"Profis können die Fastenzeit nachholen"

Schwitzen und nicht Trinken? Hochleistungssport mit leerem Magen? Vor diesem Dilemma standen muslimische Spitzensportler auch in Deutschland. Gerade Fußballer, die im Juli und August sich besonders schinden müssen, um fit für die Saison zu werden. Seit 2010 aber gilt eine neue Regelung, die in Gesprächen mit dem DFB und der DFL entwickelt wurde. Mit Aiman Mazyek, 44, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland, sprach DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth.

DFB.de: Seit ein paar Jahren dürfen Profifußballer im Ramadan, der am Dienstag begann, das Fasten brechen. Wie kam es zu dieser Liberalisierung?

Aiman A. Mazyek: Es gab einen konkreten Auslöser einer Profimannschaft in der 2. Bundesliga, wir saßen dann schnell mit den Spitzen des DFB und der DFL zusammen, da wir merkten, dass viele muslimische Profifußballer von dem Thema berührt sind. Gerade zur Zeit des Ramadan bereiten sie sich in der Regel auf die neue Saison vor. Da wird hart trainiert, Kondition gebolzt und Muskeln aufgebaut. Die Belastung in dieser Phase ist extrem hoch.

DFB.de: Seit 2010 vertritt der Zentralrat der Muslime in Deutschland eine erweiterte Position, es gibt eine Regelung für den Profisport.

Mazyek: Profifußballer, aber auch andere Profisportler, können ihre Fastenzeit außerhalb des Ramadan nachholen. Wir haben diese Position durch ein Gutachten der Al-Azhar, eine der führenden Autoritäten des Islam, untermauert. Auf den Punkt gebracht sagen wir: Profifußballer sind Arbeitnehmer, und zwar in einem Beruf, der körperlich höchste Anforderungen stellt. Profifußballer können die Fastentage später im Jahr nachholen. Insbesondere geht es dabei um das Trinken, also die Wasserzufuhr während oder nach einer harten Trainingseinheit. Das gilt auch für andere körperlich schwere Berufe, etwa für den Stahlarbeiter am Hochofen.

DFB.de: Wie wurde die neue Auslegung der Fastenregel seit 2010 angenommen?

Mazyek: Die Rückmeldung war überwiegend positiv. Viele Profisportler haben sich in ihrem Verhalten sicherer gefühlt. Dabei gilt diese Erleichterung und Möglichkeit als eine Kann-Reglung und ist kein Muss. Einzelne Profis hielten sich auch im Juli und August, also während der 30 Tage des Fastenmonats, genau an die Regeln. Es gab auch Mischformen. Ribéry etwa gab an, nicht am Tag des Spiels, an normalen Trainingstagen aber schon fasten zu wollen. Vorher hatten wir einzelne Vorfälle, dass einzelne Profis medizinisch Ausgleiche schaffen wollten und hungerzügelnde Präparate einnahmen, wodurch man ganz schnell positiv beim Dopingtest anzeigt. Eine Katastrophe - die Situation seit 2010 hat sich deutlich verbessert.

DFB.de: Betrifft die Ausnahme nur den Profisportler?

Mazyek: Ja, der muslimische Freizeitkicker ist nicht ausgenommen, er oder sie sollte fasten während des Ramadan.

DFB.de: Haben Sie damals nach der Neureglung auch Verblüffung erlebt?

Mazyek: Viele verstehen die Religion in unserer zunehmend religionsskeptischen Zeit als Belastung oder Problem, auch weil sie selbst nicht mehr glauben, und meinen, wenn sie abgeschafft wird, geht es besser. Dabei schafft Religion Kraft, Werte und Identität. Ein Profifußballer, gleich welcher Religion, der diese Maßstäbe mitbringt, ist eine wesentliche Stütze für den Verein und Mannschaft. In Sure 2, Vers 185 im Koran heißt es: „Und wenn einer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, ist ihm eine entsprechende Zahl anderer Tage auferlegt. Gott will es euch leicht machen, nicht schwer.“ Und obendrein gilt für Muslime: Sie möchten ja den Ramadan fasten, sie machen sich Gedanken, wie sie das am besten machen und nicht, wie sie ihn am besten umgehen können. Dennoch muss ich einräumen, dass es Minderheitspositionen im Islam in Deutschland gibt, die den gefundenen Kompromiss kritisch bewerten.

DFB.de: Herr Mazyek, Sie werden auch fasten. Wie geht es Ihnen nach dem fünften Termin während der Fastenzeit?

Mazyek: Wie alle Muslime, versuche ich meinen Terminkalender während des Fastenmonats etwas weniger vollzupacken. Auch für Reisen sieht der Koran vor, dass man das Fasten brechen darf. Davon nehme ich Gebrauch, wenn ich viel unterwegs bin. Aber ganz ehrlich, wenn man im Rhythmus ist, fällt das Fasten nicht so schwer.

