Schiedsrichter mit Pfiff: Futsal statt "Fuzzal"

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch – Schiedsrichter mit Pfiff!

Wie man halt so recherchiert, wenn eine Thematik gänzlich unbekannt ist: Google wird’s schon wissen. Als sich Eugen Strigel im September 2003 mit der Frage, ob Stephan Kammerer sich vorstellen könne, künftig Futsal-Spiele zu leiten, an jenen wandte, wusste der nicht wirklich, was der Schiedsrichter-Lehrwart des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) von ihm wollte.

Hallenfußball, kein Rasierer

Von Futsal, jener Variante des Hallenfußballs, bei der ohne Banden und mit einem sprungreduzierten Ball gespielt wird, hatte er noch nie etwas gehört. Also erbat er sich Zeit. Zu Hause angekommen, fütterte Kammerer die Internet-Suchmaschine mit dem Begriff „Fuzzal“, die Treffer lieferten ihm wenig Aufschluss. Einen Rasierer gleichen Namens gibt es, doch konnte sich Kammerer beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihn Strigel zum Tanz auf der Rasierklinge bitten wollte.

Sieben Jahre später weiß Kammerer mit dem Begriff „Futsal“ eine ganze Menge anzufangen. Mehr als das. Kammerer ist neben Swen Eichler einer von zwei deutschen FIFA-Futsal-Schiedsrichtern, er hat zahlreiche Spiele bei Europameisterschaften geleitet und ist in Deutschland mitverantwortlich für die Inhalte der Ausbildung von Futsal-Schiedsrichtern.

"Entwicklung war nicht absehbar"

„Diese Entwicklung war natürlich nicht absehbar“, sagt Strigel heute. Er hatte damals vom DFB den Auftrag, geeignete Schiedsrichter für Futsal zu finden. In Deutschland sollte ein Futsal-Spielbetrieb etabliert werden, schließlich hatte die FIFA Futsal in den Rang der offiziellen Hallenversion des Fußballs erhoben.

Also sollte der Sport auch in Deutschland vorangebracht werden, Schiedsrichter für Futsal wurden daher dingend benötigt. „Ich habe deswegen einige Schiedsrichter angesprochen, die ich für geeignet gehalten habe“, erzählt Strigel.

Einer der ersten Futsal-Schiedsrichter in Deutschland

Kammerer war einer von ihnen. Damals leitete er Zweitligaspiele, in den Jahren 1997 bis 2004 brachte es der Wirtschaftspädagoge auf insgesamt 66 Einsätze in Deutschlands zweithöchster Spielklasse. „Der Zug in Richtung erste Liga war abgefahren“, sagt Kammerer im Rückblick. Auch deshalb entschloss er sich, der Bitte von Strigel nachzukommen.

Es folgte ein rasanter Aufstieg. Noch im Jahr 2004 leitete er als Gast Spiele im Tschechiens Futsal-Liga, dort hat Kammerer, wie er es nennt, „Laufen gelernt.“ Mittlerweile hat sich aus dem ehemaligen Zweitliga-Schiedsrichter einer der besten Futsal-Schiedsrichter des Kontinents entwickelt.

Im Januar dieses Jahres war er am Futsal-Spiel mit der höchsten Zuschauer-Zahl beteiligt, die es jemals in Europa gegeben hat. In der Vorrunde der Europameisterschaft in Ungarn wurden seine Entscheidungen von 7066 Zuschauern beäugt, als die Gastgeber gegen Tschechien antraten und mit einem 5:6 aus dem Turnier ausschieden. Auf sieben Einsätze brachte es Kammerer während der 20 EM-Spiele: Zweimal war er Zeitnehmer, dreimal dritter, einmal zweiter und einmal erster Schiedsrichter.

"Unterschiede nicht gravierend"

Die Unterschiede der beiden Varianten des Fußballs sind laut Kammerer für einen Schiedsrichter nicht gravierend. Am prägnantesten ist für ihn der Fakt, dass es beim Futsal zwei Schiedsrichter gibt und die Schiedsrichter das Spiel von außerhalb des Spielfeldes leiten.

Der Arbeitsbereich eines Futsal-Schiedsrichters befindet sich also entlang der Seitenlinie, entsprechend übernehmen die Schiedsrichter im Futsal zugleich die Funktion des Linienrichters. „Das Stellungsspiel und das Laufverhalten sind grundverschieden“, sagt Kammerer, auch müsse der Schiedsrichter bei der modernen Variante des Hallenfußballs seltener auf Foul erkennen.

