Salihamidzic: "Kritik an Schweinsteiger nie verstanden"

"Mia san mia", und irgendwie zählt sich Hasan Salihamidzic dazu. Reflex, Gefühlssache, bis heute gelebte Identität. Wenn der Bosnier über den FC Bayern München redet, dann spricht er in der "Wir-Form". Wolfsburg war die letzte Station seiner großen Profikarriere, der FC Bayern München seine wichtigste.

2001 hatte er mit einem verwandelten Elfmeter wesentlichen Anteil am Champions-League-Finalsieg über Valencia. Bis heute ist er der Ausländer mit den meisten Einsätzen im Trikot der Bayern. Sechsmal wurde er Deutscher Meister mit den Münchnern, viermal DFB-Pokalsieger. Nach den Jahren im Dienste von Juventus Turin wechselte er 2011 nach Wolfsburg. Wieder einmal trainierte ihn dort Felix Magath, der ihm schon 1992 beim Hamburger SV die allererste Chance gegeben hatte.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht der heute 36-Jährige über das DFB-Pokalduell seiner beiden ehemaligen Klubs am Dienstag (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) in der Münchner Allianz-Arena.

DFB.de: Herr Salihamidzic, wo werden Sie das DFB-Pokalhalbfinale zwischen Bayern München und dem VfL Wolfsburg verfolgen?

Hasan Salihamidzic: Ich wohne mit meiner Familie mittlerweile wieder in München und baue dort gerade auch ein Haus. Hier werden meine Familie und ich auch bleiben, meine drei Kinder wurden hier geboren. Wir waren in Turin, später lebten wir in Braunschweig. Aber hier in München fühlen wir uns zu Hause. Zu ihrer Frage: im Stadion, denke ich mal.

DFB.de: Bis zum Sommer 2012 waren Sie Profi bei den Wölfen. Hat der VfL den Hauch einer Chance?

Salihamidzic: Wenn alles normal läuft, gewinnen die Bayern. Keine Frage.

DFB.de: Der FC Bayern hat einige Rekorde aufgestellt, ist früher Meister geworden als je zuvor. Wie gefällt Ihnen die aktuelle Saison Ihrer Ex-Mannschaft bis jetzt?

Salihamidzic: Das ist keine aktuelle Entwicklung, die Mannschaft des FC Bayern München spielt seit zwei Jahren auf höchstem Niveau. Endlich springt dabei auch die Deutsche Meisterschaft raus, nachdem wir zwei Jahre lang nichts gerissen haben. Es gab Momente, da haben die Dortmunder uns den Schneid abgekauft, da hatten sie psychologisch Vorteile. Total stabil und souverän, dazu mitreißender Fußball: So haben sich die Bayern dieses Jahr präsentiert. 20 Punkte Vorsprung, das ist eine riesige Saison. Philipp Lahm ist ohnehin ein Weltklassespieler, aber in den vergangenen Monaten hat er wieder die Form seiner besten Tage gefunden. Er ist hinten unglaublich sicher, vorne bereitet er Woche für Woche Tore vor. Zehn Vorlagen in der Bundesliga, fünf in der Champions League - das sind beachtliche Zahlen.

DFB.de: Und Bastian Schweinsteiger…

Salihamidzic: Irgendwann gab es diese Phase, als einige anfingen, Bastian zu kritisieren. Das habe ich, ganz ehrlich, nie verstanden. Gerade in diesem Jahr hat er wirklich eine riesige Saison gespielt und sich noch einmal weiterentwickelt. Die Verletzung, der verschossene Elfmeter gegen Chelsea, das Aus gegen Italien bei der EM: Daran hat auch Bastian knabbern müssen. Umso stärker ist er zurückgekehrt. Im Bayern-Mittelfeld hat er sich zu einem absoluten Leader entwickelt.

DFB.de: Wer ist besser: die Mannschaft von 2001, mit der Sie damals die Champions League gewonnen haben, oder das Team von heute?

Salihamidzic: (lacht) Der Fußball hat sich stark verändert, die Spielertypen sind heute ganz andere. Jedenfalls hätte ich keine Angst vor dem Vergleich, aber natürlich nur, wenn wir in der damaligen Stärke antreten könnten. Nicht mit uns "Alten" von heute.

