Rothmund: "Enkes Schicksal hat den Fußball aufgerüttelt"

Karl Rothmund, Schatzmeister und stellvertretender Vorsitzender der Robert-Enke-Stiftung, spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth über den Kampf gegen eine Volkskrankheit.

DFB.de: Jetzt am Freitag bestreitet die Nationalmannschaft ein Länderspiel in Hannover, das erste, seit dem Schienensuizid von Robert Enke am 10. November 2009. Auch für Sie ein ganz besonderer Tag?  

Karl Rothmund: Die Normalität ist eingekehrt, bei Hannover 96 wie auch im gesamten Umfeld. Mehr als zwei Jahre danach sind einige emotionale Wunden verheilt, die Betroffenheit ist nicht mehr ganz so spürbar. Und das muss auch so sein. Gleichzeitig erleben wir, dass unglaublich viele Menschen weiterhin große Sympathien für die Arbeit der Robert-Enke-Stiftung hegen. Auch das Interesse an den Projekten und Initiativen der Stiftung ist ungebrochen. Alleine im vergangenen Jahr sind an Privatspenden über 100.000 Euro bei uns eingegangen. Darin spiegelt sich die große Popularität Robert Enkes vor allem in Norddeutschland. Wir wollen das Bewusstsein stärken, dass es sich um eine Volkskrankheit handelt, der man sich stellen muss, die aber auch therapierbar sein kann. Das Anliegen der Stiftung, über die Krankheit Depression aufzuklären, erfährt auch mehr als zwei Jahre nach dem tragischen Schienensuizid Enkes große Unterstützung, sei es durch Fußballfans oder bedeutende Persönlichkeiten der Wirtschaft und Politik.

DFB.de: Haben Sie Robert Enke während seiner Zeit in Hannover persönlich kennengelernt?

Rothmund: Ich habe ihn kennengelernt und mich einige Male mit ihm unterhalten. In der Nationalmannschaft wie auch bei Hannover war er ein hochangesehener Spieler mit Führungsqualitäten. Sein Wort galt. Im inneren Kreis wurde Robert Enke sehr geschätzt und gemocht. Als Außenstehender bekam man nicht gleich einen Draht zu ihm.

DFB.de: Bereits im Januar 2010 wurde die Stiftung in seinem Namen gegründet. Zweieinhalb Jahre später, wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Rothmund: Die drei Gründer – Hannover 96, der Ligaverband und der Deutsche Fußball-Bund – sind mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Durch eine jährliche Zuwendung der Gründungspartner in Höhe von rund 250.000 Euro sind wir finanziell solide aufgestellt. Mittlerweile fördern wir beim Thema Depression flächendeckende bundesweite Initiativen. Beratung ist das A und O. Wir schaffen Stellen, an die sich Menschen wenden können. Wir machen diesen so verdammt schweren ersten Schritt ein Stückchen leichter. Die Sporthochschule in Köln und die Universität in Aachen arbeiten bei unserem Beratungs- und Forschungsprojekt 'Mental Gestärkt' effektiv zusammen. Dabei stehen Depressionserkrankungen im Hochleistungssport – und nicht nur im Fußball - im Blickfeld.

DFB.de: Ein gestecktes Ziel heißt 'Tabus brechen', Depression zum ansprechbaren Thema zu machen. Sehen Sie dabei Fortschritte gegenüber dem Winter 2009?

Rothmund: Wissen Sie, wir bekommen unglaublich viel positives Feedback etwa bei der "Robert-Enke-Stiftung auf Tour". Wir gastieren mit einem Informationsstand bei Bundesliga-Spielen, Handball-Spielen und an den großen Universitäten. Das Wissen über die Volkskrankheit Depression ist definitiv gewachsen – auch dank der Enke-Stiftung.

DFB.de: Haben Sie denn auch selbst etwas gelernt über Depressionen?

Rothmund: Selbst im Alter von 69 Jahren habe ich viel Neues erfahren. Mit war vorher weder klar, wie viele Menschen in unserer Gesellschaft betroffen sind noch wie hart die Symptome und Auswirkungen einer Depression sein können.

DFB.de: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Teresa Enke, die der Stiftung vorsteht?

Rothmund: Frau Enke musste nach Roberts Tod eine schwere Zeit durchleben. Irgendwann hat sie angefangen, ihr Leben weiterzuleben. Das braucht einen bewussten Neuanfang. Teresa Enke ist in die Nähe von Köln gezogen. Für mich als Schatzmeister könnte die Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden und unserem Geschäftsführer Jan Bassler nicht besser sein. Bei größeren Transaktionen trifft der Stiftungsrat mit Dr. Reinhard Rauball, Wolfgang Niersbach und Martin Kind die Entscheidungen. Auch im Kuratorium sind wir mit ausgezeichneten Fachleuten aus der Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse stark aufgestellt.

DFB.de: Robert Enke wäre am ersten Spieltag der neuen Bundesliga-Saison 35 Jahre alt geworden. Inwieweit hat sein Schicksal bis heute eine besondere Bedeutung im Profifußball?

Rothmund: Sein Schicksal hat uns alle aufgerüttelt. An den Schaltstellen des Fußballs wurde neu nachgedacht. Das Bewusstsein in großen Teilen der Bevölkerung ist heute anders als damals. Die Stiftung will erkrankten Sportlern helfen, damit die Krisen sich nicht so zuspitzen, damit es immer noch Handlungsalternativen für den Betroffenen gibt.

