Pfaff: "Neuer ist der Beste, keine Frage"

Er war ein Entertainer, ein Fanliebling - und einer der besten Torhüter seiner Zeit: Der Belgier Jean-Marie Pfaff war in den 1980ern die Nummer eins des FC Bayern, wurde dreimal Deutscher Meister und zweimal DFB-Pokalsieger. Und 1987 der erste "Welttorhüter". Im DFB.de-Interview spricht der 62-Jährige über seine Nachfolger, den Fußball in seiner Heimat, seine Liebe zu bayerischem Brauchtum. Und über ein ganz besonderes Geschenk für den Papst.

DFB.de: Herr Pfaff, wen halten Sie als ehemaliger Welttorhüter derzeit für den besten Torwart?

Jean-Marie Pfaff: Manuel Neuer, keine Frage.

DFB.de: Warum?

Pfaff: Er ist ein Torwart, der Spiele gewinnt – beim FC Bayern genauso wie bei der Nationalmannschaft. Er ist ein sehr guter Fußballer, arbeitet hart an sich. Das ist entscheidend, denn du spielst, wie du trainierst. Und Manuel ist einfach so komplett wie sonst keiner, hat schon viel Erfahrung und die größten Titel gewonnen. Andere Torhüter machen auch gute Spiele, aber keiner ist so konstant auf diesem hohen Niveau wie Manu.

DFB.de: Auch die Belgier nicht, die mit Thibaut Courtois vom FC Chelsea und Simon Mignolet vom FC Liverpool immerhin zwei Stammkeeper von englischen Topklubs haben?

Pfaff: Die sind auch sehr stark. Courtois war erst in Genk, dann bei Atlético Madrid, ist jetzt bei Chelsea. Überall ist er Meister geworden. Und das mit Anfang 20. Aber um zur absoluten Weltspitze zu gehören, braucht er sicher noch ein paar Jahre. Auch Neuer war in diesem Alter noch nicht ganz oben. Mignolet fehlt auch noch etwas, er muss noch mehr dirigieren, mehr Einfluss nehmen aufs Spiel. Aber wir dürfen uns in Belgien ganz bestimmt nicht beschweren.

DFB.de: Ein Jean-Marie Pfaff in Glanzform – wo stünde der heute im weltweiten Torhüter-Ranking?

Pfaff: Wenn ich nicht ganz vorne war, war ich unglücklich. (lacht) Nein, im Ernst: Das ist schwer zu sagen, aber ich glaube, ich könnte mich schon ganz gut behaupten. Ich hatte immer schon den natürlichen Antrieb, die Nummer eins sein zu wollen. Ich hätte mir nie vorstellen können, als Ersatzmann mein Geld zu verdienen. Ich wollte immer der Beste sein, aber dafür muss man viel tun.

DFB.de: Ist das Torwartspiel denn überhaupt noch das gleiche wie früher?

Pfaff: Das Spiel ist schon etwas schneller geworden, aber es ist nicht so, dass Torhüter früher nur hinten dringestanden und gewartet hätten, bis ein Stürmer auf sie zugelaufen kam. Wir haben auch mitgespielt. Heute aber werden die Torhüter noch mehr gefordert und entsprechend noch mehr darin geschult.

DFB.de: Heißt das, dass es Ihre damaligen Kollegen heute schwer hätten?

Pfaff: Ein Torhüter mit dem Training von früher, ja. Aber da sich das ja gerade so geändert hat, lässt sich das nicht vergleichen. Die Anforderungen sind andere. Wobei eine Eigenschaft immer die wichtigste bleiben wird: Ein Torwart muss Tore des Gegners verhindern können.



Er war ein Entertainer, ein Fanliebling - und einer der besten Torhüter seiner Zeit: Der Belgier Jean-Marie Pfaff war in den 1980ern die Nummer eins des FC Bayern, wurde dreimal Deutscher Meister und zweimal DFB-Pokalsieger. Und 1987 der erste "Welttorhüter". Im DFB.de-Interview spricht der 62-Jährige über seine Nachfolger, den Fußball in seiner Heimat, seine Liebe zu bayerischem Brauchtum. Und über ein ganz besonderes Geschenk für den Papst.

