"Spiel ohne Ball": Jimmy Hartwig auf großer Theaterbühne

Es ist ja nicht so, dass Jimmy Hartwig gleich die Knie schlottern, wenn mal eine knifflige Aufgabe um die Ecke kommt. Der zweimalige Nationalspieler wurde 1983 mit dem HSV Europapokalsieger, und wie schwer das gewesen sein muss, erleben wir gerade wieder.

Das Theaterstück "Spiel ohne Ball" war für ihn dennoch eine besondere Herausforderung. Am Luxemburger Grand Théâtre wurde das Stück im Januar uraufgeführt. Mit Hartwig in der Hauptrolle. "Sechs Wochen habe ich gebraucht, um den Text drin zu haben. Ich lerne ganz gut über Laufwege auf der Bühne, mit der Bewegung spult sich der Text ab", sagt Hartwig. 17 Seiten lang ist sein Monolog. Exakt eine Stunde dauert das "Spiel ohne Ball", in dem zwar zwei Personen auf der Bühne stehen, aber nur Hartwigs Figur Uwe spricht.

"Spiel ohne Ball" ein Stück von Albert Ostermaier

Es ist die Beichte eines Fußballers, der erst auf dem Spielfeld scheitert, und anschließend überall sonst sein Leben verpfuscht. Eine Paraderolle für Hartwig, der schon auf die Nase fiel und immer wieder aufstand. Er spielt einen Durchgeknallten, der eine Bank überfallen, einen Menschen erschossen, eine Bankangestellte als Geisel genommen hat.

In Luxemburg, dessen Geldinstitute international erfolgreicher wirtschaften als seine Fußballklubs, spielt das neue Stück des Lyrikers und Dramaturgen Albert Ostermaier. Der Münchner Autor hütet sonst das Tor der Autoren-Nationalmannschaft (Autonama), die wiederum von der DFB-Kulturstiftung gefördert wird. 2011 wurde Ostermaier, dessen "Ode an Kahn" bekannt ist, der "Welt-Literaturpreis" verliehen.

Wenn der Vorhang sich hebt, stolpert Uwe auf die Bühne, die geknebelte Geisel an der Hand, in der anderen Hand eine Sporttasche. Die Pistole steckt im Hosenbund. Hartwig sagt: "Es ist ein intensives, tolles Stück. Oft werden mit dem vielen Geld, das Fußballer verdienen, alle besonderen Qualen entschuldigt. Die Leute sagen dann, für das Geld kann der das schon wegstecken. Aber Fußballer sind Menschen mit einer Grenze der Belastbarkeit, wie alle anderen auch."

Großes Lob für Hauptdarsteller Hartwig

Jimmy Hartwig, im früheren Leben ein verdammt guter "Sechser", hat den entgleisenden Uwe überzeugend gespielt. Das Luxemburger Publikum klatschte begeistert, die Theaterkritik feierte seine "bemerkenswerte persönliche Präsenz" und Autor Ostermaier lobte an seinem Hauptdarsteller "seine absolute Unmittelbarkeit, die Direktheit, das Herausfordernde. Bei aller Schärfe hat alles unheimlich viel Herzschlag. Er vermittelt eine gewisse Fallhöhe, spielt aber auch immer damit, dass man ihn unterschätzt".

Worum geht es? Ostermaiers Drama ist vielschichtig, es geht um die Psychologie einer Geiselnahme, um die harte Wirtschaftlichkeit des Banken- und Fußballgeschäfts. "Spiel ohne Ball" ist auch eine lange Replik. In Frage gestellt wird eines der berühmten Zitate des Fußballs. Es stammt vom französischen Philosophen Albert Camus. "Alles, was ich über Moral und Verpflichtungen weiß, verdanke ich dem Fußball", hat Camus gesagt.

Ostermaiers Theaterfigur ist der erfundene Gegenbeweis. Denn Uwe ist eben durch den Fußball kein besserer Mensch geworden. Er ist gewalttätig, ein Egoist, tablettensüchtig, voller Selbstzweifel. Er hat einen Menschen erschossen, kaltblütig, und ist drauf und dran die zweite Geisel zu ermorden. Uwe ist ein Monster und immer wieder deutet "Spiel ohne Ball" an, dass der Fußball daran nicht ganz schuldlos ist. Uwe verrät seiner geknebelten Bankerin: "Ich habe dir gesagt, ich habe alles vom Fußball gelernt und jetzt musst du mir zuhören, ich bin dein verdammter Tinitus. Ich bin wie deine Schrottpapiere, mich bekommst du nicht mehr los."