DFB.de: Nehmen wir an, die Bayern kommen bis ins Finale der Champions League. Wen würden Sie sich als Finalgegner wünschen?

Salihamidzic: Den Traumgegner haben sie jetzt schon: den FC Barcelona. Und einen Lionel Messi in überragender Form. Das ist die ultimative Herausforderung.

DFB.de: Und wenn Dortmund die Champions League gewinnt?

Salihamidzic: (lacht) Das will sich kein Bayern-Fan vorstellen.

DFB.de: Sie kamen als 15-Jähriger aus ihrer Heimatstadt Jablinica in Bosnien nach Deutschland. Ihre Eltern schickten Sie wegen des Krieges nach Hamburg.

Salihamidzic: In der jugoslawischen U 15-Nationalmannschaft war ich bereits Kapitän gewesen. Meine Zielsetzung war eindeutig. Ich kam nach Deutschland, um Fußball zu spielen. Mit dem Ausbruch des Krieges endeten auch meine Chancen in meiner Heimat. Irgendwann schlug sogar eine Granate bei uns daheim ins Haus ein. Für meine weitere Entwicklung musste ich also raus. Plötzlich wurde ich getrennt von meiner Familie, und das als 15-jähriger Junge. Für mich waren das harte Tage. Untergebracht war ich bei einem Freund meines Vaters. Nach drei Monaten wollte ich sogar wieder nach Hause. Aber mein Ziel war es, Fußball zu meinem Beruf zu machen, und dieses Ziel habe ich nie aus den Augen verloren. Felix Magath bin ich bis heute dankbar. Er hat mir die erste Chance gegeben, erst bei den Amateuren des HSV, später bei den Profis.

DFB.de: Unter Magath haben Sie das Siegtor für Bayern im Pokalfinale 2005 gegen Schalke gemacht. Bitte noch mal Film ab!

Salihamidzic: Berlin, das Finale im DFB-Pokal, das ist nun wirklich für jeden Fußballer ein absolutes Highlight. Ich kam damals von der Bank, in der 75. Minute, und schon eine Minute später schoss ich das Tor zu unserem 2:1-Finalsieg über Schalke. Mein Trainer damals war wieder einmal Felix Magath, wie schon beim HSV und wie später in Wolfsburg. Vor 81.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion - eines meiner Karrierehighlights.

DFB.de: Wenn es einer weiß, dann Sie: Wie wird man Publikumsliebling?

Salihamidzic: Mir war es immer wichtig, gute und echte Begegnungen mit Fans zu haben. So war ich immer schon, auch schon als "Brazzo, das Bürschchen" in Hamburg. Und wenn wir später bei den Bayern einen Titel gewonnen haben, dann hatte ich auch Spaß am Feiern. Diese Belohnung, dieser Moment des Auspustens, den fand ich immer wichtig - und auch das haben die Fans, denke ich, gut verstanden. Dazu noch: Autogramme geben, das gehört zum Beruf des Fußballers. 20 Minuten nach einer Trainingseinheit, das war absolut üblich bei den Bayern.

DFB.de: Als kürzlich der Titelgewinn feststand, nach dem Abpfiff beim 1:0 in Frankfurt, haben die Bayern auf die Weißbierdusche verzichtet. Ein Fehler?

Salihamidzic: Das hätte es bei mir nie gegeben. (lacht)

DFB.de: Welche Ziele haben Sie für die unmittelbare Zukunft?

Salihamidzic: Nach fast zwei Jahrzehnten im Profigeschäft gehe ich alles etwas ruhiger an. Bei meinem Jungen schaue ich momentan beim Fußballtraining zu. Dazu habe ich in den vergangenen Wochen zwei, drei Sachen für Sky gemacht. Die Zukunft? Schau’n mer mal…

Das meinen DFB.de-User

"Ach, den Brazzo mochte ich immer gerne. Ein lustiger, ehrlicher Junge, der immer bis zum Schluss gefightet hat!" (Sebastian Krause, Osnabrück)

"Obwohl ich ja eigentlich zum BVB stehe, muss ich zugeben, dass der Brazzo schon ein guter ist/war. Einfach so ein Typ, mit dem man auch mal ein Bierchen trinken gehen würde." (Tom Droste, Osnabrück)

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"Mia san mia", und irgendwie zählt sich Hasan Salihamidzic dazu. Reflex, Gefühlssache, bis heute gelebte Identität. Wenn der Bosnier über den FC Bayern München redet, dann spricht er in der "Wir-Form". Wolfsburg war die letzte Station seiner großen Profikarriere, der FC Bayern München seine wichtigste.

