Thomas Gentner: "Ich will meinen Bruder nicht kopieren"

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Da ist sie wieder, die Frage, die unvermeidliche, nach dem Bruder, dem Nationalspieler. "Es hat noch kein Interview gegeben, in dem ich nicht danach gefragt worden bin", sagt Thomas Gentner. Er lacht dabei, es stört ihn nicht. Er sei stolz, einen so bekannten Bruder zu haben. Und fügt hinzu: "Ich empfinde meinen Namen nicht als Bürde. Aber ich bin keine Kopie meines Bruders." Bei der TuS Koblenz ist er nach wenigen Monaten schon Leistungsträger. Sein Arbeitsplatz: die linke Außenbahn. Von hinten bis vorne.

Wenn Thomas und seine Brüder Christian, fünfmal für Deutschland im Einsatz und Stammspieler beim VfB Stuttgart, und Michael, U 16-Trainer des VfB, mal alle zu Hause bei den Eltern in Beuren (Landkreis Esslingen) sind, dann wird über viel geredet und vor allem über Fußball. "Oft schauen wir uns auch noch ein Spiel an". sagt Thomas, der jüngste der drei. Das war schon in der Kindheit immer spannend, weil Michael Bayern- war und Christian Dortmund-Fan und Thomas für die Frankfurter Eintracht schwärmte, weil er Okocha, Gaudino und Yeboah so toll fand. Vater Herbert komplettierte den Reigen als Anhänger des VfB Stuttgart. "Da ging es manchmal hoch her", sagt Thomas Gentner.

Vom VfB Stuttgart entdeckt

Dem Fußballverein, dem TSV Beuren, tritt er schon bei, als er noch nicht einmal vier Jahre alt ist. Irgendwie konnte er auch nicht anders, die Brüder spielten ja auch. "Aber ich wollte auch", sagt der heute 22-Jährige. Beim Tennis war es genauso - die Oberhand gewann aber schnell der Fußball. Bruder Michael wird später sogar sein Trainer. Mit elf folgt er seinem anderen Bruder Christian zum VfB Stuttgart, dem großen Klub in der Nähe. Bei den württembergischen Hallenmeisterschaften hat er auf sich aufmerksam gemacht.

35 Kilometer sind es bis zum Trainingsgelände. Gut, dass die Zugverbindung ganz okay ist. Zwei Stunden gehen trotzdem drauf pro Tag - nur fürs Fahren. Später wechselt er auf die DFB-Eliteschule des Fußballs in Stuttgart. Damit fällt dieser Stress schon mal weg. Beim VfB wird der Junge aus der Provinz gleich Spielführer, seine Position ist das defensive Mittelfeld. Auch in die Württemberg-Auswahl wird er berufen. Dann beginnt das, was Fußballer "die Seuche" nennen. Sie beginnt im September 2003. Nach einer halben Stunde Jogging ist er völlig ausgepumpt. Ständig ist er müde, muss sich sogar übergeben. Seine Lymphknoten schwellen an. Schließlich wird bei ihm das Pfeiffersche Drüsenfieber diagnostiziert.

Zwie Knieverletzungen hintereinander

Zwei Monate lang ist an Sport überhaupt nicht zu denken. "Dann habe ich wieder angefangen, aber bis ich wirklich fit war, das hat ewig gedauert", sagt er. "Wenn ich vom Training nach Hause kam, wollte ich einfach nur schlafen." Der Anschluss gelingt nur schwer. Er trainiert weiter beim VfB mit, spielt am Wochenende aber beim VfL Kirchheim in der Nähe. "Man wollte mich nicht abgeben. Aber ich brauchte Spielpraxis, darum hat mir das gut getan", sagt Gentner.

Kaum ist er zurück beim VfB trifft ihn der nächste Rückschlag. Beim Trainingsspiel der A-Junioren gegen die Profis verdreht er sich bei einem Zweikampf mit Horst Heldt das rechte Knie. Kreuz- und Innenband sowie der Meniskus reißen. Erst ein halbes Jahr später kehrt er auf den Trainingsplatz zurück. Endlich. Im dritten Training verdreht er sich das frisch geheilte Knie wieder. Diesmal ist es ein Kreuzbandanriss. "Trotzdem habe ich nie damit beschäftigt, mit dem Fußball aufzuhören", sagt Gentner. Als er Anfang 2007 zurückkehrt, hat er insgesamt 1 1/4 Jahr Pause hinter sich.

