UNESCO-Bericht über Rassismus im Fußball: "Colour? What Colour?"

Ein UNESCO-Bericht über den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußball lobt das Vorgehen durch den DFB und die Bundesliga. Der 84-seitige Report, den die französischen Professoren Albrecht Sonntag und David Ranc für die UNESCO, die zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen, verfasst haben, ist auf Basis von Interviews mit Klub- und Verbandsoffiziellen entstanden. "Colour? What Colour?" ist Anfang Dezember erschienen.

Vier Initiativen in Deutschland werden hervorgehoben: der Julius Hirsch Preis, die Erweiterung der Trainerqualifikation um ein Integrationsmodul, der DFB-Nachhaltigkeitsbericht aus dem Jahr 2013 und die 2015 angeschobene Flüchtlingsinitiative "1:0 für ein Willkommen".

Offener Rassismus und Diskriminierung rückläufig

Sonntag und Ranc kommen zu dem Ergebnis, dass offener Rassismus und Diskriminierung in den großen europäischen Fußball-Ligen rückläufig seien, etwa aufgrund von Tendenzen zur Gentrifizierung. Der Report beschreibt dennoch einzelne Vorfälle: etwa vor einem Spiel des FC Chelsea bei Paris St. Germain, als Chelsea-Anhänger einem schwarzen Franzosen das Betreten des Metro-Wagons untersagten. Oder das Banner "Litauische Sklaven, kniet nieder vor euren polnischen Herrn" in einem Fanblock beim Europa-League-Match zwischen Vilnius und Lech Poznan.

Begeistert schildern die Autoren die souveräne Reaktion von Barcelonas Verteidiger Dani Alves, dem beim Spiel gegen den FC Villareal eine Banane vor die Füße geworfen wurde. Alves hob die Frucht auf, schälte und aß seelenruhig die Banane, und führte anschließend den anstehenden Eckstoß aus.

"Colour? What Colour?" analysiert die Bedingungsebene rassistischen Verhaltens im Fußballstadion. Aufgezählt werden als Faktoren, die eine rassistische Sprache oder Handeln befördern: die hohe Sichtbarkeit des Fußballs und dadurch die besondere Gefahr des Missbrauchs dieser Bühne durch extremistische Gruppen, die traditionell weit gesteckten "Benimmgrenzen" im Stadion - also die Überzeugung, im Stadion dürfe man "mal Dampf ablassen", schließlich dass Fankultur hier als Verstärker tradierter regionaler Rivalitäten wirke.



Ein UNESCO-Bericht über den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußball lobt das Vorgehen durch den DFB und die Bundesliga. Der 84-seitige Report, den die französischen Professoren Albrecht Sonntag und David Ranc für die UNESCO, die zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen, verfasst haben, ist auf Basis von Interviews mit Klub- und Verbandsoffiziellen entstanden. "Colour? What Colour?" ist Anfang Dezember erschienen.

Vier Initiativen in Deutschland werden hervorgehoben: der Julius Hirsch Preis, die Erweiterung der Trainerqualifikation um ein Integrationsmodul, der DFB-Nachhaltigkeitsbericht aus dem Jahr 2013 und die 2015 angeschobene Flüchtlingsinitiative "1:0 für ein Willkommen".

Offener Rassismus und Diskriminierung rückläufig

Sonntag und Ranc kommen zu dem Ergebnis, dass offener Rassismus und Diskriminierung in den großen europäischen Fußball-Ligen rückläufig seien, etwa aufgrund von Tendenzen zur Gentrifizierung. Der Report beschreibt dennoch einzelne Vorfälle: etwa vor einem Spiel des FC Chelsea bei Paris St. Germain, als Chelsea-Anhänger einem schwarzen Franzosen das Betreten des Metro-Wagons untersagten. Oder das Banner "Litauische Sklaven, kniet nieder vor euren polnischen Herrn" in einem Fanblock beim Europa-League-Match zwischen Vilnius und Lech Poznan.

Begeistert schildern die Autoren die souveräne Reaktion von Barcelonas Verteidiger Dani Alves, dem beim Spiel gegen den FC Villareal eine Banane vor die Füße geworfen wurde. Alves hob die Frucht auf, schälte und aß seelenruhig die Banane, und führte anschließend den anstehenden Eckstoß aus.

"Colour? What Colour?" analysiert die Bedingungsebene rassistischen Verhaltens im Fußballstadion. Aufgezählt werden als Faktoren, die eine rassistische Sprache oder Handeln befördern: die hohe Sichtbarkeit des Fußballs und dadurch die besondere Gefahr des Missbrauchs dieser Bühne durch extremistische Gruppen, die traditionell weit gesteckten "Benimmgrenzen" im Stadion - also die Überzeugung, im Stadion dürfe man "mal Dampf ablassen", schließlich dass Fankultur hier als Verstärker tradierter regionaler Rivalitäten wirke.

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Stadion darf keine Zone ohne höfliche Umgangsformen sein

Eine von der Öffentlichkeit empfundene abnehmende Glaubwürdigkeit großer Institutionen wie FIFA und UEFA habe den Nebeneffekt, das Anti-Rassismus-Kampagnen immer weniger durchdringen. Grundsätzlich produziere der Fußball eine "Wir-gegen-die"-Mentalität, die sich in Akten symbolischer Ausgrenzung und Erniedrigung ausdrücken kann. Sobald sich dieses Verhalten gegen eine ethnische oder religiöse Gruppe oder sexuelle Identität richtet, sind es Formen von Rassismus und Diskriminierung.

Als negativ wertet der UNESCO-Report, dass rassistische Sprache oder Handeln beim Fußball oft entschuldigt werden, etwa weil es sich doch "nur" um einen symbolischen Akt oder "nur" um eine ironisierende Aufführung uralter Rivalitäten handle. Das Stadion, argumentieren Sonntag und Ranc, dürfe eben keine Zone sein, in der bürgerliche Höflichkeit und zivile Umgangsformen sogar mit einem gewissen Stolz außer Kraft gesetzt werden.

Können ethische Werte mit Vermarktung Schritt halten?

Den Klubs und Verbänden rät der UNESCO-Bericht zu einer Markenschärfung in Richtung bürgerlicher Verantwortlichkeit des Fußballs. Sonntag und Ranc schreiben: "Fraglos sind die Klubs aufrichtig, wenn sie sich für Vielfalt, Inklusion und Interkulturalität aussprechen. Während die Klubs jedoch bei der Vermarktung etwa ihrer visuellen Identität große Fortschritte gemacht haben, zeigen sie bei der Kommunikation und Zuspitzung genau jener fundamentalen ethischen Werte, die doch wesensgebend für den Fußball und den Sportverein sind, nach wie vor eine spürbare Zurückhaltung." Beide Autoren prognostizieren "substanzielle Reputationsgewinne", für diejenigen Klubs und Verbände, die hier eine langfristig angelegte Vision entwickeln.

Auch ganz konkret liefert der Report Tipps, etwa dass Botschaften für Fairplay oder gegen Rassismus vor den Spielen am besten frei formuliert werden sollten. Die vorgelesenenm, präfabrizierten Botschaften würden vom Publikum nur noch als unecht empfunden und deshalb nichts mehr bewirken. Obwohl immer noch gehandelt werden müsse, denn, so die Grundthese des Reports: Der weiterhin bestehende Rassismus im Fußball ist unvereinbar mit den Werten, für die der Fußball - auch aus Sicht großer Bevölkerungsmehrheiten in Europa - stehen sollte.

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