Schiedsrichter mit Pfiff: Mit dem Ball um die Welt

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Das mit dem Outfit war kein Problem. Ein schwarzer Pullover, gestrickt von Gattin Gisela, dazu eine schwarze Turnhose und dunkle Schuhe - fertig war der Schiedsrichter-Dress. Fehlten nur noch die Utensilien. Die Trillerpfeife war schnell zur Hand, aber Gelbe und Rote Karte? Die gab es nicht, nicht in der DDR der 70er-Jahre.

Für die Spitzenschiedsrichter der Oberliga, ja, das schon, aber nicht flächendeckend, nicht bis in die Niederungen des Fußballs. Dort befand sich Fritz Wutke zu dieser Zeit. Fritz wer? Fritz Walter, nein! Wolfram Wuttke, auch nicht! Fritz Wutke.

Bei 89 DDR-Länderspielen dabei

Kommt der Name bekannt vor? Recht so. Schließlich ist der heute 59-Jährige auf seine Art eine Institution im deutschen Fußball. Als Zeugwart der DDR-Nationalmannschaft hat er für beinahe zwei Dekaden die Welt bereist, er hat Spielern wie Matthias Sammer und Ulf Kirsten kleine und große Gefallen getan, hat mit Eduard Geyer und Bernd Stange zusammengearbeitet und insgesamt 89 Länderspiele für den Fußball-Verband der DDR (DFV) mitgestaltet.

Seit der Wiedervereinigung ist er im Berliner Fußball-Verband (BFV) Mädchen für alles, ist Organisator und Koordinator und in allen erdenklichen Positionen unersetzlich. „Auf ihn kann man sich zu 100 Prozent verlassen“, sagt BFV-Präsident Bernd Schultz, „man könnte ihn um drei Uhr morgens wecken, er wäre sofort da und würde helfen.“

Spiel Nummer 2000: Rundes Jubiläum am Sonntag

Wutke ist also ein Begriff im deutschen Fußball, im Rahmen des Spiels der Legenden, als am 20. November 2010 in Leipzig eine Auswahl aus Spielern der DDR-Nationalmannschaft gegen die Weltmeister von 1990 unter dem Motto „Wir gegen uns“ antrat, war auch Wutke geladen - und für die Medien ein gefragter Gesprächspartner.



[bild1]

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Das mit dem Outfit war kein Problem. Ein schwarzer Pullover, gestrickt von Gattin Gisela, dazu eine schwarze Turnhose und dunkle Schuhe - fertig war der Schiedsrichter-Dress. Fehlten nur noch die Utensilien. Die Trillerpfeife war schnell zur Hand, aber Gelbe und Rote Karte? Die gab es nicht, nicht in der DDR der 70er-Jahre.

Für die Spitzenschiedsrichter der Oberliga, ja, das schon, aber nicht flächendeckend, nicht bis in die Niederungen des Fußballs. Dort befand sich Fritz Wutke zu dieser Zeit. Fritz wer? Fritz Walter, nein! Wolfram Wuttke, auch nicht! Fritz Wutke.

Bei 89 DDR-Länderspielen dabei

Kommt der Name bekannt vor? Recht so. Schließlich ist der heute 59-Jährige auf seine Art eine Institution im deutschen Fußball. Als Zeugwart der DDR-Nationalmannschaft hat er für beinahe zwei Dekaden die Welt bereist, er hat Spielern wie Matthias Sammer und Ulf Kirsten kleine und große Gefallen getan, hat mit Eduard Geyer und Bernd Stange zusammengearbeitet und insgesamt 89 Länderspiele für den Fußball-Verband der DDR (DFV) mitgestaltet.