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Karl Rothmund, Schatzmeister und stellvertretender Vorsitzender der Robert-Enke-Stiftung, spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth über den Kampf gegen eine Volkskrankheit.

DFB.de: Jetzt am Freitag bestreitet die Nationalmannschaft ein Länderspiel in Hannover, das erste, seit dem Schienensuizid von Robert Enke am 10. November 2009. Auch für Sie ein ganz besonderer Tag?  

Karl Rothmund: Die Normalität ist eingekehrt, bei Hannover 96 wie auch im gesamten Umfeld. Mehr als zwei Jahre danach sind einige emotionale Wunden verheilt, die Betroffenheit ist nicht mehr ganz so spürbar. Und das muss auch so sein. Gleichzeitig erleben wir, dass unglaublich viele Menschen weiterhin große Sympathien für die Arbeit der Robert-Enke-Stiftung hegen. Auch das Interesse an den Projekten und Initiativen der Stiftung ist ungebrochen. Alleine im vergangenen Jahr sind an Privatspenden über 100.000 Euro bei uns eingegangen. Darin spiegelt sich die große Popularität Robert Enkes vor allem in Norddeutschland. Wir wollen das Bewusstsein stärken, dass es sich um eine Volkskrankheit handelt, der man sich stellen muss, die aber auch therapierbar sein kann. Das Anliegen der Stiftung, über die Krankheit Depression aufzuklären, erfährt auch mehr als zwei Jahre nach dem tragischen Schienensuizid Enkes große Unterstützung, sei es durch Fußballfans oder bedeutende Persönlichkeiten der Wirtschaft und Politik.

DFB.de: Haben Sie Robert Enke während seiner Zeit in Hannover persönlich kennengelernt?

Rothmund: Ich habe ihn kennengelernt und mich einige Male mit ihm unterhalten. In der Nationalmannschaft wie auch bei Hannover war er ein hochangesehener Spieler mit Führungsqualitäten. Sein Wort galt. Im inneren Kreis wurde Robert Enke sehr geschätzt und gemocht. Als Außenstehender bekam man nicht gleich einen Draht zu ihm.

DFB.de: Bereits im Januar 2010 wurde die Stiftung in seinem Namen gegründet. Zweieinhalb Jahre später, wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Rothmund: Die drei Gründer – Hannover 96, der Ligaverband und der Deutsche Fußball-Bund – sind mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Durch eine jährliche Zuwendung der Gründungspartner in Höhe von rund 250.000 Euro sind wir finanziell solide aufgestellt. Mittlerweile fördern wir beim Thema Depression flächendeckende bundesweite Initiativen. Beratung ist das A und O. Wir schaffen Stellen, an die sich Menschen wenden können. Wir machen diesen so verdammt schweren ersten Schritt ein Stückchen leichter. Die Sporthochschule in Köln und die Universität in Aachen arbeiten bei unserem Beratungs- und Forschungsprojekt 'Mental Gestärkt' effektiv zusammen. Dabei stehen Depressionserkrankungen im Hochleistungssport – und nicht nur im Fußball - im Blickfeld.

DFB.de: Ein gestecktes Ziel heißt 'Tabus brechen', Depression zum ansprechbaren Thema zu machen. Sehen Sie dabei Fortschritte gegenüber dem Winter 2009?

Rothmund: Wissen Sie, wir bekommen unglaublich viel positives Feedback etwa bei der "Robert-Enke-Stiftung auf Tour". Wir gastieren mit einem Informationsstand bei Bundesliga-Spielen, Handball-Spielen und an den großen Universitäten. Das Wissen über die Volkskrankheit Depression ist definitiv gewachsen – auch dank der Enke-Stiftung.

DFB.de: Haben Sie denn auch selbst etwas gelernt über Depressionen?

Rothmund: Selbst im Alter von 69 Jahren habe ich viel Neues erfahren. Mit war vorher weder klar, wie viele Menschen in unserer Gesellschaft betroffen sind noch wie hart die Symptome und Auswirkungen einer Depression sein können.

DFB.de: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Teresa Enke, die der Stiftung vorsteht?

Rothmund: Frau Enke musste nach Roberts Tod eine schwere Zeit durchleben. Irgendwann hat sie angefangen, ihr Leben weiterzuleben. Das braucht einen bewussten Neuanfang. Teresa Enke ist in die Nähe von Köln gezogen. Für mich als Schatzmeister könnte die Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden und unserem Geschäftsführer Jan Bassler nicht besser sein. Bei größeren Transaktionen trifft der Stiftungsrat mit Dr. Reinhard Rauball, Wolfgang Niersbach und Martin Kind die Entscheidungen. Auch im Kuratorium sind wir mit ausgezeichneten Fachleuten aus der Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse stark aufgestellt.

DFB.de: Robert Enke wäre am ersten Spieltag der neuen Bundesliga-Saison 35 Jahre alt geworden. Inwieweit hat sein Schicksal bis heute eine besondere Bedeutung im Profifußball?

Rothmund: Sein Schicksal hat uns alle aufgerüttelt. An den Schaltstellen des Fußballs wurde neu nachgedacht. Das Bewusstsein in großen Teilen der Bevölkerung ist heute anders als damals. Die Stiftung will erkrankten Sportlern helfen, damit die Krisen sich nicht so zuspitzen, damit es immer noch Handlungsalternativen für den Betroffenen gibt.