"Ruhepol" Warcecha: "Für die harte Arbeit belohnt"

Lederhosen und Dirndl wohin der Blick auch fällt, eine Stadt zählt die letzten Stunden runter, hat sich herausgeputzt für die große Sause. Wirtschaftswissenschaftler haben noch schnell errechnet – 1,1 Milliarden Euro wird das Oktoberfest 2012 in die Kassen der Wiesnwirte und Münchner Hoteliers spülen. So meldet es die Lokalzeitung am Samstagmorgen, um 12 Uhr dann die Böllerschüsse. O’zapft is!

Die Böllerschüsse waren auch auf einer anderen Münchner Wiesn zu hören. Ein paar Kilometer entfernt vom Oktoberfest wurde an diesem Samstag Blindenfußball gespielt. Der sechste und letzte Spieltag der Saison in der Deutschen Blindenfußball-Bundesliga wurde auf einem Kunstrasenplatz im Olympiapark ausgetragen. Am Spielfeldrand steht Robert Warcecha. Sein Kopf brummt noch, doch der 26-Jährige kann an diesem Tag das breite Lächeln einfach nicht wegdrücken. Blau-Gelb Marburg, seine Mannschaft, hat sich nach der dreijährigen Ligaherrschaft des MTV Stuttgart, den 2008 letztmals gewonnenen Titel zurückerobert. Marburg, das "Mekka der Blinden" in Deutschland, wo etliche Einrichtungen für Blinde angesiedelt sind, ist wieder Meister. Und der 26-jährige Warcecha wurde zum "Besten Spieler der Saison" gewählt. "Der Titelgewinn ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Wir haben uns endlich für die harte Arbeit belohnt, weil wir souverän durchgespielt und die wenigsten Tore gefangen haben", sagt Warcecha.

Warcecha "unser Ruhepol"

Seine Mitspieler nennen ihn "unseren Ruhepol". Sonst sorgt Warcecha in der Marburger Abwehr für Ruhe, ist der Anker in der blau-gelben Defensive. Weil er aber beim Training am Dienstag mit einem Mitspieler kopf voran zusammen gerasselt war, muss er heute, ausgerechnet beim letzten Spiel der Saison, beim direkten Duell mit dem Vorjahrsmeister, an der Seitenlinie der Spielbeschreibung über Kopfhörer folgen.

Auf dem Platz geht es hart zur Sache. Mit Tempo laufen die Spieler ihre Angriffe, den Ball eng am Fuß, vor der scheppernden Kollision nur geschützt durch einen dünnen Gummiring, den alle um den Kopf tragen. Ein paar Mal fliegt auch diese dürftige Protektion beim Zweikampf vom Kopf, doch die blinden Fußballer, gerade Stuttgarts Sarikaya und Marburgs Ali Pekta, stoppt das nicht. Viel Können, noch mehr Rivalität. Stuttgart und Marburg – das ist das Beste, was der Blindenfußball in Deutschland zu bieten hat. Wie groß die Rivalität denn sei? Warcecha sagt: "Es war schon schlimmer". Wieder ein breites Grinsen. Jedenfalls dürfe man keine Angst haben, wenn man sich auf der 40 x 20 Meter großen Spielfläche bewege. "Ein paar blaue Flecken und Schrammen sind normal" und "unser Spiel ist die härteste Blindensportart überhaupt", sagt Warcecha. Bundestrainer Uli Pfisterer beschreibt das Spiel als Mischung aus Fußball und Eishockey – mit verbundenen Augen.

