Rekord: Schon 14 Elfmeterschießen im Pokal

Karl Wald hat es 1970 erfunden, Marco van Basten denkt darüber nach es abzuschaffen, doch die Deutschen sind außergewöhnlich talentiert darin: das Elfmeterschießen. Jedes vierte Spiel in der aktuellen DFB-Pokal-Saison wurde vom Punkt entschieden. Grund genug für die verbliebenen acht Viertelfinalisten, sich auf ein Entscheidungsschießen vorzubereiten. Dr. Georg Froese, Gewinner des ersten DFB-Wissenschaftspreises, hat Tipps.

Froese ist ein Berliner Sportpsychologe, spielte früher unter anderem für den 1. FC Union. Im Jahr 2013 erhielt er für seine Doktorarbeit „Sportpsychologische Einflussfaktoren der Leistung von Elfmeterschützen“ den Wissenschaftspreis des DFB. Seine Erkenntnisse hat DFB.de anlässlich des anstehenden Viertelfinals im DFB-Pokal zusammengefasst.


Fakten: Elfmeterschießen im DFB-Pokal

Bereits 14 Spiele gingen in dieser Pokalsaison ins Elfmeterschießen. Sieben in der ersten Runde, fünf in der zweiten, zwei im Achtelfinale. Das ist Rekord. Bisher waren die 13 Elfmeterschießen in der Saison 2014/2015 die meisten in einer Spielzeit.

Besonders knapp ging es bei Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld zu. Alle drei Viertelfinalisten gingen bereits zweimal in dieser Saison über 120 Minuten und Elfmeterschießen. Bemerkenswert dabei die Dortmunder, die jeweils gegen ein Berliner Team (1. FC Union und Hertha BSC) von der Abschlussschwäche der Gäste profitierten – jeweils drei Schützen scheiterten.

Das längste Elfmeterschießen im DFB-Pokal fand am 27. August 1995 statt. Der damalige Regionalligist SV Sandhausen bezwang in der ersten Runde den Bundesligisten VfB Stuttgart mit 13:12. Nach einem 2:2 in der regulären Spielzeit trafen 25 Schützen hintereinander, den entscheidenden Fehlschuss leistete sich Hendrik Herzog.


Die Persönlichkeit des Schützen:
Während einer Elfmeter-Situation steht der Schütze unter dem enormen Druck des Wettkampfes. Wichtig in dieser Situation: Cool bleiben! Ein Spieler, der auch außerhalb des Platzes die Lage gut überblicken kann und möglichst viele Faktoren in seine Entscheidungen einbezieht, ist auch gut für einen Elfmeter geeignet. Wer dann noch Ruhe bewahren und abwarten kann, für welche Ecke sich der Torwart entscheidet, hat einen entscheidenden Vorteil.

Der beste Spieler ist nicht automatisch der beste Elfmeterschütze:
Welcher Spieler den Elfmeter schießt, sollte nicht nur von seinen fußballerischen Fähigkeiten, sondern auch von seiner "Wettkampfängstlichkeit" abhängig gemacht werden. Je besser der Schütze mit der Drucksituation des Wettkampfes umgehen kann, desto höher ist seine Trefferquote. Außerdem entscheidet ein gutes Auge, um die sogenannten "Clues" zu erkennen und richtig zu deuten. Torhüter senden unbewusst Zeichen, in welche Ecke sie springen werden, beispielsweise durch ein angewinkeltes Sprungbein.

Typabhängig schießen!
Dr. Georg Froese unterscheidet zwei Elfmeter-Typen. Typ A schießt strategisch und torwartabhängig. Typ B schießt den Ball mit genauem Plan im Vorfeld, torwartunabhängig. Bei wichtigen Spielen sind die Schüsse erfahrener und taktisch versierter Spieler deutlich härter und unplatzierter. Getreu dem Motto: "Augen zu und durch" schießt der Spieler in eine zuvor ausgespähte Ecke und achtet kaum auf die Bewegungen des Torwarts (Typ B). Eine deutlich höhere Trefferquote hat der Schütze, der torwartabhängig schießt (Typ A). Er beobachtet den Torwart genau und hat die Fähigkeit sich noch im letzten Moment für die offene Ecke zu entscheiden. Wichtig ist, sich als Schütze für eine Schusstechnik zu entscheiden. "Kompromiss-Schüsse" werden oft pariert.

