Pokalfinale: Eintracht vs. BVB in der Taktikvorschau

Im DFB-Pokalfinale treffen am 27. Mai (ab 20 Uhr, live in der ARD und auf Sky) Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund aufeinander. In der Bundesliga ergaben sich zwei ähnliche Partien mit unterschiedlichem Ausgang. DFB.de beleuchtet die interessantesten taktischen Aspekte.

Selten dürften die Rollen im DFB-Pokalfinale derart klar verteilt gewesen sein wie vor dem Duell zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund. Während sich der BVB für die Champions League qualifizierte, musste die Eintracht nach einer schwachen Rückrunde sogar noch fürchten, in den Abstiegsstrudel zu geraten.

Doch im Pokal gelten bekanntlich eigene Gesetze. Vor dem dritten Aufeinandertreffen der beiden Teams in dieser Saison wagt DFB.de einen taktischen Ausblick auf das 74. Pokalfinale. Während auf der einen Seite die stets aktive Mannschaft von Thomas Tuchel steht, lassen sich Frankfurts Stärken eher in der defensiven Kompaktheit verorten.

Spielkontrolle vs. Konter

Es ist zu erwarten, dass der BVB im Berliner Olympiastadion die aktivere Rolle übernehmen wird, während Frankfurt diszipliniert verteidigen und Fehler beim Gegner provozieren wird, um nach der Balleroberung blitzartig umzuschalten.

In Hin- und Rückspiel der Bundesliga verfolgten beide Trainer unterschiedliche Ansätze, um den Gegner zu stoppen. Dabei drehten sie stets an kleinen Stellschrauben, ohne die Identität der eigenen Mannschaft in Frage zu stellen. Der BVB drückte mit viel Ballbesitz auf das Eintracht-Tor, die Frankfurter formierten sich in einer Grundordnung mit Fünferkette.

Der entscheidende taktische Faktor wird die defensive Ordnung der Frankfurter und Tuchels Antwort darauf sein. Frankfurt baut im Abwehrverbund eine Fünferkette auf, die davor von einem Dreier- oder Vierermittelfeld unterstützt wird. Dadurch kann der ballnahe Außenverteidiger herausrücken, um Druck auf den Ballführenden aufzubauen, während dessen Rücken sowie das Zentrum weiterhin gesichert bleiben.

Pressing trotz Fünferkette

Das Spielfeld ist in der Breite bestens abgedeckt, was Frankfurt dazu nutzt, Spieler aus der Fünferkette herausrücken zu lassen. So kann das Team fallende Stürmer verfolgen und sie am Aufdrehen hindern, ohne dass allzu große Lücken entstehen. Die Fünferkette bringt defensiv einige Vorteile mit. Gleichwohl erweist sich deren Koordination als tückisch, was eine mögliche Abseitsfalle erschwert. Die Eintracht beherrscht diese Stilmittel jedoch par excellence.

Obwohl eine Abwehr aus fünf Spielern meist mit einer tiefen und passiven Spielweise in Verbindung gebracht wird, beweist Niko Kovac, dass es auch anders geht. Bisweilen entschließt sich sein Team zu einem hohen Pressing im 5-3-2, bei dem der Spielaufbau des Gegners möglichst früh gestört wird. Ein Mittelfeldspieler kann aufrücken, um größtmöglichen Druck herzustellen. Als Folge wandelt sich das 5-3-2 in ein 5-2-3 bzw. ein 4-3-3, falls die Fünferkette das Mittelfeld auffüllt.

Eine taktische Schwäche der Eintracht, die in den Ligaspielen zu Tage trat, sind Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld. Diese fehlende Kompaktheit versuchte der BVB in Hin- und Rückspiel zu bespielen. Besonders im Hinspiel gelang dies jedoch kaum. Tuchel setzte mit Adrian Ramos als rechtem Flügelspieler auf einen gelernten Mittelstürmer, der bei eigenem Ballbesitz in die Mitte zog. Da auch Pierre-Emerick Aubameyang eher in die Tiefe startet, als entgegenzukommen, blieb der Raum hinter den Spitzen verwaist.


Gelingt es Borussia Dortmund dem Pressing der Eintracht zu entkommen, indem der Ball in den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld gelangt, bieten sich gefährliche Räume.


Doppelsechs als Pressing-Gegenmittel

Dort sollten sich vermutlich die zentral offensiven Mittelfeldspieler Mario Götze und Gonzalo Castro tummeln, die jedoch kaum Zuspiele hinter die Linien erhielten. Der Grund: Dortmund mangelte es unter dem Druck der Eintracht im Aufbau an der nötigen Genauigkeit und wählte häufig den Weg nach außen.

