Schiedsrichter mit Pfiff: Weltenbummler in Sachen Fußball

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Zunächst mal eine gewagte These: Christian Quiel ist der beste Unparteiische Deutschlands. Dazu passt, dass er regelmäßig Kontakt mit Lutz Wagner hat, zu seinen Freunden zählt Ravshan Irmatov, jener Schiedsrichter aus Usbekistan, der bei der Weltmeisterschaft in Südafrika das Viertelfinale zwischen Deutschland und Argentinien gepfiffen und mit fünf Einsätzen bei einer WM-Endrunde einen neuen Weltrekord aufgestellt hat.

Sonderlich prominent ist Quiel allerdings nicht, sein Name findet sich nicht auf den Spielberichtsbögen der Bundesliga, auch die 2. Bundesliga und Liga drei kommen bisher ohne ihn zurecht. Quiel pfeift im Münsterland in der Kreisliga, er leitet Paarungen wie DJK Eintracht Coesfeld III gegen DJK/VfL Billerbeck II. Auch hier wird Fußball auf hohem Niveau gespielt, das schon, den besten Unparteiischen der Republik vermutet man hier allerdings nicht.

Platzerfahrung: In 346 Stadien als Groundhopper

Stimmt ja auch nicht. Quiel räumt freimütig ein, das andere besser sind als er. Wolfgang Stark, Thorsten Kinhöfer, Babak Rafati - wie sie alle heißen. Und doch gibt es einen Parameter, der ihn ganz weit nach Vorne katapultiert: Was internationale Erfahrung angeht, dürfte ihm in Deutschland so schnell keiner etwas vormachen. Und das mit 28 Jahren. Quiel hat weltweit auf mehr als 300 verschiedenen Fußballplätzen Erfahrungen sammeln können. Präzise: Am Rande von 346 Fußballplätzen. Quiel ist Groundhopper, große Teile seiner Freizeit verbringt er damit, Fußballspiele auf möglichst vielen unterschiedlichen Fußballplätzen zu betrachten. 346 sind es mittlerweile. Beinahe wöchentlich kommt ein neues Stadion hinzu. Ab heute beispielsweise weilt er mit ein paar Freunden in Portugal - Lissabon, Porto, die großen Stadien stehen auf dem Plan.

Von Old Trafford über Wembley ins Santiago Bernabeu

Sein Hobby hat ihn in alle Welt geführt. Quiel war im Old Trafford in Manchester, er war in Madrid im Bernabeu, hat das Wembleystadion in London besucht. Die großen Bühnen des Weltfußballs hat er gesehen, und auch die kleinen. In Europa und Asien war Quiel fast überall, auch in so exotischen Ländern wie Kasachstan und Usbekistan. Quiel hat Fußballspiele gesehen in verrotteten Stadien und in unteren Ligen, den 1. FC Köln begleitet er, wo immer der Verein vom Spielplan hingeführt wird. Ein teures Hobby? „Andere geben ihr Geld für allen möglichen Plunder aus“, sagte der Steuerfachangestellte, „ich gehe eben zum Fußball.“ Außerdem, so teuer sind seine Reisen nicht. Die Fans schließen sich zusammen, teilen viele Kosten und machen einen großen Bogen um 5-Sterne-Herbergen. Bei den Eintrittspreisen hilft ihm häufig sein Schiedsrichterschein. Vor den Reisen schreibt er die gastgebenden Vereine an, auch zu den Schiedsrichtern sucht er Kontakt, und meist findet sich ein Weg, verbilligt oder kostenlos ins Stadion zu gelangen.

"Fußball ist mein Sport"



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Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Zunächst mal eine gewagte These: Christian Quiel ist der beste Unparteiische Deutschlands. Dazu passt, dass er regelmäßig Kontakt mit Lutz Wagner hat, zu seinen Freunden zählt Ravshan Irmatov, jener Schiedsrichter aus Usbekistan, der bei der Weltmeisterschaft in Südafrika das Viertelfinale zwischen Deutschland und Argentinien gepfiffen und mit fünf Einsätzen bei einer WM-Endrunde einen neuen Weltrekord aufgestellt hat.

Sonderlich prominent ist Quiel allerdings nicht, sein Name findet sich nicht auf den Spielberichtsbögen der Bundesliga, auch die 2. Bundesliga und Liga drei kommen bisher ohne ihn zurecht. Quiel pfeift im Münsterland in der Kreisliga, er leitet Paarungen wie DJK Eintracht Coesfeld III gegen DJK/VfL Billerbeck II. Auch hier wird Fußball auf hohem Niveau gespielt, das schon, den besten Unparteiischen der Republik vermutet man hier allerdings nicht.

Platzerfahrung: In 346 Stadien als Groundhopper

Stimmt ja auch nicht. Quiel räumt freimütig ein, das andere besser sind als er. Wolfgang Stark, Thorsten Kinhöfer, Babak Rafati - wie sie alle heißen. Und doch gibt es einen Parameter, der ihn ganz weit nach Vorne katapultiert: Was internationale Erfahrung angeht, dürfte ihm in Deutschland so schnell keiner etwas vormachen. Und das mit 28 Jahren. Quiel hat weltweit auf mehr als 300 verschiedenen Fußballplätzen Erfahrungen sammeln können. Präzise: Am Rande von 346 Fußballplätzen. Quiel ist Groundhopper, große Teile seiner Freizeit verbringt er damit, Fußballspiele auf möglichst vielen unterschiedlichen Fußballplätzen zu betrachten. 346 sind es mittlerweile. Beinahe wöchentlich kommt ein neues Stadion hinzu. Ab heute beispielsweise weilt er mit ein paar Freunden in Portugal - Lissabon, Porto, die großen Stadien stehen auf dem Plan.