Wechsel zu den Kickers

Langwierige Verletzungen werfen jeden Fußballer zurück, in der Jugend ist solch eine lange Pause besonders bitter. Denn sie kommt in einer Zeit, in der sich die Spieler weiterentwickeln, in der Grundlagen für die spätere Laufbahn gelegt werden. Spielerisch, körperlich, taktisch. "Diese Jahre fehlen mir", sagt Gentner. Deshalb tut er, der inzwischen sein Fachabitur gemacht hatte, sich im Seniorenbereich zunächst schwer. 2007 ist sein Weg beim VfB zu Ende. Er wechselt zu den Stuttgarter Kickers, den kleineren Stadtrivalen.

Über die Zweite Mannschaft in der Oberliga empfiehlt er sich für die Profis, die seinerzeit in der 3. Liga spielen. Trainer Eddy Schmitt setzt den inzwischen zum Linksverteidiger umfunktionierten Gentner Ende Dezember 2008 erstmals ein. Von da an ist er gesetzt. Der Abstieg des Klubs ist kein Abstieg für den Youngster. "Es war eine wichtige Zeit für mich", sagt er. Nach der Saison wechselt er zu Eintracht Frankfurt II, wo Frank Leicht der Übungsleiter ist. Der hatte ihn schon in der Stuttgarter Jugend trainiert.

Nächster Schritt nach Koblenz

Angekommen beim Lieblingsklub. "Überragend war das", sagt er. In der Regionalliga-Mannschaft ist er Stammspieler, am Ende der Saison fährt er mit den Profis auf die Saisonabschluss-Tournee nach Vietnam. Trotzdem: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich tatsächlich als ernsthafte Alternative galt." Deshalb dauert der Aufenthalt in Hessen auch nur ein Jahr. Auch wenn's schwer fällt, "aber ich wollte den nächsten Schritt machen".

Den macht er mit dem Wechsel zur TuS Koblenz, gerade abgestiegen in die 3. Liga und im nahezu vollständigen Neuaufbau. "Ich fand gerade diese Aufgabe reizvoll", sagt er. "Außerdem hat mir Trainer Petrik Sander von Anfang an gezeigt, dass er mich wirklich haben wollte." Wollte er tatsächlich. Und er ist froh, dass der Wechsel geklappt hat. "Mit seinem linken Fuß kann Thomas für viel Belebung in unserem Spiel sorgen. Außerdem ist er ein sehr fleißiger und laufstarker Spieler. Für seine persönliche Entwicklung war es genau richtig den Schritt in die 3. Liga zu gehen", sagt Sander. "Wenn er weiter so hart an sich arbeitet, dann ist für ihn noch vieles möglich. Sein Leistungspotenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Er ist ein offensiver Linksverteidiger der modernen Prägung."

"Irgendwann weiter oben spielen"

Auch Bruder Christian traut seinem Bruder noch einiges zu. "Thomas ist sehr ehrgeizig und hat sich auch durch seine schwere Knieverletzungen nicht aus der Bahn werfen lassen", sagt er. "Ich bin der Meinung, dass er durchaus auch in der 2. Liga spielen könnte." Hört sich alles schön an. Und deckt sich mit den Zielen des 22-Jährigen. "Klar, ich möchte irgendwann weiter oben spielen und mich im Profibereich etablieren. Am liebsten mit der TuS", sagt er. "Erst mal hole ich die verlorenen Jahre auf." Sein rechtes Knie macht im Übrigen seit vier Jahren keine Probleme mehr.

Und, ja, diese Frage muss dann zum Abschluss auch noch erlaubt sein: Gibt es Gemeinsamkeiten mit dem Bruder aus der Bundesliga? "Christian und ich haben früher beide im Mittelfeld gespielt", sagt er. "Ich bin dann weiter nach hinten gegangen. Als wir noch klein waren, haben wir uns auch ähnlich gesehen." Und sonst? "Thomas war der deutlich bessere Schüler", sagt Christian Gentner. Im Sportlichen ist der Ältere dem Jüngeren derzeit ein gutes Stück voraus. "Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass es schwierig wird, das Gleiche zu erreichen wie er, aber man weiß ja nie, was noch kommt", sagt Thomas. Er ist eben keine Kopie. Und die will er auch nicht sein.