Somit bediente sich Tuchel im Rückspiel eines Kniffes. Anstatt erneut in einem 4-1-4-1 mit einem alleinigen Sechser vor der Abwehr anzutreten, setzte er auf die Kombination aus Julian Weigl und Nuri Sahin und damit auf zwei Ballverteiler. Die Eintracht musste sich damit im Pressing noch mehr auf das Zentrum konzentrieren und ließ sich aus der Kompaktheit locken, da das Anlaufen ansonsten ins Leere ging. Das öffnete die Passwege auf die Außenverteidiger und über Umwege auch auf den zentralen offensiven Mittelfeldmann Shinji Kagawa.

Kovac reagierte darauf mit einer Umstellung auf Manndeckung im Zentrum. Damit schwächte er zwar den Einfluss des BVB-Mittelfelds, brachte aber zugleich den nächsten Plan von Thomas Tuchel zum Tragen. Dieser schob die Mittelfeldspieler etwas höher, die Spieleröffnung verlagerte sich auf die Innenverteidiger. Diese konnten gegen die alleinige Frankfurter Spitze das Spiel immer wieder verlagern und so in die Räume neben dem Stürmer stoßen.


Agiert die Eintracht mit nur einem Stürmer, bieten sich den BVB-Innenverteidigern im Spielaufbau Räume, um anzudribbeln.


Dembélé als Schlüsselspieler

Das sicherte die Spielkontrolle, verdichtete jedoch gleichzeitig den Raum vor dem Eintracht-Tor. Die Folge: Dortmund tat sich schwer damit, hochkarätige Chancen zu kreieren und spielte sich mehrfach in der gegnerischen Fünferkette fest. Zur Pause ersetzte Ousmane Dembélé Marco Reus, Matthias Ginter kam für Sven Bender. Dembélé fand mehr Wege, sich auf engem Raum gefährlich einzubringen, Ginter kurbelte den Spielaufbau an.

So übernahm der BVB die Kontrolle über das Spiel und legte sich den Gegner geduldig zurecht. Schon im Hinspiel war Dembélé nach seiner Einwechslung der Spieler, der Lücken in den gegnerischen Abwehrverbund riss. Lange Zeit fand die Borussia vor dem Frankfurter Strafraum nicht statt, der junge Offensivspieler änderte das. Die weit zurückgedrängten Frankfurter mussten große Wege überwinden, um einen gefährlichen Konter zu spielen und verloren letztlich mit 1:3.

Tuchel ging in Hin- und Rückspiel nicht den Weg einer verstärkten Absicherung gegen Konter. Weigl hielt sich eng an der Abwehr, der Rest der Mannschaft fächerte weit auf. Somit fand Frankfurt durchaus Platz zum Kontern vor, die Tore gegen den BVB wurden allerdings nicht nach klassischen Gegenangriffen erzielt.

Konter – eine Stärke beider Teams

Dabei bieten gerade diese Konter gute Möglichkeiten für die Eintracht – ein passender Spielverlauf vorausgesetzt. Ein frühes Gegentor, wie im Rückspiel der Bundesliga, ist Gift für das Spiel von Kovac und seinen Männern. Mit einer Führung im Rücken kann Dortmund den Ball laufen lassen und damit auch die Frankfurter ermüden. Auch wenn das Team von Kovac in dieser Saison eines der laufstärksten Deutschlands ist.

Nicht zu vergessen bleibt Dortmunds eigene Stärke bei Kontern. Frankfurt versucht in der Offensivbewegung, seine Flügelspieler auch offensiv einzusetzen. Dies führt zu Lücken in deren Rücken. Die Dortmunder nutzten diese Räume schon beim 3:1-Erfolg für den letzten Treffer der Partie gewinnbringend, als Dembélé nach einem gegnerischen Freistoß über links drei Gegner ausspielte und zu Aubameyang in die Mitte weiterleitete.

Kompaktheit vs. Kreativität

Das mag dem Spielstand zum Ende der Partie hin geschuldet gewesen sein, doch auch im vorherigen Spielverlauf wurden die Frankfurter mehrfach in der Gegenbewegung nach Ballverlusten über die Flügel in Bedrängnis gebracht.

Welche taktische Mittel Kovac und Tuchel für das DFB-Pokalfinale wählen, bleibt spannend. Fest steht: Frankfurt kann auf seine Stärken ohne Ball und im offensiven Umschalten vertrauen, während sich der BVB vor der Herausforderung sieht, die wenigen Lücken, die sich im Frankfurter Defensivverbund öffnen, zu nutzen.

