René Adler: "Einen gewissen Druck braucht man einfach"

Nach dem Highlight ist vor dem Highlight. Am Mittwoch kehrte René Adler nach 812 Tagen ins Tor der deutschen Nationalmannschaft zurück und sicherte dem Team von Bundestrainer Joachim Löw vor 80.000 Zuschauen im Stade de France den Sieg. Am Samstag spielt er wieder vor 80.000 Zuschauern, diesmal mit dem HSV in Dortmund. Mit Redakteur Steffen Lüdeke hat Adler über beide Spiele und die Tage zwischen beiden Spielen gesprochen.

DFB.de: Herr Adler, Ihre Rückkehr zwischen die Pfosten der Nationalmannschaft war lang und beschwerlich. Ähnliches lässt sich auch von der Rückreise nach Hamburg sagen. Wie war das genau?

René Adler: Es stimmt, die Rückreise war ein bisschen chaotisch. Es gab zwei Flüge nach Hamburg, der erste ging schon um neun, ich wollte ursprünglich um kurz vor elf liegen. Meine Freundin war mit in Paris, mit ihr wollte ich noch in Ruhe frühstücken. Als wir dann zum Flughafen gekommen sind, waren die aus der ersten Maschine noch da: Heiko Westermann und Uwe Seeler. Ihr Flug wurde gestrichen. Sie sollten dann auch auf unserem Flug mitkommen. Aber falsch gedacht. Wir saßen schon im Auto auf dem Rollfeld und wollten zu unserem Flieger – nur war der Flieger nicht mehr da. Wir haben dann schon geflachst, dass die Franzosen das mit Absicht gemacht haben, um sich für die Niederlage zu rächen…

DFB.de: Und wie ging es dann weiter?

Adler: Wir sind kurzerhand mit den Spielern der Bayern von Paris nach München geflogen, um von dort aus nach Hamburg zu kommen. Es war wirklich ein langer und beschwerlicher Tag, auch, weil ich mit einem dicken Pferdekuss von Benzema aus dem Spiel gegangen bin. Dafür war die viele Fliegerei nicht wirklich gut.

DFB.de: Haben Sie denn wenigstens abends die Ruhe gefunden, die vielen Eindrücke der Länderspielreise zu verarbeiten?

Adler: Nein. Wir sind dann zu Marcell Jansen gefahren, weil er unseren Hund gehütet hat, da meine Freundin ja auch in Paris war. Jansens haben einen großen Rottweiler, für unseren Hund ist es gut, wenn er einen Spielgefährten hat. Wir haben dort noch ein bisschen Karnevalsmusik gehört, es war ja schließlich Weiberfastnacht. Erst dann sind wir nach Hause, und ich war sehr froh, als ich um kurz vor zehn endlich todmüde ins Bett fallen konnte.

DFB.de: Vor dem Spiel gegen Frankreich haben Sie gesagt, dass Sie die Partie vor allem genießen wollen. Wie sehr haben Sie das Spiel genossen?



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Nach dem Highlight ist vor dem Highlight. Am Mittwoch kehrte René Adler nach 812 Tagen ins Tor der deutschen Nationalmannschaft zurück und sicherte dem Team von Bundestrainer Joachim Löw vor 80.000 Zuschauen im Stade de France den Sieg. Am Samstag spielt er wieder vor 80.000 Zuschauern, diesmal mit dem HSV in Dortmund. Mit Redakteur Steffen Lüdeke hat Adler über beide Spiele und die Tage zwischen beiden Spielen gesprochen.

DFB.de: Herr Adler, Ihre Rückkehr zwischen die Pfosten der Nationalmannschaft war lang und beschwerlich. Ähnliches lässt sich auch von der Rückreise nach Hamburg sagen. Wie war das genau?

René Adler: Es stimmt, die Rückreise war ein bisschen chaotisch. Es gab zwei Flüge nach Hamburg, der erste ging schon um neun, ich wollte ursprünglich um kurz vor elf liegen. Meine Freundin war mit in Paris, mit ihr wollte ich noch in Ruhe frühstücken. Als wir dann zum Flughafen gekommen sind, waren die aus der ersten Maschine noch da: Heiko Westermann und Uwe Seeler. Ihr Flug wurde gestrichen. Sie sollten dann auch auf unserem Flug mitkommen. Aber falsch gedacht. Wir saßen schon im Auto auf dem Rollfeld und wollten zu unserem Flieger – nur war der Flieger nicht mehr da. Wir haben dann schon geflachst, dass die Franzosen das mit Absicht gemacht haben, um sich für die Niederlage zu rächen…

DFB.de: Und wie ging es dann weiter?