DFB.de: Herr Pfaff, wen halten Sie als ehemaliger Welttorhüter derzeit für den besten Torwart?

Jean-Marie Pfaff: Manuel Neuer, keine Frage.

DFB.de: Warum?

Pfaff: Er ist ein Torwart, der Spiele gewinnt – beim FC Bayern genauso wie bei der Nationalmannschaft. Er ist ein sehr guter Fußballer, arbeitet hart an sich. Das ist entscheidend, denn du spielst, wie du trainierst. Und Manuel ist einfach so komplett wie sonst keiner, hat schon viel Erfahrung und die größten Titel gewonnen. Andere Torhüter machen auch gute Spiele, aber keiner ist so konstant auf diesem hohen Niveau wie Manu.

DFB.de: Auch die Belgier nicht, die mit Thibaut Courtois vom FC Chelsea und Simon Mignolet vom FC Liverpool immerhin zwei Stammkeeper von englischen Topklubs haben?

Pfaff: Die sind auch sehr stark. Courtois war erst in Genk, dann bei Atlético Madrid, ist jetzt bei Chelsea. Überall ist er Meister geworden. Und das mit Anfang 20. Aber um zur absoluten Weltspitze zu gehören, braucht er sicher noch ein paar Jahre. Auch Neuer war in diesem Alter noch nicht ganz oben. Mignolet fehlt auch noch etwas, er muss noch mehr dirigieren, mehr Einfluss nehmen aufs Spiel. Aber wir dürfen uns in Belgien ganz bestimmt nicht beschweren.

DFB.de: Ein Jean-Marie Pfaff in Glanzform – wo stünde der heute im weltweiten Torhüter-Ranking?

Pfaff: Wenn ich nicht ganz vorne war, war ich unglücklich. (lacht) Nein, im Ernst: Das ist schwer zu sagen, aber ich glaube, ich könnte mich schon ganz gut behaupten. Ich hatte immer schon den natürlichen Antrieb, die Nummer eins sein zu wollen. Ich hätte mir nie vorstellen können, als Ersatzmann mein Geld zu verdienen. Ich wollte immer der Beste sein, aber dafür muss man viel tun.

DFB.de: Ist das Torwartspiel denn überhaupt noch das gleiche wie früher?

Pfaff: Das Spiel ist schon etwas schneller geworden, aber es ist nicht so, dass Torhüter früher nur hinten dringestanden und gewartet hätten, bis ein Stürmer auf sie zugelaufen kam. Wir haben auch mitgespielt. Heute aber werden die Torhüter noch mehr gefordert und entsprechend noch mehr darin geschult.

DFB.de: Heißt das, dass es Ihre damaligen Kollegen heute schwer hätten?

Pfaff: Ein Torhüter mit dem Training von früher, ja. Aber da sich das ja gerade so geändert hat, lässt sich das nicht vergleichen. Die Anforderungen sind andere. Wobei eine Eigenschaft immer die wichtigste bleiben wird: Ein Torwart muss Tore des Gegners verhindern können.

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DFB.de: Deutschland ist seit Jahrzehnten bekannt für seine ausgezeichneten Keeper. Haben Sie als einer, der selbst hier gespielt hat, eine Erklärung dafür?

Pfaff: In Deutschland wird einfach sehr viel Zeit und Arbeit in die Ausbildung der Torhüter gesteckt. Das fängt schon im Jugendbereich an. Man muss sich nur die ganzen Namen durch den Kopf gehen lassen: Maier, Kleff, Nigbur, Schumacher, Stein, Köpke, Kahn, und das sind ja nur einige. Wenn du gegen die Deutschen spielst, weißt du immer, dass bei denen ein guter Mann im Tor steht.

DFB.de: War es für Sie als ausländischer Torhüter schwer im "Torwartland" Deutschland?

Pfaff: Dass ich aus Belgien kam, spielte keine große Rolle. Ich war ja auch nicht mehr ganz jung und hatte schon internationale Erfahrung. Aber wenn du zum FC Bayern kommst, ist es nie leicht. Alle schauen auf dich, alle haben hohe Erwartungen. Da musst du dich durchsetzen – oder wieder gehen.

