Sebastian Kehl: Endspiel zum Abschied

Vizeweltmeister. Champions-League-Finalist. Deutscher Meister. DFB-Pokalsieger. Derbyheld. Die Liste der Erfolge ist lang. Das ist bemerkenswert, beachtlich. Denn die Liste der Verletzungen ist auch lang. Sebastian Kehl war in seiner Karriere oft abgeschrieben. Jedes Mal ist der heute 35-Jährige zurückgekommen und immer konnten sich Trainer und Mitspieler auf ihn verlassen.

Am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und auf Sky) in Berlin tritt er ab. Weil er es so will - und weil er das schon vor einem Jahr so bestimmt hat. Zum Abschluss bekommt er ein großes Finale. Das DFB-Pokalendspiel seines BVB gegen den VfL Wolfsburg im Olympiastadion.

Sohn Luis ist Kehls größter Kritiker

Der Ball ist fast größer als der Junge. Eben ist er an der Mittellinie losgedribbelt, nun läuft er schon schnurstracks Richtung Tor. Die Augenpaare von 80.520 Menschen verfolgen ihn dabei. Gebannt. Jubel brandet auf, breitet sich aus. Und dann schießt der kleine Luis den Ball ins große Tor, einfach so. Die aufgestaute Freude entlädt sich. 80.520 Menschen flippen aus, schon wieder. Diesmal huldigen sie einem Fünfjährigen.

Unvergessliche Momente. Luis ist der Sohn von Sebastian Kehl. Und Papas größter Kritiker. Hauptansatzpunkt: Der große Kehl schieße ständig zu wenig Tore. Immerhin, am Nachmittag dieses 21. April 2012 ist Sebastian Kehl mit Borussia Dortmund wenigstens Deutscher Meister geworden, zum dritten Mal in seiner Karriere. Manchmal nimmt man halt, was man kriegen kann.

Kehls Krankenakte ist lang

Warum diese Szene lange nach Abpfiff des dafür entscheidenden Bundesligaspiels zwischen den Borussen aus Dortmund und Mönchengladbach nicht nur so schön, sondern auch so wichtig ist? Weil sie, erstens, einen der Menschen in den Vordergrund rückt, die Sebastian Kehl auch in den weniger schönen Zeiten den Rücken stärkten. "Es war", hat Dortmunds Nummer 5 später an diesem Tag gesagt, "auch ein toller Moment für meine Familie."

Für Tina, die Frau an seiner Seite. Für Töchterchen Leni. Und für Luis. Sie sind es, die nicht nur den strahlenden Sieger kennen, den Fußballstar, den Derbyhelden. Sie haben auch die Verletzungen mitgerlebt. Und Sebastian Kehl war oft verletzt. Seine bis dahin letzte, eine tückische Muskelverletzung im Hüftbeuger des linken Oberschenkels, hatte ihn die komplette vorherige Saison gekostet - und somit die erste Meisterschaft der ebenfalls in Berlin endenden Ära Jürgen Klopp, samt Schalenübergabe.



Vizeweltmeister. Champions-League-Finalist. Deutscher Meister. DFB-Pokalsieger. Derbyheld. Die Liste der Erfolge ist lang. Das ist bemerkenswert, beachtlich. Denn die Liste der Verletzungen ist auch lang. Sebastian Kehl war in seiner Karriere oft abgeschrieben. Jedes Mal ist der heute 35-Jährige zurückgekommen und immer konnten sich Trainer und Mitspieler auf ihn verlassen.

Am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und auf Sky) in Berlin tritt er ab. Weil er es so will - und weil er das schon vor einem Jahr so bestimmt hat. Zum Abschluss bekommt er ein großes Finale. Das DFB-Pokalendspiel seines BVB gegen den VfL Wolfsburg im Olympiastadion.

Sohn Luis ist Kehls größter Kritiker

Der Ball ist fast größer als der Junge. Eben ist er an der Mittellinie losgedribbelt, nun läuft er schon schnurstracks Richtung Tor. Die Augenpaare von 80.520 Menschen verfolgen ihn dabei. Gebannt. Jubel brandet auf, breitet sich aus. Und dann schießt der kleine Luis den Ball ins große Tor, einfach so. Die aufgestaute Freude entlädt sich. 80.520 Menschen flippen aus, schon wieder. Diesmal huldigen sie einem Fünfjährigen.

Unvergessliche Momente. Luis ist der Sohn von Sebastian Kehl. Und Papas größter Kritiker. Hauptansatzpunkt: Der große Kehl schieße ständig zu wenig Tore. Immerhin, am Nachmittag dieses 21. April 2012 ist Sebastian Kehl mit Borussia Dortmund wenigstens Deutscher Meister geworden, zum dritten Mal in seiner Karriere. Manchmal nimmt man halt, was man kriegen kann.

