Roth: „Ich wünsche mir Angriffsfußball in der Bundesliga“

Am Freitag begrüßte Volker Roth insgesamt 44 Schiedsrichter aus der Bundesliga und 2. Bundesliga in Altensteig-Wart, wo bis zum Mittwoch das vorbereitende Trainingslager auf die anstehende Saison absolviert wird. Der Vorsitzende des Schiedsrichter-Ausschusses beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) hofft, dass die Verlängerung des Lehrgangs positive Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Schiedsrichter haben wird. Neben den obligatorischen Fitness- und Regeltests stehen Videoanalysen, Praxis- und Trainingseinheiten sowie eine gründliche Medienschulung auf dem Programm. „Ob die Verlängerung sinnvoll ist, wird sich zeigen“, sagt Roth im Exklusiv-Interview mit der DFB-Internetredaktion. „Wir werden die Ergebnisse mit den Aktiven diskutieren.“

Frage: Im Gegensatz zu früheren Jahren dauert das Trainingslager der Bundesliga-Schiedsrichter länger. Das Programm ist viel umfangreicher, so haben Sie beispielsweise eine ausführlichere Medienschulung aufgenommen. Warum diese Erweiterung?

Volker Roth: Ob die Verlängerung des Trainingslagers der Schiedsrichter der Lizenzligen von drei auf sechs Tage sinnvoll ist, wird sich zeigen. Es gibt bei den Aktiven nicht nur positive Stimmen. In jedem Fall ist mehr Zeit vorhanden, um die körperliche Fitness zu steigern und auch die Fortsetzung der medialen Schulung zu gewährleisten. Der Schiedsrichter-Ausschuss des DFB und die Aktiven werden die Ergebnisse diskutieren.

Frage: Die Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist eine Säule der Vorbereitung, der berüchtigte Cooper-Test etwa muss gleich zu Beginn bestanden werden. Wie fit sind die deutschen Schiedsrichter?

Roth: Das wird sich zeigen. Wie gehabt, muss jeder Schiedsrichter beim Cooper-Test in zwölf Minuten mindestens 2700 Meter, danach zwei Mal 50 Meter in jeweils maximal 7,5 Sekunden und zwei Mal 200 Meter in jeweils maximal 32 Sekunden laufen. Wer diese Norm nicht schafft, kann es noch ein Mal versuchen.

Frage: Was erwarten Sie von der Vorbereitung in Altensteig-Wart im Hinblick auf die nächste Bundesliga-Saison?

Roth: Wie in jedem Jahr werden wir die Videoschulung in den Mittelpunkt unseres Lehrgangs stellen. Immer wieder geht es vor allem um die Einheitlichkeit der Regelinterpretation. Es kann nicht geduldet werden, dass ein Vergehen A von Schiedsrichter B so geahndet wird und von Schiedsrichter C anders. Und daneben werden die Schiedsrichter erneut aufgefordert, die Regelbestimmungen nicht rigoros, aber konsequent, also unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit, umzusetzen.

Frage: Welche Lehren ziehen Sie dabei aus der EURO 2004?

Roth: Ich wäre froh, wenn die Bundesliga-Mannschaften in der Saison 2004/2005 den erfrischenden, angriffsorientierten Fußball spielen würden, den wir bei der EURO 2004 gesehen haben. Dann könnten die Schiedsrichter sich als „Begleiter“ des Spiels sehen. Allerdings fürchte ich, dass dies ein Wunsch bleibt und die Aktiven ihre Persönlichkeit voll einbringen müssen, um attraktiven Fußball zu gewährleisten.

Frage: Wie beurteilen Sie die Leistungen der Schiedsrichter um Dr. Markus Merk, der das Finale leitete, in Portugal generell?

Roth: Die Leistungen der zwölf Top-Schiedsrichter und ihrer 24 Assistenten waren ausgezeichnet. Das sieht nicht nur die UEFA-Schiedsrichter-Kommission so, sondern auch alle seriösen Medienvertreter. Alle 36 haben bewiesen, dass sie zu Recht für dieses bedeutende Turnier nominiert worden sind.

