Trainer Dennis Mitteregger: Der Thomas Tuchel aus Blankenese

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Trainer-Talent Dennis Mitteregger.

"Jung, akribisch, strategisch, kommunikativ"

Dennis Mitteregger zählt zu den aufstrebenden Trainern im Amateurfußball. Die Fußballonlineseite Blog-trifft-Ball beschreibt ihn als "so etwas wie die schmale Variante eines Thomas Tuchel: jung, akribisch, strategisch, kommunikativ". Auch ehemalige Weggefährten loben den 31-Jährigen in den höchsten Tönen. "Dennis ist ein Naturtalent als Trainer und definitiv für höhere Aufgaben qualifiziert", sagt Wilfried Wilkens, der genauso wie Mitteregger beim Eimsbütteler TV Jugendtrainer gewesen ist.

Mittereggers Erfolge können sich bereits jetzt sehen lassen: Er übernahm die zweite Mannschaft des ETV in der Kreisliga und führte sie bis in die Landesliga, überholte dabei sogar die erste Mannschaft des Vereins. Kurz darauf kegelte der ETV sechs Oberligisten aus dem Pokalwettbewerb, die teilweise ein zehnmal höheres Budget hatten, und gewann letztendlich die Trophäe.

Kicken auf der Straße

Er selbst ist nie ein großer Vereinsfußballer gewesen. "Kicken war schon immer mein Hobby, aber ich habe in der Kindheit und Jugend nur auf der Straße gespielt", erinnert er sich. Erst auf Bitten seines kleinen Bruders, er möge doch in dessen C-Jugend einmal als Trainer aushelfen, kam er mit dem Vereinsfußball in Kontakt. 17 Jahre ist er damals alt gewesen - und hatte bereits so etwas wie eine Fußballphilosophie.

"Wichtig waren mir viele Ballkontakte", sagt er. "Schließlich hatte ich als Straßenfußballer auch den meisten Spaß, wenn ich häufig an den Ball kam." Genauso wie seine Spieler sich weiterentwickelten, reifte auch der junge Mitteregger als Trainer weiter. Lehrbücher wurden gewälzt, Taktiken von erfolgreichen Profimannschaften analysiert. "Auch heute noch gucke ich mir gerne Mannschaften wie Borussia Dortmund an, bei denen eine Handschrift zu erkennen ist", sagt er.

Idee vom modernen Fußball

Mit seiner Idee vom modernen Fußball - Spielaufbau aus der Abwehrzentrale, Flachpass und kurze Ballkontaktzeiten - wurde Mitteregger über die Jahre zu einem erfolgreichen Amateurtrainer. Besonders die Sensationsspiele im Pokal sorgten 2010/2011 für Aufsehen. Gegen Bergedorf 85, ein Verein mit Regionalliga-Ambitionen, lag man bereits nach 20 Minuten 0:2 zurück, trotzdem gewann der Außenseiter 4:2. Auch die Oberligisten Altona 93, Bramfelder SV, TSV Buchholz, SV Rugenbergen und SC Condor zogen gegen den unterklassigen ETV den Kürzeren.

"Es hatte seinen Reiz, im Pokal der Underdog zu sein", erinnert sich Mitteregger. "Von den finanziellen Möglichkeiten und den Annehmlichkeiten, die unsere Gegner im Trainingsalltag hatten, waren wir weit entfernt. Aber genau daraus haben wir unsere Motivation gezogen." Die Ansprachen des jungen Trainers dürften dabei hilfreich gewesen sein. Ehemalige Spieler sagen über ihn, dass er immer die richtigen Worte fände und niemals Phrasen fallen ließe.

Kein Pokalduell mit Greuther Fürth

Nach dem sensationellen Pokalgewinn sorgte der Eimsbütteler TV für dicke Schlagzeilen. Nicht allerdings wegen des sportlichen Erfolges, sondern der Unruhen im Verein. Vorstand und Mannschaft konnten sich nicht über die Aufteilung der Pokaleinnahmen einigen. Die Konsequenz: Trainer und Spieler traten aus dem Verein aus - nur wenige Wochen vor dem DFB-Pokalspiel gegen den Zweitligisten Greuther Fürth.