Seit der Wiedervereinigung ist er im Berliner Fußball-Verband (BFV) Mädchen für alles, ist Organisator und Koordinator und in allen erdenklichen Positionen unersetzlich. „Auf ihn kann man sich zu 100 Prozent verlassen“, sagt BFV-Präsident Bernd Schultz, „man könnte ihn um drei Uhr morgens wecken, er wäre sofort da und würde helfen.“

Spiel Nummer 2000: Rundes Jubiläum am Sonntag

Wutke ist also ein Begriff im deutschen Fußball, im Rahmen des Spiels der Legenden, als am 20. November 2010 in Leipzig eine Auswahl aus Spielern der DDR-Nationalmannschaft gegen die Weltmeister von 1990 unter dem Motto „Wir gegen uns“ antrat, war auch Wutke geladen - und für die Medien ein gefragter Gesprächspartner.

Einiges ist also erzählt aus seinem Leben, wenig allerdings aus dem Kapitel, das am längsten währt: dem des Schiedsrichters. Ja, Wutke war und ist Schiedsrichter. Ein erfolgreicher und angesehener. Und fleißiger. Am kommenden Wochenende feiert er Jubiläum: Die Partie am Sonntag zwischen dem Grünauer BC und Stern Marienfelde wird sein 2000. Einsatz als Unparteiischer.

Er feiert das Jubiläum standesgemäß, geladen sind Prominente, Freunde und Bekannte aus dem Fußball. „Rund 50 Gäste“, erwartet Wutke. Auf das Wiedersehen und seinen Einsatz freut er sich sehr. Nichts wird ihm von diesem Spiel abhalten, auch nicht der grippale Infekt, mit dem er sich seit ein paar Tagen herumschlägt. „Komme was wolle“, sagt er, „diese Feier werde ich mir nicht nehmen lassen.“

Karrierebeginn in den 70er-Jahren

2000 Einsätze, Wutke ist zu Recht stolz auf diese Zahl. Seine Karriere startete zu Beginn und Mitte der 70er-Jahre. Wie bei vielen Schiedsrichtern begann sie, als sich die Laufbahn als Spieler dem Ende neigte.

Für die Sportfreunde Johannisthal rannte Wutke mit großer Begeisterung und nicht ganz so großer Begabung dem Ball hinterher. Er war Angreifer, er stürmte, rannte, ackerte, traf aber nur selten ins Tor. Die Versetzung in die zweite Mannschaft drohte, doch Wutke stellte sich quer. Zweite Mannschaft, ohne mich.

Schaber aus der ehelichen Küche zweckentfremdet

Dann lieber Schiedsrichter. Vom Jugendleiter des Vereins wurde ihm dieser Vorschlag gemacht, insbesondere bei den A-Jugendlichen fehlte es an Unparteiischen. So dauerte es nicht lange, bis Wutke zum ersten Mal auf Foul, Elfmeter, Tor, Abseits, Aus und Einwurf entschied. Damals noch ohne offizielle Berechtigung. Und ohne gelben und roten Karton.

Doch Wutke wusste sich zu helfen. Rot und gelb, da war doch was. Hatte seine Frau Gisela nicht beim Kuchenbacken mit Plastikschabern in diesen Farben den Teig aus der Schüssel geholt? Ja, hatte sie. Also entwendete Wutke die Schaber aus der ehelichen Küche und zweckentfremdete sie auf dem Fußballplatz. „Das sah zwar nicht so schön aus“, sagt Wutke, „hat aber auch funktioniert.“

"Ich bin kein Theoretiker"

Den Schiedsrichterschein erwarb er im Jahre 1974. Sechs Wochen dauert der Kurs, die Schulungen in Regelkunde fanden immer abends zwischen 18 und 22 Uhr statt. Es waren nicht gerade seine Lieblingsstunden. „Ich bin kein Theoretiker“, sagt Wutke. Dennoch, er biss sich durch, lernte unter der Anleitung von FIFA-Schiedsrichter Klaus Scheurell und hatte bald den Schein in der Tasche.

