Pfaff: "Wir sind ein kleines Land mit großen Spielern"

Heute sitzt Jean-Marie Pfaff in Düsseldorf auf der Tribüne und feuert die "Roten Teufel" an. Ein Belgier in seiner alten Heimat. Dass der einstige Welttorhüter in deutschen Arenen zu Gast ist, kommt noch recht häufig vor. Klar, nach München, wo er sechs Jahre lebte, fährt er, aber auch nach Köln oder Schalke. Pfaff ist Geschäftsmann geworden, im Fernsehen läuft eine Reality Soap über das Leben der Familie, er hält Vorträge. "Und ich möchte jetzt gerne als Trainer arbeiten", sagt der 57-Jährige im Gespräch mit DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen. Auf DFB.de stellt Pfaff das belgische Nationalteam vor.

Es ist ein Trend geworden, auf junge Spieler zu setzen. Früher war das anders: Man hatte einfach nicht so das Vertrauen in die Jungs aus dem eigenen Nachwuchs. Heute sieht man, wie sinnvoll es ist, junge Leute schon früh einzusetzen – wenn sie gut sind. Aber davon gibt es ja viele. Vincent Kompany ist so einer. Er ist erst 25, aber er spielt schon sieben, acht Jahre auf hohem Niveau. Mit 25 ist man heute schon ein erfahrener Spieler, er war bei Anderlecht, beim HSV, jetzt spielt er bei Manchester City. Und so ist es bei einigen anderen auch. Es wächst etwas heran bei uns. Wir sind ein kleines Land mit großen Spielern, oder solchen, die noch dabei sind, groß zu werden. Viele von ihnen stehen bei guten bis sehr guten Vereinen im Ausland unter Vertrag. Nicht nur Kompany.

Talent im Tor

Thibaut Courtois ist unser derzeit wohl größtes Torwarttalent. Er ist 19, gerade mit Genk Belgischer Meister geworden, zu Chelsea gewechselt und an Atlético Madrid ausgeliehen worden. Wahnsinn, wie schnell das heute geht! Courtois ist auf der Linie bärenstark, hat tolle Reflexe, ist ein sehr intelligenter Junge, der noch viel erreichen kann, wenn er von Verletzungen verschont bleibt. Aber er ist im Moment nicht die Nummer 1. Das ist Simon Mignolet, der beim FC Sunderland spielt. Er spricht fünf Sprachen und studiert nebenbei. Heutzutage wird ja auch vom Verein Unterricht angeboten. Als ich nach Deutschland kam, habe ich die Sprache von den Fans und von der Mannschaft gelernt. Und vom Radiohören. Noch heute schaue ich jeden Tag das deutsche Frühstücksfernsehen, um drin zu bleiben. Das nur dazu.

Mignolets Torwartspiel ist sehr clever, er strahlt viel Ruhe aus. Und er gehört zu den wenigen in der Nationalmannschaft, die nie bei einem großen Klub in Belgien gespielt haben. Er ging 2010 von St. Truiden nach England und hat sich dort durchgesetzt. Er weiß, wo er herkommt, das macht ihn mir sympathisch. Dritter im Bunde ist Jean-François Gillet. Er hat einen ungewöhnlichen Karriereweg hinter sich. Mit 20 ist er nach Italien gegangen, das ist schon zwölf Jahre her. Deshalb hat man ihn in Belgien lange nicht so im Blick gehabt.

Erfahrung in der Abwehr

Sehr konsequent, schnell, gut am Ball – das ist Vincent Kompany. Aber er hat es nicht so gerne, wenn er einen Gegenspieler hat, der immer die Position wechselt, von links nach rechts und wieder zurück. Im Nationalteam spielt er häufig vor der Abwehr. In der Innenverteidigung haben wir ein großes und gutes Angebot: Daniel von Buyten zum Beispiel, der gerade auch dank seiner Kopfballstärke sehr wichtig für die Mannschaft ist. Er ist nicht der Schnellste, aber wer so lange wie er für Bayern München spielt, der muss schon Qualität haben. Heute ist er leider gesperrt, das tut uns weh. Auch Nicolas Lombaerts ist in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Er steht seinen Mann. Ich sehe ihn aber nur noch, wenn er in der Nationalmannschaft dabei ist. Er spielt in St. Petersburg. Das ist doch ziemlich weit weg.

Jan Vertonghen von Ajax Amsterdam und Thomas Vermaelen vom FC Arsenal sind ebenfalls wichtige Leistungsträger. Vermaelen ist leider verletzt, er ist für mich derzeit der beste Verteidiger, den wir haben. Er bringt alles mit. Für Vertonghen gilt das im Grunde auch. Und mit Mitte 20 haben sie beide noch einiges vor sich. Toby Alderweireld ist auf der defensiven Außenbahn gesetzt. Auch er spielt bei Ajax, und er kann noch mehr aus sich herauskommen. Er hat noch mehr drauf, hat einen guten Schuss und ist auch im Zweikampf schwer zu bezwingen. Leider ist auch er angeschlagen und daher kurzfristig aus dem Kader genommen worden. Es ging nicht anders - eine Schwächung, ganz eindeutig.