Schon als Kind, war das mit dem Sehen bei Robert Warcecha nicht so toll. Als die Sehschädigung schlimmer wurde, spielte er noch für einen Bonner Klub ganz normal Fußball. "Einmal habe ich dann noch drei Tore gemacht." Mit 18 Jahren legte er sein Abitur ab und verlor den Großteil seines Augenlichts. Hell und dunkel kann er unterscheiden, dieser Rest ist bis heute geblieben. Die unterschiedlich erblindeten Spieler tragen beim Blindenfußball Augenpflaster, um eine Wettbewerbsvorteil zu vermeiden. Warcecha zog nach Marburg, in eine WG mit einem blinden und einer sehenden Mitstudentin und begann zwei Dinge: Psychologie zu studieren und in einer Rock- und Punk-Band zu trommeln. Im kommenden April würde der Diplom-Psychologe gerne mit der Arbeit in einer Klinik beginnen.

"Klar möchte ich für die Nationalmannschaft spielen", sagt er. "Schließlich ist es eine Ehre, für das eigene Vaterland aufzulaufen. Und gerade die Paralympics, das würde mich schon reizen. Aber es muss mit meinen beruflichen Pflichten zusammen passen. Die Nationalmannschaft macht man nicht nebenbei."

Früher fast ausschließlich mit Stuttgartern besetzt, wird das Nationalteam sich verändern. Die Konkurrenz wird größer. Uli Pfisterer wird mindestens drei Marburger berufen, allzu gerne auch Warcecha. "Wir werden stärker", sagt Pfisterer. Schon im November wird er die Nationalspieler für einen Lehrgang zusammenziehen, eine erste Vorbereitung auf die EM im September 2013 in Rom. Bei der vergangenen EM belegte Deutschland einen enttäuschenden achten Platz.



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Lederhosen und Dirndl wohin der Blick auch fällt, eine Stadt zählt die letzten Stunden runter, hat sich herausgeputzt für die große Sause. Wirtschaftswissenschaftler haben noch schnell errechnet – 1,1 Milliarden Euro wird das Oktoberfest 2012 in die Kassen der Wiesnwirte und Münchner Hoteliers spülen. So meldet es die Lokalzeitung am Samstagmorgen, um 12 Uhr dann die Böllerschüsse. O’zapft is!

Die Böllerschüsse waren auch auf einer anderen Münchner Wiesn zu hören. Ein paar Kilometer entfernt vom Oktoberfest wurde an diesem Samstag Blindenfußball gespielt. Der sechste und letzte Spieltag der Saison in der Deutschen Blindenfußball-Bundesliga wurde auf einem Kunstrasenplatz im Olympiapark ausgetragen. Am Spielfeldrand steht Robert Warcecha. Sein Kopf brummt noch, doch der 26-Jährige kann an diesem Tag das breite Lächeln einfach nicht wegdrücken. Blau-Gelb Marburg, seine Mannschaft, hat sich nach der dreijährigen Ligaherrschaft des MTV Stuttgart, den 2008 letztmals gewonnenen Titel zurückerobert. Marburg, das "Mekka der Blinden" in Deutschland, wo etliche Einrichtungen für Blinde angesiedelt sind, ist wieder Meister. Und der 26-jährige Warcecha wurde zum "Besten Spieler der Saison" gewählt. "Der Titelgewinn ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Wir haben uns endlich für die harte Arbeit belohnt, weil wir souverän durchgespielt und die wenigsten Tore gefangen haben", sagt Warcecha.

Warcecha "unser Ruhepol"

Seine Mitspieler nennen ihn "unseren Ruhepol". Sonst sorgt Warcecha in der Marburger Abwehr für Ruhe, ist der Anker in der blau-gelben Defensive. Weil er aber beim Training am Dienstag mit einem Mitspieler kopf voran zusammen gerasselt war, muss er heute, ausgerechnet beim letzten Spiel der Saison, beim direkten Duell mit dem Vorjahrsmeister, an der Seitenlinie der Spielbeschreibung über Kopfhörer folgen.