Frage: Können die EM-Vorstellungen der Unparteiischen ein Maßstab für die Bundesliga sein?

Roth: Das hoffe ich. Allerdings – und darauf habe ich schon hingewiesen – hängt die Realisierung vor allem von den Mannschaften und ihren Trainern ab. Wenn Fußball gespielt wird, haben die Schiedsrichter keinerlei Probleme, das Spiel, beispielsweise wie bei der EURO 2004, laufen zu lassen. Verwechseln Spieler allerdings Fußball mit anderen, mehr körperbetonten Sportarten, werden wir aktiver eingreifen müssen.

Frage: Welche Regeländerungen gibt es in der nächsten Saison?

Roth: Glücklicherweise keine bedeutenden. Gelbe Karten für das Trikotausziehen beim Torjubel gab es bei uns schon in der vergangenen Saison. Nun hat die FIFA präzisiert, dass ein Spieler, der sein Trikot über den Kopf streift oder mit dem Trikot bereits sein Gesicht verdeckt hat, Gelb sieht. Hier wird es keine Probleme geben. Das „Golden Goal“ beziehungsweise das „Silver Goal“ sind abgeschafft.

Frage: Gibt es neue Anweisungen an die Schiedsrichter?

Roth: Der Schiedsrichter kann bei den Schüssen von der Strafstoßmarke das Tor mittels einer Münze wählen lassen. Auch das ist also nichts Bedeutendes.

Frage: Hat sich der Vierte Offizielle aus Ihrer Sicht bewährt?

Roth: Ich denke, dass sich der Vierte Offizielle nicht nur aus unserer Sicht bewährt hat. In der Bundesliga –anders als in der 2. Bundesliga ohne den vierten Mann – musste kaum noch ein Trainer auf die Tribüne verbannt werden. Das ist sehr positiv, da ja kein Schiedsrichter eine solche Maßnahme gern anordnet. Viel wichtiger ist aber, dass sich der Assistent auf der Seite des Vierten Offiziellen seinen Aufgaben auf dem Spielfeld uneingeschränkt widmen kann. Die Fehlerquote, beispielsweise beim Abseits, ist dadurch weitaus geringer geworden.

Frage: Schon im vergangenen Jahr haben Sie einen Schiedsrichter-Austausch mit den großen europäischen Verbänden angedacht. Kürzlich signalisierte Ihr italienischer Kollege sein Interesse. Wie weit sind Sie mit den Planungen, wann pfeift Pierluigi Collina in der Bundesliga?

Roth: Die UEFA-Schiedsrichter-Kommission hat in Diskussionen mit nationalen Schiedsrichter-Ausschüssen festgestellt, dass es in jedem Land bestimmte Spiele gibt, die in jeder Saison besonders brisant sind. Hieraus ist der Wunsch entstanden, zu diesen zwei, drei Spielen pro Saison einen bilateralen Austausch anzuregen. Das Exekutivkomitee der UEFA hat solchen Plänen grundsätzlich zugestimmt. Nun ist es an den Präsidien von DFB und DFL, dem Plan zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Der DFB-Schiedsrichter-Ausschuss steht einem solchen Versuch positiv gegenüber.

Frage: Was versprechen Sie sich von einem solchen Austausch?

Roth: Denken Sie doch nur an die vergangene Saison mit dem Spiel Bayern München gegen Werder Bremen. Da wurde ob der Ansetzung des Schiedsrichters in einem Blatt „Tomaten-Alarm“ ausgelöst. Andere Blätter hatten ähnliche Schlagzeilen. Glauben Sie, dass es für den Schiedsrichter und seine Familie sehr angenehm ist, bereits vor dem Spieltag so „fertig gemacht“ zu werden? Übrigens, als in besagtem Spiel glücklicherweise nichts passierte, war der Schiedsrichter diesen Blättern keine Schlagzeile mehr wert. [cm]


