Neues Jahr, neue Ziele

Weltmeister – und nun? Das Jahr 2014 ist überstrahlt vom Gewinn des Titels beim Turnier in Brasilien. Die Nationalmannschaft hat Deutschland und die Welt begeistert. Nun will sie eine Ära prägen, weitere Erfolge sollen her. Dafür muss sich das DFB-Team entwickeln, neue Spieler, neue Varianten, neue Lösungen für neue Aufgaben. 2014 war ein Jahr der Triumphe, 2015 soll die Grundlage für weitere Erfolge gelegt werden.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach dem Spiel ist auch vor der Rede. Manchmal. Bei der Nationalmannschaft ist schöne Tradition, dass die Debütanten nach ihrem ersten Einsatz für Deutschland auf dem Mitternachtsbankett eine kurze Ansprache halten. Christoph Kramer hatte diese Tradition kürzlich abgewandelt und mit seinem Gesang auf der Fähre zwischen Porto Seguro und Santo André die Frage aufgeworfen, ob die Intonierung eines Liedes wirklich von Vorteil gegenüber einer Rede ist.

Brasilien ist Geschichte, eine abschließende Antwort auf die Frage steht noch aus. Im Normalfall laufen die Ansprachen im Anschluss an die Premiere nach diesem Muster ab: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach fordert die Spieler auf, ein paar Worte an die Mannschaft zu richten. Die Spieler kommen der Aufforderung gern nach. Nach meist wenigen, aber treffenden Sätzen gibt es traditionell laut und herzlich Beifall aus dem Kreis der Kollegen.

Fulminanter Schlusspunkt eines furiosen Jahres

Nach dem finalen Auftritt im Jahr 2014 war das wieder so. Der Weltmeister hatte soeben seinen Vorgänger besiegt, das 1:0 von Toni Kroos im Spiel am 18. November in Vigo gegen Spanien sorgte für einen fulminanten Schlusspunkt eines furiosen Jahres. Im Speisesaal des Teamhotels in Vigo herrschte große Zufriedenheit, die Stimmung war sehr gut, wer wollte, konnte schon den ersten Hauch von Besinnlichkeit spüren. Niersbach dankte den Trainern, den Spielern und dem Team hinter dem Team im Namen des DFB für ein historisches Jahr, den Spielern überreichte er danach die Medaillen, die es vom Verband für jedes Länderspiel gibt.

Dann wandte er sich einem Spieler zu, der kurz zuvor zum ersten Mal das DFB-Trikot tragen durfte: Jonas Hector. Im Spiel gegen Gibraltar hatte der Kölner seinen ersten Einsatz für Deutschland, die Rede dazu folgte am Abend nach dem letzten Länderspiel des Jahres in Spanien. Hector sprach über die besondere Ehre, darüber, wie sehr er die Zeit im Kreis der Mannschaft genossen habe und wie sehr er hoffe, wiederkommen zu dürfen. Hector war nicht der einzige Spieler, der an diesem Abend redete. Kevin Volland hatte nach seinem Debüt im Mai in Hamburg gegen Polen noch keine Gelegenheit, die Tradition zu pflegen, in Vigo holte der Hoffenheimer das nach. Rede Nummer drei ging auf das Konto von Max Kruse. Auch zehn Länderspiele sind ein Jubiläum. Lukas Podolski war es, der insistierte und im Zusammenspiel mit Wolfgang Niersbach den Jubilar zum Sprechen brachte.

Schließlich war Thomas Schneider an der Reihe. Der neue Assistenztrainer hatte bis zum letzten Spiel des Jahres gewartet – nach einem Erfolg gegen Spanien spricht es sich leichter als nach einer Niederlage gegen Polen oder einem Remis gegen Irland. "Ich bin wirklich begeistert davon, wie leicht es mir alle gemacht haben und wie offen und herzlich die Atmosphäre im Team ist", sagte Schneider. "Eigentlich habe ich mich von Beginn an als vollwertiges Mitglied der Mannschaft gefühlt. Das ist nicht selbstverständlich, schon gar nicht im Umfeld einer Mannschaft, die gerade Weltmeister geworden war. Vielen Dank euch allen für die tolle Aufnahme, es macht großen Spaß, Teil dieses Teams zu sein."