[bba]

Im DFB-Pokalfinale treffen am 27. Mai (ab 20 Uhr, live in der ARD und auf Sky) Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund aufeinander. In der Bundesliga ergaben sich zwei ähnliche Partien mit unterschiedlichem Ausgang. DFB.de beleuchtet die interessantesten taktischen Aspekte.

Selten dürften die Rollen im DFB-Pokalfinale derart klar verteilt gewesen sein wie vor dem Duell zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund. Während sich der BVB für die Champions League qualifizierte, musste die Eintracht nach einer schwachen Rückrunde sogar noch fürchten, in den Abstiegsstrudel zu geraten.

Doch im Pokal gelten bekanntlich eigene Gesetze. Vor dem dritten Aufeinandertreffen der beiden Teams in dieser Saison wagt DFB.de einen taktischen Ausblick auf das 74. Pokalfinale. Während auf der einen Seite die stets aktive Mannschaft von Thomas Tuchel steht, lassen sich Frankfurts Stärken eher in der defensiven Kompaktheit verorten.

Spielkontrolle vs. Konter

Es ist zu erwarten, dass der BVB im Berliner Olympiastadion die aktivere Rolle übernehmen wird, während Frankfurt diszipliniert verteidigen und Fehler beim Gegner provozieren wird, um nach der Balleroberung blitzartig umzuschalten.

In Hin- und Rückspiel der Bundesliga verfolgten beide Trainer unterschiedliche Ansätze, um den Gegner zu stoppen. Dabei drehten sie stets an kleinen Stellschrauben, ohne die Identität der eigenen Mannschaft in Frage zu stellen. Der BVB drückte mit viel Ballbesitz auf das Eintracht-Tor, die Frankfurter formierten sich in einer Grundordnung mit Fünferkette.

Der entscheidende taktische Faktor wird die defensive Ordnung der Frankfurter und Tuchels Antwort darauf sein. Frankfurt baut im Abwehrverbund eine Fünferkette auf, die davor von einem Dreier- oder Vierermittelfeld unterstützt wird. Dadurch kann der ballnahe Außenverteidiger herausrücken, um Druck auf den Ballführenden aufzubauen, während dessen Rücken sowie das Zentrum weiterhin gesichert bleiben.

Pressing trotz Fünferkette

Das Spielfeld ist in der Breite bestens abgedeckt, was Frankfurt dazu nutzt, Spieler aus der Fünferkette herausrücken zu lassen. So kann das Team fallende Stürmer verfolgen und sie am Aufdrehen hindern, ohne dass allzu große Lücken entstehen. Die Fünferkette bringt defensiv einige Vorteile mit. Gleichwohl erweist sich deren Koordination als tückisch, was eine mögliche Abseitsfalle erschwert. Die Eintracht beherrscht diese Stilmittel jedoch par excellence.

Obwohl eine Abwehr aus fünf Spielern meist mit einer tiefen und passiven Spielweise in Verbindung gebracht wird, beweist Niko Kovac, dass es auch anders geht. Bisweilen entschließt sich sein Team zu einem hohen Pressing im 5-3-2, bei dem der Spielaufbau des Gegners möglichst früh gestört wird. Ein Mittelfeldspieler kann aufrücken, um größtmöglichen Druck herzustellen. Als Folge wandelt sich das 5-3-2 in ein 5-2-3 bzw. ein 4-3-3, falls die Fünferkette das Mittelfeld auffüllt.

Eine taktische Schwäche der Eintracht, die in den Ligaspielen zu Tage trat, sind Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld. Diese fehlende Kompaktheit versuchte der BVB in Hin- und Rückspiel zu bespielen. Besonders im Hinspiel gelang dies jedoch kaum. Tuchel setzte mit Adrian Ramos als rechtem Flügelspieler auf einen gelernten Mittelstürmer, der bei eigenem Ballbesitz in die Mitte zog. Da auch Pierre-Emerick Aubameyang eher in die Tiefe startet, als entgegenzukommen, blieb der Raum hinter den Spitzen verwaist.


Gelingt es Borussia Dortmund dem Pressing der Eintracht zu entkommen, indem der Ball in den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld gelangt, bieten sich gefährliche Räume.


Doppelsechs als Pressing-Gegenmittel

Dort sollten sich vermutlich die zentral offensiven Mittelfeldspieler Mario Götze und Gonzalo Castro tummeln, die jedoch kaum Zuspiele hinter die Linien erhielten. Der Grund: Dortmund mangelte es unter dem Druck der Eintracht im Aufbau an der nötigen Genauigkeit und wählte häufig den Weg nach außen.