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Heute sitzt Jean-Marie Pfaff in Düsseldorf auf der Tribüne und feuert die "Roten Teufel" an. Ein Belgier in seiner alten Heimat. Dass der einstige Welttorhüter in deutschen Arenen zu Gast ist, kommt noch recht häufig vor. Klar, nach München, wo er sechs Jahre lebte, fährt er, aber auch nach Köln oder Schalke. Pfaff ist Geschäftsmann geworden, im Fernsehen läuft eine Reality Soap über das Leben der Familie, er hält Vorträge. "Und ich möchte jetzt gerne als Trainer arbeiten", sagt der 57-Jährige im Gespräch mit DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen. Auf DFB.de stellt Pfaff das belgische Nationalteam vor.

Es ist ein Trend geworden, auf junge Spieler zu setzen. Früher war das anders: Man hatte einfach nicht so das Vertrauen in die Jungs aus dem eigenen Nachwuchs. Heute sieht man, wie sinnvoll es ist, junge Leute schon früh einzusetzen – wenn sie gut sind. Aber davon gibt es ja viele. Vincent Kompany ist so einer. Er ist erst 25, aber er spielt schon sieben, acht Jahre auf hohem Niveau. Mit 25 ist man heute schon ein erfahrener Spieler, er war bei Anderlecht, beim HSV, jetzt spielt er bei Manchester City. Und so ist es bei einigen anderen auch. Es wächst etwas heran bei uns. Wir sind ein kleines Land mit großen Spielern, oder solchen, die noch dabei sind, groß zu werden. Viele von ihnen stehen bei guten bis sehr guten Vereinen im Ausland unter Vertrag. Nicht nur Kompany.

Talent im Tor

Thibaut Courtois ist unser derzeit wohl größtes Torwarttalent. Er ist 19, gerade mit Genk Belgischer Meister geworden, zu Chelsea gewechselt und an Atlético Madrid ausgeliehen worden. Wahnsinn, wie schnell das heute geht! Courtois ist auf der Linie bärenstark, hat tolle Reflexe, ist ein sehr intelligenter Junge, der noch viel erreichen kann, wenn er von Verletzungen verschont bleibt. Aber er ist im Moment nicht die Nummer 1. Das ist Simon Mignolet, der beim FC Sunderland spielt. Er spricht fünf Sprachen und studiert nebenbei. Heutzutage wird ja auch vom Verein Unterricht angeboten. Als ich nach Deutschland kam, habe ich die Sprache von den Fans und von der Mannschaft gelernt. Und vom Radiohören. Noch heute schaue ich jeden Tag das deutsche Frühstücksfernsehen, um drin zu bleiben. Das nur dazu.

Mignolets Torwartspiel ist sehr clever, er strahlt viel Ruhe aus. Und er gehört zu den wenigen in der Nationalmannschaft, die nie bei einem großen Klub in Belgien gespielt haben. Er ging 2010 von St. Truiden nach England und hat sich dort durchgesetzt. Er weiß, wo er herkommt, das macht ihn mir sympathisch. Dritter im Bunde ist Jean-François Gillet. Er hat einen ungewöhnlichen Karriereweg hinter sich. Mit 20 ist er nach Italien gegangen, das ist schon zwölf Jahre her. Deshalb hat man ihn in Belgien lange nicht so im Blick gehabt.

Erfahrung in der Abwehr

Sehr konsequent, schnell, gut am Ball – das ist Vincent Kompany. Aber er hat es nicht so gerne, wenn er einen Gegenspieler hat, der immer die Position wechselt, von links nach rechts und wieder zurück. Im Nationalteam spielt er häufig vor der Abwehr. In der Innenverteidigung haben wir ein großes und gutes Angebot: Daniel von Buyten zum Beispiel, der gerade auch dank seiner Kopfballstärke sehr wichtig für die Mannschaft ist. Er ist nicht der Schnellste, aber wer so lange wie er für Bayern München spielt, der muss schon Qualität haben. Heute ist er leider gesperrt, das tut uns weh. Auch Nicolas Lombaerts ist in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Er steht seinen Mann. Ich sehe ihn aber nur noch, wenn er in der Nationalmannschaft dabei ist. Er spielt in St. Petersburg. Das ist doch ziemlich weit weg.

Jan Vertonghen von Ajax Amsterdam und Thomas Vermaelen vom FC Arsenal sind ebenfalls wichtige Leistungsträger. Vermaelen ist leider verletzt, er ist für mich derzeit der beste Verteidiger, den wir haben. Er bringt alles mit. Für Vertonghen gilt das im Grunde auch. Und mit Mitte 20 haben sie beide noch einiges vor sich. Toby Alderweireld ist auf der defensiven Außenbahn gesetzt. Auch er spielt bei Ajax, und er kann noch mehr aus sich herauskommen. Er hat noch mehr drauf, hat einen guten Schuss und ist auch im Zweikampf schwer zu bezwingen. Leider ist auch er angeschlagen und daher kurzfristig aus dem Kader genommen worden. Es ging nicht anders - eine Schwächung, ganz eindeutig.

