich war ich in Bukarest von dem ein oder
anderen Spieler enttäuscht, aber ich kann ein Spiel wie das gegen Rumänien und auch gegen Ungarn richtig einordnen. Ich weiß, dass die Mannschaft ein anderes Gesicht hat. In Bukarest war es ein einmaliger Ausrutscher, gegen Ungarn waren einige mit ihren Gedanken schon in Portugal."



Frage: Ihr Vorgänger Erich Ribbeck hat erklärt, dass Sie genau die selben Probleme hätten wie er, dass die nach dem EM-Debakel 2000 einberufene Task Force nichts bewegt habe und die Vereine nach wie vor nur an ihre eigenen Interessen denken. Teilen Sie seine Meinung?



Völler: "Das Einzige, was ich den nächsten zwei Jahren machen kann, um den Klubs entgegenzukommen, ist, dass wir an den so genannten Doppelspieltagen in der WM-Qualifikation jeweils nur ein Länderspiel absolvieren. Der Konföderationen-Cup findet in Deutschland statt, da machen wir selbstverständlich mit. Dass nicht alle so glücklich darüber sind, ist klar, auch die Franzosen nicht. Aber ich habe dafür gekämpft, dass wir bis zur WM 2006 zwischendurch nicht so viele Spiele machen."



Frage: Und was ist mit der Task Force?



Völler: "Die Task Force gibt es in der damaligen Form nicht mehr. Aber zu allen Mitgliedern dieser Gruppe habe ich heute noch ein sehr gutes Verhältnis. Vor allem zu Kalle Rummenigge, der das erste Jahr fast komplett dabei war, und zu Reiner Calmund - aber auch zu Dieter Hoeneß und Rudi Assauer. Unabhängig von meinem Verhältnis zu den Bundesligatrainern tausche ich mich auch mit den Managern immer wieder aus. Das ist halt ein Geben und Nehmen. Manchmal muss man sagen, die Bundesliga geht vor. Es gibt aber auch Phasen, da hat die Nationalmannschaft absoluten Vorrang. Es gibt zwei Parteien und ein gesunder Egoismus gehört dazu, letztendlich wollen wir aber alle erfolgreich sein."



Frage: Nach dem 1:5 in Rumänien wurde schon spekuliert, Sie
seien amtsmüde...



Völler: "Das hat nichts mit Amtsmüdigkeit zu tun. Es gibt halt keinen Trainer, der gerne 1:5 verliert. Natürlich ist man dann ein, zwei Tage angeknackst. Aber dann geht man kurz in den Bunker, kommt wieder raus und kämpft weiter. In der Bundesliga ist es halt was anderes, wenn man mal 1:5 verliert, dort kann man das wenige Tage später schon wieder gutmachen. Viele vergessen auch, welche Bedeutung die Nationalmannschaft hat. Nach so einer Niederlage ist es ein paar Tage ganz hart, aber einige erkennen dann vielleicht auch wieder, welchen Stellenwert die Nationalmannschaft hat."



Frage: Was passiert, wenn die deutsche Mannschaft erneut in der EM-Vorrunde ausscheidet? Würden Sie auch in diesem Fall ihren
Vertrag bis 2006 erfüllen?



Völler: "Ja, ja sicher, ich bleibe bis 2006 Teamchef."



Frage: DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hat unabhängig von ihrer Person gesagt, dass es bei einem möglichen Vorrunden-K.o. aber auch auf die Art und Weise ankäme...



Völler: "Das habe ich auch gesagt, aber man kann Rumänien oder Ungarn nicht mit dem EM-Turnier vergleichen, man kann die
Leistungen aber auch nicht immer vom Ergebnis anhängig machen.
Manchmal kann ein 0:1 viel schlimmer sein als ein 0:5."



Frage: "Ist die deutsche Mannschaft in einer vergleichbaren
Situation wie vor dem WM-Turnier, bei dem man Ihrer Mannschaft
ebenfalls nicht viel zugetraut hatte?



Völler: "Das kann man vergleichen. Wir zählen nicht zum
engsten Favoritenkreis, was ich allerdings schon vorher gesagt
habe. Natürlich haben uns diese beiden Spiele geschadet, aber ich glaube, dass die meisten Leute das ganz gut einzuschätzen wissen. Tatsache ist, wir müssen immer an der Grenze spielen und dürfen keinen Gang zurücknehmen."



Frage: Wer zählt für Sie denn zum engeren Favoritenkreis?



Völler: "Topfavorit sind für mich die Franzosen, danach kommen Italien und Holland. Danach gibt es sicherlich sechs, sieben Mannschaften, die ein hohes Niveau haben. Da gehören wir sicherlich auch dazu."