Somit bediente sich Tuchel im Rückspiel eines Kniffes. Anstatt erneut in einem 4-1-4-1 mit einem alleinigen Sechser vor der Abwehr anzutreten, setzte er auf die Kombination aus Julian Weigl und Nuri Sahin und damit auf zwei Ballverteiler. Die Eintracht musste sich damit im Pressing noch mehr auf das Zentrum konzentrieren und ließ sich aus der Kompaktheit locken, da das Anlaufen ansonsten ins Leere ging. Das öffnete die Passwege auf die Außenverteidiger und über Umwege auch auf den zentralen offensiven Mittelfeldmann Shinji Kagawa.

Kovac reagierte darauf mit einer Umstellung auf Manndeckung im Zentrum. Damit schwächte er zwar den Einfluss des BVB-Mittelfelds, brachte aber zugleich den nächsten Plan von Thomas Tuchel zum Tragen. Dieser schob die Mittelfeldspieler etwas höher, die Spieleröffnung verlagerte sich auf die Innenverteidiger. Diese konnten gegen die alleinige Frankfurter Spitze das Spiel immer wieder verlagern und so in die Räume neben dem Stürmer stoßen.


Agiert die Eintracht mit nur einem Stürmer, bieten sich den BVB-Innenverteidigern im Spielaufbau Räume, um anzudribbeln.


Dembélé als Schlüsselspieler

Das sicherte die Spielkontrolle, verdichtete jedoch gleichzeitig den Raum vor dem Eintracht-Tor. Die Folge: Dortmund tat sich schwer damit, hochkarätige Chancen zu kreieren und spielte sich mehrfach in der gegnerischen Fünferkette fest. Zur Pause ersetzte Ousmane Dembélé Marco Reus, Matthias Ginter kam für Sven Bender. Dembélé fand mehr Wege, sich auf engem Raum gefährlich einzubringen, Ginter kurbelte den Spielaufbau an.

So übernahm der BVB die Kontrolle über das Spiel und legte sich den Gegner geduldig zurecht. Schon im Hinspiel war Dembélé nach seiner Einwechslung der Spieler, der Lücken in den gegnerischen Abwehrverbund riss. Lange Zeit fand die Borussia vor dem Frankfurter Strafraum nicht statt, der junge Offensivspieler änderte das. Die weit zurückgedrängten Frankfurter mussten große Wege überwinden, um einen gefährlichen Konter zu spielen und verloren letztlich mit 1:3.

Tuchel ging in Hin- und Rückspiel nicht den Weg einer verstärkten Absicherung gegen Konter. Weigl hielt sich eng an der Abwehr, der Rest der Mannschaft fächerte weit auf. Somit fand Frankfurt durchaus Platz zum Kontern vor, die Tore gegen den BVB wurden allerdings nicht nach klassischen Gegenangriffen erzielt.

Konter – eine Stärke beider Teams

Dabei bieten gerade diese Konter gute Möglichkeiten für die Eintracht – ein passender Spielverlauf vorausgesetzt. Ein frühes Gegentor, wie im Rückspiel der Bundesliga, ist Gift für das Spiel von Kovac und seinen Männern. Mit einer Führung im Rücken kann Dortmund den Ball laufen lassen und damit auch die Frankfurter ermüden. Auch wenn das Team von Kovac in dieser Saison eines der laufstärksten Deutschlands ist.

Nicht zu vergessen bleibt Dortmunds eigene Stärke bei Kontern. Frankfurt versucht in der Offensivbewegung, seine Flügelspieler auch offensiv einzusetzen. Dies führt zu Lücken in deren Rücken. Die Dortmunder nutzten diese Räume schon beim 3:1-Erfolg für den letzten Treffer der Partie gewinnbringend, als Dembélé nach einem gegnerischen Freistoß über links drei Gegner ausspielte und zu Aubameyang in die Mitte weiterleitete.

Kompaktheit vs. Kreativität

Das mag dem Spielstand zum Ende der Partie hin geschuldet gewesen sein, doch auch im vorherigen Spielverlauf wurden die Frankfurter mehrfach in der Gegenbewegung nach Ballverlusten über die Flügel in Bedrängnis gebracht.

Welche taktische Mittel Kovac und Tuchel für das DFB-Pokalfinale wählen, bleibt spannend. Fest steht: Frankfurt kann auf seine Stärken ohne Ball und im offensiven Umschalten vertrauen, während sich der BVB vor der Herausforderung sieht, die wenigen Lücken, die sich im Frankfurter Defensivverbund öffnen, zu nutzen.