Dass eine Fußballmannschaft kurz vor dem wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte ohne Mannschaft dastand, war für die Medien interessant. Ob nun der Kicker oder die Bild - alle berichteten über den Disput. Das Telefon des Trainers stand nicht mehr still, Interviewanfragen häuften sich. "Das war wirklich zeitraubend", sagt Mitteregger. Das Schlimmste allerdings war der Verzicht auf das Pokalspiel. "Mein Herz hat wirklich geblutet", gibt er zu. Der Eimsbütteler TV trat letztendlich mit der A-Jugend gegen Greuther Fürth an - und unterlag 0:10.

Die Karriere des aufstrebenden Trainers geriet ins Stocken. Zwei Jahre hatte er keinen Verein. "Es hat zwar einige Anfragen gegeben, aber das Richtige ist nicht dabei gewesen", sagt er. Das gab ihm die Gelegenheit, sein Lehramt-Studium zu Ende zu bringen. Heute unterrichtet er an einer Schule Sport und Geschichte, "aber der Fußball hat mir gefehlt."

Neuer Anlauf beim SV Blankenese

So sehr, dass er nun mit großer Freude eine neue Herausforderung ergriffen hat. Seit dem 1. Juli ist Dennis Mitteregger Trainer des Oberligisten SV Blankenese. "Der Kader hat Entwicklungspotenzial", sagt der Übungsleiter.

Und wie sehen die langfristigen Ziele des Trainers aus? Ruft vielleicht eines Tages der Profifußball? "Ich bin kein Träumer", lautet Mittereggers Antwort. Als Amateur zum Profi zu werden, sei für Trainer noch schwerer als für Spieler, sagt er. "Ich möchte mich einfach weiterentwickeln. Es ist nun das erste Mal, dass ich einen neuen Verein übernehme. Erst mal muss ich diese Aufgabe meistern, bevor ich mir höhere Ziele setze. Sollte dieser Weg irgendwann nach oben führen, wäre ich natürlich dafür offen."

Wer weiß: Vielleicht würde ein Profiverein auf ihn aufmerksam werden, sollte er noch einmal für einen Sensationserfolg sorgen. Die erste Runde im Hamburger Pokal steht jedenfalls an diesem Wochenende an.

[oj]

[bild2]

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Trainer-Talent Dennis Mitteregger.

"Jung, akribisch, strategisch, kommunikativ"

Dennis Mitteregger zählt zu den aufstrebenden Trainern im Amateurfußball. Die Fußballonlineseite Blog-trifft-Ball beschreibt ihn als "so etwas wie die schmale Variante eines Thomas Tuchel: jung, akribisch, strategisch, kommunikativ". Auch ehemalige Weggefährten loben den 31-Jährigen in den höchsten Tönen. "Dennis ist ein Naturtalent als Trainer und definitiv für höhere Aufgaben qualifiziert", sagt Wilfried Wilkens, der genauso wie Mitteregger beim Eimsbütteler TV Jugendtrainer gewesen ist.

Mittereggers Erfolge können sich bereits jetzt sehen lassen: Er übernahm die zweite Mannschaft des ETV in der Kreisliga und führte sie bis in die Landesliga, überholte dabei sogar die erste Mannschaft des Vereins. Kurz darauf kegelte der ETV sechs Oberligisten aus dem Pokalwettbewerb, die teilweise ein zehnmal höheres Budget hatten, und gewann letztendlich die Trophäe.

Kicken auf der Straße

Er selbst ist nie ein großer Vereinsfußballer gewesen. "Kicken war schon immer mein Hobby, aber ich habe in der Kindheit und Jugend nur auf der Straße gespielt", erinnert er sich. Erst auf Bitten seines kleinen Bruders, er möge doch in dessen C-Jugend einmal als Trainer aushelfen, kam er mit dem Vereinsfußball in Kontakt. 17 Jahre ist er damals alt gewesen - und hatte bereits so etwas wie eine Fußballphilosophie.

"Wichtig waren mir viele Ballkontakte", sagt er. "Schließlich hatte ich als Straßenfußballer auch den meisten Spaß, wenn ich häufig an den Ball kam." Genauso wie seine Spieler sich weiterentwickelten, reifte auch der junge Mitteregger als Trainer weiter. Lehrbücher wurden gewälzt, Taktiken von erfolgreichen Profimannschaften analysiert. "Auch heute noch gucke ich mir gerne Mannschaften wie Borussia Dortmund an, bei denen eine Handschrift zu erkennen ist", sagt er.