DFB.de: Und dann haben Sie gleich in Ihrem ersten Spiel einen Einwurf des Bremers Uwe Reinders ins eigene Tor gelenkt. Ein perfekter Start geht anders.

Pfaff: Ja, sicher. Mir hatte keiner gesagt, dass der Reinders so weit werfen kann, deshalb hatte ich damit überhaupt nicht gerechnet. Fußball ist sehr schön, kann aber auch sehr hart sein. Da musste ich durch. Als Torwart stehst du halt alleine da. Machst du einen Fehler, ist es meistens ein Tor. Du musst immer nach vorne schauen, nie zurück. (lacht) Was generell ein guter Rat für einen Keeper ist. Schaut er zurück, holt er in der Regel den Ball aus dem Tor.

DFB.de: Auch wenn der Auftakt missglückte: Später nahmen Sie ein Lied auf mit dem Titel "Ich war ein Belgier und jetzt bin ich ein Bayer". Das spricht dafür, dass Sie sich dann doch sehr wohlgefühlt haben in München.

Pfaff: Und ob, sehr sogar. Ich habe noch heute ein Marketing-Büro dort, bin regelmäßig in München. Die Zeit habe ich enorm genossen. Wir hatten eine sehr gute Mannschaft, sind Meister und Pokalsieger geworden. Leider haben wir im Europapokalfinale 1987 in Wien gegen Porto verloren, das hat wehgetan. Aber dennoch war es eine wunderschöne Zeit, sportlich wie privat. Ich bin sehr stolz, in Deutschland und beim FC Bayern gespielt zu haben.

DFB.de: Für das Lied gab es in Belgien eine Goldene Schallplatte. Was haben Sie damit gemacht?

Pfaff: Ich habe sie Papst Johannes Paul II. geschenkt. Ich hatte das große Glück, eine Audienz bei ihm zu bekommen und dachte mir: Was bringe ich ihm mit? Und da ist mir die Idee mit der Schallplatte gekommen. Er hat sich gefreut, glaube ich.

DFB.de: Die Fans haben Sie aber vermutlich nicht wegen Ihrer schönen Stimme gefeiert, oder?

Pfaff: Nein, zum Glück. Ich glaube, die Leute merken, wenn jemand authentisch und freundlich ist, und das bin ich immer gewesen. Und bei allem Ehrgeiz wollte ich immer auch Spaß haben. Lederhosen, Oktoberfest, Fasching – das habe ich geliebt. Das war eine ganz neue Welt für mich. Ich kam aus einem Dorf mit 12.000 Einwohnern in eine Millionenstadt und zu einem Verein, der überall Fans hat. Ich war vorher nie Voll-Profi gewesen, hatte immer bis Mittag in meinem Sportgeschäft gearbeitet und war erst danach zum Training gegangen. Erst mit 28 war ich wirklich Profi.

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DFB.de: Sie sind noch heute häufig in Deutschland zu sehen, halten Vorträge in Unternehmen, bei Verbänden und unterschiedlichsten Veranstaltungen und schlagen damit die Brücke zwischen Sport und Wirtschaft. Welche Erfahrungen geben Sie dabei weiter?

Pfaff: Zwischen Sport und Wirtschaft gibt es einige Schnittstellen. Wie man die Nummer eins wird und es bleibt, zum Beispiel. Teamgeist, Motivation, Führung, Kommunikation, mentale Stärke, Respekt – das sind einige der Themen, zu denen ich von meinen Erfahrungen berichte. Viele Leute kennen mich noch aus meiner Zeit als Spieler, nicht nur in München, auch in Köln, Hamburg oder Frankfurt. Und das Feedback, das ich von ihnen bekomme, ist sehr positiv. Das ist ein schönes Gefühl.

DFB.de: Ihre erste Berührung mit Deutschland hatten Sie vor 35 Jahren. 1980 standen Sie mit Belgien im EM-Endspiel gegen Deutschland. Träumen Sie heute noch manchmal von Horst Hrubesch?

Pfaff: Nein, überhaupt nicht. Ich habe großen Respekt vor ihm, er hat das Spiel mit seinen beiden Toren entschieden. Ich konnte die Bälle nicht halten. Das ist schade, das ist bitter. Aber nicht zu ändern.