Adler: Wir sind kurzerhand mit den Spielern der Bayern von Paris nach München geflogen, um von dort aus nach Hamburg zu kommen. Es war wirklich ein langer und beschwerlicher Tag, auch, weil ich mit einem dicken Pferdekuss von Benzema aus dem Spiel gegangen bin. Dafür war die viele Fliegerei nicht wirklich gut.

DFB.de: Haben Sie denn wenigstens abends die Ruhe gefunden, die vielen Eindrücke der Länderspielreise zu verarbeiten?

Adler: Nein. Wir sind dann zu Marcell Jansen gefahren, weil er unseren Hund gehütet hat, da meine Freundin ja auch in Paris war. Jansens haben einen großen Rottweiler, für unseren Hund ist es gut, wenn er einen Spielgefährten hat. Wir haben dort noch ein bisschen Karnevalsmusik gehört, es war ja schließlich Weiberfastnacht. Erst dann sind wir nach Hause, und ich war sehr froh, als ich um kurz vor zehn endlich todmüde ins Bett fallen konnte.

DFB.de: Vor dem Spiel gegen Frankreich haben Sie gesagt, dass Sie die Partie vor allem genießen wollen. Wie sehr haben Sie das Spiel genossen?

Adler: Im Nachhinein ist die Freude sehr groß. Ich bin glücklich und erleichtert, dass es für uns als Mannschaft so gut gelaufen ist. Endlich haben wir mal wieder in Frankreich gewonnen. Es war wichtig, gut in das Länderspieljahr zu starten. 2013 ist ein Jahr der Konzentration, auch ein Jahr des Konkurrenzkampfes. Insofern war klar, dass ein gewisser Druck auf uns lastet. Es waren 80.000 Zuschauer im Stadion. Für mich hat das bedeutet, dass eine gewisse Nervosität und Anspannung vorhanden war. Auf diesem Niveau hatte ich mehr als zwei Jahre lang nicht gespielt. Und gedanklich war ich ziemlich lange ziemlich weit weg von einer solchen Situation. Ich müsste also lügen, um zu sagen, dass ich wirklich jeden Moment genossen habe. Dafür war die Anspannung einfach zu groß.

DFB.de: Dabei haben Sie doch durch Ihre lange Leidensgeschichte gelernt, dass Fußball nicht alles ist. Diese Erkenntnis müsste geholfen haben, die Situation gelassener zu sehen und besser mit dem Druck umzugehen.

Adler: Das hat sie auch. Aber es ist nicht so, dass ich deswegen nicht mehr ehrgeizig wäre. Und einen gewissen Druck braucht man einfach, auch eine gewisse Nervosität und Anspannung. Vielleicht sogar eine gewisse Angst. Das ist gut, das fördert, das schärft die Sinne und fördert damit die Reaktion. Es darf nur nicht so sein, dass man durch die Nervosität gehemmt wird. Man darf keine Angst haben, Fehler zu machen. Und das war bei mir nicht der Fall. Ich hatte eine gute Mischung zwischen Anspannung und Lockerheit.

DFB.de: Nach Ihrem Länderspiel-Debüt im Oktober 2008 haben Sie gesagt, dass der Abpfiff der schönste Moment des Spiels war. Welcher Moment war diesmal der schönste?

Adler: Es war auch der Abpfiff, aber nicht nur. Und daran merke ich, dass ich in meiner Entwicklung weiter bin als 2008. Ich habe den Gang aufs Spielfeld, die vielen Flaggen, die Stimmung bei der Marseillaise und natürlich die deutsche Nationalhymne sehr wohl wahrgenommen und als schön empfunden. Ich war weniger "im Tunnel" als das bei meinen ersten Länderspielen der Fall war.

DFB.de: Als Sie im November von Bundestrainer Joachim Löw im November 2012 für den Kader des Spiels gegen die Niederlande berufen worden sind, haben Sie gesagt, dass die Einladung für Sie überraschend kam. War es diesmal genau so überraschend, als Ihnen gesagt wurde, dass Sie von Beginn an spielen?