Platziert schießen!
Die Platzierung des Elfmeters spielt eine bedeutende Rolle. Schüsse in das obere Drittel des Tors treffen insgesamt häufiger das Tor als flache Schüsse. Elfmeterschützen wählen häufiger ihre natürliche Seite. Ein Rechtsfuß schießt lieber in die linke Ecke. Allerdings ist die Trefferquote auf der anderen Seite höher!

Losglück
Wer vorlegt, führt. Die Mannschaft, die beim Elfmeterschießen zuerst antritt, gewinnt häufiger, nämlich bei etwa 60 Prozent aller Elfmeterschießen.

Training unter Wettkampfbedingungen
Am besten lässt sich der Elfmeter unter realen Bedingungen trainieren. Einfach eine Strategie auswählen - egal ob torwartunabhängig oder torwartabhängig - und gleich bei der nächsten Gelegenheit testen! Denn nur so baut sich der Druck ab und mit der Routine kommen auch die Sicherheit und das Selbstvertrauen, sich am Punkt zu behaupten.

Keine Angst vor den Konsequenzen
Sportpsychologe Froese rät, falls es zum Elfmeterschießen kommt: "Suche einen Spieler mit guter Schusstechnik aus, der wenig Angst vor den Konsequenzen hat." Der Druck sollte für den Schützen nicht zu groß werden, auch wenn viel für Eure Mannschaft auf dem Spiel steht. Schief gehen kann es immer. Immerhin treffen nur etwa 75 Prozent aller Elfmeterschüsse ins Tor. "Das ist für den Schützen eine befreiende Erkenntnis", sagt Froese. Aber besser nicht vom Negativfall ausgehen.

[na/fe]

Karl Wald hat es 1970 erfunden, Marco van Basten denkt darüber nach es abzuschaffen, doch die Deutschen sind außergewöhnlich talentiert darin: das Elfmeterschießen. Jedes vierte Spiel in der aktuellen DFB-Pokal-Saison wurde vom Punkt entschieden. Grund genug für die verbliebenen acht Viertelfinalisten, sich auf ein Entscheidungsschießen vorzubereiten. Dr. Georg Froese, Gewinner des ersten DFB-Wissenschaftspreises, hat Tipps.

Froese ist ein Berliner Sportpsychologe, spielte früher unter anderem für den 1. FC Union. Im Jahr 2013 erhielt er für seine Doktorarbeit „Sportpsychologische Einflussfaktoren der Leistung von Elfmeterschützen“ den Wissenschaftspreis des DFB. Seine Erkenntnisse hat DFB.de anlässlich des anstehenden Viertelfinals im DFB-Pokal zusammengefasst.


Fakten: Elfmeterschießen im DFB-Pokal

Bereits 14 Spiele gingen in dieser Pokalsaison ins Elfmeterschießen. Sieben in der ersten Runde, fünf in der zweiten, zwei im Achtelfinale. Das ist Rekord. Bisher waren die 13 Elfmeterschießen in der Saison 2014/2015 die meisten in einer Spielzeit.

Besonders knapp ging es bei Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld zu. Alle drei Viertelfinalisten gingen bereits zweimal in dieser Saison über 120 Minuten und Elfmeterschießen. Bemerkenswert dabei die Dortmunder, die jeweils gegen ein Berliner Team (1. FC Union und Hertha BSC) von der Abschlussschwäche der Gäste profitierten – jeweils drei Schützen scheiterten.

Das längste Elfmeterschießen im DFB-Pokal fand am 27. August 1995 statt. Der damalige Regionalligist SV Sandhausen bezwang in der ersten Runde den Bundesligisten VfB Stuttgart mit 13:12. Nach einem 2:2 in der regulären Spielzeit trafen 25 Schützen hintereinander, den entscheidenden Fehlschuss leistete sich Hendrik Herzog.


