Nationalspieler Holebas: Ein früherer Trainer einnert sich

Es ist keine Karriere vom Reißbrett. Es ist kein Aufstieg, der akribisch geplant wurde. Es ist eine Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte. Mit 17 hatte José Holebas mit dem Fußball aufgehört. Die Freundin war schwanger, seine Lehre hatte er abgebrochen. Als er wieder im Verein anfing, kickte er in der Kreisliga. Zehn Jahre später ist der gebürtige Aschaffenburger griechischer Nationalspieler und bei der EURO dabei.

Bitter für Holebas: Das Viertelfinale gegen die deutsche Mannschaft am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) muss er als Zuschauer verfolgen. Im letzten Gruppenspiel gegen Russland (1:0) sah der Profi von Olympiakos Piräus nach seiner Einwechslung die zweite Gelbe Karte im Turnierverlauf und ist gesperrt. In den Partien gegen Polen (1:1) und Tschechien (1:2) hatte der linke Außenverteidiger, der am kommenden Mittwoch 28 Jahre alt wird, jeweils zur Startelf gehört.

Antonio Abbruzzese hat José Holebas trainiert, in der Saison 2005/2006, als Holebas zu Viktoria Kahl in die Landesliga Bayern Nord wechselte und sich dort für den TSV 1860 München empfahl. Heute ist der Coach beim bayerischen Regionalligisten Viktoria Aschaffenburg tätig. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Abbruzzese über den Beginn von Holebas’ Aufstieg, wichtige Entscheidungen und karrierefördernde Fahrdienste.

DFB.de: Herr Abbruzzese, welche Erinnerungen haben Sie an den José Holebas von damals?

Antonio Abbruzzese: Sein fußballerisches Potenzial war sofort zu erkennen. Wir haben ihn aus der Bezirksliga nach Kahl geholt. Dass er es anschließend so weit nach oben schafft, ist natürlich erstaunlich. Talent war bei José im Übermaß vorhanden. Aber er kam aus schwierigen Verhältnissen. Ich habe ihn vor einiger Zeit wieder getroffen, als er zu Besuch in Aschaffenburg war. Er ist menschlich nicht wiederzuerkennen, wirkt sehr gereift. Er hat eine andere Körpersprache, ein ganz anderes Auftreten, sogar eine andere Aussprache.

DFB.de: Und wie war es in seiner Saison bei Viktoria Kahl?

Abbruzzese: Am Anfang war es schwierig. José hatte vorher in Aschaffenburg-Damm eher just for fun mit seinen Kumpels gekickt. Er war nicht an Regelmäßigkeit gewöhnt und hatte auf einmal bei uns viermal Training in der Woche. Weil er kein Auto und keinen Führerschein hatte, mussten wir einen Fahrdienst organisieren, dass er zum Training kommt. Ich habe die halbe Mannschaft dazu verdonnert, dass sich die Spieler das Abholen aufteilen. Die Mühe hat sich gelohnt. José war ein außergewöhnlicher Spieler. Ich habe ihm damals gesagt, dass er in maximal zwei Jahren vom Fußball leben kann, wenn er voll bei der Sache bleibt.

DFB.de: Sind Sie ein bisschen stolz, dass Sie Recht behalten haben?



[bild1]Es ist keine Karriere vom Reißbrett. Es ist kein Aufstieg, der akribisch geplant wurde. Es ist eine Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte. Mit 17 hatte José Holebas mit dem Fußball aufgehört. Die Freundin war schwanger, seine Lehre hatte er abgebrochen. Als er wieder im Verein anfing, kickte er in der Kreisliga. Zehn Jahre später ist der gebürtige Aschaffenburger griechischer Nationalspieler und bei der EURO dabei.

Bitter für Holebas: Das Viertelfinale gegen die deutsche Mannschaft am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) muss er als Zuschauer verfolgen. Im letzten Gruppenspiel gegen Russland (1:0) sah der Profi von Olympiakos Piräus nach seiner Einwechslung die zweite Gelbe Karte im Turnierverlauf und ist gesperrt. In den Partien gegen Polen (1:1) und Tschechien (1:2) hatte der linke Außenverteidiger, der am kommenden Mittwoch 28 Jahre alt wird, jeweils zur Startelf gehört.

Antonio Abbruzzese hat José Holebas trainiert, in der Saison 2005/2006, als Holebas zu Viktoria Kahl in die Landesliga Bayern Nord wechselte und sich dort für den TSV 1860 München empfahl. Heute ist der Coach beim bayerischen Regionalligisten Viktoria Aschaffenburg tätig. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Abbruzzese über den Beginn von Holebas’ Aufstieg, wichtige Entscheidungen und karrierefördernde Fahrdienste.