DFB.de: Sechs Jahre später kamen Sie mit Belgien bei der WM in Mexiko bis ins Halbfinale. War dieses Turnier Ihr größtes Erlebnis im Fußball?

Pfaff: Ich habe es vor allem als Belohnung empfunden. Ein paar Monate vorher hatte ich mich schwer an der Bauchmuskulatur und im Leistenbereich verletzt, hatte erst im März das erste Mal wieder bei den Bayern im Tor gestanden. Wir sind dann Meister und Pokalsieger geworden, ja, und dann kam die WM. Unser Trainer Guy Thys hatte vorher zu mir gesagt: "Wenn du bei Bayern nicht spielst, fährst du nicht mit."

DFB.de: Der Druck hat Sie angespornt.

Pfaff: Kann man sagen. Es war ein Super-Turnier, wir haben klasse gespielt. Wir hätten sogar gegen Argentinien, den späteren Weltmeister mit Superstar Diego Maradona, gewinnen können. Wenn du als Belgien ins Halbfinale kommst, dann hast du viel richtig gemacht.

DFB.de: Belgien war danach noch ein paar Mal bei Turnieren dabei, ab 2002 aber zwölf Jahre nicht mehr. Wieso wurde das Niveau der 80er so lange nicht erreicht?

Pfaff: Wir hatten eine gute Generation mit Jan Ceulemans, Eric Gerets, Franky van der Elst, Franky Vercauteren, mit mir, später mit Enzo Scifo. Aber danach kamen nicht mehr so viele gute junge Spieler nach. Darauf ist erst spät reagiert worden. Nach und nach wurde die Talentförderung von Grund auf verbessert und erneuert. Als junger Spieler kannst du bei uns heute fast genauso professionell trainieren wie ein Profi.

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DFB.de: Und jetzt ist das kleine Belgien Erster in der Weltrangliste.

Pfaff: Ja, wir haben drei, vier gute Spieler für jede Position. Gut ausgebildete Jungs, spielstark. Und viele stehen bei großen Vereinen unter Vertrag. Unsere Torhüter haben wir schon besprochen, Hazard spielt bei Chelsea, De Bruyne bei Manchester City, Fellaini bei Manchester United, Vermaelen bei Barcelona. Das macht mich optimistisch.

DFB.de: Belgien ist im kommenden Jahr zum ersten Mal seit 2000 wieder bei einer EM dabei – als eines von erstmals 24 Teams. Was halten Sie von der Aufstockung?

Pfaff: Ich finde das gut. Früher waren doch immer nur die gleichen Mannschaften dabei. Jetzt spielt Albanien mit oder Island – sie müssen mal sehen, wie sehr die sich da gefreut haben. Das ist doch schön und bringt auch den Fußball in diesen Ländern weiter.

DFB.de: Mehr Mannschaften, mehr Konkurrenten. Ist Belgien schon ein Kandidat für den EM-Titel?

Pfaff: Die Mannschaft dafür haben wir, das glaube ich schon. Ein Fußballer darf träumen, das motiviert ihn. Für eine Prognose ist es aber noch zu früh. Fragen Sie mich kurz vor dem Turnier noch mal. Dann kann man besser abschätzen, wie die Form ist, ob alle fit sind. Das ist entscheidend. Fußballerisch brauchen wir uns aber auf keinen Fall zu verstecken.

DFB.de: Und die Deutschen?

Pfaff: Na ja, die sind Weltmeister geworden. Also braucht man nicht viel Fantasie, um sie zum Favoritenkreis zu zählen. Neuer, Kroos, Schweinsteiger, Müller, Özil, Götze - bessere Spieler muss man erst mal finden in Europa. Die WM in Brasilien war einmalig von der deutschen Mannschaft. Ich bin mir sicher, dass sie auch nach Frankreich mit der Ambition fährt, das Turnier zu gewinnen.

DFB.de: Vermutlich sind sie da nicht die Einzigen.

Pfaff: Bestimmt nicht. Die Spanier, die Engländer, die Belgier, die Franzosen, vielleicht die Italiener – die fallen mir da auch noch ein. Es wird sicher spannend.