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Da ist sie wieder, die Frage, die unvermeidliche, nach dem Bruder, dem Nationalspieler. "Es hat noch kein Interview gegeben, in dem ich nicht danach gefragt worden bin", sagt Thomas Gentner. Er lacht dabei, es stört ihn nicht. Er sei stolz, einen so bekannten Bruder zu haben. Und fügt hinzu: "Ich empfinde meinen Namen nicht als Bürde. Aber ich bin keine Kopie meines Bruders." Bei der TuS Koblenz ist er nach wenigen Monaten schon Leistungsträger. Sein Arbeitsplatz: die linke Außenbahn. Von hinten bis vorne.

Wenn Thomas und seine Brüder Christian, fünfmal für Deutschland im Einsatz und Stammspieler beim VfB Stuttgart, und Michael, U 16-Trainer des VfB, mal alle zu Hause bei den Eltern in Beuren (Landkreis Esslingen) sind, dann wird über viel geredet und vor allem über Fußball. "Oft schauen wir uns auch noch ein Spiel an". sagt Thomas, der jüngste der drei. Das war schon in der Kindheit immer spannend, weil Michael Bayern- war und Christian Dortmund-Fan und Thomas für die Frankfurter Eintracht schwärmte, weil er Okocha, Gaudino und Yeboah so toll fand. Vater Herbert komplettierte den Reigen als Anhänger des VfB Stuttgart. "Da ging es manchmal hoch her", sagt Thomas Gentner.

Vom VfB Stuttgart entdeckt

Dem Fußballverein, dem TSV Beuren, tritt er schon bei, als er noch nicht einmal vier Jahre alt ist. Irgendwie konnte er auch nicht anders, die Brüder spielten ja auch. "Aber ich wollte auch", sagt der heute 22-Jährige. Beim Tennis war es genauso - die Oberhand gewann aber schnell der Fußball. Bruder Michael wird später sogar sein Trainer. Mit elf folgt er seinem anderen Bruder Christian zum VfB Stuttgart, dem großen Klub in der Nähe. Bei den württembergischen Hallenmeisterschaften hat er auf sich aufmerksam gemacht.

35 Kilometer sind es bis zum Trainingsgelände. Gut, dass die Zugverbindung ganz okay ist. Zwei Stunden gehen trotzdem drauf pro Tag - nur fürs Fahren. Später wechselt er auf die DFB-Eliteschule des Fußballs in Stuttgart. Damit fällt dieser Stress schon mal weg. Beim VfB wird der Junge aus der Provinz gleich Spielführer, seine Position ist das defensive Mittelfeld. Auch in die Württemberg-Auswahl wird er berufen. Dann beginnt das, was Fußballer "die Seuche" nennen. Sie beginnt im September 2003. Nach einer halben Stunde Jogging ist er völlig ausgepumpt. Ständig ist er müde, muss sich sogar übergeben. Seine Lymphknoten schwellen an. Schließlich wird bei ihm das Pfeiffersche Drüsenfieber diagnostiziert.

Zwie Knieverletzungen hintereinander

Zwei Monate lang ist an Sport überhaupt nicht zu denken. "Dann habe ich wieder angefangen, aber bis ich wirklich fit war, das hat ewig gedauert", sagt er. "Wenn ich vom Training nach Hause kam, wollte ich einfach nur schlafen." Der Anschluss gelingt nur schwer. Er trainiert weiter beim VfB mit, spielt am Wochenende aber beim VfL Kirchheim in der Nähe. "Man wollte mich nicht abgeben. Aber ich brauchte Spielpraxis, darum hat mir das gut getan", sagt Gentner.

Kaum ist er zurück beim VfB trifft ihn der nächste Rückschlag. Beim Trainingsspiel der A-Junioren gegen die Profis verdreht er sich bei einem Zweikampf mit Horst Heldt das rechte Knie. Kreuz- und Innenband sowie der Meniskus reißen. Erst ein halbes Jahr später kehrt er auf den Trainingsplatz zurück. Endlich. Im dritten Training verdreht er sich das frisch geheilte Knie wieder. Diesmal ist es ein Kreuzbandanriss. "Trotzdem habe ich nie damit beschäftigt, mit dem Fußball aufzuhören", sagt Gentner. Als er Anfang 2007 zurückkehrt, hat er insgesamt 1 1/4 Jahr Pause hinter sich.

