Schäfer: "Seit Stuttgart bin ich weniger verbissen"

Der 19. September 2007 war ein großer Tag für Raphael Schäfer. Trotz Niederlage. Der Torwart feierte an diesem Abend sein Debüt in der Champions League. Er unterlag mit dem VfB Stuttgart bei den Glasgow Rangers mit 1:2. Im weiteren Verlauf der Saison sollten nicht mehr viele große Tage für Schäfer folgen. Als DFB-Pokalsieger aus Nürnberg gekommen, war nach nur einem Jahr Schluss für ihn beim VfB. Ernüchtert und enttäuscht kehrte er ins Frankenland zurück.

Am Sonntag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gastiert Schäfer wieder an alter Wirkungsstätte. Nach zwei Niederlagen in Folge soll mit dem 1. FC Nürnberg ein Erfolgserlebnis her und gleichzeitig der Stuttgarter Aufwärtstrend gestoppt werden.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Raphael Schäfer, 1979 in Polen als Rafal Szafarczyk geboren, über seine Erinnerungen an den VfB, sein Temperament und den Grund, warum die polnische Nationalmannschaft nie für ihn in Frage kam.

DFB.de: Herr Schäfer, erinnern Sie sich ungerne an Ihre Zeit in Stuttgart zurück?

Raphael Schäfer: Rein sportlich war Stuttgart natürlich eine enttäuschende Erfahrung. Aber ich habe dort sehr viele nette Menschen kennengelernt und viele Lehren gezogen. Und es gab auch schöne Momente wie die Teilnahme an der Champions League.

DFB.de: Also lehrreiche Erfahrung und kein überflüssiger Schritt in Ihrer Karriere?

Schäfer: Es war auf keinen Fall überflüssig. Ich habe mich in dieser Zeit etwas von meiner Verbissenheit gelöst, ein bisschen mehr Distanz und Gelassenheit gelernt und weniger schwarz-weiß gesehen. Ich habe mich vorher sehr auf den Fußball fokussiert. Fußball ist wichtig in meinem Leben, aber es ist nicht überlebenswichtig, ob man gewinnt oder verliert.

DFB.de: Sie sind jetzt 33. Würden Sie sagen, Sie sind ruhiger geworden?



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Der 19. September 2007 war ein großer Tag für Raphael Schäfer. Trotz Niederlage. Der Torwart feierte an diesem Abend sein Debüt in der Champions League. Er unterlag mit dem VfB Stuttgart bei den Glasgow Rangers mit 1:2. Im weiteren Verlauf der Saison sollten nicht mehr viele große Tage für Schäfer folgen. Als DFB-Pokalsieger aus Nürnberg gekommen, war nach nur einem Jahr Schluss für ihn beim VfB. Ernüchtert und enttäuscht kehrte er ins Frankenland zurück.

Am Sonntag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gastiert Schäfer wieder an alter Wirkungsstätte. Nach zwei Niederlagen in Folge soll mit dem 1. FC Nürnberg ein Erfolgserlebnis her und gleichzeitig der Stuttgarter Aufwärtstrend gestoppt werden.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Raphael Schäfer, 1979 in Polen als Rafal Szafarczyk geboren, über seine Erinnerungen an den VfB, sein Temperament und den Grund, warum die polnische Nationalmannschaft nie für ihn in Frage kam.

DFB.de: Herr Schäfer, erinnern Sie sich ungerne an Ihre Zeit in Stuttgart zurück?

Raphael Schäfer: Rein sportlich war Stuttgart natürlich eine enttäuschende Erfahrung. Aber ich habe dort sehr viele nette Menschen kennengelernt und viele Lehren gezogen. Und es gab auch schöne Momente wie die Teilnahme an der Champions League.

DFB.de: Also lehrreiche Erfahrung und kein überflüssiger Schritt in Ihrer Karriere?

Schäfer: Es war auf keinen Fall überflüssig. Ich habe mich in dieser Zeit etwas von meiner Verbissenheit gelöst, ein bisschen mehr Distanz und Gelassenheit gelernt und weniger schwarz-weiß gesehen. Ich habe mich vorher sehr auf den Fußball fokussiert. Fußball ist wichtig in meinem Leben, aber es ist nicht überlebenswichtig, ob man gewinnt oder verliert.