Idee vom modernen Fußball

Mit seiner Idee vom modernen Fußball - Spielaufbau aus der Abwehrzentrale, Flachpass und kurze Ballkontaktzeiten - wurde Mitteregger über die Jahre zu einem erfolgreichen Amateurtrainer. Besonders die Sensationsspiele im Pokal sorgten 2010/2011 für Aufsehen. Gegen Bergedorf 85, ein Verein mit Regionalliga-Ambitionen, lag man bereits nach 20 Minuten 0:2 zurück, trotzdem gewann der Außenseiter 4:2. Auch die Oberligisten Altona 93, Bramfelder SV, TSV Buchholz, SV Rugenbergen und SC Condor zogen gegen den unterklassigen ETV den Kürzeren.

"Es hatte seinen Reiz, im Pokal der Underdog zu sein", erinnert sich Mitteregger. "Von den finanziellen Möglichkeiten und den Annehmlichkeiten, die unsere Gegner im Trainingsalltag hatten, waren wir weit entfernt. Aber genau daraus haben wir unsere Motivation gezogen." Die Ansprachen des jungen Trainers dürften dabei hilfreich gewesen sein. Ehemalige Spieler sagen über ihn, dass er immer die richtigen Worte fände und niemals Phrasen fallen ließe.

Kein Pokalduell mit Greuther Fürth

Nach dem sensationellen Pokalgewinn sorgte der Eimsbütteler TV für dicke Schlagzeilen. Nicht allerdings wegen des sportlichen Erfolges, sondern der Unruhen im Verein. Vorstand und Mannschaft konnten sich nicht über die Aufteilung der Pokaleinnahmen einigen. Die Konsequenz: Trainer und Spieler traten aus dem Verein aus - nur wenige Wochen vor dem DFB-Pokalspiel gegen den Zweitligisten Greuther Fürth.

Dass eine Fußballmannschaft kurz vor dem wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte ohne Mannschaft dastand, war für die Medien interessant. Ob nun der Kicker oder die Bild - alle berichteten über den Disput. Das Telefon des Trainers stand nicht mehr still, Interviewanfragen häuften sich. "Das war wirklich zeitraubend", sagt Mitteregger. Das Schlimmste allerdings war der Verzicht auf das Pokalspiel. "Mein Herz hat wirklich geblutet", gibt er zu. Der Eimsbütteler TV trat letztendlich mit der A-Jugend gegen Greuther Fürth an - und unterlag 0:10.

Die Karriere des aufstrebenden Trainers geriet ins Stocken. Zwei Jahre hatte er keinen Verein. "Es hat zwar einige Anfragen gegeben, aber das Richtige ist nicht dabei gewesen", sagt er. Das gab ihm die Gelegenheit, sein Lehramt-Studium zu Ende zu bringen. Heute unterrichtet er an einer Schule Sport und Geschichte, "aber der Fußball hat mir gefehlt."

[bild1]

Neuer Anlauf beim SV Blankenese

So sehr, dass er nun mit großer Freude eine neue Herausforderung ergriffen hat. Seit dem 1. Juli ist Dennis Mitteregger Trainer des Oberligisten SV Blankenese. "Der Kader hat Entwicklungspotenzial", sagt der Übungsleiter.

Und wie sehen die langfristigen Ziele des Trainers aus? Ruft vielleicht eines Tages der Profifußball? "Ich bin kein Träumer", lautet Mittereggers Antwort. Als Amateur zum Profi zu werden, sei für Trainer noch schwerer als für Spieler, sagt er. "Ich möchte mich einfach weiterentwickeln. Es ist nun das erste Mal, dass ich einen neuen Verein übernehme. Erst mal muss ich diese Aufgabe meistern, bevor ich mir höhere Ziele setze. Sollte dieser Weg irgendwann nach oben führen, wäre ich natürlich dafür offen."

Wer weiß: Vielleicht würde ein Profiverein auf ihn aufmerksam werden, sollte er noch einmal für einen Sensationserfolg sorgen. Die erste Runde im Hamburger Pokal steht jedenfalls an diesem Wochenende an.