[bild1]Am Freitag begrüßte Volker Roth insgesamt 44 Schiedsrichter aus der Bundesliga und 2. Bundesliga in Altensteig-Wart, wo bis zum Mittwoch das vorbereitende Trainingslager auf die anstehende Saison absolviert wird. Der Vorsitzende des Schiedsrichter-Ausschusses beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) hofft, dass die Verlängerung des Lehrgangs positive Auswirkungen auf die Tätigkeiten der Schiedsrichter haben wird. Neben den obligatorischen Fitness- und Regeltests stehen Videoanalysen, Praxis- und Trainingseinheiten sowie eine gründliche Medienschulung auf dem Programm. „Ob die Verlängerung sinnvoll ist, wird sich zeigen“, sagt Roth im Exklusiv-Interview mit der DFB-Internetredaktion. „Wir werden die Ergebnisse mit den Aktiven diskutieren.“



Frage: Im Gegensatz zu früheren Jahren dauert das Trainingslager der Bundesliga-Schiedsrichter länger. Das Programm ist viel umfangreicher, so haben Sie beispielsweise eine ausführlichere Medienschulung aufgenommen. Warum diese Erweiterung?



Volker Roth: Ob die Verlängerung des Trainingslagers der Schiedsrichter der Lizenzligen von drei auf sechs Tage sinnvoll ist, wird sich zeigen. Es gibt bei den Aktiven nicht nur positive Stimmen. In jedem Fall ist mehr Zeit vorhanden, um die körperliche Fitness zu steigern und auch die Fortsetzung der medialen Schulung zu gewährleisten. Der Schiedsrichter-Ausschuss des DFB und die Aktiven werden die Ergebnisse diskutieren.



Frage: Die Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist eine Säule der Vorbereitung, der berüchtigte Cooper-Test etwa muss gleich zu Beginn bestanden werden. Wie fit sind die deutschen Schiedsrichter?



Roth: Das wird sich zeigen. Wie gehabt, muss jeder Schiedsrichter beim Cooper-Test in zwölf Minuten mindestens 2700 Meter, danach zwei Mal 50 Meter in jeweils maximal 7,5 Sekunden und zwei Mal 200 Meter in jeweils maximal 32 Sekunden laufen. Wer diese Norm nicht schafft, kann es noch ein Mal versuchen.



Frage: Was erwarten Sie von der Vorbereitung in Altensteig-Wart im Hinblick auf die nächste Bundesliga-Saison?



Roth: Wie in jedem Jahr werden wir die Videoschulung in den Mittelpunkt unseres Lehrgangs stellen. Immer wieder geht es vor allem um die Einheitlichkeit der Regelinterpretation. Es kann nicht geduldet werden, dass ein Vergehen A von Schiedsrichter B so geahndet wird und von Schiedsrichter C anders. Und daneben werden die Schiedsrichter erneut aufgefordert, die Regelbestimmungen nicht rigoros, aber konsequent, also unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit, umzusetzen.



Frage: Welche Lehren ziehen Sie dabei aus der EURO 2004?



Roth: Ich wäre froh, wenn die Bundesliga-Mannschaften in der Saison 2004/2005 den erfrischenden, angriffsorientierten Fußball spielen würden, den wir bei der EURO 2004 gesehen haben. Dann könnten die Schiedsrichter sich als „Begleiter“ des Spiels sehen. Allerdings fürchte ich, dass dies ein Wunsch bleibt und die Aktiven ihre Persönlichkeit voll einbringen müssen, um attraktiven Fußball zu gewährleisten.



Frage: Wie beurteilen Sie die Leistungen der Schiedsrichter um Dr. Markus Merk, der das Finale leitete, in Portugal generell?



Roth: Die Leistungen der zwölf Top-Schiedsrichter und ihrer 24 Assistenten waren ausgezeichnet. Das sieht nicht nur die UEFA-Schiedsrichter-Kommission so, sondern auch alle seriösen Medienvertreter. Alle 36 haben bewiesen, dass sie zu Recht für dieses bedeutende Turnier nominiert worden sind.