Nationalmannschaft im ständigen Wandel

Hector, Volland, Kruse, Schneider – drei Spieler und ein Trainer, die für die Weltmeistermannschaft aktiv sind, und dies bei der WM nicht gewesen waren. Vier Beispiele als Zeugen auch der Fluktuation. Die Weltmeister sind dies für immer, die Nationalmannschaft ist ewig im Fluss. Nicht nur die Rücktritte von Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker haben eine Neujustierung und neues Personal notwendig gemacht, auch im Rest des Kaders, der dazu die verletzungsbedingten Ausfälle von Leistungsträgern wie dem neuen Kapitän Bastian Schweinsteiger oder Mesut Özil verkraften musste, gilt: Dankbarkeit für die Weltmeister gibt es durchaus, einen Bonus nicht. "Maßstab meiner Entscheidungen ist die aktuelle Leistung und nicht der Sommer der schönen Erinnerungen", sagt Löw. "Wichtig ist, dass wir am Ende des WM-Jahres nach vorne schauen. Wir müssen uns Gedanken machen, was wir verbessern können. Wir müssen uns ein Stück weit neu erfi nden, wir müssen uns verändern."

Der DFB blickt zurück auf das erfolgreichste Jahr seiner Historie, der Verband blickt voraus auf große Aufgaben und immense Herausforderungen. Für Joachim Löw und die Nationalmannschaft besteht diese zunächst auch darin, über die Erfolge der Vergangenheit den Fokus auf die neuen Ziele nicht zu verlieren. Nach dem Triumph von Brasilien gab es nicht die gewünschten Ergebnisse, der Start in die Qualifikation verlief mit der Niederlage in Polen und dem Remis gegen Irland nicht weltmeisterlich.



Weltmeister – und nun? Das Jahr 2014 ist überstrahlt vom Gewinn des Titels beim Turnier in Brasilien. Die Nationalmannschaft hat Deutschland und die Welt begeistert. Nun will sie eine Ära prägen, weitere Erfolge sollen her. Dafür muss sich das DFB-Team entwickeln, neue Spieler, neue Varianten, neue Lösungen für neue Aufgaben. 2014 war ein Jahr der Triumphe, 2015 soll die Grundlage für weitere Erfolge gelegt werden.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach dem Spiel ist auch vor der Rede. Manchmal. Bei der Nationalmannschaft ist schöne Tradition, dass die Debütanten nach ihrem ersten Einsatz für Deutschland auf dem Mitternachtsbankett eine kurze Ansprache halten. Christoph Kramer hatte diese Tradition kürzlich abgewandelt und mit seinem Gesang auf der Fähre zwischen Porto Seguro und Santo André die Frage aufgeworfen, ob die Intonierung eines Liedes wirklich von Vorteil gegenüber einer Rede ist.

Brasilien ist Geschichte, eine abschließende Antwort auf die Frage steht noch aus. Im Normalfall laufen die Ansprachen im Anschluss an die Premiere nach diesem Muster ab: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach fordert die Spieler auf, ein paar Worte an die Mannschaft zu richten. Die Spieler kommen der Aufforderung gern nach. Nach meist wenigen, aber treffenden Sätzen gibt es traditionell laut und herzlich Beifall aus dem Kreis der Kollegen.

Fulminanter Schlusspunkt eines furiosen Jahres

Nach dem finalen Auftritt im Jahr 2014 war das wieder so. Der Weltmeister hatte soeben seinen Vorgänger besiegt, das 1:0 von Toni Kroos im Spiel am 18. November in Vigo gegen Spanien sorgte für einen fulminanten Schlusspunkt eines furiosen Jahres. Im Speisesaal des Teamhotels in Vigo herrschte große Zufriedenheit, die Stimmung war sehr gut, wer wollte, konnte schon den ersten Hauch von Besinnlichkeit spüren. Niersbach dankte den Trainern, den Spielern und dem Team hinter dem Team im Namen des DFB für ein historisches Jahr, den Spielern überreichte er danach die Medaillen, die es vom Verband für jedes Länderspiel gibt.