Die Persönlichkeit des Schützen:
Während einer Elfmeter-Situation steht der Schütze unter dem enormen Druck des Wettkampfes. Wichtig in dieser Situation: Cool bleiben! Ein Spieler, der auch außerhalb des Platzes die Lage gut überblicken kann und möglichst viele Faktoren in seine Entscheidungen einbezieht, ist auch gut für einen Elfmeter geeignet. Wer dann noch Ruhe bewahren und abwarten kann, für welche Ecke sich der Torwart entscheidet, hat einen entscheidenden Vorteil.

Der beste Spieler ist nicht automatisch der beste Elfmeterschütze:
Welcher Spieler den Elfmeter schießt, sollte nicht nur von seinen fußballerischen Fähigkeiten, sondern auch von seiner "Wettkampfängstlichkeit" abhängig gemacht werden. Je besser der Schütze mit der Drucksituation des Wettkampfes umgehen kann, desto höher ist seine Trefferquote. Außerdem entscheidet ein gutes Auge, um die sogenannten "Clues" zu erkennen und richtig zu deuten. Torhüter senden unbewusst Zeichen, in welche Ecke sie springen werden, beispielsweise durch ein angewinkeltes Sprungbein.

Typabhängig schießen!
Dr. Georg Froese unterscheidet zwei Elfmeter-Typen. Typ A schießt strategisch und torwartabhängig. Typ B schießt den Ball mit genauem Plan im Vorfeld, torwartunabhängig. Bei wichtigen Spielen sind die Schüsse erfahrener und taktisch versierter Spieler deutlich härter und unplatzierter. Getreu dem Motto: "Augen zu und durch" schießt der Spieler in eine zuvor ausgespähte Ecke und achtet kaum auf die Bewegungen des Torwarts (Typ B). Eine deutlich höhere Trefferquote hat der Schütze, der torwartabhängig schießt (Typ A). Er beobachtet den Torwart genau und hat die Fähigkeit sich noch im letzten Moment für die offene Ecke zu entscheiden. Wichtig ist, sich als Schütze für eine Schusstechnik zu entscheiden. "Kompromiss-Schüsse" werden oft pariert.

Platziert schießen!
Die Platzierung des Elfmeters spielt eine bedeutende Rolle. Schüsse in das obere Drittel des Tors treffen insgesamt häufiger das Tor als flache Schüsse. Elfmeterschützen wählen häufiger ihre natürliche Seite. Ein Rechtsfuß schießt lieber in die linke Ecke. Allerdings ist die Trefferquote auf der anderen Seite höher!

Losglück
Wer vorlegt, führt. Die Mannschaft, die beim Elfmeterschießen zuerst antritt, gewinnt häufiger, nämlich bei etwa 60 Prozent aller Elfmeterschießen.

Training unter Wettkampfbedingungen
Am besten lässt sich der Elfmeter unter realen Bedingungen trainieren. Einfach eine Strategie auswählen - egal ob torwartunabhängig oder torwartabhängig - und gleich bei der nächsten Gelegenheit testen! Denn nur so baut sich der Druck ab und mit der Routine kommen auch die Sicherheit und das Selbstvertrauen, sich am Punkt zu behaupten.

Keine Angst vor den Konsequenzen
Sportpsychologe Froese rät, falls es zum Elfmeterschießen kommt: "Suche einen Spieler mit guter Schusstechnik aus, der wenig Angst vor den Konsequenzen hat." Der Druck sollte für den Schützen nicht zu groß werden, auch wenn viel für Eure Mannschaft auf dem Spiel steht. Schief gehen kann es immer. Immerhin treffen nur etwa 75 Prozent aller Elfmeterschüsse ins Tor. "Das ist für den Schützen eine befreiende Erkenntnis", sagt Froese. Aber besser nicht vom Negativfall ausgehen.

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