Von Old Trafford über Wembley ins Santiago Bernabeu

Sein Hobby hat ihn in alle Welt geführt. Quiel war im Old Trafford in Manchester, er war in Madrid im Bernabeu, hat das Wembleystadion in London besucht. Die großen Bühnen des Weltfußballs hat er gesehen, und auch die kleinen. In Europa und Asien war Quiel fast überall, auch in so exotischen Ländern wie Kasachstan und Usbekistan. Quiel hat Fußballspiele gesehen in verrotteten Stadien und in unteren Ligen, den 1. FC Köln begleitet er, wo immer der Verein vom Spielplan hingeführt wird. Ein teures Hobby? „Andere geben ihr Geld für allen möglichen Plunder aus“, sagte der Steuerfachangestellte, „ich gehe eben zum Fußball.“ Außerdem, so teuer sind seine Reisen nicht. Die Fans schließen sich zusammen, teilen viele Kosten und machen einen großen Bogen um 5-Sterne-Herbergen. Bei den Eintrittspreisen hilft ihm häufig sein Schiedsrichterschein. Vor den Reisen schreibt er die gastgebenden Vereine an, auch zu den Schiedsrichtern sucht er Kontakt, und meist findet sich ein Weg, verbilligt oder kostenlos ins Stadion zu gelangen.

"Fußball ist mein Sport"

Ach ja, Schiedsrichter ist er natürlich auch noch. Seine Vita als Unparteiischer ist klassisch. Sie begann mit der Karriere als Spieler. Als Libero kickte Quiel für den DJK Vorwärts-Lette bis zum Alter von 18 Jahren gegen den Ball. Ein halbes Jahr machte er Pause, nach sechs Monaten kehrte er als Schiedsrichter auf den Platz zurück. Die Motivation? „Fußball ist mein Sport“, sagt Quiel.

„Für mich ist das Pfeifen eine tolle Gelegenheit, auf dem Platz zu stehen und dem Fußball etwas zurück zu geben.“ Eine weiterer Grund bestand darin, der Welt etwas zu beweisen: Ich kann das besser! Unzählige Male hat er im Stadion gestanden und sich über die Fehler der Unparteiischen aufgeregt. „Als Fan des FC ist man Kummer gewohnt“, sagt er dazu diplomatisch. Aber klar ist auch: Gefühlt, subjektiv, wird der FC ständig benachteiligt. Also meldete sich Quiel vor gut zehn Jahren zum Schiedsrichter-Lehrgang an und hatte wenig später den Schiedsrichterschein in der Tasche. So wurde aus dem Libero von Vorwärts-Lette der Schiedsrichter Quiel.

Die Nationalmannschaft und den 1. FC Köln im Herzen

Seine Priorität aber sind der 1. FC Köln und die Nationalmannschaft, in deren Fanclub er seit drei Jahren Mitglied ist. „Ich bin gerne Schiedsrichter“, sagt Quiel, „aber noch gerner bin ich Fan.“ Die Beförderung in die Bezirksliga lehnte er deswegen ab, zu wenig Zeit, die Reisen sind wichtiger. Auch wenn der Fan Quiel den Schiedsrichter Quiel nie ganz ablegen kann. „Manche werfen mir das vor, dass ich mehr mit dem Schiedsrichter befasst bin, als mit allem anderen“, sagt Quiel. Stimmt natürlich nicht, aber es stimmt schon, dass Quiel die Schiedsrichter immer besonders beobachtet. Er achtet auf die Körpersprache, auf große und kleine Gesten und hat ein anderes Verständnis für die Leistungen und Entscheidung der Schiedsrichter hat, als der durchschnittliche Fan.

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Mail-Kontakt zu vielen FIFA-Schiedsrichtern

Dieses Verständnis ist nach und nach gewachsen. Auch durch den Kontakt mit den besten Schiedsrichtern der Welt. Quiel ist neugierig, wissbegierig. Vor dem WM 2010 hat er Kontakt zu allen Unparteiischen gesucht, über die Nationalverbände hat er den Schiedsrichtern E-Mails geschrieben, nicht alle, aber einige haben geantwortet. So kam auch der Kontakt mit Irmatov zu Stande, ein Kontakt, der bis heute nicht abgerissen ist. „Vor kurzem habe ich eine Mail von ihm erhalten, in der er mir von seinen Erlebnissen beim Asien-Cup erzählt hat“, sagt Quiel.

So weiß er von den Sorgen und Nöten der Spitzenschiedsrichter und kann deren Erleben bei einem großen Turnier nachempfinden. Deswegen hat sich bei ihm in alle Freude auch eine Portion Mitgefühl gemischt, als er am 27. Juni vergangenen Jahres Zeuge einer der größten Fehlleistungen eines Referees wurde. Deutschland gegen England, Achtelfinale der WM. Natürlich war Quiel im Stadion von Bloemfontein, und natürlich hat er gesehen, was nur dem uruguayischen Schiedsrichter Jorge Larrionda verborgen blieb: Dass der Ball nach dem Schuss von Frank Lampard die Linie überschritten hatte. „Man konnte schon erahnen, dass der Ball drin war“, sagt Quiel mit einem Schmunzeln. Ein vergleichbares Missgeschick ist ihm zum Glück noch nie unterlaufen, Quiel weiß aber, dass auch er schon Fehlentscheidungen getroffen hat. „So etwas kann passieren“, sagt er, „Schiedsrichter sind auch nur Menschen und können Fehler machen.“ Auch wenn sie bereits in der ganzen Welt Fußballspiele betrachtet haben.