Wechsel zu den Kickers

Langwierige Verletzungen werfen jeden Fußballer zurück, in der Jugend ist solch eine lange Pause besonders bitter. Denn sie kommt in einer Zeit, in der sich die Spieler weiterentwickeln, in der Grundlagen für die spätere Laufbahn gelegt werden. Spielerisch, körperlich, taktisch. "Diese Jahre fehlen mir", sagt Gentner. Deshalb tut er, der inzwischen sein Fachabitur gemacht hatte, sich im Seniorenbereich zunächst schwer. 2007 ist sein Weg beim VfB zu Ende. Er wechselt zu den Stuttgarter Kickers, den kleineren Stadtrivalen.

Über die Zweite Mannschaft in der Oberliga empfiehlt er sich für die Profis, die seinerzeit in der 3. Liga spielen. Trainer Eddy Schmitt setzt den inzwischen zum Linksverteidiger umfunktionierten Gentner Ende Dezember 2008 erstmals ein. Von da an ist er gesetzt. Der Abstieg des Klubs ist kein Abstieg für den Youngster. "Es war eine wichtige Zeit für mich", sagt er. Nach der Saison wechselt er zu Eintracht Frankfurt II, wo Frank Leicht der Übungsleiter ist. Der hatte ihn schon in der Stuttgarter Jugend trainiert.

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Nächster Schritt nach Koblenz

Angekommen beim Lieblingsklub. "Überragend war das", sagt er. In der Regionalliga-Mannschaft ist er Stammspieler, am Ende der Saison fährt er mit den Profis auf die Saisonabschluss-Tournee nach Vietnam. Trotzdem: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich tatsächlich als ernsthafte Alternative galt." Deshalb dauert der Aufenthalt in Hessen auch nur ein Jahr. Auch wenn's schwer fällt, "aber ich wollte den nächsten Schritt machen".

Den macht er mit dem Wechsel zur TuS Koblenz, gerade abgestiegen in die 3. Liga und im nahezu vollständigen Neuaufbau. "Ich fand gerade diese Aufgabe reizvoll", sagt er. "Außerdem hat mir Trainer Petrik Sander von Anfang an gezeigt, dass er mich wirklich haben wollte." Wollte er tatsächlich. Und er ist froh, dass der Wechsel geklappt hat. "Mit seinem linken Fuß kann Thomas für viel Belebung in unserem Spiel sorgen. Außerdem ist er ein sehr fleißiger und laufstarker Spieler. Für seine persönliche Entwicklung war es genau richtig den Schritt in die 3. Liga zu gehen", sagt Sander. "Wenn er weiter so hart an sich arbeitet, dann ist für ihn noch vieles möglich. Sein Leistungspotenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Er ist ein offensiver Linksverteidiger der modernen Prägung."

"Irgendwann weiter oben spielen"

Auch Bruder Christian traut seinem Bruder noch einiges zu. "Thomas ist sehr ehrgeizig und hat sich auch durch seine schwere Knieverletzungen nicht aus der Bahn werfen lassen", sagt er. "Ich bin der Meinung, dass er durchaus auch in der 2. Liga spielen könnte." Hört sich alles schön an. Und deckt sich mit den Zielen des 22-Jährigen. "Klar, ich möchte irgendwann weiter oben spielen und mich im Profibereich etablieren. Am liebsten mit der TuS", sagt er. "Erst mal hole ich die verlorenen Jahre auf." Sein rechtes Knie macht im Übrigen seit vier Jahren keine Probleme mehr.

Und, ja, diese Frage muss dann zum Abschluss auch noch erlaubt sein: Gibt es Gemeinsamkeiten mit dem Bruder aus der Bundesliga? "Christian und ich haben früher beide im Mittelfeld gespielt", sagt er. "Ich bin dann weiter nach hinten gegangen. Als wir noch klein waren, haben wir uns auch ähnlich gesehen." Und sonst? "Thomas war der deutlich bessere Schüler", sagt Christian Gentner. Im Sportlichen ist der Ältere dem Jüngeren derzeit ein gutes Stück voraus. "Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass es schwierig wird, das Gleiche zu erreichen wie er, aber man weiß ja nie, was noch kommt", sagt Thomas. Er ist eben keine Kopie. Und die will er auch nicht sein.