Adler: Ja, ich war schon überrascht, als mir Andi Köpke mitgeteilt hat, dass ich von Beginn an spiele. Schließlich ist die Rollenverteilung geklärt. Aber der Bundestrainer muss auch sehen, dass der zweite Anzug passt. Dass die Spieler, die momentan hinten dran stehen, auch in Drucksituationen funktionieren und ihren Job gut machen. Um das zu testen, sind Testspiele gegen gute Gegner prädestiniert. Und natürlich habe ich mich wahnsinnig gefreut, dass ich nach so langer Zeit ein Spiel gegen einen so großen Namen machen konnte.

DFB.de: Wenn ein Spieler neu zum Team kommt, müssen andere draußen bleiben. In Ihrem Fall trifft dies Marc-André ter Stegen und Ron-Robert Zieler. Bei aller persönlichen Freude - haben Sie auch an die Enttäuschung bei Zieler und ter Stegen gedacht? Vielleicht sogar Kontakt mit den beiden aufgenommen?

Adler: Nein, Kontakt aufgenommen habe ich nicht. Für die Fußballbranche gilt nun mal, dass das Glück des einen das Leid des anderen ist. Ich habe das umgekehrt oft genug am eigenen Leibe erfahren. Ich habe auf diese Weise die Nummer eins verloren und eine ganze WM verpasst. Als Fußballer muss man ein Stück weit auch Egoist sein, und außerdem wir reden hier von einer Momentaufnahme.

DFB.de: Nach dem Spiel haben Sie von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Medaille für Länderspiel Nummer elf überreicht bekommen. Bekommt diese Medaille einen besonderen Platz?

Adler: Ja. Das war auch der erste Gedanke, den ich hatte, dass das eine doch sehr spezielle Medaille ist. Die Medaille wird mein Vater bekommen, er sammelt die ganzen Erinnerungstücke aus meiner Karriere. Ich bin sicher, dass er einen würdigen Platz für sie finden wird.

DFB.de: Haben Sie bei der Medaillenvergabe registriert, dass der Applaus der Teamkollegen bei Ihnen besonders groß war?

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Adler: Das kam ja auch, weil Poldi natürlich irgendeinen Spaß gemacht hat. Ich kenne die Jungs schon lange. Und die Jungs kennen mich schon lange. Mich freut am meisten der Respekt, der mir aus dem Kreis der Nationalmannschaft als Spieler und als Person entgegengebracht wird. Natürlich haben die Jungs wahrgenommen, dass ich mich nie habe hängen lasse und dass ich nach einer schweren Verletzung den Weg zurück gekämpft habe. Unter Sportlern wird das honoriert. Das freut mich, und das macht mich auch ein bisschen stolz.

DFB.de: In der Bundesliga geht es für Sie und den HSV am Samstag (15.30 Uhr) mit dem Spiel beim Deutschen Meister weiter. Bei der Nationalmannschaft waren mit Ilkay Gündogan und Mats Hummels zwar nur, aber immerhin noch zwei Dortmunder. Was das Spiel am Samstag in Paris schon Thema?

Adler: Mats und ich saßen an einem Tisch, da haben wir kurz über das Spiel geredet. Er hat mir gesagt, dass die Dortmunder einiges wieder gut machen wollen. In der Hinrunde haben wir zuhause gegen den BVB gewonnen, für Dortmund war es der Ausgangspunkt einer negativen Serie und einer nicht ganz zufriedenstellenden Hinrunde. Das ist bei ihnen noch im Hinterkopf.

DFB.de: Es gibt leichtere Aufgaben als auswärts beim Meister antreten zu müssen. Was muss der HSV alles richtig machen, um Dortmund mit einem Erfolgserlebnis zu verlassen?

Adler: Wir müssen als Mannschaft komplett funktionieren. Jeder unserer Spieler muss nahezu an sein Optimum kommen, wenn wir in Dortmund eine Chance haben wollen. Wir müssen gut gegen den Ball arbeiten, wir müssen kompakt stehen. Aber wir haben im Hinspiel gezeigt, dass wir gegen den BVB bestehen können, wenn wir uns gegenseitig helfen und unser Potenzial abrufen. Das fängt bei den Stürmern an und hört hinten beim Torwart auf.