Dann wandte er sich einem Spieler zu, der kurz zuvor zum ersten Mal das DFB-Trikot tragen durfte: Jonas Hector. Im Spiel gegen Gibraltar hatte der Kölner seinen ersten Einsatz für Deutschland, die Rede dazu folgte am Abend nach dem letzten Länderspiel des Jahres in Spanien. Hector sprach über die besondere Ehre, darüber, wie sehr er die Zeit im Kreis der Mannschaft genossen habe und wie sehr er hoffe, wiederkommen zu dürfen. Hector war nicht der einzige Spieler, der an diesem Abend redete. Kevin Volland hatte nach seinem Debüt im Mai in Hamburg gegen Polen noch keine Gelegenheit, die Tradition zu pflegen, in Vigo holte der Hoffenheimer das nach. Rede Nummer drei ging auf das Konto von Max Kruse. Auch zehn Länderspiele sind ein Jubiläum. Lukas Podolski war es, der insistierte und im Zusammenspiel mit Wolfgang Niersbach den Jubilar zum Sprechen brachte.

Schließlich war Thomas Schneider an der Reihe. Der neue Assistenztrainer hatte bis zum letzten Spiel des Jahres gewartet – nach einem Erfolg gegen Spanien spricht es sich leichter als nach einer Niederlage gegen Polen oder einem Remis gegen Irland. "Ich bin wirklich begeistert davon, wie leicht es mir alle gemacht haben und wie offen und herzlich die Atmosphäre im Team ist", sagte Schneider. "Eigentlich habe ich mich von Beginn an als vollwertiges Mitglied der Mannschaft gefühlt. Das ist nicht selbstverständlich, schon gar nicht im Umfeld einer Mannschaft, die gerade Weltmeister geworden war. Vielen Dank euch allen für die tolle Aufnahme, es macht großen Spaß, Teil dieses Teams zu sein."

Nationalmannschaft im ständigen Wandel

Hector, Volland, Kruse, Schneider – drei Spieler und ein Trainer, die für die Weltmeistermannschaft aktiv sind, und dies bei der WM nicht gewesen waren. Vier Beispiele als Zeugen auch der Fluktuation. Die Weltmeister sind dies für immer, die Nationalmannschaft ist ewig im Fluss. Nicht nur die Rücktritte von Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker haben eine Neujustierung und neues Personal notwendig gemacht, auch im Rest des Kaders, der dazu die verletzungsbedingten Ausfälle von Leistungsträgern wie dem neuen Kapitän Bastian Schweinsteiger oder Mesut Özil verkraften musste, gilt: Dankbarkeit für die Weltmeister gibt es durchaus, einen Bonus nicht. "Maßstab meiner Entscheidungen ist die aktuelle Leistung und nicht der Sommer der schönen Erinnerungen", sagt Löw. "Wichtig ist, dass wir am Ende des WM-Jahres nach vorne schauen. Wir müssen uns Gedanken machen, was wir verbessern können. Wir müssen uns ein Stück weit neu erfi nden, wir müssen uns verändern."

Der DFB blickt zurück auf das erfolgreichste Jahr seiner Historie, der Verband blickt voraus auf große Aufgaben und immense Herausforderungen. Für Joachim Löw und die Nationalmannschaft besteht diese zunächst auch darin, über die Erfolge der Vergangenheit den Fokus auf die neuen Ziele nicht zu verlieren. Nach dem Triumph von Brasilien gab es nicht die gewünschten Ergebnisse, der Start in die Qualifikation verlief mit der Niederlage in Polen und dem Remis gegen Irland nicht weltmeisterlich.

Bei der Forschung nach den Ursachen der Delle nach Brasilien war eine offenkundig: Brasilien – der Titel und seine Nachwirkungen. Jeder wollte die Weltmeister und mit ihnen feiern. Die WM war nicht nur erfolgreich, sie war auch anstrengend und intensiv. Und sie war noch sehr lange sehr präsent. Den Abschluss der Ehrungen bildete ein Tag in der deutschen Hauptstadt. Berlin am 10. November 2014: Einen Tag zuvor war hier ein großes Jubiläum zelebriert worden, 25 Jahre Mauerfall. Am Tag darauf wurde eines der Ereignisse gefeiert, das die Deutschen in den 25 Jahren seit der deutschen Einheit wohl am meisten begeistert hat: der Triumph der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Brasilien. Am Abend liefen die Spieler am Potsdamer Platz über den roten Teppich, wenig später liefen Manuel Neuer und Co. bei der Premiere des Kinofilms "Die Mannschaft" über die Leinwand.