Nicht nur Künstler im Mittelfeld

Wir spielen mit Staubsauger. Einem, der alles wegsaugt und immer da ist, wenn er gebraucht wird: Timmy Simons vom 1. FC Nürnberg. Er ist der Älteste im Kader und hat ein Gespür, wo er gerade helfen kann. Franky van der Elst war auch so einer. Außerdem hat er ein gutes Auge für den Spielaufbau. Und er schießt gute Elfmeter, gegen Köln hat er neulich sogar zwei in einem Spiel verwandelt. Simons ist enorm wichtig für die Mannschaft, man braucht nicht nur Künstler, für den Gegner ist er als Spielverderber vorgesehen.

Eden Hazard ist ein überragender Techniker, stark im Eins-gegen-Eins, mit guten Flanken. In Frankreich ist er zum „Spieler des Jahres“ gewählt worden. Außerdem gewann er mit Lille die Meisterschaft. Das schafft man nicht so einfach, schon gar nicht, wenn man erst 20 ist. Der Junge hat’s drauf. Aber: Er spielt nicht sehr mannschaftsdienlich. Das muss er noch lernen. Wenn er das schafft, wird er über kurz oder lang bei einem großen Klub spielen. Arsenal hatte ja schon Interesse.

Moussa Dembélé spielt schon in England, bei Fulham. Er ist schnell, ballsicher, aber nicht so auffällig wie Hazard. Er ist ein Kombinationsspieler. Auch Steven Defour ist eher ein Spielmacher, ein Organisator, wenn auch etwas weiter zurückgezogen. Er ist gerade zum FC Porto gewechselt und hat häufig Ideen, mit denen andere nicht rechnen. Vor allem das ist es, was ihn so gut macht.

Der kleine Dries Mertens vom PSV Eindhoven ist ein anderer Typ: ein Terrier, fast ein bisschen wie Berti Vogts, wenn auch offensiver. Wenn er den Ball verliert, setzt er sofort nach und tut alles, um ihn wiederzubekommen. Er ist schnell und sehr fleißig, auch im Training, trainiert vor allem seine Torschüsse. Er zielt gerne flach oder hoch neben den Pfosten, auch seine Standards sind gut. Beim FC Everton spielt Marouane Fellaini, der auch durch seine interessante Frisur auffällt. Auch er ist richtig stark, im Zweikampf wie am Ball. Und er ist gefährlich, wenn er im Strafraum angespielt wird.

Axel Witsel könnte ein Bruder von Fellaini sein, zumindest, was die Frisur angeht. Vielleicht haben sie denselben Frisör. Eine Zeit lang hatte Witsel einen schlechten Ruf, weil er einige harte Fouls begangen hatte. Das hat sich gelegt. Er ist erwachsen geworden. Es gibt kaum Leute, die ihn nicht gut finden, er bringt einfach unheimlich viel mit: Tempo, Technik, Spiel intelligenz, Ballsicherheit. Er ist der zentrale Spieler der Mannschaft, finde ich. Nicht umsonst hat Benfica ihn gerade geholt.

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Jungstar in Lauerstellung

Schon mit 17 war Romelu Lukaku Torschützenkönig in der belgischen Liga, ein Riesen-Talent. Jetzt ist er 18, und gerade hat ihn Chelsea geholt. Mal schauen, wie er sich da entwickelt. Ich denke, man gibt ihm jetzt erst mal ein Jahr, um sich einzugewöhnen. Danach wird man sehen, ob er es schafft. Ich glaube daran. Lukaku hat alles, was ein Stürmer braucht. Er ist groß und stark, schnell, gut am Ball, sein Schuss ist gut. Von ihm erwarten wir uns viel.

Igor de Camargo ist gebürtiger Brasilianer und vor einiger Zeit eingebürgert worden. Er macht es der Abwehr nicht einfach, weil er sehr beweglich ist und nur schwer zu fassen. Er hat eine Super-Kondition, ist ein richtiger Allroundspieler in der Offensive. Das sieht man ja auch in Gladbach. Wer mir auch sehr gefällt, ist Marvin Ogunjimi von KRC Genk. Der ist viel unterwegs, und der weiß, wo das Tor steht. Das sieht man auch an seiner Quote: In sechs Spielen hat er viermal getroffen.

Was bei unserer Mannschaft auffällt: Wenn sie gegen einen kleinen Gegner spielt, übernimmt sie dessen Tempo. Das sind meistens keine schönen Spiele. Gegen große Teams ist das anders, darum glaube ich, dass die Deutschen ganz schön ins Schwitzen kommen werden. Das hat man ja auch schon im Hinspiel gesehen. Uns fehlt noch ein bisschen die Frechheit, vielleicht wissen einige noch gar nicht, wie gut sie sein können. Klar ist: Gegen Deutschland spielen zu können – das ist für unsere Jungs alleine schon eine Motivation.