Und nicht nur das. „Nach der Ausbildung wurden wir eingekleidet und ausgerüstet“, erinnert sich Wutke. Der selbstgestrickte Pullover und auch die Teigschaber hatten also ausgedient. War auch besser so, denn schnell folgte das erste offizielle Spiel unter der Leitung von Fritz Wutke. Beim Duell der zweiten Mannschaften der Betriebssportgemeinschaft Narva gegen Concordia Wilhemsruh feierte Wutke am 3. September 1974 eine gelungene Premiere, die Auftakt eines rasanten Aufstiegs war.

Über die Kreisliga A kam er binnen sechs Jahren in die Bezirksklasse und schließlich in die Bezirkliga, im Alter von 33 Jahren war er in der höchsten regionalen Spielklasse in Ostberlin angekommen. Nicht wenige sahen in ihm einen kommenden Schiedsrichter der DDR-Oberliga.

[bild2]

"Haben nicht immer weltmeisterlich gespielt"

Daraus wurde nichts, Wutke wurde von der eigenen Karriere überholt. Im Jahr 1982 lockte Otto Tschirner den gelernten Schlosser zum DFV. Damit endete der Aufstieg als Schiedsrichter, die Satzung untersagte hauptamtlichen Mitarbeitern, in der höchsten Spielklasse als Schiedsrichter in Verantwortung zu stehen. Lediglich als Linienrichter durfte er deswegen in der DDR-Liga eingesetzt werden.

„Das war aber nicht schlimm“, sagt Wutke, „ich hatte ja dann andere und spannende Aufgaben.“ Zunächst betreute er als Zeugwart die U 16-Nationalmannschaft, später die Olympiaauswahl und schließlich die A-Nationalmannschaft. Mit dem ihm eigenen Pragmatismus, seiner Pfiffigkeit und seinen Kontakten hat er dafür gesorgt, dass es den Spielern an Nichts gefehlt hat.

„Wir haben nicht immer weltmeisterlich gespielt“, sagt Wutke, „aber wir waren immer weltmeisterlich ausgerüstet.“ Wutke sei Dank. Über verschiedene Bezugsquellen konnte er regelmäßig den Kicker lesen, so kannte er alle Entwicklungen auf dem Markt der Ausrüstungen und konnte bei Adidas entsprechende Aufträge veranlassen.

Erinnerungen an große und kleine Spiele

Mit der Wende endete seine Tätigkeit für den DFV, nicht aber seine Tätigkeit für den Fußball. Beim Berliner Verband fand Wutke eine neue Aufgabe, und natürlich stand er weiter als Schiedsrichter auf dem Fußballplatz. Bald hatte er das 1000. Spiel gepfiffen. Die Partie zwischen dem Köpenicker SC und Türkiyemspor am 15. Februar 1997 war sein erstes großes Jubiläum. „Köpenick hat 4:0 gewonnen“, erinnert sich Wutke.

Überhaupt - beinahe an jedes seiner Spiele kann Wutke sich noch lebhaft erinnern, darunter viele Berliner-Pokalendspiele, Spiele der Autoren-Nationalmannschaft, Spiele zwischen Frauen-Mannschaften, Freizeitspiele von Orga-Teams im Rahmen der Weltmeisterschaft 2006, Trainingsspiele der DDR-Nationalmannschaft, Testspiele von Hertha BSC, und, und, und.

Ehrungen ohne Ende

Ehrungen und Auszeichnungen des Berliner Verbandes und seines Vereins, der Sportfreunde Johannisthal, hat er zuhauf gesammelt, zuletzt führte ihn im Jahr 2008 eine Ehrung durch den Berliner Verband nach Barcelona ins Camp Nou. „Ich habe einiges erlebt“, sagt Wutke.

Und er will noch einiges erleben. Nach seinem 1000. Einsatz hatte er vorhergesagt, dass er die Zahl auf keinen Fall würde verdoppeln können. Ein Irrtum, aus dem er gelernt hat. „Ich mache keine Prognosen mehr“, sagt Wutke, „denn so lange es gesundheitlich geht, werde ich weiter machen.“