Das meinen DFB.de-User:

"Fasten und Leistungssport sind kein Widerspruch." (Klaus Stosno, Berlin)

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Schwitzen und nicht Trinken? Hochleistungssport mit leerem Magen? Vor diesem Dilemma standen muslimische Spitzensportler auch in Deutschland. Gerade Fußballer, die im Juli und August sich besonders schinden müssen, um fit für die Saison zu werden. Seit 2010 aber gilt eine neue Regelung, die in Gesprächen mit dem DFB und der DFL entwickelt wurde. Mit Aiman Mazyek, 44, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland, sprach DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth.

DFB.de: Seit ein paar Jahren dürfen Profifußballer im Ramadan, der am Dienstag begann, das Fasten brechen. Wie kam es zu dieser Liberalisierung?

Aiman A. Mazyek: Es gab einen konkreten Auslöser einer Profimannschaft in der 2. Bundesliga, wir saßen dann schnell mit den Spitzen des DFB und der DFL zusammen, da wir merkten, dass viele muslimische Profifußballer von dem Thema berührt sind. Gerade zur Zeit des Ramadan bereiten sie sich in der Regel auf die neue Saison vor. Da wird hart trainiert, Kondition gebolzt und Muskeln aufgebaut. Die Belastung in dieser Phase ist extrem hoch.

DFB.de: Seit 2010 vertritt der Zentralrat der Muslime in Deutschland eine erweiterte Position, es gibt eine Regelung für den Profisport.

Mazyek: Profifußballer, aber auch andere Profisportler, können ihre Fastenzeit außerhalb des Ramadan nachholen. Wir haben diese Position durch ein Gutachten der Al-Azhar, eine der führenden Autoritäten des Islam, untermauert. Auf den Punkt gebracht sagen wir: Profifußballer sind Arbeitnehmer, und zwar in einem Beruf, der körperlich höchste Anforderungen stellt. Profifußballer können die Fastentage später im Jahr nachholen. Insbesondere geht es dabei um das Trinken, also die Wasserzufuhr während oder nach einer harten Trainingseinheit. Das gilt auch für andere körperlich schwere Berufe, etwa für den Stahlarbeiter am Hochofen.

DFB.de: Wie wurde die neue Auslegung der Fastenregel seit 2010 angenommen?

Mazyek: Die Rückmeldung war überwiegend positiv. Viele Profisportler haben sich in ihrem Verhalten sicherer gefühlt. Dabei gilt diese Erleichterung und Möglichkeit als eine Kann-Reglung und ist kein Muss. Einzelne Profis hielten sich auch im Juli und August, also während der 30 Tage des Fastenmonats, genau an die Regeln. Es gab auch Mischformen. Ribéry etwa gab an, nicht am Tag des Spiels, an normalen Trainingstagen aber schon fasten zu wollen. Vorher hatten wir einzelne Vorfälle, dass einzelne Profis medizinisch Ausgleiche schaffen wollten und hungerzügelnde Präparate einnahmen, wodurch man ganz schnell positiv beim Dopingtest anzeigt. Eine Katastrophe - die Situation seit 2010 hat sich deutlich verbessert.

DFB.de: Betrifft die Ausnahme nur den Profisportler?

Mazyek: Ja, der muslimische Freizeitkicker ist nicht ausgenommen, er oder sie sollte fasten während des Ramadan.

DFB.de: Haben Sie damals nach der Neureglung auch Verblüffung erlebt?

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Mazyek: Viele verstehen die Religion in unserer zunehmend religionsskeptischen Zeit als Belastung oder Problem, auch weil sie selbst nicht mehr glauben, und meinen, wenn sie abgeschafft wird, geht es besser. Dabei schafft Religion Kraft, Werte und Identität. Ein Profifußballer, gleich welcher Religion, der diese Maßstäbe mitbringt, ist eine wesentliche Stütze für den Verein und Mannschaft. In Sure 2, Vers 185 im Koran heißt es: „Und wenn einer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, ist ihm eine entsprechende Zahl anderer Tage auferlegt. Gott will es euch leicht machen, nicht schwer.“ Und obendrein gilt für Muslime: Sie möchten ja den Ramadan fasten, sie machen sich Gedanken, wie sie das am besten machen und nicht, wie sie ihn am besten umgehen können. Dennoch muss ich einräumen, dass es Minderheitspositionen im Islam in Deutschland gibt, die den gefundenen Kompromiss kritisch bewerten.

DFB.de: Herr Mazyek, Sie werden auch fasten. Wie geht es Ihnen nach dem fünften Termin während der Fastenzeit?

Mazyek: Wie alle Muslime, versuche ich meinen Terminkalender während des Fastenmonats etwas weniger vollzupacken. Auch für Reisen sieht der Koran vor, dass man das Fasten brechen darf. Davon nehme ich Gebrauch, wenn ich viel unterwegs bin. Aber ganz ehrlich, wenn man im Rhythmus ist, fällt das Fasten nicht so schwer.

Das meinen DFB.de-User:

"Fasten und Leistungssport sind kein Widerspruch." (Klaus Stosno, Berlin)