Lorbeerblatt und Filmpremiere

Die Erstaufführung war der Abschluss eines bemerkenswerten Tages für die Weltmeistermannschaft und ihre Spieler. Begonnen hatte dieser am Vormittag im Schloss Bellevue. Der Bundespräsident hatte geladen, um den Spielern die höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland zukommen zu lassen – das Silberne Lorbeerblatt. Die feierliche Zeremonie begann mit einer Ansprache durch Joachim Gauck. Dabei begab sich das Staatsoberhaupt auf einen Streifzug durch die deutsche Geschichte. Beginnend mit dem Wunder von Bern: "Ich war 14 Jahre alt, als Deutschland zum ersten Mal Weltmeister wurde. 1954 Weltmeister zu werden, das war schon ein großartiges Gefühl. Auch wenn Deutschland getrennt war damals – trotzdem sage ich Deutschland, weil 1954 auch die Menschen in Ostdeutschland sagten: 'Wir sind Weltmeister geworden.'"

Seine Rede schloss Gauck mit einer Verneigung vor dem aktuellen Team: "Und nun 2014. Was für ein souveräner Titelgewinn, was für eine überzeugende Leistung, die neidlos auch von allen anderen Gegnern anerkannt wird. Was für eine starke, was für eine sympathische, sportlich und menschlich rundum begeisternde Mannschaft. Ihnen allen sagt ihr Land heute auf besondere Weise 'Dankeschön'. Dass Spieler, Trainer, Betreuer, der Verband Weltmeister geworden sind, das ist ja nur die halbe Wahrheit, die kleinere Hälfte der Wahrheit sogar. Was ist die ganze? Die ganze Wahrheit ist doch, dass wir uns in Deutschland gefühlt haben, als wären wir alle Weltmeister."

Mit Ehrung und Filmpremiere wurde ein dicker Schlussstrich gezogen, und fortan war allen endgültig klar, dass die WM Geschichte ist, dass es nun gilt, die Mannschaft zu entwickeln und nicht den Titel zu verwalten. Im Regen von Vigo hielt die junge deutsche Mannschaft zunächst dem Druck der Spanier stand und übernahm schließlich mehr und mehr die Initiative. "Wir haben es hervorragend gemacht. In der ersten Halbzeit haben wir sehr kompakt gestanden, in der zweiten Halbzeit haben wir dann angefangen, Fußball zu spielen", sagte Sami Khedira. "Auf spanischem Boden muss man erstmal so auftreten, das war sehr, sehr souverän und ein großartiger Abschluss eines tollen Jahres."

Deutschland ist Weltmeister, Deutschland will mehr

Für Bundestrainer Löw sind die Spanier nicht mehr das Maß der Dinge im Weltfußball, ein Vorbild sind sie gleichwohl. "Spanien hat drei Titel hintereinander gewonnen, eine Ära geprägt. Das haben wir noch nicht erreicht", sagt Löw und nennt mit dem Wort "noch" die Ambition. Deutschland ist Weltmeister, Deutschland will mehr, Deutschland will das nächste Kapitel seiner Erfolgsgeschichte schreiben. "Die Aufgabe ist, den Erfolg zu bestätigen. Zu zeigen, dass das keine einmalige Sache war", sagt Löw und ist sicher: "Die Mannschaft hat das Potenzial, dass sie sich noch weiterentwickeln kann. Wir möchten bis zur Europameisterschaft 2016 diese Bestätigung erreichen. Dieser Ehrgeiz treibt uns alle an."

Im Jahr 2015 wird die Sportliche Leitung des DFB-Teams die Mannschaft entwickeln, die EM-Qualifikation soll gesichert, die nächsten Ziele schnell ins Auge gefasst werden. Das Team soll noch variabler werden, personell, taktisch: neue Varianten, neue Ideen auf dem Weg zu noch mehr Flexibilität. Ganz sicher wird Löw weiter neuen Spielern neue Chancen geben. Dann wird es viele neue Reden geben, und es wird wieder äußerst nett – auf dem Mitternachtsbankett.