DFB.de: Herr Abbruzzese, welche Erinnerungen haben Sie an den José Holebas von damals?

Antonio Abbruzzese: Sein fußballerisches Potenzial war sofort zu erkennen. Wir haben ihn aus der Bezirksliga nach Kahl geholt. Dass er es anschließend so weit nach oben schafft, ist natürlich erstaunlich. Talent war bei José im Übermaß vorhanden. Aber er kam aus schwierigen Verhältnissen. Ich habe ihn vor einiger Zeit wieder getroffen, als er zu Besuch in Aschaffenburg war. Er ist menschlich nicht wiederzuerkennen, wirkt sehr gereift. Er hat eine andere Körpersprache, ein ganz anderes Auftreten, sogar eine andere Aussprache.

DFB.de: Und wie war es in seiner Saison bei Viktoria Kahl?

Abbruzzese: Am Anfang war es schwierig. José hatte vorher in Aschaffenburg-Damm eher just for fun mit seinen Kumpels gekickt. Er war nicht an Regelmäßigkeit gewöhnt und hatte auf einmal bei uns viermal Training in der Woche. Weil er kein Auto und keinen Führerschein hatte, mussten wir einen Fahrdienst organisieren, dass er zum Training kommt. Ich habe die halbe Mannschaft dazu verdonnert, dass sich die Spieler das Abholen aufteilen. Die Mühe hat sich gelohnt. José war ein außergewöhnlicher Spieler. Ich habe ihm damals gesagt, dass er in maximal zwei Jahren vom Fußball leben kann, wenn er voll bei der Sache bleibt.

DFB.de: Sind Sie ein bisschen stolz, dass Sie Recht behalten haben?

[bild2]Abbruzzese: Ich bin stolz, dass sein steiler Aufstieg bei uns seinen Anfang genommen hat. Ich bin überzeugt: Ohne das Jahr bei Viktoria Kahl wäre die Entwicklung, die José genommen hat, nicht möglich gewesen. Der Verein und alle Mitspieler haben dazu ihren Beitrag geleistet. Wir haben beispielsweise während des Spiels manchmal auf seine kleine Tochter aufgepasst. In der Halbzeit ist José dann immer erstmal zu seinem Kind und nicht gleich in die Kabine.

DFB.de: Nach einem Jahr ging es für Holebas von Kahl zum TSV 1860 München.

Abbruzzese: Der absolut richtige Schritt. Wir haben ihn damals ablösefrei gehen lassen. Die nächste wichtige Entscheidung für Josés Karriere war, als Ewald Lienen ihn aus dem linken, offensiven Mittelfeld nach hinten in die Viererkette gezogen hat. José hat einen starken linken Fuß und ist mit einer enormen Schnelligkeit ausgestattet – das ist ideal für seine Position. Und: Es gibt nicht viele gute Spieler auf der linken Abwehrseite. Bei uns wäre er damals in der Abwehr vergeudet gewesen. Er war so schnell, wir haben einen Pass in die Tiefe gespielt, und er hat jeden Ball erlaufen.

DFB.de: Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie Ihren früheren Spieler bei der EM oder in der Champions League im Fernsehen sehen?

Abbruzzese: Da ich seinen Werdegang immer verfolgt habe, muss ich mir nicht so sehr die Augen reiben. Ich war auch von seiner Entscheidung für Griechenland nicht besonders überrascht. Der Fußball in Griechenland kommt ihm entgegen, weil er körperlich sehr stark ist. Der nächste Schritt für José wäre ein Wechsel in die Bundesliga, um sich dort zu etablieren. Es wäre die Krönung seiner Entwicklung. Ich traue es ihm auf jeden Fall zu, sich in der Bundesliga durchzusetzen. Ich bin auch überzeugt, dass es nach der EURO Anfragen für ihn geben wird. José hat sich das alles verdient, er ist ein ganz netter Mensch und hatte es nicht leicht im Leben.

DFB.de: Haben Sie noch regelmäßig Kontakt zu ihm?

Abbruzzese: Wir sehen uns einmal im Jahr, wenn er in Aschaffenburg ist. Wir haben uns also nicht komplett aus den Augen verloren. Zu einigen seiner ehemaligen Mitspieler hat er ein sehr inniges Verhältnis, die Jungs besuchen sich immer mal wieder gegenseitig.

DFB.de: Tut es Ihnen weh, dass Holebas nach seiner zweiten Gelben Karte für das Viertelfinale gegen Deutschland gesperrt ist?

Abbruzzese: Es tut mir leid für ihn, aber so ist nun einmal das Regelwerk. Er muss damit leben, auch wenn es schade für ihn ist. Ich gehe davon aus, dass Griechenland am Freitag ausscheidet und José keine Gelegenheit mehr hat, sich bei dem Turnier zu zeigen.