Frage: Können die EM-Vorstellungen der Unparteiischen ein Maßstab für die Bundesliga sein?



Roth: Das hoffe ich. Allerdings – und darauf habe ich schon hingewiesen – hängt die Realisierung vor allem von den Mannschaften und ihren Trainern ab. Wenn Fußball gespielt wird, haben die Schiedsrichter keinerlei Probleme, das Spiel, beispielsweise wie bei der EURO 2004, laufen zu lassen. Verwechseln Spieler allerdings Fußball mit anderen, mehr körperbetonten Sportarten, werden wir aktiver eingreifen müssen.



Frage: Welche Regeländerungen gibt es in der nächsten Saison?



Roth: Glücklicherweise keine bedeutenden. Gelbe Karten für das Trikotausziehen beim Torjubel gab es bei uns schon in der vergangenen Saison. Nun hat die FIFA präzisiert, dass ein Spieler, der sein Trikot über den Kopf streift oder mit dem Trikot bereits sein Gesicht verdeckt hat, Gelb sieht. Hier wird es keine Probleme geben. Das „Golden Goal“ beziehungsweise das „Silver Goal“ sind abgeschafft.



Frage: Gibt es neue Anweisungen an die Schiedsrichter?



Roth: Der Schiedsrichter kann bei den Schüssen von der Strafstoßmarke das Tor mittels einer Münze wählen lassen. Auch das ist also nichts Bedeutendes.



Frage: Hat sich der Vierte Offizielle aus Ihrer Sicht bewährt?



Roth: Ich denke, dass sich der Vierte Offizielle nicht nur aus unserer Sicht bewährt hat. In der Bundesliga –anders als in der 2. Bundesliga ohne den vierten Mann – musste kaum noch ein Trainer auf die Tribüne verbannt werden. Das ist sehr positiv, da ja kein Schiedsrichter eine solche Maßnahme gern anordnet. Viel wichtiger ist aber, dass sich der Assistent auf der Seite des Vierten Offiziellen seinen Aufgaben auf dem Spielfeld uneingeschränkt widmen kann. Die Fehlerquote, beispielsweise beim Abseits, ist dadurch weitaus geringer geworden.



[bild2]Frage: Schon im vergangenen Jahr haben Sie einen Schiedsrichter-Austausch mit den großen europäischen Verbänden angedacht. Kürzlich signalisierte Ihr italienischer Kollege sein Interesse. Wie weit sind Sie mit den Planungen, wann pfeift Pierluigi Collina in der Bundesliga?



Roth: Die UEFA-Schiedsrichter-Kommission hat in Diskussionen mit nationalen Schiedsrichter-Ausschüssen festgestellt, dass es in jedem Land bestimmte Spiele gibt, die in jeder Saison besonders brisant sind. Hieraus ist der Wunsch entstanden, zu diesen zwei, drei Spielen pro Saison einen bilateralen Austausch anzuregen. Das Exekutivkomitee der UEFA hat solchen Plänen grundsätzlich zugestimmt. Nun ist es an den Präsidien von DFB und DFL, dem Plan zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Der DFB-Schiedsrichter-Ausschuss steht einem solchen Versuch positiv gegenüber.



Frage: Was versprechen Sie sich von einem solchen Austausch?



Roth: Denken Sie doch nur an die vergangene Saison mit dem Spiel Bayern München gegen Werder Bremen. Da wurde ob der Ansetzung des Schiedsrichters in einem Blatt „Tomaten-Alarm“ ausgelöst. Andere Blätter hatten ähnliche Schlagzeilen. Glauben Sie, dass es für den Schiedsrichter und seine Familie sehr angenehm ist, bereits vor dem Spieltag so „fertig gemacht“ zu werden? Übrigens, als in besagtem Spiel glücklicherweise nichts passierte, war der Schiedsrichter diesen Blättern keine Schlagzeile mehr wert.