2001 hatte er mit einem verwandelten Elfmeter wesentlichen Anteil am Champions-League-Finalsieg über Valencia. Bis heute ist er der Ausländer mit den meisten Einsätzen im Trikot der Bayern. Sechsmal wurde er Deutscher Meister mit den Münchnern, viermal DFB-Pokalsieger. Nach den Jahren im Dienste von Juventus Turin wechselte er 2011 nach Wolfsburg. Wieder einmal trainierte ihn dort Felix Magath, der ihm schon 1992 beim Hamburger SV die allererste Chance gegeben hatte.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht der heute 36-Jährige über das DFB-Pokalduell seiner beiden ehemaligen Klubs am Dienstag (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) in der Münchner Allianz-Arena.

DFB.de: Herr Salihamidzic, wo werden Sie das DFB-Pokalhalbfinale zwischen Bayern München und dem VfL Wolfsburg verfolgen?

Hasan Salihamidzic: Ich wohne mit meiner Familie mittlerweile wieder in München und baue dort gerade auch ein Haus. Hier werden meine Familie und ich auch bleiben, meine drei Kinder wurden hier geboren. Wir waren in Turin, später lebten wir in Braunschweig. Aber hier in München fühlen wir uns zu Hause. Zu ihrer Frage: im Stadion, denke ich mal.

DFB.de: Bis zum Sommer 2012 waren Sie Profi bei den Wölfen. Hat der VfL den Hauch einer Chance?

Salihamidzic: Wenn alles normal läuft, gewinnen die Bayern. Keine Frage.

DFB.de: Der FC Bayern hat einige Rekorde aufgestellt, ist früher Meister geworden als je zuvor. Wie gefällt Ihnen die aktuelle Saison Ihrer Ex-Mannschaft bis jetzt?

Salihamidzic: Das ist keine aktuelle Entwicklung, die Mannschaft des FC Bayern München spielt seit zwei Jahren auf höchstem Niveau. Endlich springt dabei auch die Deutsche Meisterschaft raus, nachdem wir zwei Jahre lang nichts gerissen haben. Es gab Momente, da haben die Dortmunder uns den Schneid abgekauft, da hatten sie psychologisch Vorteile. Total stabil und souverän, dazu mitreißender Fußball: So haben sich die Bayern dieses Jahr präsentiert. 20 Punkte Vorsprung, das ist eine riesige Saison. Philipp Lahm ist ohnehin ein Weltklassespieler, aber in den vergangenen Monaten hat er wieder die Form seiner besten Tage gefunden. Er ist hinten unglaublich sicher, vorne bereitet er Woche für Woche Tore vor. Zehn Vorlagen in der Bundesliga, fünf in der Champions League - das sind beachtliche Zahlen.

DFB.de: Und Bastian Schweinsteiger…

Salihamidzic: Irgendwann gab es diese Phase, als einige anfingen, Bastian zu kritisieren. Das habe ich, ganz ehrlich, nie verstanden. Gerade in diesem Jahr hat er wirklich eine riesige Saison gespielt und sich noch einmal weiterentwickelt. Die Verletzung, der verschossene Elfmeter gegen Chelsea, das Aus gegen Italien bei der EM: Daran hat auch Bastian knabbern müssen. Umso stärker ist er zurückgekehrt. Im Bayern-Mittelfeld hat er sich zu einem absoluten Leader entwickelt.

DFB.de: Wer ist besser: die Mannschaft von 2001, mit der Sie damals die Champions League gewonnen haben, oder das Team von heute?

Salihamidzic: (lacht) Der Fußball hat sich stark verändert, die Spielertypen sind heute ganz andere. Jedenfalls hätte ich keine Angst vor dem Vergleich, aber natürlich nur, wenn wir in der damaligen Stärke antreten könnten. Nicht mit uns "Alten" von heute.