DFB.de: Sie sind jetzt 33. Würden Sie sagen, Sie sind ruhiger geworden?

Schäfer: Nein. Ich werde mit 60 noch genauso sein. Ich brauche diese Impulsivität, diese Emotion, das gehört für mich zum Fußball dazu.

DFB.de: So wie kürzlich beim Auswärtsspiel in Mainz, als Sie den Koffer des Mainzer Physiotherapeuten nahmen und vom Platz trugen.

Schäfer: Ich hatte einige Aktionen, in denen ich mit einigem Abstand anders reagieren würde. Aber diese Sache würde ich genauso wieder machen. Der Schiedsrichter hatte den Mann schon fünfmal aufgefordert, den Platz zu verlassen. Und da ich ein netter Mensch bin, habe ich ihm den Koffer runtergetragen, weil Gegenstände bekanntlich nicht aufs Spielfeld gehören...

DFB.de: Sie haben vor einigen Jahren gesagt, dass Sie sich mit Mentaltraining nicht anfreunden können. Ist das immer noch so?

Schäfer: Ja. Als Psychologe kann man eine Mannschaft nie komplett unter einen Hut bekommen und alle Spieler gleich behandeln. Und sich um jeden einzelnen Spieler zu kümmern, dafür hat man nicht genug Zeit. Natürlich gibt es viele gute Ansätze. Aber ich habe in meiner Karriere drei, vier Teampsychologen erlebt, und der Schuss ist fast immer nach hinten losgegangen.

DFB.de: Wie sind Sie mit schwierigen Situationen in Ihrer Laufbahn zurechtgekommen?

Schäfer: Durch viele Gespräche, vor allem mit der Familie. Und durch ein gewisses Abschalten. Ich bin dann an den Punkt gekommen, dass Fußball nicht das Lebenswichtigste ist. Ich bin für mich zu der Erkenntnis erlangt: Wenn sportlich etwas nicht klappt, dann ist das eben so. Deswegen muss ich nicht über mein gesamtes Leben unglücklich sein. Wichtig ist, einen gefestigten Lebensmittelpunkt zu haben.

DFB.de: Hat man als Vater von drei Töchtern automatisch starke Nerven?

Schäfer: (lacht) Meine Mädchen sind bisher sehr pflegeleicht, soweit man das von drei Kleinkindern im Alter von sechs Monaten, vier Jahren und sechs Jahren sagen kann. Ich komme mit meinen vier Frauen zu Hause auf jeden Fall gut zurecht.

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DFB.de: Stecken Torhüter in besonderen Drucksituationen?

Schäfer: Ich finde, in dieser Diskussion steckt viel Schein. Nach dem Tod von Robert Enke entstand eine riesige Debatte: Man sollte anders miteinander umgehen, nicht mehr so stark kritisieren. Das hat zwei Monate angehalten, dann war vieles wieder so wie vorher. Druck gibt es in jedem Beruf. Das ist eine gesellschaftliche Problemstellung, keine spezielle für den Fußball.

DFB.de: Sie sind in Polen geboren. Gab es für Sie die Option, dort Nationaltorwart zu werden?

Schäfer: Nein. Meine Familie fühlt sich als Schlesier. Für Polen zu spielen, wäre ein großer Verrat an meinem Vater gewesen. Er hat mich darum gebeten, das nie zu tun. Diesem Wunsch habe ich problemlos entsprochen. Es gab eine lose Anfrage vor der WM 2006, aber das Thema war sofort vom Tisch. Ich habe kein Bezug zu dem Land. Ich bin in Deutschland aufgewachsen und habe meinen Lebensmittelpunkt hier. Für ein anderes Land zu spielen, nur um Nationalspieler zu sein, kam für mich nicht in Frage.

DFB.de: Sie tauschen keine Trikots. Warum eigentlich nicht?

Schäfer: Es bringt mir nichts. Zu Hause würde das Trikot in eine Kiste kommen und auf dem Dachboden verstauben. Was habe ich davon? Ich habe in meiner Karriere vier-, fünfmal das Trikot getauscht, jedes Mal mit sehr guten Freunden.

DFB.de: Und wenn Sie gegen Barcelona spielen würden und die Möglichkeit bei Lionel Messi hätten?

Schäfer: Wenn er kommen würde und bräuchte mein Trikot, würde ich es ihm wahrscheinlich geben. (lacht)