„Es ist zwar ein Mythos, dass Futsal ein körperloses Spiel ist“, sagt Kammerer. „Dennoch gibt es einige Regeln, die dazu führen, dass das Spiel insgesamt weniger unfair ist.“ So sind Grätschen am Mann verboten und darf bei Freistößen ab dem sechsten Mannschaftsfoul keine Mauer mehr gestellt werden.

Wieder Referee beim DFB-Futsal-Cup

Beim Final-Four des DFB-Futsal-Cups, das am kommenden Wochenende in Cottbus ausgetragen wird, wird Kammerer zu den Unparteiischen gehören. Routine für den 41-Jährigen, schon die Endspiele in den Jahren 2006 und 2007 wurden von ihm geleitet. Kammerer freut sich auf die Veranstaltung in der Lausitzarena, die mittlerweile fünfte Auflage des Turniers ist für ihn Beleg, dass der Futsal in Deutschland eine gute Entwicklung genommen hat.

In der Saison 2009/2010 haben bereits acht Landesverbände und ein Regionalverband ihren Futsal-Meister im Ligabetrieb ermittelt. Erstmals wurde in diesem Jahr daher dem Final-Four ein Viertelfinale vorgeschaltet. „Ich bin mit der Entwicklung des Sports in Deutschland sehr zufrieden“, sagt Kammerer, „der DFB hat einiges getan, um Futsal nach vorne zu bringen.“

Immer mehr Spieler begeistern sich für den technisch anspruchsvollen Hallensport, auch zeigt die Zahl der Unparteiischen, die sich in einer Zusatzausbildung zum Futsal-Schiedsrichter qualifizieren lassen, stetig. 2483 Schiedsrichter haben diese Ausbildung mittlerweile absolviert. Werte, die so noch nicht denkbar waren, als Kammerer vor sieben Jahren erstmals von einer Sportart Namens „Futsal“ gehört hat.

Das meinen DFB.de-User:

"Es freut mich, erfahren zu können, wie schnell die Entwicklung von Futsal in Deutschland passieren konnte. Hoffentlich gelingt es Ihnen, Futsal in ganz Deutschland weiter auszutragen. Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg bei der zukünftigen Entwicklung des Futsals und viel Erfolg auch den deutschen Futsal-Schiedsrichtern" (Patrick Willemarck, Belgien)

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Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch – Schiedsrichter mit Pfiff!

Wie man halt so recherchiert, wenn eine Thematik gänzlich unbekannt ist: Google wird’s schon wissen. Als sich Eugen Strigel im September 2003 mit der Frage, ob Stephan Kammerer sich vorstellen könne, künftig Futsal-Spiele zu leiten, an jenen wandte, wusste der nicht wirklich, was der Schiedsrichter-Lehrwart des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) von ihm wollte.

Hallenfußball, kein Rasierer

Von Futsal, jener Variante des Hallenfußballs, bei der ohne Banden und mit einem sprungreduzierten Ball gespielt wird, hatte er noch nie etwas gehört. Also erbat er sich Zeit. Zu Hause angekommen, fütterte Kammerer die Internet-Suchmaschine mit dem Begriff „Fuzzal“, die Treffer lieferten ihm wenig Aufschluss. Einen Rasierer gleichen Namens gibt es, doch konnte sich Kammerer beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihn Strigel zum Tanz auf der Rasierklinge bitten wollte.

Sieben Jahre später weiß Kammerer mit dem Begriff „Futsal“ eine ganze Menge anzufangen. Mehr als das. Kammerer ist neben Swen Eichler einer von zwei deutschen FIFA-Futsal-Schiedsrichtern, er hat zahlreiche Spiele bei Europameisterschaften geleitet und ist in Deutschland mitverantwortlich für die Inhalte der Ausbildung von Futsal-Schiedsrichtern.

"Entwicklung war nicht absehbar"

„Diese Entwicklung war natürlich nicht absehbar“, sagt Strigel heute. Er hatte damals vom DFB den Auftrag, geeignete Schiedsrichter für Futsal zu finden. In Deutschland sollte ein Futsal-Spielbetrieb etabliert werden, schließlich hatte die FIFA Futsal in den Rang der offiziellen Hallenversion des Fußballs erhoben.

Also sollte der Sport auch in Deutschland vorangebracht werden, Schiedsrichter für Futsal wurden daher dingend benötigt. „Ich habe deswegen einige Schiedsrichter angesprochen, die ich für geeignet gehalten habe“, erzählt Strigel.