"Eine Drehung und der Ball ist im Aus"



Es ist ja nicht so, dass Jimmy Hartwig gleich die Knie schlottern, wenn mal eine knifflige Aufgabe um die Ecke kommt. Der zweimalige Nationalspieler wurde 1983 mit dem HSV Europapokalsieger, und wie schwer das gewesen sein muss, erleben wir gerade wieder.

Das Theaterstück "Spiel ohne Ball" war für ihn dennoch eine besondere Herausforderung. Am Luxemburger Grand Théâtre wurde das Stück im Januar uraufgeführt. Mit Hartwig in der Hauptrolle. "Sechs Wochen habe ich gebraucht, um den Text drin zu haben. Ich lerne ganz gut über Laufwege auf der Bühne, mit der Bewegung spult sich der Text ab", sagt Hartwig. 17 Seiten lang ist sein Monolog. Exakt eine Stunde dauert das "Spiel ohne Ball", in dem zwar zwei Personen auf der Bühne stehen, aber nur Hartwigs Figur Uwe spricht.

"Spiel ohne Ball" ein Stück von Albert Ostermaier

Es ist die Beichte eines Fußballers, der erst auf dem Spielfeld scheitert, und anschließend überall sonst sein Leben verpfuscht. Eine Paraderolle für Hartwig, der schon auf die Nase fiel und immer wieder aufstand. Er spielt einen Durchgeknallten, der eine Bank überfallen, einen Menschen erschossen, eine Bankangestellte als Geisel genommen hat.

In Luxemburg, dessen Geldinstitute international erfolgreicher wirtschaften als seine Fußballklubs, spielt das neue Stück des Lyrikers und Dramaturgen Albert Ostermaier. Der Münchner Autor hütet sonst das Tor der Autoren-Nationalmannschaft (Autonama), die wiederum von der DFB-Kulturstiftung gefördert wird. 2011 wurde Ostermaier, dessen "Ode an Kahn" bekannt ist, der "Welt-Literaturpreis" verliehen.

Wenn der Vorhang sich hebt, stolpert Uwe auf die Bühne, die geknebelte Geisel an der Hand, in der anderen Hand eine Sporttasche. Die Pistole steckt im Hosenbund. Hartwig sagt: "Es ist ein intensives, tolles Stück. Oft werden mit dem vielen Geld, das Fußballer verdienen, alle besonderen Qualen entschuldigt. Die Leute sagen dann, für das Geld kann der das schon wegstecken. Aber Fußballer sind Menschen mit einer Grenze der Belastbarkeit, wie alle anderen auch."

Großes Lob für Hauptdarsteller Hartwig

Jimmy Hartwig, im früheren Leben ein verdammt guter "Sechser", hat den entgleisenden Uwe überzeugend gespielt. Das Luxemburger Publikum klatschte begeistert, die Theaterkritik feierte seine "bemerkenswerte persönliche Präsenz" und Autor Ostermaier lobte an seinem Hauptdarsteller "seine absolute Unmittelbarkeit, die Direktheit, das Herausfordernde. Bei aller Schärfe hat alles unheimlich viel Herzschlag. Er vermittelt eine gewisse Fallhöhe, spielt aber auch immer damit, dass man ihn unterschätzt".

Worum geht es? Ostermaiers Drama ist vielschichtig, es geht um die Psychologie einer Geiselnahme, um die harte Wirtschaftlichkeit des Banken- und Fußballgeschäfts. "Spiel ohne Ball" ist auch eine lange Replik. In Frage gestellt wird eines der berühmten Zitate des Fußballs. Es stammt vom französischen Philosophen Albert Camus. "Alles, was ich über Moral und Verpflichtungen weiß, verdanke ich dem Fußball", hat Camus gesagt.