Auf dem Platz geht es hart zur Sache. Mit Tempo laufen die Spieler ihre Angriffe, den Ball eng am Fuß, vor der scheppernden Kollision nur geschützt durch einen dünnen Gummiring, den alle um den Kopf tragen. Ein paar Mal fliegt auch diese dürftige Protektion beim Zweikampf vom Kopf, doch die blinden Fußballer, gerade Stuttgarts Sarikaya und Marburgs Ali Pekta, stoppt das nicht. Viel Können, noch mehr Rivalität. Stuttgart und Marburg – das ist das Beste, was der Blindenfußball in Deutschland zu bieten hat. Wie groß die Rivalität denn sei? Warcecha sagt: "Es war schon schlimmer". Wieder ein breites Grinsen. Jedenfalls dürfe man keine Angst haben, wenn man sich auf der 40 x 20 Meter großen Spielfläche bewege. "Ein paar blaue Flecken und Schrammen sind normal" und "unser Spiel ist die härteste Blindensportart überhaupt", sagt Warcecha. Bundestrainer Uli Pfisterer beschreibt das Spiel als Mischung aus Fußball und Eishockey – mit verbundenen Augen.

Schon als Kind, war das mit dem Sehen bei Robert Warcecha nicht so toll. Als die Sehschädigung schlimmer wurde, spielte er noch für einen Bonner Klub ganz normal Fußball. "Einmal habe ich dann noch drei Tore gemacht." Mit 18 Jahren legte er sein Abitur ab und verlor den Großteil seines Augenlichts. Hell und dunkel kann er unterscheiden, dieser Rest ist bis heute geblieben. Die unterschiedlich erblindeten Spieler tragen beim Blindenfußball Augenpflaster, um eine Wettbewerbsvorteil zu vermeiden. Warcecha zog nach Marburg, in eine WG mit einem blinden und einer sehenden Mitstudentin und begann zwei Dinge: Psychologie zu studieren und in einer Rock- und Punk-Band zu trommeln. Im kommenden April würde der Diplom-Psychologe gerne mit der Arbeit in einer Klinik beginnen.

"Klar möchte ich für die Nationalmannschaft spielen", sagt er. "Schließlich ist es eine Ehre, für das eigene Vaterland aufzulaufen. Und gerade die Paralympics, das würde mich schon reizen. Aber es muss mit meinen beruflichen Pflichten zusammen passen. Die Nationalmannschaft macht man nicht nebenbei."

Früher fast ausschließlich mit Stuttgartern besetzt, wird das Nationalteam sich verändern. Die Konkurrenz wird größer. Uli Pfisterer wird mindestens drei Marburger berufen, allzu gerne auch Warcecha. "Wir werden stärker", sagt Pfisterer. Schon im November wird er die Nationalspieler für einen Lehrgang zusammenziehen, eine erste Vorbereitung auf die EM im September 2013 in Rom. Bei der vergangenen EM belegte Deutschland einen enttäuschenden achten Platz.

Marburg begießt den Titel

Der Blindenfußball will mitten in der Gesellschaft stattfinden, seit ein paar Jahren veranstaltet die Liga einen Teil der Spieltage auf belebten Plätzen in den Stadtzentren. 2013 etwa in Regensburg, Soest und Stuttgart. "Das ist okay", sagt Warcecha, "nur manchmal liegt in den Fußgängerzonen Kopfsteinpflaster. Wenn dann darüber unser Kunstrasen aufgebaut wird, ist das nicht gut. Das macht unser Spiel schlechter und erhöht das Verletzungsrisiko."

Abpfiff im Olympiapark. Stuttgart und Marburg trennen sich in einem großen Match 2:2, Marburg darf den Titel begießen. Auf der Wiesn? Warcecha sagt: "Ich weiss nicht, mit 15 Blinden auf dem Oktoberfest, da finden wir für unsere Meisterfeier heute Abend in München vielleicht doch einen besseren Platz." Und nochmal ein breites Grinsen.

DFB.de gratuliert dem SF Blau-Gelb Marburg zur Deutschen Meisterschaft im Blindenfußball!