Einer der ersten Futsal-Schiedsrichter in Deutschland

Kammerer war einer von ihnen. Damals leitete er Zweitligaspiele, in den Jahren 1997 bis 2004 brachte es der Wirtschaftspädagoge auf insgesamt 66 Einsätze in Deutschlands zweithöchster Spielklasse. „Der Zug in Richtung erste Liga war abgefahren“, sagt Kammerer im Rückblick. Auch deshalb entschloss er sich, der Bitte von Strigel nachzukommen.

Es folgte ein rasanter Aufstieg. Noch im Jahr 2004 leitete er als Gast Spiele im Tschechiens Futsal-Liga, dort hat Kammerer, wie er es nennt, „Laufen gelernt.“ Mittlerweile hat sich aus dem ehemaligen Zweitliga-Schiedsrichter einer der besten Futsal-Schiedsrichter des Kontinents entwickelt.

Im Januar dieses Jahres war er am Futsal-Spiel mit der höchsten Zuschauer-Zahl beteiligt, die es jemals in Europa gegeben hat. In der Vorrunde der Europameisterschaft in Ungarn wurden seine Entscheidungen von 7066 Zuschauern beäugt, als die Gastgeber gegen Tschechien antraten und mit einem 5:6 aus dem Turnier ausschieden. Auf sieben Einsätze brachte es Kammerer während der 20 EM-Spiele: Zweimal war er Zeitnehmer, dreimal dritter, einmal zweiter und einmal erster Schiedsrichter.

"Unterschiede nicht gravierend"

Die Unterschiede der beiden Varianten des Fußballs sind laut Kammerer für einen Schiedsrichter nicht gravierend. Am prägnantesten ist für ihn der Fakt, dass es beim Futsal zwei Schiedsrichter gibt und die Schiedsrichter das Spiel von außerhalb des Spielfeldes leiten.

Der Arbeitsbereich eines Futsal-Schiedsrichters befindet sich also entlang der Seitenlinie, entsprechend übernehmen die Schiedsrichter im Futsal zugleich die Funktion des Linienrichters. „Das Stellungsspiel und das Laufverhalten sind grundverschieden“, sagt Kammerer, auch müsse der Schiedsrichter bei der modernen Variante des Hallenfußballs seltener auf Foul erkennen.

„Es ist zwar ein Mythos, dass Futsal ein körperloses Spiel ist“, sagt Kammerer. „Dennoch gibt es einige Regeln, die dazu führen, dass das Spiel insgesamt weniger unfair ist.“ So sind Grätschen am Mann verboten und darf bei Freistößen ab dem sechsten Mannschaftsfoul keine Mauer mehr gestellt werden.

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Wieder Referee beim DFB-Futsal-Cup

Beim Final-Four des DFB-Futsal-Cups, das am kommenden Wochenende in Cottbus ausgetragen wird, wird Kammerer zu den Unparteiischen gehören. Routine für den 41-Jährigen, schon die Endspiele in den Jahren 2006 und 2007 wurden von ihm geleitet. Kammerer freut sich auf die Veranstaltung in der Lausitzarena, die mittlerweile fünfte Auflage des Turniers ist für ihn Beleg, dass der Futsal in Deutschland eine gute Entwicklung genommen hat.

In der Saison 2009/2010 haben bereits acht Landesverbände und ein Regionalverband ihren Futsal-Meister im Ligabetrieb ermittelt. Erstmals wurde in diesem Jahr daher dem Final-Four ein Viertelfinale vorgeschaltet. „Ich bin mit der Entwicklung des Sports in Deutschland sehr zufrieden“, sagt Kammerer, „der DFB hat einiges getan, um Futsal nach vorne zu bringen.“

Immer mehr Spieler begeistern sich für den technisch anspruchsvollen Hallensport, auch zeigt die Zahl der Unparteiischen, die sich in einer Zusatzausbildung zum Futsal-Schiedsrichter qualifizieren lassen, stetig. 2483 Schiedsrichter haben diese Ausbildung mittlerweile absolviert. Werte, die so noch nicht denkbar waren, als Kammerer vor sieben Jahren erstmals von einer Sportart Namens „Futsal“ gehört hat.

Das meinen DFB.de-User:

"Es freut mich, erfahren zu können, wie schnell die Entwicklung von Futsal in Deutschland passieren konnte. Hoffentlich gelingt es Ihnen, Futsal in ganz Deutschland weiter auszutragen. Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg bei der zukünftigen Entwicklung des Futsals und viel Erfolg auch den deutschen Futsal-Schiedsrichtern" (Patrick Willemarck, Belgien)