Ostermaiers Theaterfigur ist der erfundene Gegenbeweis. Denn Uwe ist eben durch den Fußball kein besserer Mensch geworden. Er ist gewalttätig, ein Egoist, tablettensüchtig, voller Selbstzweifel. Er hat einen Menschen erschossen, kaltblütig, und ist drauf und dran die zweite Geisel zu ermorden. Uwe ist ein Monster und immer wieder deutet "Spiel ohne Ball" an, dass der Fußball daran nicht ganz schuldlos ist. Uwe verrät seiner geknebelten Bankerin: "Ich habe dir gesagt, ich habe alles vom Fußball gelernt und jetzt musst du mir zuhören, ich bin dein verdammter Tinitus. Ich bin wie deine Schrottpapiere, mich bekommst du nicht mehr los."

"Eine Drehung und der Ball ist im Aus"

Die Untiefen des Leistungsfußballs, seine hässliche Seite, die Gefahren für einen jungen Fußballer, darum dreht sich Uwes einstündiger irrer Monolog. Die großen Abstürze der Fußballgeschichte, darum geht's. Erwin Kostedde etwa, ein Offenbacher wie Jimmy Hartwig, der seine Ersparnisse von über einer Million Mark durch einen dubiosen Anlageberater verlor und 1990 wegen des später widerlegten Verdachts, einen Raubüberfall auf eine Spielhalle in Coesfeld begangen zu haben, verhaftet wurde. Uli Borowka kämpfte nach dem Ende seiner erfolgreichen Bundesliga-Karriere oft schmerzhaft öffentlich mit seiner Alkoholabhängigkeit. 1996 verursachte er schwer alkoholisiert einen Autounfall. Und dann natürlich George Best. Sein Zitat ist für die Ewigkeit: "Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst." Der Nordire, der zu den besten 125 Spielern aller Zeiten gezählt wird, wurde keine 60 Jahre alt und starb im November 2005.

Die von Ostermaier aufgestellte Ungleichung lautet: "So fit und leistungsfähig auf dem Rasen, so überfordert und ausgeliefert im großen Spiel des Lebens." Ostermaiers Stück erinnert an das Thema in John Updikes Roman "Hasenherz", in dem der Niedergang des ehemaligen Basketballstars Harry Angstrom erzählt wird. So auch auf beim "Spiel ohne Ball": Das Leben ganz oben wappnet einen nicht für die Niederungen, das Dasein im Scheinwerferlicht nicht für die Jahre danach. Weil ein Fußballerleben so verlaufen muss, ist es durchaus voller Gefahren. Uwe sagt das so: "Ruhm verblasst, und kein zweites Leben nach dem Fußball. Spiel ohne Ball, kannst Du vergessen." Und etwas später im Stück: "Eine Drehung, und der Ball ist im Aus."

In irrem Tempo, sprunghafter Logik und manchmal auch mit Witz benennt der wütende und verzweifelte Uwe weitere Probleme, etwa in einer sprachlich starken Passage, wie schlimmstenfalls verdrängt wird, was nicht sein soll. "Allein gelassen mit seinem Elend", sagt Hartwig als Uwe auf der Bühne. Für einen Moment werden Figur und Darsteller einer: "Ist dem Hartwig auch passiert. Krebs. Und keinen hat's interessiert. Es gibt keine schwulen Fußballer, es gibt keine Fußballer, die Krebs haben, es gibt keine Fußballer, die süchtig sind, es gibt keine Fußballer, die depressiv sind."

"Das Stück ist schwer, intensiv, sehr düster"

"Das Stück ist schon schwer, intensiv, sehr düster", sagt Jimmy Hartwig. Aber es gibt auch saukomische Stellen, etwa wenn Uwe seine Geisel fragt: "Weißt du, warum ich mir eine Luxembourger Bank ausgesucht habe? Weil das alles Schwarzgeld ist. Und Schwarzgeld soll Schwarzen gehören." Schön auch der Satz: "Fairplay ist nur ein Schwitzkasten für Verlierer."

In Luxemburg ist der letzte Vorhang gefallen, derzeit laufen Gespräche, das kritische Fußballstück an anderen deutschen Theatern aufzuführen. "Hamburg wäre toll, die Bankenstadt Frankfurt sicher auch", meint Hartwig: "Gerade vor der WM bietet unser Stück eine gute Gelegenheit, ein paar Fußballfans mal ins Theater zu locken." Auch wenn es ein Spiel ohne Ball ist.