Kehls Krankenakte ist lang

Warum diese Szene lange nach Abpfiff des dafür entscheidenden Bundesligaspiels zwischen den Borussen aus Dortmund und Mönchengladbach nicht nur so schön, sondern auch so wichtig ist? Weil sie, erstens, einen der Menschen in den Vordergrund rückt, die Sebastian Kehl auch in den weniger schönen Zeiten den Rücken stärkten. "Es war", hat Dortmunds Nummer 5 später an diesem Tag gesagt, "auch ein toller Moment für meine Familie."

Für Tina, die Frau an seiner Seite. Für Töchterchen Leni. Und für Luis. Sie sind es, die nicht nur den strahlenden Sieger kennen, den Fußballstar, den Derbyhelden. Sie haben auch die Verletzungen mitgerlebt. Und Sebastian Kehl war oft verletzt. Seine bis dahin letzte, eine tückische Muskelverletzung im Hüftbeuger des linken Oberschenkels, hatte ihn die komplette vorherige Saison gekostet - und somit die erste Meisterschaft der ebenfalls in Berlin endenden Ära Jürgen Klopp, samt Schalenübergabe.

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Abschied beim Finale in Berlin: "Perfektes Drehbuch"

Und sie, diese Szene, ist wichtig und gleichfalls so schön, weil sie einen nochmaligen Wendepunkt in der an Wendungen reichen Karriere Kehls markiert. Seitdem hat der 35-Jährige nichts von dem aufgeholt, was er in den Jahren zuvor immer wieder verpasst hat, er hat aber noch einiges mitgenommen. Zwei Wochen später den DFB-Pokalsieg, der durch das 5:2 über den FC Bayern München zum Triumph wurde und das erste Double der Dortmunder Vereinsgeschichte komplettierte. Das Champions-League-Finale 2013. Das DFB-Pokalfinale 2014. Sein drittes.

Dass er nun noch einmal wiederkommen darf, dass das finale Spiel seiner Karriere das Endspiel in Berlin ist, "ist fantastisch, ein nahezu perfektes Drehbuch". An dem er maßgeblich beteiligt war. Mit etwas, das für ihn selten ist und deshalb so ungemein wertvoll. Mit Toren. Kehl war es, der dem zähen Ringen im Viertelfinale gegen 1899 Hoffenheim mit einem einzigen Schuss und all seiner Entschlossenheit ein Ende setzte. Und Kehl war es auch, der seinen Elfmeter im Halbfinale beim FC Bayern München kühn verwandelte. "Ich durfte auch noch einmal eine entscheidende Rolle spielen", sagt Kehl, "schöner hätte ich es mir kaum vorstellen können."

Tränenreicher Abschied vor der Südtribüne

Schön, geradezu traumhaft war auch Kehls Abschied in Dortmund, im Signal-Iduna-Park, auf seiner Bühne. Beim 3:2 gegen Werder Bremen, mit dem die Europa-League-Qualifikation perfekt gemacht wurde, hat sich Sebastian Kehl von den BVB-Fans verabschiedet, vor der legendären Südtribüne. Große Gefühle waren das, viele hatten Tränen in den Augen. "Was die Fans mir heute gegeben haben, war Wahnsinn", so Kehl gegenüber DFB.de. "Großartig!" Er hat es verstanden als Anerkennung für "eine spezielle Karriere" - die aber noch nicht ganz beendet ist.

Am Samstag in Berlin folgt nämlich das allerletzte Hurra. "Natürlich würde dieser Pokalsieg noch das i-Tüpfelchen auf meine letzte Saison setzen", sagt Kehl. Schon während der für die Dortmunder frustrierenden Hinrunde hatte der langjährige Kapitän des BVB neben anderen auch diesen Strohhalm im Kopf. "Ich behaupte jetzt einmal ganz frech, dass ich mir das durch harte Arbeit und das nötige Glück auch verdient habe."

Was kommt danach? "Ich möchte reisen und mich treiben lasssen"

Kein Widerspruch. Doch was kommt danach? Fest steht: Kehls letzte Dienstfahrt wird nicht seine letzte Reise sein. Er wird das Leben eine Zeit lang etwas entspannter, unaufgeregter angehen, womöglich auch unorganisierter. "Ich möchte reisen, mich treiben lassen und das Leben in anderen Dimensionen kennenlernen. Amerika, Afrika, Asien – all das möchte ich mir ansehen." Und vorher noch Berlin, es könnte ein perfekter Abschluss werden. So oder so: Luis darf heute verdammt stolz sein auf seinen Papa.

1998 bestritt Sebastian Kehl sein erstes Spiel im DFB-Pokal - mit Hannover 96 verlor er gegen Tennis Borussia Berlin 0:1. Damals an seiner Seite: Wolfsburgs heutiger Trainer Dieter Hecking. Knapp 14 Jahre später gewann Kehl mit der Borussia als Kapitän das Finale gegen den FC Bayern mit 5:2.