Toni Kroos vor seinem zweiten Clasico

Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Toni Kroos, der heute mit Real Madrid vor dem Spiele der Spiele in der Primera Division steht - dem "El Clasico".

Ziemlich unscheinbar läuft der Countdown rechts unten in der Ecke, ganz harmlos, als stünde nichts Außergewöhnliches an. Auf der Homepage von Toni Kroos findet sich auf der Startseite beständig die Ankündigung der nächsten Partie, bis zum Anpfiff wird eine immer kleiner werdende Zahl aus Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden abgebildet. Der Countdown läuft bis alle Ziffern auf null stehen, wie es sich für einen guten Countdown gehört. Nach Spielende erscheinen dann neue Ziffern, in ihrer Höhe variieren sie, abhängig von der Anstoßzeit und dem Charakter der Woche als englisch oder gewöhnlich. So geht das Woche für Woche, nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Für Real Madrid und Toni Kroos muss diese Binse in dieser Woche abgewandelt werden. Der Blick auf den Spielplan verrät: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel der Spiele. Die Primera Division fiebert dem Top-Duell entgegen, der Tabellenführer empfängt den ärgsten Verfolger, nicht nebenbei ist diese Konstellation zudem der Rahmen für "El Clasico", für das größte Klub-Spiel des Planeten, der FC Barcelona gegen Real Madrid.

Kroos steht vor seinem zweiten Clasico. Bei seiner Premiere hat er die ganze Wucht dieses Ereignisses erleben dürfen, und selbst Toni Kroos war fasziniert. Es ist ja nicht so, dass er nicht schon vorher große Spiele gespielt hätte. Bayern gegen Dortmund, den deutschen Clasico, dann das "Finale Dahoam" gegen Chelsea, das sind nur zwei von vielen Beispielen. An der Spitze leuchtet die magische Nacht von Maracana, der Sieg im WM-Finale gegen Argentinien.

Noch heute bekommt Kroos Gänsehaut

Seit dem 25. Oktober vergangene Jahres weiß Kroos, dass Real gegen Barca ähnliche Dimensionen hat. Schon die Anfahrt zum Stadion war damals ein Erlebnis, das Kroos so schnell nicht vergessen wird. Die Straßen der spanischen Hauptstadt sind gesäumt mit Madridistas, ganz Madrid ist eine wabernde weiße Masse. Noch heute bekommt Kroos Gänsehaut, wenn er an die Stunden vor dem Spiel denkt. "Das war absolut beeindruckend und ist in Deutschland sicher kaum vorstellbar", sagt Kroos. "Umso froher waren wir danach, dass wir den Fans mit dem 3:1 einen Sieg schenken konnten." Nach 90 Minuten stand unter dem Strich: 100 Tage nach seiner Unterschrift bei den Königlichen erlebte Kroos seinen ersten majestätischen Moment. "Mein erster Clasico - und dann gleich ein 3:1! Da kann ich sehr, sehr zufrieden sein", sagte er.

Noch euphorischer fielen die Hymnen aus, mit denen die spanischen Medien ihre Zufriedenheit mit Kroos begleiteten. Seine Spielwerte waren selbst für Kroos herausragend. Ein Beispiel: Von 59 Pässen fanden 57 ihr Ziel. Außerdem bereitete der Weltmeister das 2:1 von Pepe mit einer Ecke vor. Und die Zeitungen überschlugen sich. Etwa die Marca, die wie folgt formulierte: "Kroos ist eine Präzisions-Uhr. Er ist sicherer als das beste deutsche Auto. Er wusste, Madrid Tempo zu verleihen, wenn es angemessen war. Ein Riesenspiel von ihm." Und weiter: "Niemand erinnert sich mehr an Xabi Alonso, so lange Kroos so sicher ist. Er gibt dem Spiel Sinn und Ordnung. Kroos war eine Mischung zwischen Plan-Zeichner und Chirurg."

Mit dem Dreier gegen Barca hatte Real den Rückstand auf den Rivalen auf einen Zähler verkürzt. Dieses Tabellenbild entspricht dem aktuellen, lediglich die Zahlen sind höher. Mit 65 Punkten führt Barca die Tabelle der Primera Division vor Real (64) an. Wieder an. Barcelona hat eine kleine Delle Reals konsequent genutzt. Im Februar und Anfang März hatte Real in den Spielen gegen Atletico (0:4), Villarreal (1:1) und Bilbao (0:1) wichtige Punkte liegen- und Barca an sich vorbei ziehen lassen.

Real wieder auf Erfolgskurs

Rechtzeitig vor dem Spiel der Spiele scheint Real aber wieder in der Spur. Gegen Levante gewann Real am vergangenen Wochenende durch zwei Tore von Gareth Bale locker mit 2:0, dabei konnte sich Trainer Carlo Ancelotti den Luxus leisten, auf einen seiner Unverzichtbaren zu verzichten. Toni Kroos wurde für den Clasico geschont, ihm drohte eine Gelbsperre, dieses Risiko wollte Ancelotti mit Kroos nicht eingehen. Vorher hatte der Deutsche in 26 Spielen der Primera Division 2263 von möglichen 2340 Minuten auf dem Rasen gestanden, ausgewechselt wurde Kroos nur, wenn eine Partie bereits entschieden war.

Heute werden wohl wieder viele Minuten dazu kommen, die Bilanz des Vergleichs zwischen Barca und Real lässt nicht vermuten, dass die Partie frühzeitig entschieden sein könnte. Die Ergebnisse der vergangenen vier Clasicos in Camp Nou: 1:1, 1:2, 2:2, 2:1. Einmal gewann Barca, einmal gewann Real, zwei Mal trennten sich die Teams Remis, viel ausgeglichener geht es kaum. Eine Aufgabe für Kroos, Real hofft, dass der Weltmeister das Zünglein an der Waage sein kann. Seinen ersten Auftritt im Camp Nou kann Kroos kaum erwarten, der Deutsche ist schon jetzt voller Vorfreude – und er teilt diese mit seinen Fans. Auf seiner Facebook-Seite hat er dazu einen passenden Beitrag gepostet: Ein Video mit seiner Torvorlage aus dem Hinspiel ist versehen mit einer Botschaft, die nicht nur Millionen Madridistas teilen: "Can't wait for El Clasico..."