DFB.de: Nehmen wir an, die Bayern kommen bis ins Finale der Champions League. Wen würden Sie sich als Finalgegner wünschen?

Salihamidzic: Den Traumgegner haben sie jetzt schon: den FC Barcelona. Und einen Lionel Messi in überragender Form. Das ist die ultimative Herausforderung.

DFB.de: Und wenn Dortmund die Champions League gewinnt?

Salihamidzic: (lacht) Das will sich kein Bayern-Fan vorstellen.

DFB.de: Sie kamen als 15-Jähriger aus ihrer Heimatstadt Jablinica in Bosnien nach Deutschland. Ihre Eltern schickten Sie wegen des Krieges nach Hamburg.

Salihamidzic: In der jugoslawischen U 15-Nationalmannschaft war ich bereits Kapitän gewesen. Meine Zielsetzung war eindeutig. Ich kam nach Deutschland, um Fußball zu spielen. Mit dem Ausbruch des Krieges endeten auch meine Chancen in meiner Heimat. Irgendwann schlug sogar eine Granate bei uns daheim ins Haus ein. Für meine weitere Entwicklung musste ich also raus. Plötzlich wurde ich getrennt von meiner Familie, und das als 15-jähriger Junge. Für mich waren das harte Tage. Untergebracht war ich bei einem Freund meines Vaters. Nach drei Monaten wollte ich sogar wieder nach Hause. Aber mein Ziel war es, Fußball zu meinem Beruf zu machen, und dieses Ziel habe ich nie aus den Augen verloren. Felix Magath bin ich bis heute dankbar. Er hat mir die erste Chance gegeben, erst bei den Amateuren des HSV, später bei den Profis.

DFB.de: Unter Magath haben Sie das Siegtor für Bayern im Pokalfinale 2005 gegen Schalke gemacht. Bitte noch mal Film ab!

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Salihamidzic: Berlin, das Finale im DFB-Pokal, das ist nun wirklich für jeden Fußballer ein absolutes Highlight. Ich kam damals von der Bank, in der 75. Minute, und schon eine Minute später schoss ich das Tor zu unserem 2:1-Finalsieg über Schalke. Mein Trainer damals war wieder einmal Felix Magath, wie schon beim HSV und wie später in Wolfsburg. Vor 81.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion - eines meiner Karrierehighlights.

DFB.de: Wenn es einer weiß, dann Sie: Wie wird man Publikumsliebling?

Salihamidzic: Mir war es immer wichtig, gute und echte Begegnungen mit Fans zu haben. So war ich immer schon, auch schon als "Brazzo, das Bürschchen" in Hamburg. Und wenn wir später bei den Bayern einen Titel gewonnen haben, dann hatte ich auch Spaß am Feiern. Diese Belohnung, dieser Moment des Auspustens, den fand ich immer wichtig - und auch das haben die Fans, denke ich, gut verstanden. Dazu noch: Autogramme geben, das gehört zum Beruf des Fußballers. 20 Minuten nach einer Trainingseinheit, das war absolut üblich bei den Bayern.

DFB.de: Als kürzlich der Titelgewinn feststand, nach dem Abpfiff beim 1:0 in Frankfurt, haben die Bayern auf die Weißbierdusche verzichtet. Ein Fehler?

Salihamidzic: Das hätte es bei mir nie gegeben. (lacht)

DFB.de: Welche Ziele haben Sie für die unmittelbare Zukunft?

Salihamidzic: Nach fast zwei Jahrzehnten im Profigeschäft gehe ich alles etwas ruhiger an. Bei meinem Jungen schaue ich momentan beim Fußballtraining zu. Dazu habe ich in den vergangenen Wochen zwei, drei Sachen für Sky gemacht. Die Zukunft? Schau’n mer mal…

Das meinen DFB.de-User

"Ach, den Brazzo mochte ich immer gerne. Ein lustiger, ehrlicher Junge, der immer bis zum Schluss gefightet hat!" (Sebastian Krause, Osnabrück)

"Obwohl ich ja eigentlich zum BVB stehe, muss ich zugeben, dass der Brazzo schon ein guter ist/war. Einfach so ein Typ, mit dem man auch mal ein Bierchen trinken gehen würde." (Tom Droste, Osnabrück)