Frage: Haben Sie mal mit Ottmar Hitzfeld telefoniert, der mit
seiner Äußerung, der Bundestrainer-Job wäre für ihn die logische
Folge, für Aufregung gesorgt und Sie damit möglicherweise unter
Druck gesetzt hat?



Völler: "Ja. Diese Geschichte sehe ich ruhig und gelassen, dafür bin ich schon zu lange im Geschäft. Dadurch, dass Ottmar jetzt auf dem Markt ist, ändert sich an der ganzen Situation ja gar nichts. Ich habe zu Ottmar Hitzfeld zudem ein sehr, sehr gutes Verhältnis."



Frage: Wie sieht denn Ihre persönliche Planung aus. Wollen Sie nach der WM 2006 in Deutschland Schluss machen, möglichst als Weltmeister?



Völler: "Zwei Jahre im Sport, gerade im Fußball sind wie zwei Lichtjahre, man weiß einfach nicht, was alles kommt, Jetzt zu planen, was in zwei Jahren ist, geht einfach nicht."



Frage: Macht Ihnen der Job nach wie vor großen Spaß?



Völler: "Natürlich, denn ergebnisorientiert haben wir auch Erfolg. Wir haben von 25 Pflichtspielen nur zwei verloren, auch wenn die Leistung nicht immer gut war. Da muss man sich auch dran messen lassen. Wichtig ist aber auf Länderspielbasis, dass man sich zunächst mal für Turniere qualifiziert."



Frage: Können Sie sich vorstellen, später mal wieder in der
Bundesliga oder im Ausland als Trainer zu arbeiten?



Völler: "Eigentlich nicht. Aber vor fünf Jahren, als ich
Sportdirektor in Leverkusen war, wollte ich im Management arbeiten und nicht als Trainer. Auf einmal war ich dann Interims-Teamchef und kurz darauf, was einzigartig war, auch noch in Doppelfunktion Trainer bei Bayer. Nach der Affäre Daum war ich dann plötzlich Teamchef, und mit der Zeit findet man dann trotz einiger Rückschläge Geschmack daran."



Frage: Vor der WM 2002 gab es diese enorme Drucksituation in
den beiden Play-off-Spielen gegen die Ukraine. Was haben Sie in den zwei Jahren nach der WM gelernt, und ist der Druck noch mal
gewachsen?



Völler: "Nach den Ukraine-Spielen haben ich und die Mannschaft gedacht, es gibt keine größere Drucksituation als in der Relegation. Aber dann kam ja in der EM-Quali das Spiel gegen
Schottland nach meiner Rede im Anschluss an das Island-Spiel. Das konnte ich nicht wissen, dass das solche Auswirkungen hat. Das war damals schon eine große Belastung für mich, aber auch für die Spieler. Aber die Play-offs gegen die Ukraine waren noch schlimmer. Es gibt keinen größeren Druck als sich der Gefahr auszusetzen, eine WM-Qualifikation nicht zu schaffen. Bei einem Turnier gibt es nie eine so große Drucksituation wie bei einer Qualifikation."



Frage: Ist der Druck vor dem EM-Turnier deshalb nicht so groß?



Völler: "Druck ist immer da. Aber zwei Spiele zu haben, die man unbedingt erfolgreich bestreiten muss, um überhaupt erst bei einer WM dabei zu sein, erzeugen einen ganz anderen Druck als vor dem WM-Finale gegen Brasilien, das ist wie Abstiegskampf."



Frage: Wie betrachten Sie Ihre eigene Entwicklung als Teamchef?



Völler: "Das ist schwer zu sagen. Aber je länger man was
macht, desto mehr Routine bekommt man. Aber man darf natürlich
nicht abstumpfen. Der Unterschied zu meinen Vorgängern ist
vielleicht, dass ich völlig unabhängig bin. Mein persönliches
Lebensglück hängt nicht davon ab, ob ich es mache oder nicht. Ich würde den Job sicher gerne weitermachen, denn ich bin
fußballverrückt, aber ich habe meine Unabhängigkeit und muss mir
nicht alles gefallen lassen. Das ist für diesen Job auch sehr
wichtig, ähnlich wie das bei Beckenbauer damals war. Wenn man das nicht hat, kann man den Druck auch nicht ertragen."



[bild2]Frage: Wann wäre die Grenze erreicht?



Völler: "Bis auf wenige Ausnahmen, wenn mir zuviel Häme im Spiel ist, ist es bislang erträglich und mit normaler Kritik kann ich gut umgehen."



Frage: Denken Sie trotz der bevorstehenden EM schon mal an die WM 2006 in Deutschland und was erhoffen Sie sich hinsichtlich diesen großen Ereignisses?



Völler: "Natürlich denkt man schon an die WM. Ich hoffe, dass die Spieler wie Kuranyi, Hinkel, Lauth, Podolski, Schweinsteiger, Lahm und Friedrich sowie auch andere sich weiterentwickeln."